TYRANEX: Auf jeden Fall keine Sängerinnen!

Mit TYRANEX-Frontfrau und -gitarristin Linnea im Gespräch über Gesangsvorbilder, Gitarren und den schwedischen Thrash Metal-Underground…

 

Dass Stockholm eine reiche und legendäre Death Metal-Szene hat, ist keine Neuigkeit. Dass in den Frühneunzigern die damalige Thrash Metal-Szene mehrheitlich von den aufstrebenden Elchtodhelden verdrängt wurde, weiß man ebenfalls spätestens seit Ekeroths Swedish Death Metal-Standardwerk. In letzter Zeit kommen indes immer wieder thrashigere Klänge aus schwedischen Studios und in dem Genreteil des Stockholmer Undergrounds tummeln sich auch TYRANEX. Nach dem coolen vierten Demo The Evil Has Arrived war es an der Zeit, bei Frontfrau und Gitarristin Linnea Landstedt virtuell um eine Undergroundtour anzufragen…

Zuerst nochmals danke für das The Evil Has Arrived-Demo. Wie haben eure Fans drauf reagiert? Und was war das beste Feedback, das ihr darauf erhalten habt?

Wir haben ganz viele Reaktionen bekommen, und gute noch dazu. Die Leute scheinen unser letztes Demo zu mögen. An die Qualitäten des dritten Songs – Spit Back – hatte ich nicht so wirklich geglaubt, aber einige Leute, die unser Demo kauften, meinten, genau das sei ihr Lieblingssong darauf. Und das ist natürlich cool, wenn man so ein Feedback kriegt.

Wir haben auch gute Rezensionen in schwedischen Magazinen wie SWEDEN ROCK MAGAZINE und CLOSE UP MAGAZINE bekommen (in letzterem wurde ich auch noch kurz interviewt). Auf uns wurde sogar im SVENSKA DAGBLADET aufmerksam gemacht, also fühlt es sich so an, als hätten wir echt was geschafft mit diesem Demo!

Wieso habt ihr eigentlich vier Demos draußen, die jeweils lediglich drei oder vier Songs drauf haben? Gibt es da einen gewissen Impuls bei euch, der euch sagt: So, drei Songs sind genug, jetzt bringen wir das Demo raus?

Ein Demo sollte nicht mehr als drei oder vier Songs haben. Für mich ist vier Songs das Maximum. Wenn man mehr Songs dafür aufnimmt, läuft man Gefahr, irgendwelche halbgare Songs draufzupacken, einfach um die Scheibe zu füllen. Wir hingegen nehmen einfach das Beste, was wir haben. Songs, die zeigen, wie TYRANEX sind und somit Songs, die die Leute dazu bringen, mehr von uns zu wollen!

Die ersten zwei Demos haben wir indes mehr als eine Art Testlauf angesehen. Wir hatten ein anderes Line-Up und wussten nicht so wirklich, wie wir klingen wollen. Bei Blade Of The Sacrificer hatten wir eine genauere Idee und das Demo ist ausverkauft – 252 Exemplare. Danach entschieden wir uns dazu, ein neues Demo aufzunehmen. Außerdem stiegen Tuukka Franck als Drummer und Martin Zettmar als Gitarrist bei uns ein. Also bekamen wir das Gefühl, dass wir etwas aufnehmen sollten, das sich aktuell anfühlt.

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Wir hingegen nehmen einfach das Beste, was wir haben. – Der Grund, warum auf einem TYRANEX-Demo nur drei bis vier Songs sind: Qualitätskontrolle.

Ihr habt die Songs Distracted und Wasteland als neu aufgenommene Versionen auf eurer Myspace-Site gepostet. Warum habt ihr gerade diese zwei Songs neu aufgenommen?

Wir wollten sie auf unserer Myspace-Site haben, es sind gute Lieder. Wir wollten sie einem größeren Publikum zeigen, aber wir wollten gleichzeitig nicht die alten Aufnahmen vom Demo dafür nehmen. Darum die Neuaufnahme. Wir spielten die Drumspuren gleichzeitig ein wie die Drumspuren für The Evil Has Arrived. Aber die Gitarren-, Bass- und Gesangsspuren nahmen wir eben in diesem Sommer auf.

Habt ihr dann den Sommer auch gleich dafür genutzt, neue Songs zu schreiben?

