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ARMORED SAINT / BRAINSTORM / JACOBS DREAM 07-10-2000 Offenbach/Hafenbahn

Es hat sich voll gelohnt aufs Länderspiel zu verzichten. Eines der besten Konzerte welches ich beiwohnen durfte.

ARMORED SAINT / BRAINSTORM / JACOBS DREAM 07-10-2000 Offenbach/Hafenbahn

VORGESCHICHTE:

Seit etlichen Wochen freute ich mich schon auf die erste Deutschlandtour von ARMORED SAINT seit neun Jahren. Nach ihrem grandiosen Wackenauftritt wuchs die Vorfreude noch viel mehr. Am 03.10. sollte ich die Band dann in München, ausgestattet mit einem Platz auf der Gästeliste und einen Interviewtermin, endlich sehen. Es kam aber wie es kommen musste. Am Samstag vorm Konzert bezahlte ich die Blutgrätsche meines Gegenspielers mit einem Bänderriss. Gips, Krücken, krankgeschrieben. Zum Glück spielte die Band aber noch in der Offenbacher Hafenbahn und so verzichtete ich auf den Länderspielklassiker England – Deutschland und fuhr mal wieder nach Hessen. Wie in guten alten Zeiten kam ich so auch mal wieder in den Genuß ein Fussballspiel im Radio anzuhören. Leider hat es in der Kürze der Zeit nicht mehr zu einem Fotopaß oder Interviewtermin gereicht, so daß ihr diese Review leider ohne Fotos vorfindet.

JACOBS DREAM

Ich hatte schon in Wacken das Vergnügen die Kritkerlieblinge live zu sehen. Bei ihrem Auftitt dort liesen sie jegliches Feuer und Engagement vermissen, so daß ich die Band nach einer Viertelstunde wieder meinen Rücken zudrehte. Da ich mich auch mittlerweile auch mit der so hochgelobten Platte vertraut gemacht habe und wirklich nicht herausfinden konnte, warum diese Scheibe überall Höchstnoten einheimste, erwartete ich eigentlich gar nichts vom Konzert. Trotzdem fiel schon nach wenigen Sekunden auf, daß die Band nun über mehr Liveerfahrung verfügt und zumindest der Sänger und ein Gitarrist waren in Bewegung und bangten recht heftig. Vom Songmaterial konnte mich die ganze Angelegenheit wieder nicht sonderlich begeistern, allerdings muss man der Band vom Stageacting eine klare Leisterungssteigerung bescheinigen. Warum die Band allerdings nach 25 Minuten schon wieder die Bühne verlassen hat, obwohl auf der Runningorder am Mischpult was von 40 Minuten Spielzeit stand, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Auf jeden Fall gab es zu Ende des Konzertes mehr als einen Höflichkeitsapplaus, was die Musiker mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis nahmen.

BRAINSTORM

Endlich durften auch BRAINSTORM ihre letzte, starke Studioscheibe „Ambiguity“ live vorstellen. So beschränkte sich die Setlist auch überwiegend auf die Songs dieser Veröffentlichung („Crush depth“, „Tear down the walls“, „Arena“, „Beyond my destiny“…). Am Mikro stand wieder der eigentliche Sänger Andy B. Franck, welcher sich ja bekanntlich vor einigen Wochen seine Schulter und seinen Ellebogen gebrochen hat und bei den ersten Konzerten von einen der Gitarristen, nämlich Thorsten Ihlenfeld ersetzt wurde. Nach eigenen Angaben wollte er aber unbedingt in Offenbach spielen und zog den Gig, trotz komplett eingegipsten linken Arm, routiniert durch. Obwohl man ihn schon anmerkte, daß er gerne mal geklatscht hätte oder das Mikro in die andere Hand gelegt hätte….

