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VENOM: Auferstanden aus Ruinen – Klassikerinterview

Interviews, die wir euch nicht vorenthalten wollen. Eine Band meiner Jugend, von mir im hohen Alter interviewt!

Interviews, die wir euch nicht vorenthalten wollen – ein Klassikerinterview zum Release von Ressurection aus dem Jahr 2000.

Eine Band meiner Jugend. Weiß noch ganz genau, wie ich Weihnachten 1985 die Nightmare-Maxi bekam oder wie ich meinem Kumpel Lars die At War with Satan für lumpige zwölf Mark abkaufte, weil er VENOM Scheiße fand (um sich mit mir 1996 einträchtig nebeneinanderstehend den VENOM-Gig auf dem Dynamo anzusehen). Nunja, das ist einige Jahre her. VENOM veröffentlichten (etlichen Line-up-Wechseln zum Trotz) kontinuierlich ihre Alben.

Es gab gute (Temples of Ice, 1991, At War with Satan, 1984, Prime Evil, 1989) und weniger gute (Calm before the Storm, 1987), The Waste Lands, 1992) Scheiben. Vom Kultcharakter solcher Alben wie Welcome to Hell (1981), Black Metal (1982) oder der mächtigen Livescheibe Eine kleine Nachtmusik (1986) ganz zu schweigen.

An diesen Alben wird das Trio aus Newcastle immer gemessen werden und damit ein ähnliches Schicksal erleiden wie MERCYFUL FATE, von denen man auch immer erwartet, dass Melissa oder Don’t break the Oath getoppt wird. Das ist nicht zu schaffen. War halt ´ne andere Zeit. Doch nichtsdestotrotz haben VENOM auch im neuen Jahrtausend noch etwas mitzuteilen, wie das neue Album Resurrection beweist.

Knappe drei Jahre nach der eigentlichen Reunion-Scheibe Cast in Stone legen Cronos, MANTAS und Antton das neue VENOM-Album Resurrection vor. Cronos, MANTAS und wer? Richtig, Abaddon ist erstmalig nicht mehr auf einem VENOM-Album zu hören und wurde durch einen gewissen Antton ersetzt.

Gerüchte besagen, dass es sich dabei um Cronos´ Bruder handelt. Egal, spätestens in Wacken wird wohl Licht ins Dunkel gebracht. Mein Gegenüber am anderen Ende der Leitung war der Grand Master of Hades and Mayhem, der Mann an den Chainsaw Guitar Dives, der für das Martial Mayhem Masscare zuständige Jeff Dunn. Besser bekannt unter seinem Namen Mantas.




Natürlich muss ich als erste Frage die stellen, warum Abbaddon nicht mehr länger Teil des VENOM Line-ups ist!

Wir hatten diverse Differenzen, die wir einfach nicht beilegen konnten. Eine Zusammenarbeit mit ihm war einfach nicht mehr möglich. Wir fanden keinen gemeinsamen Weg. Hast du sein Am I Legion-Album gehört? Das ist die Richtung, die er mit VENOM einschlagen wollte. Doch Cronos und ich sind an so einer musikalischen Ausrichtung VENOMs nicht interessiert. Wenn du VENOM-Fan bist, dann weißt du, dass wir immer gesagt haben, dass wir niemals Freunde waren oder sind. Nichtsdestotrotz wurden alle – die Band betreffende – Entscheidungen niemals von einer einzelnen Person, sondern immer von allen Mitgliedern getroffen. Die einzigen Mitglieder, die sich immer sehr nahe standen, waren Cronos und ich – die Songwriter. Es ist bereits über eineinhalb Jahre her, dass ich mit Abaddon gesprochen habe. Bei Cronos sogar fast zwei Jahre. Das war nach unserem letzten Konzert in Leipzig. Seit diesem Tag hatten wir keinerlei Kontakt mehr zu ihm. Wir hatten schon so viele verschiedene Line-ups, doch nie hatten wir eine Band zusammen, in der Cronos und ich zusammen mit einem anderen Drummer als Abaddon spielen. Cronos und ich halten den Laden am Leben und auf unserem neuen Album kannst du eine Menge Sachen hören, die mit Abaddon nicht zu realisieren gewesen wären. Antton ist ein brillanter Schlagzeuger, der eine Menge zum Sound der Band beiträgt. Auch ohne Abaddon klingt es wie VENOM, denn Cronos singt und spielt Bass, ich spiele Gitarre und wir haben die Songs geschrieben. Es ist VENOM, nur mit einem neuen Trommler. Wir haben auch nur gute Reaktionen auf Antton und die neue Scheibe erhalten. Es sind Elemente der alten UND neuen VENOM zu hören. Es gibt ein bisschen Black Metal hier oder ein bisschen Speed Metal dort. Und die Produktion ist sicherlich die beste, die wir je hatten. Wir haben dieses Mal eine etwas andere Produktionsweise gewählt, denn Charlie arbeitete doch anders, als wir das je getan haben. Wir ließen ihn machen und waren begeistert. Charlie hat auf dem Album einen großartigen Job abgeliefert.. Wir hatten auch noch nie eine so entspannte Stimmung innerhalb der Band. Ich kann versprechen, dass wir live viel variabler sein werden, denn Antton kann Sachen spielen, die mit Abaddon nicht möglich waren. Wir waren durch ihn teilweise zu limitiert. Wir proben mittlerweile sogar, wozu er nie Lust hatte. Cast in Stone und Dynamo 96 waren okay, doch das war nicht mehr oder weniger als die Reunion-Periode… Die Reaktionen auf Resurrection sind überragend. Ich hab noch so viele Interviews, dass ich gar nicht mehr weiß, wie viele es waren. Bei Cast in Stone war das ganz anders. Da hab ich kaum Interviews gegeben. Jetzt wollen Journalisten aus aller Welt mit uns reden…

