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NAPALM DEATH (Exklusive Pre-Listening-Session): Bochum, Matrix – 22.01.2005

In der deutschlandweit einzigen und exklusiven Pre-Listening-Session stellten NAPALM DEATH ihr neues Album live vor. Klar, das man sich das nicht entgehen lassen konnte.

SOULGATE´S DAWN | DO OR DIE | MAROON | HEAVEN SHALL BURN | NAPALM DEATH

Nachdem NAPALM DEATH mit Leaders Not Followers: Part 2 erst Ende letzten Jahres ihr letztes Lebenszeichen von sich gaben, wartet nun die Welt auf das nächste Studioalbum der Briten. Wenn man auf die letzten beiden Veröffentlichungen Enemy Of The Music Business und Order Of The Leech zurückblickt, kann man eigentlich nur gespannt sein, was darauf nun folgen soll. The Code Is Red… Long Live The Code, so der Titel des am 24.04.2005 erscheinenden Albums. Und dazu haben sich NAPALM DEATH etwas ganz besonderes ausgedacht. Statt, wie üblich, der Presse eine Listening-Session anzubieten, hatten die Jungs etwas ganz anderes im Sinn: Sie wollten sich bei denjenigen bedanken, die sie soweit gebracht und immer unterstützt haben, sprich: den Fans. Deshalb spielten NAPALM DEATH die Songs des neuen Albums auf zwei exklusiven Listening-Shows. Nur eine davon fand auf deutschem Boden – in Bochum – statt, die andere in London. Century Media ließ sich dazu natürlich nicht lumpen und setzte mit MAROON und HEAVEN SHALL BURN zwei hochkarätige, hauseigene Acts mit auf die Speisekarte. In Zusammenarbeit mit Alveran Records sollten außerdem DO OR DIE und END OF DAYS das Billing komplettieren. Also Grund genug, die Hessen zusammenzutrommeln, die sieben Sachen zu packen und die Bochumer Bekannten mit unserer Anwesenheit zu belästigen.

SOULGATE´S DAWN

Da END OF DAYS kurzfristig absagen mussten, rutschten (wahrscheinlich ebenso kurzfristig) SOULGATE´S DAWN in diese Lücke und hatten somit (so der Sänger) die Ehre für NAPALM DEATH zu eröffnen. Die Kapelle aus Ostdeutschland gab Musik zwischen Hardcore und Metal (also vom Zeichen des Unworts des Jahres) zum Besten, den man als gelungenen Einstieg in einen spannenden Abend bezeichnen könnte. Die Schlauchform der Halle ließ bereits jetzt erkennen, dass die Akustik wohl niemals 1a und die Temperatur früher oder später unerträglich werden würde. Musikalisch ließen die Ossis dann auch nichts anbrennen und spielten, als sei ihnen der Teufel auf den Fersen. Die Anwesenden würdigten das – in Anbetracht der frühen Stunde – sogar recht gut, nur die Wall of Death kam dann doch viel zu früh am Abend: Sie teilte die Menge zwar gut, nur mit dem Rest, da haperte es. Aber zum Glück konnte dann der ein oder andere Kampfsportler in die Leere springen und zeigen, was er so drauf hat. Die Band jedenfalls rekrutierte zackig Songs vom 2004er Release Stardust und der wegbereitenden Promo 2003 und entließ diese schwungvoll und ungebremst ins Publikum. Ihren Kampf als erste Band des Abends, gegen schlechten Sound und unmotivierte Leute fochten die Jungs gut aus. Und das Mädel am Bass natürlich auch, wäre doch gelacht. Guter Auftakt!

DO OR DIE

DO OR DIE waren – das hatte sich schnell herumgesprochen – ein Geheimtipp an diesem Abend. Im Gegensatz zu MAROON oder HEAVEN SHALL BURN, die auf den Bühnen Deutschlands – und besonders des Ruhrpotts – in der Regel ziemlich oft zu sehen sind, war es schon etwas besonderes, die Belgier hier vor NAPALM DEATH sehen zu dürfen. Und ohne Frage hat sich das gelohnt. Die Mission der Band kann man in allen Belangen als gelungen bezeichnen. Der besser werdende Sound ließ die nicht optimale Akustik der Halle nicht mehr wirklich schlimm erscheinen, aber vielleicht hatte man sich auch nur daran gewöhnt. Auf jeden Fall machten die Musiker ordentlich was los und die Bewegung im Publikum machte sehr gut deutlich, dass wahrscheinlich nicht wenige wegen DO OR DIE angereist waren. Der heftige Hardcore, der auch streckenweise zwischen Metalcore und Death Metal angesiedelt ist, passte gut in das Bandprogramm an diesem Abend. Die zwei Sänger ergänzten sich perfekt und boten sich geniale Brüll- und Schreiduelle, während jeder versuchte den anderen in punkto Bewegung zu übertrumpfen, was trotzdem alles super eingespielt wirkte und zusammenpasste. Und überhaupt, die gesamte Band spielte dermaßen tight auf, dass es einfach eine Freude war zuzusehen. Das abschließende Cover von SEPULTURAs Roots konnte dann noch mal wirklich jeden bewegen und somit hatten DO OR DIE schon früh am Abend für eines gesorgt: Die Bands danach würden sich ranhalten müssen, nicht schlechter dazustehen, als die Belgier.

