BOLT THROWER, MALEVOLENT CREATION, NIGHTRAGE und NECROPHAGIST am 21.01.2006 im JUZ Andernach

Eine Lehrstunde in Death Metal!

Das britische Death-Metal Urgestein geht endlich wieder auf Tour und hat mit NECROPHAGIST, NIGHTRAGE und MALEVOLENT CREATION mal wieder ein namhaftes Support-Paket dabei. Das und die absolut genialen Eintritts- und Merchandisepreise sorgten landauf, landab für volle Hütten, so dass die Fans das Tourmotto Those Still Loyal voll und ganz erfüllten. Bei dreizehn Euro für die Karte, T-Shirts ab acht Euro, das teuerste Longsleeve für fünfzehn und einen Kapuzzenpulli für zwanzig Euro kann man aber auch schwer widerstehen, was sich letztlich auch in meinem Geldbeutel bemerkbar macht. Aber was soll’s. Soviel Fanfreundlichkeit gehört schließlich unterstützt! Und so wurde der Merchandisestand im bis unter die Decke gefüllten JUZ von Legionen Langhaariger belagert.

(agony&ecstasy)

Für mich als passionierten BOLT THROWER-Nicht-Möger gab es heute nur zwei Gründe im JUZ zu erscheinen – MALEVOLENT CREATION und die teutonischen Prog-Deather von NECROPHAGIST. Da letztere die Anheizer der Tour waren, ergatterte ich mir zügig einen Platz an vorderster Front und fieberte dem Auftritt der Truppe um Frontgurgler und Chefdenker Muhammed Suicmez entgegen. Natürlich hing die Frage, ob die auf CD dargebrachte Leistung auch Live abgerufen werden könnte, wie ein Damoklesschwert über dem Raum, aber alle Sorge sollte sich als unberechtigt erweisen… Pünktlich um 20 Uhr enterte das Quartett, bestehend aus dem eingangs erwähnten Herrn Suicmez (g., v.), Christian Münzer (g.), Stefan Fimmers (b.) und Hannes Grossmann (d.) die Bühne und zelebrierte 30 Minuten lang ein technisch extrem hochwertiges Death Metal-Inferno, das nahezu jede andere Band aus diesem Subgenre blass aussehen ließ. Stabwound und The Stillborn One vom Label-Debut Epitaph eröffneten den Auftritt. Weitere Killersongs à la Foul Body Autopsy (vom Debut Onset on Putrefaction) oder Epitaph, der Titelsong des aktuellen Silberlings rundeten den positiven Gesamteindruck ab. Ich hätte mir noch Diminished to be und Mutilate the Stillborn gewünscht, aber bei einer halben Stunde Spielzeit kann man tragischerweise nicht jeden Fanwunsch erfüllen. Besonders hervorheben möchte ich die herausragende Instrumentalleistung aller NECROPHAGIST-Musiker: Es gab handwerklich perfekt vorgetragene, halsbrecherische Breaks zu bestaunen, die allein schon beim Zuschauen Schwindelgefühle hervorriefen. Nicht zu vergessen die irrwitzigen Tempowechsel und die grandiosen Soli, die teils wahnwitzig schnell und stets fehlerfrei dargeboten wurden. Auch Drummer Hannes Grossmann leistete hervorragende Arbeit und hämmerte präzise wie das viel zitierte Schweizer Uhrwerk auf sein Schlagzeug ein und unterlegte jeden Song mit einer filigranen, aber dennoch brachialen Drumspur. Kurz: Für Freunde des hochgradig vertrackten Death Metals war dies wahrhaft der siebte Himmel. Das anwesende Publikum schien ebenfalls recht angetan zu sein, auch wenn nur wenige den (vergeblichen) Versuch unternahmen, zu den komplexen und sehr unsteten Songs taktgenau zu moshen; die meisten standen einfach nur bezaubert vor der Bühne und ließen sich von der unglaublichen Instrumentalarbeit gefangen nehmen. Aber ganz kritiklos kommt NECROPHAGIST dann doch nicht davon: Stageacting war quasi nicht vorhanden, was man mit Sicherheit auch auf die hochkomplexen Songstrukturen zurückführen kann. Dennoch muss die Band in meinen Augen noch lernen, etwas mehr aus sich herauszugehen. Das gilt auch für die spärliche Interaktion mit dem Publikum. Aber diese beiden Kritikpunkte taten dem formidablen Hörvergnügen letzten Endes keinen Abbruch. Daher mein Appell an jeden Liebhaber technischen Death Metals: Lasst euch NECROPHAGIST nicht entgehen!

(Gastautor Philipp Rauf)

Nach dem starken Auftritt von NECROPHAGIST spielte die griechisch/schwedische Kollaboration NIGHTRAGE auf. Mit ihrem relativ modernen, melodischen Death Metal fielen die Jungs um Marios Iliopoulus und FIREWIND Saitenhexer Gus G. ein wenig aus dem Rahmen. Und so richtig überzeugen konnte die Band am heutigen Abend nicht. Das Publikum war heute natürlich eher auf Old-School Death Metal fixiert und damit konnten NIGHTRAGE nun wirklich nicht dienen. Zumindest hatten die Jungs den Lacher des Abends zu verbuchen, als ein Mitglied der Crew, mit einer Monstermaske bekleidet auf die Bühne kroch und Gus G. am Bein zog, der daraufhin vor Überraschung eine astreine Bruchlandung auf den Brettern hinlegte. Ansonsten war der Auftritt eher unspektakulär und wurde auch vom Publikum eher verhalten aufgenommen. Der neue Frontmann Jimmie Strimell machte seinen Job als Brüllwürfel ganz gut, konnte aber mit seinem semi-evil Gepose nicht wirklich ein Fass aufmachen. Sicher, schlecht waren NIGHTRAGE nicht, aber zumindest war es definitiv die falsche Band in diesem Package.