Wir sind immer damit beschäftigt, neue Songs zu schreiben. Einen Teil davon schmeißen wir wieder weg nach einer Weile, weil sie nicht mehr unseren Standards entsprechen. Wir behalten nur die Songs, die wir für gut befinden und hinter denen wir stehen können. Disclosure, As The Cross Crumbles und Tormentor sind ein paar richtig starke Songs und die haben wir in letzter Zeit auch live präsentiert.

Meistens denkt man ja an Death Metal, wenn man an Stockholm denkt. Was hat dich dazu motiviert, bei einer Thrash Metal-Band wie TYRANEX einzusteigen?

Anfangs war TYRANEX als Heavy Metal-Band gedacht. TYRANEX war zu Beginn auch eine Heavy Metal-Band, aber dann begannen wir, schneller zu spielen und ich habe den Gesang übernommen. Da wurde die Musik von uns einfach extremer. Das ist einfach so passiert, wir haben es nicht vorausgesehen oder forciert.

Welche schwedischen Undergroundbands, die wir hier vermutlich noch nicht kennen, kannst du empfehlen?

 Es gibt einige gute Bands, von denen viele im Ausland noch nicht gehört haben. Hier sind meine Empfehlungen: STYGGELSE: Black Metal aus Göteborg. Die sind verdammt gut und haben Mitglieder von PAGAN RITES in ihren Reihen. Die Myspace-Site ist http://www.myspace.com/styggelse

Die Thrash Elite ist über das ganze Land verteilt: ENTRENCH (http://www.myspace.com/entrench), IMMACULATE (http://www.myspace.com/immaculatethrash), ELECTRICUTION (http://www.myspace.com/electricutionswe), RAGING STEEL (http://www.myspace.com/ragingsteelswe), ELIMINATION – und es gibt noch einige mehr.

Und dann gibt es noch eine verdammt gute Thrash Band, in der nur Frauen spielen. Die Band ist zwar nicht jung, sondern war in den 80ern aktuell und hat leider nur einige Demos veröffentlicht: ICE AGE! Die muss man sich unbedingt anhören: http://www.myspace.com/iceageidiotsrule.

Und welche Band hat deine Faszination für den Metal ursprünglich geweckt?

Es begann alles mit KISS. Die erste Scheibe, die ich kaufte, war Love Gun. Dann habe ich einfach immer härteren und härteren Sound gesucht. Irgendwann fing ich mit MEGADETH an und habe mir alle ihre Alben gekauft.

Mein Bruder zeigte mir dann die ersten beiden Alben von METAL CHURCH, Extreme Aggression von KREATOR und The New Order von TESTAMENT. So bin ich wohl auf die Thrash Schiene gekommen – obwohl Bands wie IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und SAXON natürlich für immer die besten sein werden!

Wo du Recht hast, hast du Recht. Mit welchen Metalgenres kannst du nichts anfangen?

Ah, da gibt es viele. All dieses Nu Metal, Hardcore, Crossover Thrash, Glam Zeug – aber das kann man ja nicht mal zum Metal zählen…

Nein, nicht wirklich… Welche Alben hörst du dir aktuell am meisten an?

Hm, wohl immer diejenigen, die man sich gerade neu gekauft hat. In letzter Zeit habe ich mir oft MASTER aus Russland angehört, also ihre erste Scheibe. Das Debüt von SAXON rotiert ebenfalls fleißig im Player, genauso wie DISMEMBERs Indecent and Obscene.

Es gibt ja nicht viele weibliche Vorbilder in der Metalszene und du singst ja auch keine Tralalala-Vocals. Wer hat dich am meisten inspiriert bezüglich Vocals?

Auf jeden Fall keine Sängerinnen! Dann würde ich ja auch verdammt nach Tralalala klingen. Als ich damit anfing, meinen Gesangsstil zu entwickeln, wurde ich am meisten durch Mille Petrozza inspiriert.

Du spielst ja auch noch Gitarre. Was magst du am besten an deiner Jackson?

Meine Jackson ist schön! Sie ist ein Kunstwerk. Und natürlich ist es auch eine sehr gute Gitarre – sie sieht gut aus und ist leicht zu spielen. Für mich ist es wichtig, dass sich der Hals und das Griffbrett gut anfühlen, sie sollen dünn und schmal sein.

Gitarristen tendieren ja dazu, Gitarren zu sammeln. Wie sieht das bei dir aus? Und wie viele Gitarren braucht ein guter Gitarrist beziehungsweise eine gute Gitarristin?