MAROON

MAROON haben sich in letzter Zeit nicht umsonst den Ruf einer erstklassigen Live-Performance angeeignet. Auch heute war gleich zu Beginn klar, dass auch dieser Auftritt das wieder untermalen würde. Mit einem musikalischen Paukenschlag startete man ein Set, das – wie gewohnt – zum Großteil aus Songs vom neuen Album Endorsed By Hate bestand. Die Soundqualität hatte, wie es schien, nochmals zugenommen. Die melodischen Parts gingen zwar im Druck des Gesamtsounds etwas unter, aber das trübte die Freude wenig. MAROON selbst gestalteten die Show wie üblich sehr kurzweilig. Die bangende Mähne des einen Gitarristen, sowie das Tragen von korrekten Shirts à la CARCASS trug wie immer dazu bei, dass der Metal-Anteil bei den Nordhausenern nie zu gering wird. Aber auch nach einem sehr metallischen Album, wie Endorsed By Hate zieht es immer noch mehr Hardcore-Kids auf MAROON-Shows, als Metalheads. Das äußerte sich am drastischsten im Pit, da halfen auch Andres Ansagen, lieber auf Kampfsport zu verzichten und stattdessen Stagediving zu betreiben, nicht viel. Aber die Musik bietet sich eben dazu an. Hätten die Herren Melodic-Powermetal gemacht wäre das nicht passiert. Musikalisch, wie auch show-technisch gab es aber nichts zu meckern. Auf der in Strobolicht und Nebel getauchten Bühne, präsentierten sich die Musiker einmal mehr spielfreudig und motiviert. Blickfang und Fronter Andre bot die richtige Mischung aus Unterhaltung, Bewegung und natürlich einer guten Portion Schalk im Nacken, indem er das Publikum so oft wie möglich mit einbezog und die Show zu einem großen Ganzen werden ließ. Das I-Tüpfelchen setzten die Jungs dann drauf, als der verrückte Sänger den Solo spielenden Gitarristen auf die Schultern nam. Statt ihn wieder abzulassen warf er ihn geradewegs in die Menge. Kopfüber verschwand der Saitenmann in den ersten Reihen, laß sein Instrument aber keine Sekunde verstummen, sondern spielte sein Solo dort unten fertig, als wäre nichts passiert. Das, verbunden mit Songs wie At The Gates Of Demise, Without A Face, Watch It All Come Down oder auch Live-Hymnen wie Still Believe In What Has Fallen Apart vom älteren Album Antagonist ist einfach eine livehaftige Showgewalt, die ihresgleichen sucht und MAROON sind zur Zeit einer der heißesten Acts auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Basta.

HEAVEN SHALL BURN

Der Siedepunkt des Konzerts war bereits Temperatur, wie auch Performance betreffend längst erreicht, als HEAVEN SHALL BURN die Bühne betraten. Gleich ihrer aktuellen Hammer-Platte Antigone legten die Thüringer mit dem Intro Echoes und dem Metalcore-Hit The Weapon They Fear los, der überall so präsent ist, dass man ihn schon fast nicht mehr hören kann. Aber guter Song bleibt guter Song. Und gleich von Anfang an konnte man sehen, dass die Band sichtlich bemüht war das Niveau des Abends zu halten, denn MAROON hatten die Messlatte wirklich verdammt hoch gelegt. An der Songauswahl gab es demzufolge nichts zu meckern, an der Show auch nicht. Sänger Markus Bischoff, in einem JUDAS PRIEST-Shirt(!) nutzte jeden Zentimeter der Bühne aus und suchte spürbar die Nähe zum Publikum. Der Rest der Band enttäuschte dabei auch nicht, jeder schien alles zu geben. An den Sound in der Matrix hatte ich mich nun sowieso längst gewöhnt, und so hieß es einfach, Songs, wie Voice Of The Voiceless oder Bleeding To Death zu genießen. Die Menge dankte es, der Pit nahm neue Dimensionen an und die Temperatur schien weiter zu steigen. Markus nutzte die Ansagen, um unter anderem auf die Tsunami Benefit-MCD hinzuweisen, auf der neben HEAVEN SHALL BURN auch NAPALM DEATH und THE HAUNTED mit je einem Stück vertreten sind. Alles in allem brodelte die Matrix beim Auftritt der Thüringer gehörig. Gut so. Stagediver flogen reihenweise über die Kopfe hinweg (oder auf den Boden) und der Schweiß lief in Strömen. Erwartungsgemäß eine Klasse Show einer Klasse Band.