(agony&ecstasy)

Nachdem ich fast den gesamten NIGHTRAGE-Auftritt damit zubrachte, am Merchandise-Stand auf einen Verkäufer zu warten, der sich für die NECROPHAGIST-Memorabilien verantwortlich fühlte (übrigens ohne Erfolg), schlug ich mich pünktlich zu MALEVOLENT CREATION wieder in die vorderen Reihen zurück. Am Mikro der Brutalo-Deather stand an diesem Abend (leider) Originalsänger Brett Hoffmann, der nicht an Kyle Simmons‘ Organ heranreicht. Am Bass sprang Marco Martell für den verhinderten Jason white power Blachowitz ein und an den Drums glänzte David Kinkade. Die Lead Gitarre wurde selbstredend noch immer von Phil Fasciana betätigt, die zweite Gitarre soll angeblich von Jon Rubin besetzt gewesen sein.

Soviel zu den Line-Up Querelen, nun zur Musik. Mit Eye of the Apocalypse ging es gleich deftig zur Sache, es folgten Infernal Desire und Living in Fear, bevor mit Malevolent Creation die Bandhymne ins moshende Publikum gefeuert wurde. Weitere Abrissbirnen, wie Supremacy through Annihilation oder Dead March verfeinerten die ausgewogene Setlist. Zum Abschluss wurde das brachiale The Will to Kill gespielt, welches leider der einzige Song vom gleichnamigen Album blieb. Trotz der offensichtlich sehr guten Songauswahl wollte der Funke bei mir nicht überspringen, so dass das Konzert in meinen Augen nur als mittelmäßig gelungen zu bewerten ist. Zu routiniert, respektive gelangweilt wirkten die Musiker, die Songs wurden mit der Zeit etwas monoton und der Sound war auch nicht immer optimal. Dem Gros des Publikums hingegen schien die Show gefallen zu haben. Zum grande finale sollten nun BOLT THROWER aufspielen, aber die fand ich ja schon immer langweilig. Live würden sie mich sicherlich auch nicht überzeugen können, dachte ich mir… oh, wie man sich irren kann! Aber lest selbst…

(Gastautor Philipp Rauf)

Nach dem mehr als enttäuschenden Auftritt von MALEVOLENT CREATION hieß es noch einmal Umbaupause, dann war es endlich soweit. Zum Intro aus der Konserve betraten BOLT THROWER die Bühne und legten mit dem Doppelpack At First Light und Entrenched los. Das Publikum rastete von der ersten Sekunde an aus und trieb die Temperatur in ungeahnte Höhen. Die Leute haben wirklich auf diese Band gewartet! Im Vergleich zur letzten Tour, die ich ebenfalls in Andernach besuchte, war eines sofort deutlich: Die Rückkehr von Karl Willets ist Gold wert! Nicht dass Dave Ingramm seinen Job schlecht gemacht hätte, aber mit dem Charisma des einzig wahren BOLT THROWER-Frontmanns konnte er zu keiner Zeit mithalten. Während letzterer auf der Bühne richtig aus sich heraus ging, hielt sich der Rest der Band wie üblich eher zurück und beschränkte sich auf spielen und bangen. Mehr war auch nicht notwendig, um die Anwesenden in einen echten Rauschzustand zu befördern. Was diese Band auf der Bühne abzieht, ist nur mit einem Wort zu beschreiben: PERFEKT! Bis auf das Debütalbum wurde jede Scheibe mindestens mit einem Song bedacht, wobei World Eater und Cenotaph – von denen ersteres nur instrumental gespielt wurde – quasi zu einem Medley verpackt wurden. Eines der absoluten Highlights war hierbei der Titeltrack der neuen Scheibe Those Once Loyal. Diese alles zermalmende Hymne gehört mit Sicherheit zum besten, was die britische Stahlschmiede je verbrochen hat! Nach fünfzig Minuten beendete When Cannons Fade stilgerecht den Hauptteil des Konzerts. Aber natürlich kamen BOLT THROWER noch einmal zurück auf die Bühne und gaben dem tobenden Mob mit Contact Wait Out, dem leider einzigen Song von Honour-Valour-Pride und dem abschließenden For Victory endgültig den Rest. Von mir aus hätten die Jungs und Jo Mein Bass ist fast so groß wie ich Bench noch mal ne Stunde dran hängen können, denn eines haben BOLT THROWER an diesem Tage mal wieder unmissverständlich klar gemacht: Die beste Death Metal Band der Welt kommt aus England! Hoffentlich vergehen bis zur letzen Tour nicht schon wieder vier Jahre.

(agony&ecstasy)

Setlist BOLT THROWER:

Intro

At First Light

Entrenched

Mercenary

World Eater

Cenotaph

The Killchain

Powder Burns

Where Next To Conquer?

Those Once Loyal

No Guts, No Glory

4th Crusade

When Cannons Fade

Contact Wait Out

For Victory

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