Ich hab immer Interviews mit VENOM gemacht, doch stets war Abaddon mein Ansprechpartner! Er stellte auch den In the Name of Satan-Tributesampler zusammen (1994), auf dem mit einer Neueinspielung von Warhead und Holy Man zwei Stücke zu hören waren, die stilistisch nicht weit von dem entfernt waren, was er jetzt mit seinem Soloprojekt macht. Nicht nur deshalb hatte ich den Eindruck, dass er die treibende Kraft hinter VENOM ist…

Nein, das war er nie. Cronos und ich sind die Songwriter. Das waren wir in den ganz frühen Anfängen und sind es auch heute noch. Warum Abaddon all die Interviews gegeben hat? Weil Cronos und ich niemals von diesen Interviews erfahren haben. Ich wurde nie angesprochen, ob ich nicht vielleicht auch mal ein Interview geben möchte. Eine andere Sache, die sich die Leute mal vor Augen halten müssen, ist, dass ich, Mantas, diese Band gegründet habe. Der Name VENOM existierte schon, bevor Abaddon UND Cronos in die Band kamen. Abaddon war nie ein Songwriter. Ich weiß also nicht, warum er eine Zeitlang die ganzen Interviews gegeben hat. Ich hab teilweise Interviews in den Magazinen gelesen, von denen ich nichts wusste.

Auf seiner Website äußerte sich Abaddon zu seinem Ausstieg/Rausschmiss wie folgt : After 22 years thinking and breathing VENOM, I just feel its time I did something a little different. I want to take metal to the edge again. Some of the heaviest rhythms around at the moment are coming from the dance floor, combine that with metal and you´ve got the potential to take peoples faces apart

Da ich zur Cast in Stone kein Interview führte, stelle ich einfach heute die Frage, wie es eigentlich zur Reunion kam. Hatte die Reunion etwas mit dem Dynamo-Festival zu tun?

Wir haben uns damals tatsächlich hauptsächlich wegen des Dynamo-Festivals reformiert. Was die Leute nicht wissen ist, dass es fast drei Jahre gedauert hat, diesen Gig unter Dach und Fach zu bringen. Als wir uns das erste Mal trafen, um darüber zu sprechen, sagte keiner mehr als zwei Worte, so dass das Gespräch sehr schnell beendet war. Drei Jahre später waren wir dann endlich soweit. Wir wollten uns mit einer Riesenshow auf dem Dynamo von den Fans verabschieden. Cronos sagte mal in einem Interview, dass er sich wundert, warum die Reunion-Geschichte so lange dauert. Wir spielten das Dynamo, wir bekamen das Angebot für die Cast in Stone-Scheibe, wir spielten auf dem Milwaukee Metal Fest und auf dem Metal Invader Festival in Athen, auf dem wir meiner Meinung nach unsere beste Show überhaupt spielten. Danach kam die Show in Leipzig auf dem „With Full Force. Doch nach dieser Show fing die ganze Sache langsam an auseinanderzubröckeln. Die Cronos-Mantas-Abaddon-Besetzung hat es noch nie geschafft, über einen langen Zeitraum zu touren, was sicherlich damit zu tun hat, dass wir uns untereinander nicht mögen. Cronos und ich haben zwar unsere Diskussionen, doch führen wir diese immer zum Wohle der Band. Niemals, um einen Stillstand oder gar einen Rückschritt zu erreichen. Das ist auch notwendig, um die Band einen Schritt nach vorne zu bringen. Wir haben im Studio viele Diskussionen über die Songs geführt, doch immer waren diese Diskussionen hilfreich für das Endresultat. Das war bei den Aufnahmen zu Cast in Stone ganz anders, denn Cronos und ich wollten und konnten einfach nicht mit Abaddon in einem Studio sein. Die Reunion war eine Sache, die wir versuchen wollten, um zu sehen, wie weit wir kommen. Doch eines war von Anfang an klar. Es würde etwas passieren. Es war fast klar, dass einer von uns die Band verlassen würde. Und dieses Mal war es Abaddon…

Werdet Ihr denn jetzt, wo ein so gutes Klima herrscht öfter touren und mehr Hallen-Gigs spielen?