Ich selber habe fünf E-Gitarren. Drei davon sind Jackson Randy Rhoads. Es spielt eigentlich keine Rolle, wie viele Gitarren du hast, man kauft sich Gitarren ja einfach für sich selbst. Man wird nicht besser, wenn man teure Instrumente kauft. Wenn man ein wirklich guter Gitarrist ist, dann muss man auch gut klingen können mit einer Scheissgitarre und einem schlechten Verstärker.

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Wenn man ein wirklich guter Gitarrist ist, dann muss man auch gut klingen können mit einer Scheissgitarre und einem schlechten Verstärker. – Linnea Landstedt (TYRANEX)

Hehe… Schreibst du eigentlich alle Texte bei TYRANEX? Und beeinflussen dich die Nachrichten in den Medien?

Nein, ich schreibe die Texte nicht allein. Martin Zettmar (Gitarre) und Stefan Thylander (Bass) schreiben mit. Ich selber lasse mich kaum von irgendwelchen Nachrichten beeinflussen, da ich kaum welche lese.

Von welchem Bösen redet ihr in The Evil Has Arrived? Und was ist deiner Meinung nach wirklich böse?

Das Evil in diesem Song ist doch eine Art Monster, eine Art Ungeheuer, das aus der Unterwelt kommt und die Menschheit unterwirft. In der Realität sehe ich das Böse vielleicht nicht direkt als Ungeheuer, sondern eher als etwas in menschlicher Form.

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Und ausserdem macht das Albumcover doch ebenfalls das Erlebnis einer Platte aus! – Nicht nur bei The Evil Has Arrived trifft das zu…

Einige Leute sehen das Internet als das Böse an wenn es um die Musikszene geht und in Schweden wurde das Thema ja auch durch den ganzen Piratebay-Prozess sehr aktuell. Was ist deine Meinung als Musikerin zum Internet? Evil oder gut?

Das Internet ist gut, wenn man seine Musik sehr vielen Menschen zugänglich machen will. In der heutigen Zeit ist es ja schwer, mit seiner Musik international bekannt zu werden, da es so viele Bands gibt, die miteinander konkurrieren. So wird es natürlich auch schwieriger, einen Plattenvertrag zu kriegen. Allerdings haben diese beiden Dinge ja miteinander zu tun und so wird es zu einem Teufelskreis.

Ich denke indes auch, dass das Internet Nachteile mit sich bringt. Musiker, die wirklich auf die Musik setzen wollen um davon zu leben, können kaum etwas an ihrer Kunst verdienen. Bei den Plattenfirmen läuft auch nicht alles rund und es ist schade, dass viele Plattenläden in den letzten Jahren schliessen mussten, weil niemand mehr in den Laden geht um sich Alben zu kaufen. Ich selber ziehe es vor, Alben zu kaufen. Schlecht klingende Mp3s runterzuladen ist nicht mein Ding. Und ausserdem macht das Albumcover doch ebenfalls das Erlebnis einer Platte aus!

Was ist das Beste daran, bei TYRANEX zu spielen?

Wir sind ne gute Gruppe und haben es cool zusammen. Ich liebe es, live zu spielen und es ist jedesmal ein Höhepunkt für mich, wenn das Publikum mitsingt bei Blade of the Sacrificer.

Wenn ihr mit SLAYER oder METALLICA auf Tour gehen könntet, wer wäre da dein Favorit?

Vermutlich würden wir erst eine Schlägerei miteinander im Übungsraum haben, wenn wir diese Frage entscheiden müssten. Ich selber würde SLAYER vorziehen.

Und wie siehts aus mit realen TYRANEX-Konzerten in nächster Zeit?

Keine Ahnung. Aber auf unserer Website und auf der Myspace-Site teilen wir es auf jeden Fall mit. Also Ausschau halten, denn es werden Konzerte kommen!

Wie sieht die Zukunft von TYRANEX aus?

Momentan suchen wir einen neuen Drummer, da Tuukka Franck TYRANEX verlassen hat, um nach Finnland zurückzuziehen. Wir haben zum Glück einen Sessiondrummer für die Zwischenzeit gefunden: Mika Määtta, der am letzten Gig schon die Drums übernommen hatte.

Wir haben schon darüber geredet, in etwa einem halben Jahr ein neues Demo einzuspielen. Dieses wird komplett neue Songs drauf haben. Ich denke mal, dass sich die Hörer dazu berufen werden fühlen, ihren Kopf in die Wand zu rammen, zu sterben, aufzuerstehen und dann endlich einzusehen, dass es noch gute neue Bands gibt – wie TYRANEX!

Bandfotos und Logo: TYRANEX, Fotos Alex Emthagen
Layout: Arlette Huguenin D.

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