THE OCEAN: Über die vielen Seiten eines Kollektivs

THE OCEAN sind wohl die vielversprechendste Band, die unsere Bundesrepublik zu bieten hat. Konsequent gehen sie seit einigen Jahren ihren Weg und veröffentlichen in regelmäßigen Abständen Material, für das Andere Jahre brauchen würden. 2005, das Jahr in dem ihr zweites Full Length-Album das Licht der Welt erblickt, ist der Vorbote zu großen Ereignissen, die für das Berliner Kollektiv ihre Schatten vorauswerfen. An einem kalten Sonntag Abend rief der auskunftsfreudige wie selbstbewusste, blitzgescheite und sympathische Gitarrist Robin Staps an, um mir in einem ausführlichen Gespräch so Einiges über diese Ausnahmeband und ihr neues erstaunlich monolithisches Werk "Aeolian" zu erzählen.

THE OCEAN sind wohl die vielversprechendste Band, die unsere Bundesrepublik zu bieten hat. Konsequent gehen sie seit einigen Jahren ihren Weg und veröffentlichen in regelmäßigen Abständen Material, für das Andere Jahre brauchen würden. 2005 – das Jahr, in dem ihr zweites Full Length-Album das Licht der Welt erblickt, ist der Vorbote zu großen Ereignissen, die für das Berliner Kollektiv ihre Schatten vorauswerfen. An einem kalten Sonntag Abend rief der auskunftsfreudige wie selbstbewusste, blitzgescheite und sympathische Gitarrist Robin Staps an, um mir in einem ausführlichen Gespräch so Einiges über diese Ausnahmeband und ihr neues erstaunlich monolithisches Werk Aeolian zu erzählen.

Hallo Robin, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Aeolian, ein wahrer Killer, der mich ganz schön umgehauen hat. Dennoch finde ich die Scheibe relativ untypisch für euch, sehr brutal, aber weniger sperrig als der Vorgänger.

Dankeschön. Aber so kann man das eigentlich nicht sagen. Die Platte zeigt ein Gesicht von uns, das es eigentlich schon immer gegeben hat. Wer unsere Liveshows besucht hat weiß das. Aeolian wurde zusammen mit dem Vorgänger Fluxion aufgenommen, das Material stammt aus derselben Recordingsession und aus derselben Zeit des Songwritings. Insofern war es kein bewusster Prozess eine derartige Scheibe zu schreiben, schlicht und ergreifend besteht Aeolian aus Material, das nicht auf Fluxion gelandet ist. Ursprünglich wollten wir das Ganze als Doppel-CD veröffentlichen, was wegen des damaligen Labels leider nicht klappte. Also haben wir die Songs auf eine Art und Weise aufgeteilt, wie es uns sinnvoll erschien. Die – wie du sagst – sperrigen Stücke landeten auf Fluxion und aus denen, die eher zur Sache gehen wurde Aeolian. Dann wurde zunächst Album Nummer eins im Sommer 2004 veröffentlicht und danach haben wir uns auf die Fertigstellung von der nächsten Scheibe gestürzt.

Ich finde es übrigens interessant, dass du die neue Scheibe als weniger sperrig empfindest, diesbezüglich gehen die Meinungen sehr auseinander. Ich glaube, dass es durchaus an den verschiendenen Stimmen liegt, die wir eingesetzt haben. Es gibt auf Aeolian nicht mehr diese, durch nur eine eingesetzte Stimme, erfolgte Monotonie. Aber es gibt genügend Leute, die das neue Album sperriger finden, weil es sehr viel härter ist als Fluxion.

Vielleicht liegt es daran, welche Musik man gewohnt ist. Wenn man Bands wie THE DILLINGER ESCAPE PLAN gewohnt ist, findet man zu so etwas natürlich schneller Zugang. Und ja, die verschiedenen Gesänge bringen Farbe ins Spiel, da bin ich deiner Meinung.