NAPALM DEATH

Nach HEAVEN SHALL BURN machte sich ein Schichtwechsel im großen Stil bemerkbar. Die wegen den ersten vier Bands (oder wenigstens HEAVEN SHALL BURN und MAROON) Angereisten zogen sich fast gänzlich zurück und dafür rückten diejenigen nach, die den ganzen Abend nur auf eins gewartet hatten: NAPALM DEATH! Was NAPALM DEATH selbst angeht, so habe ich mich bis zum Schluss gefragt, wie wohl die Darbietung der neuen Songs ausfallen würde. Jedenfalls hatte man genug Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn der Soundcheck und die darauf folgende Zeit des Wartens waren unermesslich lang. Als dann endlich vertraute Töne erklangen, konnte man kaum noch stehen. Allerdings wurde man auch nur halb erlöst, denn was Barney ins Mikro grunzte war leider nicht zu hören. Erst nach der Hälfte des Openers besserte sich der Sound dahingehend, dass man den Gesang endlich hören konnte. Anschließend durfte man feststellen, dass NAPALM DEATH sich für die beste Methode entschieden hatten, die neuen Songs vorzustellen: Sie sollten verteilt in ein klassisches Set integriert werden. So bekam die Menge sieben Songs des neuen Albums zu hören: Silence Is Deafening, Climate Controllers, Pledge Yourself To You, The Great And The Good (auch auf der Tsunami-Benefit zu hören), auf dessen Studio-Version Jello Biafra mitgesungen hat, Right You Are, der Titeltrack The Code Is Red… Long Live The Code und Instruments Of Persuasion, bei dem Barney im Studio von HATEBREEDs Jamey Jasta unterstützt wurde. Dazwischen gab es vertrautes Futter à la Suffer The Children, Bread To Breathe und mit Scum, Life, Deceiver,You Suffer und eine ordentliche Packung vom Debüt Scum um die Ohren geklatscht. Auch von Leaders Not Followers: Part 2 waren mit War Is No Fairytale von DISCHARGE, Lowlife von CRYPTIC SLAUGHTER und Blind Justice von AGNOSTIC FRONT drei Cover-Songs mit an Bord. Einmal schien es noch einmal arge Soundprobleme zu geben, denn die Band verließ komplett die Bühne und es dauerte seine Zeit, bis es weitergehen konnte. Dafür mit einer kleinen Überraschung: Jeff Walker (Ex- CARCASS) kam mit auf die Bühne und sang beim neuen Song Pledge Yourself To You mit, bei dem er auch im Studio mitgewirkt hatte. Lässig und im Cowboyhut betrat der Musiker – der sich zur Zeit mit den Aufnahmen eines Country-Albums beschäftigt – die Bühne und schrie gellende Screams in das extrem nach unten gedrehte Mikro. Eine gelungene Show-Einlage, die über die harschen Soundprobleme hinwegtrösten konnte. Der Pit hatte sich auch mittlerweile in einen Vollkontakt-Pit verwandelt, Stagediver flogen im 10-Sekunden-Takt in die Menge und es war wirklich unglaublich heiß und stickig. Als das obligatorische Nazi Punks Fuck Off schließlich den Abschied einläutete, war man gleich doppelt glücklich. Erstens konnte man die Sauna jetzt beruhigt verlassen und sich was kühles zu trinken gönnen. Und zweitens kann man aufatmen, was NAPALM DEATHs neues Album angeht. Zwar ließ sich in der Hitze des Gefechts aus verständlichen Gründen keine wirkliche Analyse betreiben, aber das Material kam mir sehr überzeugend vor und der Track auf der Tsunami Benefit-Single ist es auch. Und diese besondere Art der Listening-Session behält man sowieso lange positiv in Erinnerung. Bahn frei für NAPALM DEATH.

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