LAMB OF GOD, JOB FOR A COWBOY, AUGUST BURNS RED und BETWEEN THE BURIED AND ME am 27. Februar 2010 im Backstage, München

Ein solider, aber nicht besonders spannender Headliner, zwei überbewertete und eine gnadenlos verheizte Vorband. Willkommen in der Samstag-Abend-Depression.

Ehrlich gesagt gibt es ein Tourpaket, das mich zwischen den ganzen Konzerthighlights in diesem Winter nicht wirklich reizt, und zu dem es mich trotzdem zieht. Und warum? Wegen der eröffnenden Band. BETWEEN THE BURIED AND ME waren bisher auf europäischen Bühnen so rar wie qualitativ hochwertige Sendungen im Privatfernsehen. Aber egal, The Great Misdirect macht ebenso süchtig wie sämtliche Vorgängeralben, also freue ich mich – nachdem ich am Vorabend endlich die DVD Colors Live gesehen habe – unbändig auf heute Abend. Zumindest auf die ersten beiden Songs des Konzerts.

Und so kommt es auch, dass sich um 19:45, nachdem ich mich durch eine überraschend große Schlange am Eingang gedrängt habe, das Publikum schon in großer Zahl in der Arena des Backstage Werks versammelt. Und immerhin, kurze Zeit später werden die Schotten dicht gemacht, der eh recht große Club ist ausverkauft. BETWEEN THE BURIED AND ME betreten die Bühne und beginnen mit einem Lied, das der Großteil des Publikums nicht wirklich deuten kann. Fossil Genera – A Feed From Cloud Mountain mit seinem unwiderstehlichen MR. BUNGLE-Intro lässt die vor allem für AUGUST BURNS RED und LAMB OF GOD angereisten Fans mit einem großen Fragezeichen zurück, während circa drei Prozent der Besucher hier riesigen Spaß hat. Der Mittelteil dieses langen Stücks ist etwas wilder, und hier entwickelt sich auch ein Moshpit im Publikum, der aber durch den epischen, recht progressiv rockenden Schluss wieder abgewürgt wird. Die Reaktionen auf BETWEEN THE BURIED AND ME sind entsprechend zwiespältig, aber immerhin werden die fünf Musiker aus North Carolina größtenteils positiv aufgenommen. Ein wirklicher Pit will sich aber danach nicht mehr einstellen, auch wenn es bei dem zweiten Song, White Walls von Colors, musikalisch etwas brutaler zugeht. BETWEEN THE BURIED AND ME wirken heute Abend etwas müde, was nach drei Monaten ununterbrochenem Tourens auch kein Wunder ist. Vielleicht ärgern sie sich aber auch nur, dass sie die letzten acht Jahre lang Europa so verschmäht haben, da sie sonst heute Abend an ganz anderer Stelle stehen würden. Das ist schon ein Wermutstropfen für diese ansonsten beeindruckende und souveräne Leistung.

Nur fünfzehn Minuten später betreten AUGUST BURNS RED die Bühne, eine Band, die von den Metalcore- und Deathcore-Kids so gehypt wird, dass mir davon schlecht wird. Was die fünf jungen Musiker bieten ist vielleicht ganz passabel gemacht und auch routiniert ausgeführt, aber so objektiv wie möglich betrachtet, wird einfach völlig substanzlos das kopiert, was die Kopisten schon von den Kopisten geklaut haben. Viele Kids sind wirklich sehr zahlreich angereist, nur um dreißig Minuten von AUGUST BURNS RED zu sehen. In dieser Zeit bringt es die christlich geprägte Band auf sechs Stücke, die einen flotter, wie Back Burner und Thirty And Seven, die anderen getragener wie Truth Of A Liar, aber immer mit Breakdowns und Schwedenriffs ausgestattet. Und da die Songs nicht gerade spannend oder einfallsreich sind, bleibt zur Belustigung nur der Blick in die Arena, in der sich die jungen Wilden beim ausgelassenen Violent-Dancing gegenseitig die Fresse polieren. Mist, auf Tele5 würde gerade ein Monsterfilm laufen, der wäre bestimmt besser.