Farbe ins Spiel bringen – das war Teil des Plans.

Mist, eigentlich hätte ich Farbe ins Spiel bringen nicht sagen sollen – ich finde das Album nämlich eigentlich eher pechschwarz. Irgendwie sehr düster.

(lacht) Es mutet mir nicht düsterer an als Fluxion. Ich finde das hatte durch die ausgedehnten klassischen Passagen ganz andere atmosphärische Qualitäten. Aeolian ist härter, es geht mehr zur Sache, das Album ist ein brutaler Bastard von einer Platte. Man hat kaum die Möglichkeit mal Luft zu holen, es geht direkt von Einem ins Nächste. Wenn man an THE DILLINGER ESCAPE PLAN-artige Musik gewöhnt ist, wie du, dann fällt es leichter Aeolian zu konsumieren, als Fluxion mit seinen vertrackten Metalparts, dazwischen diese Orchesterpassagen, die an Soundtracks erinnern. Das hat manchen sicherlich sehr zugesetzt. Daher ist Aeolian schon gewöhnlicher – allerdings nicht gewöhnlich wie im Pop im Stil von Strophe-Refrain-Strophe-Refrain. Dunkler erscheint mir das neue Album nicht, nur wütender. Pechschwarz, wie du es genannt hast, trifft es doch sehr gut.

Auf jeden Fall ist das Album sehr reinigend. Wenns einem mal weniger gut geht, reinschmeißen und alles rauslassen.

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Das Aeolian Cover

Keine Frage, die Platte war auch für mich eine Therapie und das hört man ihr auch an. Für mich war es schon immer so, dass negative Erfahrungen mir größeren künstlerischen Input beschert haben als Positive, aber wir sind keine depressive Death Metal-Band, auch textlich nicht. Aber vieles wurde daher schon inspiriert, das strahlt Aeolian natürlich auch aus. Daher wird das Album natürlich von eher von Leuten zu schätzen gewusst, die auch Negatives erlebt haben. Ich spreche nur vom Allgemeinen, aber wenn man im Detail die Texte liest, wird man ein paar Referenzen sehen, die wohl aber in ein anderes Kleid verpackt sind. Wen es interessiert, der soll sie durchlesen.

Gutes Stichwort. Ich habe mir zu ein paar deiner Lyrics Gedanken gemacht. Allgemein gesehen empfinde ich sie als sehr gesellschaftskritisch. Zum Beispiel Dead Serious & Highly Professional, das für mich diejenigen zeigt, die Fäden ziehen und dich – auf gut deutsch gesagt – ficken und du musst es hinnehmen.

Richtig. Der Song hat zwar eine ironische Tendenz, aber es stimmt, darum geht es. Nicht nur in diesem Stück, auch in Anderen. Die Basis der Texte ist eigentlich die Suche nach einem erfüllten Leben. Nach Leidenschaft, Bedürfnisbefriedigung und Erfüllung in einer relativ leidenschaftslosen Arbeitswelt. Die Essenz der Texte ist auch eine Auseinandersetzung mit einigen der widerwärtigen Implikationen einer Gesellschaft, die um Waren, Lohnarbeit, materiellem Erfolg, Individualität und Kontrolle gebaut ist. Eine davon ist eben ein von vorne bis hinten durchgeplantes Leben zu führen: Angefangen von Kindergarten, über Schule, Uni bis zur Arbeit. Wenn wir damit fertig sind, sind wir müde und werden von einer Institution zur nächsten weitergereicht. Im Hier und Jetzt können wir auch nicht das tun, auf das wir Lust haben, manche wissen gar nicht was das ist. Die nehmen Scheißjobs an um Sachen zu kaufen, die sie eigentlich gar nicht brauchen. Das ist das Thema, dass sich durch dieses und das vorherige Album zieht, aber gelegentlich unterbrochen wird durch ganz persönliche Sachen, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben. Wir haben auch keine generelle textlich.-politische Agenda in dem Sinne. Ich schreibe einfach über das, was mich interessiert, das können soziopolitische Themen wie kleine persönliche Liebesgeschichten sein.