Ich denke, dass wir bei den großen Open-Air-Shows einfach besser sind. Wir haben eine große Bühne, wir können ohne Auflagen mit irgendwelchen Pyros arbeiten. Es wäre natürlich durch das verbesserte Klima innerhalb der Band kein Problem, eine lange Tour zu machen, doch ich glaube nicht, dass wir das tun werden. Wir wollen vielleicht noch mal sowas ähnliches machen, wie damals mit der Seven Dates of Hell-Tour, als wir sieben Gigs in sieben verschiedenen Städten und sieben verschiedenen Ländern spielten. Sowas werden wir vielleicht machen. Doch erstmal spielen wir in Wacken. Ich würde gerne zwei, drei große Shows in Deutschland spielen, dann vielleicht eine große Show in Ländern wie Frankreich, Dänemark, Italien, Holland, Schweden, Japan oder Amerika. Den Rest des Jahres 2000 werden wir viele Shows spielen. Und nächstes Jahr starten wir dann mit dem Songwriting fürs nächste Album…

Wenn Du mir erzählst, dass Du und Cronos von Beginn an eine enge Beziehung hattet, dann muss ich aber fragen warum auf dem Calm before the Storm Abaddon und Cronos im VENOM-Line-up waren und nicht Du? Wieso habt Ihr ihn denn nicht schon damals gefeuert? Wie kam es dann zu Deinem melodischen Soloalbum Winds of Change, auf dem der spätere VENOM-Gitarrist Al Barnes zu hören war.

Auch das haben mich viele Leute gefragt. Als wir das damals das Possessed-Album aufnahmen, begann mich die ganze Situation anzukotzen. Das hat aber nichts mit dem Winds of Change-Album zu tun, denn die Stücke wurden zum Teil bereits 1984 in der instrumentalen Fassung aufgenommen. Also etwas zeitgleich wie wir die Aufnahmen für Possessed begannen. Es war auch niemals so, dass die Musik auf Winds of Change die sein sollte, die ich ab dem Zeitpunkt spielen wollte. Das war nie geplant. Ich wollte das Album einfach machen und das wars dann. Damals herrschte innerhalb der Band großer Frust. Wir nahmen Possessed auf, gingen auf eine kurze US-Tour, auf der wir Eine kleine Nachtmusik aufnahmen, und danach war die Sache für mich durch. Ich hatte einfach genug. Sie versuchten zwar, mich noch zu einer Brasilien- bzw. Japan-Tour zu überreden, doch ich hatte einfach die Schnauze voll. Sie engagierten dann zwei neue Gitarristen (James Claire und Mike Hickey, die später mit Cronos und dessen gleichnamiger Band drei Alben veröffentlichten, der Verf.), die wirklich Klasse waren und auch nette Typen sind. Doch so stark das Album musikalisch auch war oder ist, es war nicht mehr VENOM. Es klang mehr wie Cronos Soloprojekt, zumal er auch das komplette Songwriting für CBTS übernommen hatte. Danach kam dann die Periode, in der wir Alben wie Prime Evil oder The Waste Lands aufnahmen. Und um ehrlich zu sein, kehrte ich nur zur Band zurück, um mit Tony The Demolition Man Dolan, einem sehr guten Freund von mir, zusammenzuarbeiten. Ich hab wirklich eine Menge Spaß in dieser VENOM-Ära gehabt, doch das ist der Punkt. Es war nicht wirklich VENOM, denn Cronos fehlte. Die Fans akzeptieren nur das VENOM-Line-up, zu dem die beiden Songwriter und Frontleute Cronos und Mantas gehören. Stell Dir doch mal KISS ohne GENE SIMMONS oder Paul Stanley vor. Das würde nicht funktionieren, denn diese beiden waren immer in der Band, sind die Hauptsongwriter und die Frontmänner.

Wovon handeln die Texte? Wieso der Titel Resurrection? Wie wird das Songwriting aufgeteilt? Wer schreibt denn die Texte bei VENOM?

