WIRTZ: FSK 31

Daniel Wirtz, charismatischer Sänger der einstigen Senkrechtstarter von SUB7EVEN setzt mit seinem Solo-Album ein dickes Ausrufezeichen. Grund genug mit ihm darüber, aber auch über seine Hauptband zu reden.

Daniel Wirtz, charismatischer Sänger der einstigen Senkrechtstarter von SUB7EVEN setzt mit seinem Solo-Album ein dickes Ausrufezeichen. Grund genug mit ihm darüber, aber auch über seine Hauptband zu reden.


Es war ja doch recht überraschend, dass der
SUB7EVEN Sänger jetzt solo unterwegs ist. Ich bekam mal eine MySpace-Nachricht und dann ging ja alles ganz schnell…

Das hat sich eigentlich alles so ergeben. Wenn man 30 wird, blickt man ja gerne mal zurück und macht sich Gedanken über die Vergangenheit und schaut nach vorne in die Zukunft. Ich habe dann einen kompletten Kernspint gemacht und ich wollte das Album ja folglich auch erst FSK 31 nennen. Es war eine freiwillige Selbstkontrolle, ich wollte sehen wo stehst du im Leben und wo willst du noch hin? Ich habe mal in den Spiegel der Wahrheit geguckt und das war recht unangenehm. Man neigt ja dazu, sich viele Sachen schön zu reden. Aber wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist, findet man genügend Sachen, bei denen man ansetzen und die man besser machen kann. Mit dem Medium Musik kann man die Welt besser machen, aber Songs zu schreiben, was alle anderen machen sollen, hielte ich für den falschen Weg. Ich wollte mich verbessern und mein Umfeld besser gestalten und somit dann doch trotzdem etwas verändern. Das war der Ansatzpunkt. Für mich war das eine reine Selbsttherapie und ich habe damit auch viele Sachen verarbeitet. Ich mache das mit der Musik und andere halt mit dem Malen von Bildern. Dann kamen die ersten Songs und ich habe diese den Matthias Hoffmann vorgespielt, der auch die Songs später produziert hat. Der fand das dann auch so gut, dass folglich immer mehr passiert ist.

War es schwierig für dich, sich so zu öffnen? Nichts gegen deine Hauptband, aber da sind ja die Lyrics doch etwas einfacher gehalten.

Weniger. Es war schwierig, die Songs anderen vorzuspielen. Es war wie ein Tagebuch, das man einem Fremden vorlegt und zu ihm sagt, er soll darin lesen. Die deutsche Sprache war auch noch ungewohnt und kostete Überwindung. Hinter der englische Spracheversteckt man sich ja doch mal gerne und mir fehlen da auch mal ein paar Vokabeln. Ich hatte erst Bedenken, dass sich Leute darüber lustig machen, aber meine Kumpels oder meine Freundin haben mich gleich bestätigt. Das hat mich dann schon bestärkt und so ging das dann immer weiter.

Böse Zungen behaupten bestimmt, SUB7 sind derzeit auf dem absteigenden Ast und dann macht der Sänger halt mal schnell ein deutschsprachiges Album

Wirtz
Das Coverartwork von 11 Zeugen

Das habe ich bisher noch nicht gehört. Ich glaube es ist alles so gekommen, wie es kommen musste. Ich habe schon vor fünf Jahren mal angefangen, deutsche Texte zu schreiben und gemerkt, dass da auch eine Wucht dahintersteht. Das ist das, was mir auch bei SUB7EVEN oft fehlt. Man kann sich da weit aus den Fenster lehnen, schöne und interessante Texte schreiben. Die Leute sagen einem schon Sachen wie, geiler Song, das rockt. Aber man bekommt auf seine Texte keinerlei Feedback und jetzt bekomme ich von jedem Fan, Journalisten oder wem auch immer Feedback auf meine Texte. Das habe ich bisher noch nie so erfahren und ist auch mal ein ganz anderer Gesichtspunkt und sehr interessant.

Leidet SUB7 jetzt unter deiner Solo-Karriere?

Es spielt sich derzeit ganz gut ein. Über MySpace kommen die Leute erst zu mir, dann zu der Seite von SUB7EVEN. Wir sind ja immer noch im kleinen Rahmen unterwegs und spielen eigentlich ständig. Der Bassist ist ja wieder ausgestiegen und das ist schon immer ein leidiges Thema, wenn man einen Musiker verliert. Oft muss man dann wieder bei Null anfangen. Es funktioniert aber derzeit gut! Die Band ist für mich wie eine Familie, ich habe mit denen Höhen und Tiefen erlebt und spiele auch wenn es umsonst ist. Mit guten Kumpels irgendwohin hin gehen und eine schöne Zeit haben ist mir auch viel Wert.