Ich gehe davon aus – und hoffe auch – dass Necrobabes.com keine persönliche Liebesgeschichte ist.

(lacht) Nein, ganz bestimmt nicht. Hast du dir die Website mal angeschaut?

Ja, zwar nur kurz, aber ich fand es krank. Es ist eh schrecklich wie in der Pornoszene teilweise die Menschenwürde mit Füßen getreten wird, die gerade bei Frauen gar nicht existent ist, aber diese Seite war einfach zu heftig.

Ich war richtig fasziniert von dieser Website, als ich sie gefunden habe. Darin geht es nicht um die bloße Romantisierung von toten Körpern, es geht um die Fantasien, Frauen für sexuelle Befriedigung zu töten. Das wird grade durch kleine Comicbilder dargestellt, manchmal abstrakt, oft unfreiwillig komisch. Aber darauf sind geköpfte oder erhängte Frauen zu sehen und Männer die davor stehen und masturbieren. Der Song ist eine Metapher für Macht in ihrer reinsten Form. Darüber wie permanente Konfrontation mit sexuellen Reizen zu Frust führt und im nächsten Schritt, wie sich Frust zu einem Streben nach Macht niederschlägt und auch zu einem Willen zur Anwendung von Gewalt als Kompensation für die versäumte Befriedigung. Und von dem Punkt aus ist es nur ein kleiner Schritt bis durch Gewalt Lust gewonnen wird. Und das lässt sich auf jede Form von Frust anwenden, nicht nur im sexuellen Bereich, daher kann man diesen Text auch als Metapher sehen.

One with the Ocean könnte meiner Meinung nach von Realitätsflucht handeln.

Jein. Das ist ein sehr persönlicher Song. Er handelt vom Reisen, das brauche ich einfach. Ich verabschiede mich hier für einige Monate und tauche in eine völlig andere Welt ein. In den letzten Jahren habe ich das jeden Sommer immer wieder mal gemacht. Das ist einerseits extrem befriedigend, aber man kommt oft in extreme Sackgassen, an ganz einsame Orte. Trotzdem ist es für mich sehr wichtig und danach habe ich wieder viel Kraft, um mich in die Musik zu stürzen. Natürlich wird man die Probleme von zu Hause auch nicht wirklich los, man entkommt ihnen für eine gewisse Zeit, aber sie holen einen dann doch immer wieder ein. Das Paradies, den Himmel wo alles in Ordnung ist, den gibt es dann doch nicht.

Das ist ein schönes und auch wichtiges Thema. Da bekomme ich gleich wieder Fernweh.

Ja, das macht süchtig. Man lernt die Dinge zu Hause dann auch wieder besser zu schätzen. Ich war mal in Bolivien und Peru zwei Monate lang unterwegs, auf Altiplano war es teilweise eiskalt und die Duschen morgens waren alles andere als heiß. Als ich dann daheim wieder heiß duschen konnte war es schon etwas wirklich besonderes und ich wusste es definitiv zu schätzen. Sowas erfährt man auch nur, wenn man sich dem ganzen Komfort hier entsagt.

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Wir mussten keinen dazu überreden zu uns ins Studio zu kommen, alle waren Feuer und Flamme. Gitarrist Robin über die rege Beteiligung der Gastsänger auf Aeolian.

Einer der interessantesten Tracks auf dem Album, sowohl musikalisch als auch textlich, ist Queen of the Food-Chain. Und was mir dazu einfällt ist schlicht und ergreifend Maßlosigkeit.

