CULT OF LUNA, ABRAHAM: 2.2.2013, Stadtmitte Karlsruhe

Im Rahmen des ersten Abschnitts Ihrer Europatour zu ihrem neuen Album "Vertikal" machen CULT OF LUNA Station in der Karlsruher Stadtmitte. Als ihre handverlesenene Supportband sind ABRAHAM aus der Schweiz mit von der Partie.

Im Rahmen des ersten Abschnitts Ihrer Europatour zu ihrem neuen Album Vertikal machen CULT OF LUNA Station in der Karlsruher Stadtmitte. Als ihre handverlesenene Supportband sind ABRAHAM aus der Schweiz mit von der Partie. 

Pünktlich um halb 9 beginnen Letztere auch mit ihrem gekonnten Verschnitt aus Doom, Metal und Sludge, der stellenweise den Vergleich mit Ihren Landsleuten KNUT oder etwa MOUTH OF THE ARCHITECT nicht zu scheuen braucht. Ihre Songs bedienen sich tonnenschwerer, tiefstimmiger Riffs, die durch tribal-artiges Drumming vorangepeitscht werden, begleitet vom bis zu 3 Stimmen umfassenden Shouting. Alles in allem ergibt sich ein bleibender Eindruck einer sehr dynamischen und wütend-angepissten Gesamtperformance, die die Interaktion mit dem Publikum in der zwar nicht brechend vollen, aber doch nahezu ausverkauften Stadtmitte leidenschaftlich gesucht und gefunden hat. Man möchte zwar die extatische und an manischen Gesten reiche Show nicht für unfreiwillig komisch erachten, aber: Durch das gefühlt sekündliche Hochhalten und bedeutungsschwangere Präsentieren der Gitarren über Kopf durch beide Gitarristen muss man einfach an den Affen aus König der Löwen denken, der das Löwenbaby auf dem Felsen präsentiert, tut mir leid.  

Ein Kopfkino der ernsthafteren Art sollte sich nach einer kurzen Umbaupause dann aber bei CULT OF LUNA einstellen. Inspiration für ihr neues Album Vertikal haben sie insbesondere bei Fritz Langs Stummfilm Metropolis von 1927 gefunden, und ihre Songs in dessen düsterer und roboterhaft-utopischer Atmosphäre getränkt. Die Bühne verdunkelt sich, die Nebelmaschine zischt vorfreudig und die ersten Töne des Vertikal-Preludiums The One erklingen. Dann erkennt man schemenhaft die Silhouetten der 7 Schweden, und als diese plötzlich in gleißendem blauen Licht zerfließen, bricht auch schon der Opener I, The Weapon wie ein Gewitter los.
Was nun folgt, ist eine anderthalbstündige Demonstration einer beängstigend gut eingespielten Band (Achtung, 2 Drummer, die irgendwie mit einem Patchkabel verbunden sein müssen), die ihresgleichen sucht. Songs der vorhergehenden Alben Eternal Kingdom wie das großartige Ghost Trail oder Finland vom Album Somewhere Aling The Highway werden auf stimmige Art und Weise in die vom neuen Album dominierte Setlist ohne spürbare Reibungspunkte eingeflochten. Musikalisch vertonte Kälte breitet sich mit dem stoischen Vicarious Redemption, dem fabrik-esken Synchronicity und dem monumentalen Mute Departure aus, obwohl die Raumtemperatur angesichts der mitreißenden Darbietung auf gefühlte 40° steigt. Das synchrone Kopfnicken der Zuhörerschaft zwingt den Vergleich zu den Maschinen-Menschen aus Metropolis förmlich auf, während die Band dem Filmvorbild entsprechend die Bühne in einen grell beleuchteten Maschinenraum verwandelt, in dem die Nebelmaschine einmal eine gigantische Dampfturbine simulieren darf.
Kurz vor Ende des Sets findet die Band noch einmal auf elegante Art und Weise den Weg in ihr Eternal Kingdom, nimmt die Stadtmitte gönnerhaft mit und spielt dort das märchenhaft-gruselige Owlwood, um dann wieder mit Passing Through eine Brücke in das 20er-Jahre Utopia zu schlagen und mit In Awe Of zum fulminanten Finale auszuholen. Noch einmal alle Maschinen auf Hochtouren, Sänger und Gitarrist Johannes Persson drischt, übermannt von der Intensität, mit dem Mikro auf seine Stirn ein, und dann versiegt alles in einem allumfassenden, dröhnenden Schlussakkord, in dessen Nachhall die Band nach den nötigsten Dankesworten ohne Zugabe durch die Hintertür verschwindet.

Was zurückbleibt ist ehrfürchtiges Staunen vor so viel Können und dem Gesamtkunstwerk, ein Tropfen Wehmut darüber, dass es kein einziger Song von ihrem Glanzstück Salvation in die Setlist geschafft hat, und irgendwie vielleicht auch der Anflug eines Geruchs von Maschinenöl in der Nase.

(Christian Schönlaub)

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