Die Band wurde zeitweise regelrecht abgefeiert und bis zum Mischpult war jeder am Bangen, singen und Spaß haben. Es wurde aber auch eine Spielfreude an den Tag gelegt und man merkte, wieviel Lust BRAINSTORM an diesem Auftritt hatte. Waren sie schon auf Platte richtig gut, so konnten sie live noch eins draufsetzen. Willkommen in der ersten Liga Jungs! Als Zugabe gab es noch „Don`t wait for me“ von VICIOUS RUMORS, was von dem Publikum begeistert aufgenommen wurde. Das die Band an diesem Abend etliche neue Fans hinzugewonnen hat, merkte man auch an der Tatsache, daß zu Ende des Gigs etliche Leute mit einem T-Shirt der Band nach Hause sind.

ARMORED SAINT

Endlich war es soweit. Die Herren Gonzo, Vera, Sandoval und Duncan kamen nacheinander, gefeiert von lautstarken ARMORED SAINT Sprechchören auf die Bühne, um „Can u deliver“ anzuspielen. Dann trat John Bush, für mich der geborene Frontman hinzu und sang „Can u deliver – I`m overlooking you – Laying out the question – Think that you`ll pull through“. Gänsehaut pur. Die folgenden 90 Minuten waren ein Arschtritt für 99% aller Bands dieses Universums. Ich übertreibe? Nein, wirklich nicht. Eine gelungene Songauswahl aus alt und neu, die sich vom Wackenauftritt doch unterschied (so wurden „The pillar“, „Aftermath“, „Lesson well learned“ gespielt). Ein Bush in Höchstform, der mal im Fotograben verschwand, die grosse Bühne komplett nutzte, immer wieder das Gespräch mit dem Publikum suchte und es sich auch wieder nicht nehmen lies auf die Boxen rumzuklettern um von dort „Symbol of salvation“ zu singen. Ein Joey Vera mit Dauergrinsen und Gonzo verprügelte sein Schlagzeug nach allen Regeln der Kunst. Es passte einfach alles an diesem Abend. Höhepunkte des Sets? Schwer, der ganze Gig war ein einziger Höhepunkt. „Aftermath“ mit Vera an der Akkustikklampfe, „Book of blood“ bei dessen Mittelteil die beiden Gitarristen sich austoben durften. Die Hymne „Den of thieves“ (dieser Song ist der Beweise dafür, dass die Herren Götter sind!), das treibende „Reign of fire“, der alte Gassenhauser „Chemical euphoria“ oder das lautstark geforderte „March of the saint“. Egal, jede Sekunde dieses Auftritts war ein Höchstgenuss. Die Band hatte Bock und wurde nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Das es für die Musiker etwas besonderes war, mal wieder durch Europa zu touren und so begeistert aufgenommen zu werden, merkte ich auch, als ich vor der Zugabe in den Backstageraum blicken konnte und sich dort alle abklatschten und umarmten. Sicherlich in der heutigen Zeit kein alltägliches Bild. Eine neue Platte, ein Festivalauftritt und eine Clubtour. Von mir aus könnten ARMORED SAINT dies jedes Jahr so handhaben.

Es hat sich voll gelohnt aufs Länderspiel zu verzichten. Eines der besten Konzerte welches ich beiwohnen durfte. Danke Jungs.

NACHBETRACHTUNG

Trotzdem bin ich etwas enttäuscht von dieser Tour. Nein, nicht von den Bands, sondern von den Fans. In München sollen es an einem Feiertag nur 150 Leute gewesen sein, hier vielleicht 300. Von diesen 300 waren bestimmt 200 an die 30 Jahre alt. Wo ist der Metalnachwuchs? Klar in Wacken, da ist man weg von zu Hause, kann Spaß haben und Bier trinken. Oder bei Maiden. Ist auch verdammt cool 100 Mark Eintritt zu zahlen und 200 Mark für ein Soccershirt. Bei dieser Tour gab es vor den Konzerten eine Metalbörse, Autogrammstunden, der Eintritt war mit 28 Mark recht günstig, die Shirts kosteten 25 oder 30 Mark und wenige interessierts. Traurig. Dann braucht man sich nicht wundern, wenn die kleineren Bands bald einen grossen Bogen um Deutschland machen.

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