Was ist denn genau schiefgelaufen in der Karriere von SUB7. Die erste Platte 2000 war ja richtig geil und erfolgreich. Dann gings irgendwie nie mehr richtig weiter.

Das lag schon am Management und an der Plattenfirma. Es gab damals zwei Bands. DIE HAPPY und uns, die bei Firestarter rauskamen und die haben zwei Philsophien probiert. Die einen waren die, die an jeder Tonne spielten und wir hatten das Hitpotential und mussten zu Top Of The Pops und zu The Dome. Tja, der Weg von beiden Bands ist bekannt. Ich war da auch etwas zu gutgläubig und dachte, wenn du zu Top of the Pops gehst und die Kinder sehen dich und gehen dann auch mal in einen Club zu einem Rockkonzert und nicht zu DJ ÖTZI, dann hast ja auch was erreicht. Das versteht aber der Rockfan nicht und man muss lernen, gewisse Sachen auch mal nicht zu machen. Viele kleine Dinge waren dann entscheidend und unsere Plattenfirma und unser Management gingen in eine komplett andere Richtung. Wir mussten schon hartes Lehrgeld bezahlen und seit den letzten fünf Jahren spielen wir überall und die Leute merken jetzt schon, dass wir eine richtige und hart arbeitende Rockband sind.

Zumal die letzte Platte ja richtig gut war.

Danke, ich sehe das genauso.

Aber es haben doch wenig Leute mitbekommen, dass ihr eine neue Platte veröffentlicht habt. Ich kriege das natürlich schon mit, aber wenn man in den gängigen Zeitungen keine Anzeigen sieht und man mit einem Review abgespeist wird, dann bleibt das heutzutage nicht in den Köpfen der Leser.

Wir wurden halt auch von einigen wichtigen Leuten ignoriert. Es ist schon schade, denn viele Leute sagen, dass die Love Chains n Rockets unser bestes und reifstes Album ist.

Kommen wir zurück zu WIRTZ. Du hast ja, was relativ untypisch ist, vor allen Veröffentlichungen eine Single herausgebracht, bei der die Leute entscheiden konnten, wieviel sie zahlen wollen. Wie lief die Sache?

Zum Erstaunen aller und zum Glück für mich sehr gut.

Also bist du jetzt Millionär?

Haha. Es waren ja nur 350 Scheiben, die ich pressen ließ. Einer war dabei, der hat 50 Euro bezahlt und auch viele die nur einen oder zwei Cent gezahlt haben, was aber auch völlig ok ist. Das sollte aber so sein und die Leute, die kein Geld haben, sollen auch zuschlagen und Teil haben an etwas, was mir viel bedeutet. Die Scheiben sind alle weg und im Schnitt wurden sie für 11 Euro verkauft.

Untypisch war auch, dass Du vor Erscheinen der CD schon in Großstädten Konzerte als Headliner gespielt hast und die auch noch alle sehr gut besucht waren. Du hast die Auftritte ja auch nur über MySpace beworben.

Stimmt. Es war überall recht voll und die Resonanz nach zwei Songs war schon krass. Die Leute waren textsicher und unter 15 Euro kann man heutzutage auch kaum noch verlangen – da war ich von den Reaktionen schon überrascht. Das habe ich in dieser Form so noch nicht erlebt. Das hat mich schon schwer beeindruckt.

Das mit MySpace ist schon auch verrückt. Ich habe jetzt fast 5000 Freunde und das interessante ist auch noch, dass die alle zu mir kamen und ich noch nie einen selbst geaddet habe.

Wie läuft denn jetzt die Scheibe? Du bist ja sogar in den Charts eingestiegen, was aber zugegebenermaßen heutzutage nicht mehr viel zu bedeuten hat.

WIRTZ
Man muss mal richtig fallen, um die wichtigen Sachen wieder schätzen zu wissen. – Daniel Wirtz ist nicht auf alles, was während seiner Karriere passiert ist, stolz.

In der ersten Woche habe ich 2500 Scheiben verkauft und in der zweiten nochmal um die 1000. Das ist schon mal o.k. Die Single lief ja nicht im Radio, da war ja der Text dran schuld. Da schaltet schon mal gerne die Chefredakteurin weg. Werbung wurde auch wenig gemacht. Jetzt kommt noch die zweite Single Mon Armour – mit den Song wollte ich eigentlich den Sommer einläuten, aber gerade ist es in Hamburg schweinekalt. Mit der Nummer werden wir wohl mehr Airplay bekommen.

Ende April gehts auf Tour. Was kann man erwarten? Du spielst als Headliner und hast derzeit 11 Songs mit etwas über 40 Minuten.