Es gibt einige Stücke, die haben Cronos und ich zusammen geschrieben. So stammt bei Black Flame (of Satan) oder War Against Christ die Musik von mir, die Texte von Cronos. Die restlichen Stücken stammen entweder komplett von mir (fünf Songs, der Verf.) oder komplett von Cronos (sieben Stücke, der Verf.). Die Texte befassen sich mit Wut oder anderen Gefühlen, die wir in den Texten rauslassen. Wir schreiben über Dinge, die uns beschäftigen genauso, wie über Fantasy-Stuff. Und auch the satanic element is still there. Resurrection wurde von uns als Albumtitel ausgewählt, weil er genau das ausdrückt, was mit und in der Band passiert ist – Die Band ist auferstanden…

Spielt Ihr live Songs, die VENOM OHNE Cronos und OHNE Dich aufgenommen haben? Es gibt da wirklich geile Stücke, wenn ich an Tracks wie The Chanting of the Priests oder Black Xmas von Calm before the Storm (wo Mantas fehlte), Blackened are the Priests (Prime Evil), Tribes und In Memory of… (von Temples of Ice) oder an die The Waste Lands-Stücke Cursed oder I’m paralysed (auf denen Cronos fehlte) denke.

Ich denke nicht, dass Cronos diese Stücke singen möchte und wird. Er hat mit diesen Stücken einfach nichts zu tun. Aus dem Grund spielen wir auch nichts von Calm before the Storm. Wir werden auf jeden Fall Stücke von den ersten vier Alben und natürlich Cast in Stone spielen, von dem es Tracks wie Kings of Evil, The Evil One oder Bleeding zu hören geben wird. Natürlich werden wir nicht auf All-Time-Classics wie Countess Bathory, Seven Gates of Hell, Warhead, Welcome to Hell oder Black Metal verzichten, doch das Problem wird sein, Tracks von Resurrection auszuwählen, denn am liebsten würden wir das komplette Album spielen. Wir werden abwarten, was die Reviewer und Fans an Favoriten nennen. Wir werden in Wacken eine Show auffahren, gegen die die Dynamo-Show ein laues Lüftchen war. Die Show war gut, doch wir wollen es besser machen. Lass Dich einfach überraschen.

Das werde ich. Wer war eigentlich der im The Waste Lands-Line-up aufgeführte und für all Keyboards und effects zuständige V.X.S.?

Das stand für VENOM Excess. Das waren zwei Burschen, die sich auf Computer-Sampling spezialisiert hatten, aber nie fest zum Line-up gehörten.

In den letzten Jahren gab es eine Unmenge an VENOM-Compilations, von denen zwar einige Sinn machten, wie z.B. Kissing the Beast (Neueinspielungen alter Klassiker, bei denen Tony Dolan singt bzw. Bass spielt), doch Scheiben wie Skeletons in the Closet (enthielt neben einigen unveröffentlichten Stücken auch Sachen wie TV-Werbespots oder Konzertintros) oder eine langweilige Best of-Compilation wie From Heaven to the Unknown braucht kein Mensch, oder? Kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass alle diese Scheiben mit dem Einverständnis der Band veröffentlicht wurden.

Das sind Sachen, die meistens das Label zu verantworten hatte. Mir passiert es heute noch, dass ich im Plattenladen Alben von uns entdecke, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Meine Frau fand Veröffentlichungen im Internet, von denen ich noch nie gehört habe. Meistens beinhalten diese Alben Songs, die bereits veröffentlicht wurden. Wenn man also nicht gerade ein fanatischer Sammler ist, dann gibt es für mich keinen Grund, sich diese Scheiben zuzulegen. Der normale Fan hat die vier Alben von Welcome to Hell bis Possessed in seiner Sammlung. Dazu die Alben mit den anderen Besetzungen und die beiden Alben nach der Reunion. Ich hab neulich im Hotel einen Fan getroffen, der mir unzählige Alben von uns zum signieren vorlegte. Dabei waren Sachen, die ich noch in meinem Leben gesehen habe. Es gibt Picture-Discs, wo ich noch nicht mal die Fotos kannte. Ich denke aber, dass wir nicht die einzige Band sind, bei der so was passiert. Schau dir nur an, was es von MOTÖRHEAD gibt. Oder von KISS, wo man schon Millionär sein muss, um sich alles zu kaufen…

Mit dieser treffenden Weisheit endete ein sehr interessantes Interview. Leider versäumte ich zu fragen, was aus Tony Dolan (immerhin Sänger auf drei Studioalben) und Al Barnes (Gitarrist von 1989 – 1991) geworden ist. Doch sollte das nächste Album ähnlicher Qualität sein, ist das entsprechende Interview nur Formsache, und dann werden diese Fragen gestellt und hoffentlich auch beantwortet werden.

Layout: Alex C.

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