Da will ich eigentlich gar nichts dazu sagen, denn mein Gedanke war beim Schreiben ein Anderer. Aber das ist das schöne an Texten, ich versuche sie relativ abstrakt zu halten, damit sich die Leute auf verschiedenen Ebenen Zugang dazu schaffen können und das finde ich sehr spannend. Der Text lässt deine Interpretation aber auf jeden Fall zu, ganz klar. Ich könnte dir sagen um was es da geht, aber ich lass es mal lieber so stehen. (lacht)

Musikalisch ist es ein eher altes Lied, das haben wir schon auf unserem ersten Gig 2002 gespielt. Es stehen auf dem Album also Songs, die bis vor das Debütalbum Fogdiver aus 2003 zurückgehen, ebenso wie brandneue Stücke. Alle unsere bisherigen Veröffentlichungen waren ein Sammelsurium aus altem und neuem Material. Queen of the Food-Chain ist schon immer eher der Kracher gewesen und schließt das Liveset für gewöhnlich ab.

Apropos Live, ich habe euch erst einmal gesehen, das war als Support von ISIS, 2003 in München.

Ja, lang ists her. Das war noch mit unserem alten Sänger Markus, der gelegentlich noch einzelne Gigs mit uns spielt. Aber irgendwann ist Meta zu uns gestoßen und zu der Zeit hatte Markus etwas die Motivation verloren. Seither ist Meta, der eine noch brutalere Stimme hat, unser Hauptsänger. Obwohl wir auf der neuen Scheibe eigentlich keinen Hauptsänger in dem Sinne haben, wie du sicherlich bemerkt hast. Das ist übrigens auch Teil unseres Konzepts, da steckt dieser Kollektivgedanke dahinter. Wir nennen uns gelegentlich THE OCEAN COLLECTIVE, wenn auch nicht auf der Scheibe. Wir haben einen Kern von festen Bandmitgliedern und einige Leute, die sich einbringen wie sie nur können, aber nicht wirklich zur Band gehören, die Videokünstler, die Leute, die sich ums Licht kümmern und die klassischen Musiker. Wir wollten von den klassischen Strukturen weg gehen und mit vielen Leuten zusammen arbeiten, wenn es passt und wenn sie sich einbringen können. Das wollten wir jetzt auch auf den Bereich der Vocals übertragen und auf dem neuen Album ausweiten. Es sollte nicht nur eine Hauptstimme geben, sondern viele, alle angesiedelt im harten Bereich, die man alle mit dem Album verbindet.

Ich denke, das hat sehr gut geklappt. Denn die jeweiligen Songs scheinen auf den jeweiligen Sänger irgendwo zugeschnitten, ich denke dabei nur an One with the Ocean oder Dead Serious & Highly Professional. Zu diesen Songs kann man sich keine andere Stimme vorstellen.

Genauso ging es mir beim Schreiben, obwohl wir die Lieder fertig hatten, bevor es mit dieser Sängergeschichte überhaupt anfing. Die Songs auf dem Album sind sehr unterschiedlich und spiegeln die breite Palette an Einflüssen wider, die ich persönlich als wichtig empfunden habe und die meine Musik geprägt haben. Und da ist alles dabei an Bands und Songs, an hohen Kreischstimmen und tiefem Gebrüll. Manche Nummern geben es einfach vor, wer da singen soll. One with the Ocean ist zum Beispiel ein Track, der an alte DARKANE erinnert und irgendwann hat mir jemand ein Tape von der Band THE ANTI DOCTRINE gegeben, ihr Sänger Carsten hat mich sehr an den Sänger von DARKANE erinnert und daher habe ich ihn gefragt, ob er nicht singen wollte. Wir haben versucht unsere Vorstellungen so gut wie möglich umzusetzen.

Ich denke ihr habt inzwischen einen Status, dass die Sänger auch gerne kamen.