Ich habe noch einen Bonustrack über i-Tunes. Von Ne Weile Her gibt es noch eine weitere Bonusversion. Vielleicht haue ich auch noch den ein oder anderen SOUNDGARDEN-Song raus. Bei der Probe jetzt dehnen wir schon mal den Song und lassen die Leute auch mal tanzen oder wiederholen einen Refrain. 70-80 Minuten werden es schon werden.

Gibt es eine Vorband?

Das habe ich auch über MySpace gemacht und in jeder Stadt haben wir jetzt eine lokale Vorband.

Laut irgendeiner Mitteilung im Internet sollst Du FOO FIGHTERS bei deren Open-Airs supporten…

Da kann ich jetzt leider nicht viel dazu sagen. Es sieht wohl ganz gut aus, aber ich glaube das erst, wenn der Grohl eine Pressemitteilung veröffentlicht. Ihr Agent hat uns wohl mal gesehen und hat Interesse. Bevor ich nachher nicht mehr zurückrudern kann, sag ich jetzt einfach mal keine Ahnung.

Erinnert dich die Zeit jetzt an die Anfangstage von SUB7EVEN. Die erste Tour, die ersten Reaktionen zur Platte…

Ich war gerade mit der Band im Restaurant und habe denen erzählt, dass ich froh bin, alles schon mal erlebt zu haben. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem alles etwas ruhiger wird und ich freue mich auf das was kommt. Es ist gut so wie es ist, wir sind gut gestartet und es läuft derzeit recht gut.

Du kannst doch deinen Ausflug jetzt schon als Erfolg verbuchen…

Stimmt. Ich hätte nie erwartet, dass ich überhaupt mal eine CD aufnehme. Als ich nach Ne Weile Her den ersten ruhigen Song hochgeladen habe, rechnete ich schon mit vielen Verrissen. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Leute sind noch mehr durchgedreht.

Gibts sonst noch was, was ich nicht gefragt habe, Du aber gerne erzählen würdest.

Ich freu mich total auf die Tour. Bei den letzten SUB7EVEN-Konzerte habe ich zwei Songs schon mal vor Publikum gespielt. Das Konzert war auch noch in meiner alten Heimat und alle kamen zur Bühne und haben laut mitgesungen und sind total abgegangen. Dieses bewusste Mitsingen habe ich in dieser Form nie erleben dürfen. Das wird glaube ich die schönste Tour, die ich je machen durfte.

Ich habe mal eine interessante Aussage von Dir gelesen: Statt Whiskey-Cola gibt es jetzt wieder Dosenbier. Und das ist auch gut so.

Man muss mal richtig fallen, um die wichtigen Sachen wieder schätzen zu wissen. Ich bin damals vom Zivildienst in den Tourbus gestiegen und die erste Frage, die mir der Manager stellte war, welche Farbe soll das Porsche-Leder haben? Wir sind ständig mit dem Nightliner rumgefahren und dann verliert man schon mal schnell die Relation und dreht durch. Dass ich da mal richtig gefallen bin, war für mich schon sehr lehrreich und ich lebe jetzt auch viel bewusster. Es gibt ja im Internet gewisse Clips, auf die ich nicht wirklich stolz bin, da habe ich mir nicht viel dabei gedacht. Für mich war das jetzt das Beste, was ich machen konnte.

Wird es von SUB7EVEN noch eine weitere Platte geben?

Die scharren jetzt auch mit den Hufen, weil sie sehen, was derzeit passiert. Ich habe auch noch ein eigenes Label gegründet und das alles ist ja auch Pioinierarbeit für SUB7. Wir haben jetzt wieder einen neuen Basser und spielen die bereits gebuchten Gigs. Aber wenn ihr jetzt eine neue Platte wollt, dann setzt euch hin, schreibt die besten Songs, die ihr je geschrieben habt, und gebt Gas, sagte ich erst vor Kurzem zu den Jungs. Ich habe da jetzt etwas mit der Plattenfirma angestoßen, was funktionieren muss. Wenn das schiefgeht, kann ich gleich nach Uruguay und auf den Feld arbeiten. SUB7 ist so eine geile Band, ich freu mich wieder total auf die Zusammenarbeit mit denen. Es sind auch alles super Musiker mit so viel Potential. Es wäre wirklich schade, wenn es nicht mehr weitergehen würde. Um auf deine Frage zurückzukommen: Ich denke, dass es noch Platten von uns geben wird. Das mit dem neuen Basser scheint auch gut zu klappen. Er spielt sehr sauber und ist wirklich ein netter Junge. Doch, ich bin zuversichtlich!

 

Bilder: Wirtz

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