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OCEANSIZE und SION am 29. Oktober 2007 im Backstage, München

Zwischen Kalkühl und Magie – OCEANSIZE in München.

 

Wiedergutmachung war in München angesagt. Und zwar an mir selbst. Warum? Weil ich mich nach wie vor darüber ärgere, OCEANSIZE zum ersten Mal circa 2 Wochen nach ihrem letzten Konzert in München gehört zu haben. Nun aber die zweite Chance für den Captain: Im Zuge ihres sensationellen, aber nicht überall wohlwollend aufgenommenen dritten Albums Frames“ riefen die fünf Musiker aus Manchester und rund 350 Fans folgten und bezahlten gerne die 16 € an der Abendkasse – in der Halle des Backstage war es entsprechend kuschelig.

SION

 

Sion
Eigenständig und ausbaufährig: SION.

Bewegen konnte man sich dennoch, was zu den Klängen von SION auch einige taten. Der Mix aus THURSDAY, THE MARS VOLTA und OCEANSIZE abzüglich Härte war zwar stellenweise recht schmackhaft, die junge Englische Band verpasse jedoch einige Chancen so richtig Gas zu geben. Gerne verzerrt, aber niemals konsequent gab es zumindest keine Emo-Klischees zu bestaunen, aber die recht unerfahrenen SION und ihr unsicheres Stageacting machten deutlich, dass der Headliner einen absoluten Newcomer als Vorband auf der Tour wollte. Die Songs von ihrer EP This is Your Self-Portrait wurden dennoch gekonnt rübergebracht und Sänger Andi schaffte es mit seiner wirklich guten Stimme, die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Nach 30 Minuten Spielzeit blieb der Eindruck, dass hier eine Band ihr Stelldichein gab, die mit ihrer progressiven Herangehensweise einen schönen Gegenpol zum grassierendem Emo-Kram geben könnte, zumindest wenn sie weiter hart an sich arbeiten. Und wenn sie vielleicht auch mal verständliche Ansagen in einwandfreiem Englisch von sich geben könnten.

OCEANSIZE

 

Nach 25 Minuten ging es um Punkt 22:00 Uhr mit OCEANSIZE weiter, die mit frenetischem Jubel von dem versammeltem Münchner Publikum empfangen wurden und nach einem ausgedehntem Intro mit Commemorative… T-Shirt“ und dem dazugehörigen Unfamiliar“ das Set eröffneten. Das Problem des Auftritts wurde aber sogleich klar: OCEANSIZE sind richtig gute Musiker, schreiben verdammt gute Songs, vergaßen dabei aber größtenteils und vor allem bei den härteren Songs die Emotionalität, die sie normalerweise in ihre Musik packen. So waren das mächtige Catalyst“, das verrückte Sleeping Dogs and Dead Lions“ und die Zugabe Paper Champ“ zwar echte Granaten, berührt haben sie den Zuhörer jedoch nicht. Das war aber auch das einzig Negative an diesem Auftritt.

Oceansize
Sensationelle Setlist, größtenteils zu wenig Gefühl, und trotzdem verdammt gut: OCEANSIZE.

Denn OCEANSIZE hatten eine fantastische Setlist am Start, die alle Schaffensperioden berücksichtigte und mit Remember Where You Are“, Catalyst“, Women Who Love Men Who Love Drugs“ und Long Forgotten“ sogar vier Songs vom unglaublichen Debüt enthielt. Gerade diese Nummern wurden frenetisch empfangen und Long Forgotten, das als Ende des regulären Sets darstellte, war an dieser Stelle nicht nur perfekt, sondern auch einer der wenigen wirklichen Gänsehautmomente des Abends. Hier stimmte die Performance der Musiker, hier waren sie glaubwürdig. Das war schön, furios und hypnotisch. Sänger Mike Vennart, der sich mittels rotem Outfits optisch dem Artwork von Frames“ anpasste, brillierte hier mit seiner Stimme. Seine Mitstreiter Gambler und Steve Durose unterstützten ihn mit seinem Gitarrenspiel, während Bassist Steven und Drummer Mark eher bei den heftigen Songs ihre großen Auftritte hatten. Generell, unglaublich was der Schlagzeuger kann, würde man ihm gar nicht zutrauen.

 

Bei hervorragendem Sound war das Quintett sehr motiviert, das Publikum heizte die Spielfreude des Quintetts an und so ergaben sich enorm kurzweilige anderthalb Stunden. Und weil es doch immer wieder Wunder gibt, spielten OCEANSIZE als endgültigen Rausschmeißer den einzigen Song, der Long Forgotten“ und den neuen wunderschönen Songs Savant“ und Trail of Fire“ das Wasser reichen kann: Ornament / The Last Wrongs“. Mehr Hymne geht nicht. Keinesfalls. Hier hat wohl jeder Gänsehaut gekriegt und die Band war wieder so magisch, wie an dem Tag, an dem man sie zum ersten Mal gehört hat. Nach satten 105 Minuten blieben nur wenige Wünsche mehr offen. Intensiver hätten sie sein müssen, das wars dann auch. Aber ohne Frage, Frames“ wurde auf dieser Tour würdig präsentiert.

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