Auf jeden Fall, das war auch das kleinere Problem. Alles begann damit, dass wir Fluxion aus der Distanz heraus anhörten und feststellten, dass der Gesang doch recht monoton war. Daher wollten wir auf Aeolian mehr Sänger haben. Wir begannen mit Berliner Vokalisten zu arbeiten, aber das hat nicht wirklich gefruchtet. Also haben wir einfach die Musiker gefragt, auf die wir Bock hatten, auf Stimmen, die wir schon kennen. So kam es dann eben zu Thomas Hallbom (Sänger von BREACH – Anm. d. Verf.) und Sean Ingram (Sänger von COALESCE – Anm. d. Verf.). Ercüment kannten wir durch die Konzerte mit seiner Band TEPHRA eh schon. Wir mussten keinen dazu überreden, alle waren Feuer und Flamme mitzusingen. Nate Newton von CONVERGE ist ein Kumpel von Nico (Webers, Kollektivmitglied – Anm. d. Verf.) und als sie in Berlin spielten fuhren wir schnell in unser Studio. Wir mussten also niemanden groß überreden. (lacht)

Überhaupt ist es beachtlich, dass ihr so viele Mitmusiker und Kollektivmitglieder gefunden habt. In einer Stadt wie München wäre so etwas unmöglich.

Hier ist das gar nicht anders. Ich bin anno dazumal nach Berlin gekommen, weil ich von der Stadt erwartete, dass es ein riesiger Schmelztiegel verschiedener Kulturen ist, dass an jeder Ecke Musik gemacht wird. Das ist zwar auch so, aber es ist schwierig Leute zu finden, die Lust auf ungewöhnliche Musik haben und musikalisch sehr fit sind. Das hat Jahre gedauert, denn es gibt zwar eine große Rock- und Pop-Szene mit vielen hervorragenden Musikern, die für uns aber schlicht und ergreifend gar nicht in Frage kämen weil sie musikalisch ganz andere Schwerpunkte setzen. Für harte, experimentelle Musik ist es in Berlin wie überall sonst auch in der Republik, es gibt keine Szene dafür. Das liegt sicherlich auch an der Presselandschaft, hier gibt es nur zwei große Printmagazine, die eher konservativ ausgerichtet sind. In England gibt es Terrorizer und Zero Tolerance, in Frankreich das Versus und da bekommt eine Band wie MASTODON auch mal eine Titelstory. Wenn es keine Presse gibt, die den Leuten das nahebringt, ist es nicht verwunderlich, dass es dafür keine wirkliche Szene gibt. Das ist ein allgemein beklagenswerter Zustand. Hypes hingegen gibt es überall und das muss ja nichts wirklich Schlechtes sein. Es kommt nur darauf an, ob man mit halbjährlicher Verzögerung das hypt was im Ausland angesagt ist, oder ob man das hypt, auf das man wirklich Bock hat.

Kommen wir mal auf die weiteren Veröffentlichungen von euch zu sprechen: Ihr habt auch eine Split mit meinen Lieblingen BURST gemacht.

Ich bin auch sehr froh, dass es die Split gibt, weil BURST mit Origo für eine der großen Platten des Jahres verantwortlich sind – wohlgemerkt war ich vorher kein großer Fan der Band. Ich fand sie immer gut, aber vom Hocker gehauen haben sie mich nicht. Jetzt ist es wirklich eine große Ehre für mich eine Split mit ihnen zu haben. Das superschicke Artwork hat Seldon Hunt gemacht, der auch für ISIS und NEUROSIS schon Covers und Tourposter gezeichnet hat. Dazu ein Poster und das Vinyl ist auch noch in zwei Farben erhältlich, das ist eine schöne Sache. Ich liebe Vinyl, das ist eine ganz besondere Sache, auch wenn die Songs von beiden Bands auf den regulären Alben sind. Aber unserer – Killing the Flies ist etwas gekürzt, da es sonst nicht auf die Scheibe gepasst hätte. Queen of the Food-Chain und Inertia sind auf einer anderen 7-Single, die über Futhermocker rauskam. Der Typ schreibt für ein dänisches Webzine und gibt eine Reihe von Singles heraus. Im Vergleich zur Albumversion singen auf Queen of the Food-Chain Thomas Hallbom, Meta und Nico statt Sean Ingram. Das Teil ist limitiert auf 220 Kopien, ein tolles Release. Schnell zugreifen, er hat nur noch ein paar Stück. Die Singles sind übrigens alle auf 70 Gramm schwerem Vinyl gepresst und kommen vom Artwork her ähnlich raus, so dass man es deutlich als Serie begreift.