Obwohl nun eine Horde von Kids in Richtung Merchandise-Stand stürmt, um AUGUST BURNS RED-Sänger Jake Handys unter die Nase zu halten, auf denen Fotos von ihm gemacht wurden, wird es vor der Bühne nicht merklich leerer. JOB FOR A COWBOY sind eben auch unverschämt angesagt, und das obwohl sie dem Death Metal weder Innovation noch nennenswerte qualitative Verbesserungen einhauchen. Dennoch, verglichen mit der zuvor aufgetretenen Band geht es wenigstens etwas bergauf. Da wird gesägt und gemosht, dass es ganz aus ist, aber auch Blast und Groove fehlen nicht. Immerhin, JOB FOR A COWBOY sind unterhaltsam und ich erwische mich sogar dabei, wie ich klammheimlich mit dem Fuß wippe. Freilich gibt es frenetischere Reaktionen als meine auf Material vom neuen Album Ruination wie den Opener Unfurling A Darkened Gospel, Constitutional Masturbation und Ruination, sowie älteres Material wie Entombment Of A Machine und Embedded. Aber es kann nicht überhört werden, dass sich JOB FOR A COWBOY bisher noch gar nicht weiterentwickelt haben. Dieser Auftritt hat bewiesen, dass JOB FOR A COWBOY zwar gut sein mögen, vom Status, den ihr Hype verspricht, ist das Quintett aus Arizona aber meilenweit entfernt.

Ein klein wenig leerer ist es jetzt geworden, aber immer noch will ich mir nicht den Stress antun, in die Arena zu gehen. Weil LAMB OF GOD auch eine große Menge an Fans versammelt, die allesamt feiern wollen, und das bei tropischen Temperaturen im Backstage. Ganz im Stil des aktuellen Albums Wrath beginnen die Pure American Metal-Aushängeschilder ihren anderthalbstündigen Auftritt und liefern In Your Words und Set To Fail mit großer Spielfreude an und dirigieren die Massen. Und die haben sichtlich Spaß an den Metallern aus Richmond, Fuckin´ Virginia. Da wird gebangt, gehüpft, aus sich heraus gegangen – von den sonst eher zurückhaltenden, weil Angst um ihr Styling habenden, Münchnern ist man so etwas gar nicht gewohnt. Die Fans sind sogar richtig artig und brüllen lauthals Songs wie Now You´ve Got Something To Die For mit, es ist ein ausgelassenes Volksfest des modernen Heavy Metal. So ganz können LAMB OF GOD die Lücke, die nach PANTERA klafft aber nicht schließen. Sie haben zwar die Songs, aber nicht die Persönlichkeiten in der Band, um diese Illusion aufrecht erhalten zu können. Dennoch, neben Ruin, Broken Hands, Laid To Rest, Redneck und dem abschließendem Black Label gibt es noch eine Menge anderer Stücke, die das Publikum mitreißen und einen guten Querschnitt durch das Schaffen von LAMB OF GOD präsentieren. Zwar wirkt die Band etwas erschöpft, was sich gegen Ende des Sets durch die langen Pausen zwischen den einzelnen Stücken bestätigt, aber immerhin ziehen sie das kompromisslos durch. Dass es keine Zugaben gibt ist irgendwie erlösend, wer weiß, wie lange wir darauf hätten warten müssen.

Um 23:30 Uhr endet ein durchwachsener Konzertabend, der darunter leidet, dass die beste Band verheizt wurde und dass sich wieder einmal bestätigt, dass der kurzlebige Erfolg auch in der Metalszene wichtiger ist als Qualität. Immerhin haben LAMB OF GOD gegen Ende hin noch einigermaßen unterhalten, so dass es nicht mit Wut im Bauch nach Hause geht.

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