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IN FLAMES, DEVILDRIVER, CALIBAN: Stuttgart, Longhorn, 28.4.2004

Ein spezieller Abend im Dunkeln…

Ein spezieller Abend im Dunkeln…

CALIBAN
CalibanDie frühe Auftrittszeit, eine ständig ausfallende Lightshow und das damit verbundene Agieren im Halbdunkel der letzten durch die geöffneten Dachluken des Longhorns dringenden Sonnenstrahlen – all das konnte CALIBAN nicht schrecken. Rotzig und mit einem ordentlichen musikalischen Wumms ausgestattet machte sich die Band daran, die Fans für die folgenden Acts aufzuwärmen. Doch statt eine lauwarm vor sich hinköchelnde Menge zu hinterlassen, gaben sie Vollgas und sorgten dafür, dass trotz der erwähnten Widrigkeiten ein riesiger Moshpit in Gang kam zu den thrashigen Metalcoregranaten der fünf Deutschen. Sogar die alttestamentlich verbürgte „Moses teilt das Meer der Moshenden und lässt sie daraufhin gegeneinanderklatschen“-Aktion funktionierte blendend, so dass vom Bühnenrand bis hinter zum Mischpult im fahlen Dunkel ein einziges Knäuel an sich verausgabenden Leibern zu erahnen war. Musikalisch war zwar einiges noch Stückwerk – die großen Riffs, die Nackenbrecher fehlen noch – aber mit einer derart agilen und sympathischen Leistung haben sich CALIBAN dennoch einen geräumigen Platz in den Herzen der Anwesenden erspielt.

DEVILDRIVER
DevildriverEs durften im Vorfeld Wetten angenommen werden, wie viele Piercings die neue Band von Dez Fafara mit auf die Bühne schleppen würde, schließlich war seine alte Combo COAL CHAMBER stets hauptsächlich als notorisch unentrinnbare Vorband mit mehreren Kilo Eisen im Gesicht aufgefallen. Doch hoppla! Statt bemühter Freak-Optik betraten fünf völlig normale Typen die Bühne, mit Bandshirts, Jeans und langen Haaren. Der Schwerpunkt wird bei DEVILDRIVER also auch live deutlich auf die Musik verlagert. Und das ist durchaus gut so, denn dort findet sich all das, was man bei COAL CHAMBER immer vermisst hatte: treibendes Riffing, wüste Shouts, die jedoch durchaus eingängig gehalten waren, und kompakte Songs mit sinnvollem Aufbau. Die thrashige Ausrichtung der Stücke stellte einen zusätzlichen Bonuspunkt dar, womit DEVILDRIVER alle Werkzeuge in der Hand hielten, um die Meute vor der Bühne auf dem von CALIBAN vorgegebenen hohen Energielevel zu halten. Und auch die wiederum nach wenigen Songs aussetzende Beleuchtung und deren Ersatz in Gestalt einiger Neonröhren an der Hallendecke konnten die Kalifornier nicht von ihrem Siegeszug abhalten, dem sich lediglich ein paar verbohrte Altschüler, die Dez seine Kohlenkellervergangenheit nach wie vor übelnahmen, nicht anschlossen. Selber schuld!

IN FLAMES
InIrgendjemand beim schwäbischen Energieversorger EnBW mag IN FLAMES nicht. Zu diesem Schluss muss man gelangen, nachdem die von der Band geplante große Lichtshow nach den vorangegangenen Aussetzern endgültig nicht zum Einsatz kommen konnte, und bereits beim Stuttgart-Abstecher der letzten Tour der Sampler der Band schon direkt nach dem Intro aufgegeben hatte. So reduzierte sich die Beleuchtung auf ein paar Lichtlein und den von Neonröhren illuminierten Schriftzug hinter dem Drumkit von Daniel Svensson. Doch die spartanische Ausleuchtung hatte zum einen den Vorteil, ihren eigenen Reiz zu haben und der Musik Vorrang einzuräumen, zum anderen entpuppte sich Frontmann Anders Friden notgedrungen als überaus witziger und charmanter Conférencier, dem man am Ende der Show durchaus die Nachfolge von Harald Schmidt zugetraut hätte. Egal ob er gestand, dass er schon immer mal zu einem ruhigen Song ein Feuerzeugmeer im Publikum sehen wollte, wie es seine Jugendidole von den SCORPIONS immer so schön schafften, oder ein paar ironische Sprüche raushaute und sich in augenzwinkernder Publikumsbeschimpfung übte, immer hatte er die Lacher auf seiner Seite. Somit bestanden beste Voraussetzungen, dass die Stuttgarter erkannten, einem speziellen weil intimeren Konzert der Schweden beizuwohnen. Entsprechend entlohnte das Publikum IN FLAMES mit anhaltender Begeisterung und flächendeckendem Headbangen und Rumspringen. Einzig die schon bei DEVILDRIVER erwähnten Nörgler riefen unablässig, dass sie nur alte Sachen hören wollen würden. Doch kein Problem für die schwedischen Chartstürmer, sie bauten einfach so manchen Knaller aus alten Zeiten zwischen den moderneren, griffigeren Songs von “Reroute to Remain“ und “Soundtrack to Your Escape“ ins Programm ein. Einzig und alleine eine Zugabe verwehrten IN FLAMES den frenetisch feiernden Schwaben, was allerdings weniger als Missachtung des Publikums denn als Bekräftigung der Anti-Rockstar-Attitüde der Band zu werten sein dürfte.

Fotos: Tammi

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