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Mir ist es egal ob gekauft oder gebrannt – Jeder sollte das neue Album hören. Für Robin Staps ist es wichtiger gehört zu werden als Millionär zu sein.

Apropos Vinyl, ihr wollt ja Fluxion und Aeolian auch als Vinylversionen über Throne Records veröffentlichen. Gibt es schon konkrete Pläne?

Ja, die gibt es. Ende Dezember wird es fertig sein. Es werden 3 LPs mit Gatefoldcover und Poster sein. Es wird mit exklusivem Artwork erscheinen, dass unser Percussionist Gert Kornmann gestaltet hat und wird ähnlich wie Aeolian illustiert sein, alles jedoch in schwarz-silbernem Druck. Also ein richtig geiles Luxusprojekt.

Da freu ich mich drauf, ich bin auch ein alter Vinylsammler.

Wir stehen auch alle drauf, da kann man vom Artwork her viel schönere Sachen machen. Wir sind froh, dass es geklappt hat, weil Fogdiver auch schon in so einer schönen Version herauskam und Fluxion seiner Zeit nicht.

Kommen wir zurück zur Musik von Aeolian: Die klassische Instrumentierung ist bis auf Inertia komplett gewichen. Warum ist dieser Song, auch wenn er von seiner Ausrichtung eher auf Fluxion gepasst hätte, auf dem Album geblieben?

Das liegt daran, weil dieser Song für uns immer direkt nach Queen of the Food Chain kam. Es gibt sogar eine uralte Aufnahme von uns, wo nur diese beiden Songs darauf enthalten sind. Die Chorgesänge dazwischen verbinden die beiden Songs optimal. Da aber Queen of the Food-Chain von Anfang an auf Aeolian stehen sollte, hat es Inertia quasi mitgezogen. Außerdem wollten wir auf die anderen Alben verweisen. Die Scheiben sollten nicht durchmischt werden, aber Schwerpunkte sollten gesetzt werden, daher auch die korrespondierenden Titel und ein Lied wie Inertia. Auf Fluxion stehen ja auch Stücke wie Dead on the Whole, die auch auf der neuen Scheibe hätten stehen können. Aber das sind wie gesagt nur Einzelfälle. Ansonsten denke ich, dass Inertia auch eine perfekte Abschlussnummer ist, ein Moment der Schönheit kommt durch die eingesetzten klassischen Instrumente abschließend nochmals auf.

Ich empfand das ähnlich. Nach dieser ganzen Brutalität tut es wirklich gut.

Auf jeden Fall. Dieses Stück deutet auch den Weg an, den wir auf dem nächsten Album wahrscheinlich aufgreifen wollen. Da soll es wieder mehr atmosphärische und dicker instrumentierte Passagen geben. Das soll aber nicht heißen, dass ein zweites Fluxion kommen wird. Ich finde die Richtung, die Inertia aufzeichnet sehr spannend.

Habt ihr aus den Songwritingphasen noch Material übrig?

Nein, wir haben 115 Minuten Material aufgenommen und die finden sich komplett auf den beiden Alben wieder. Übrig ist nichts, aber ich bin dieser Tage schon dabei langsam über neue Sachen nachzudenken.

Wow, nach dermaßen ambitionierten Werken gleich wieder in die Vollen zu gehen…

Ich bin irgendwie ruhelos. Abgesehen davon, die Aufnahmen begannen im Januar 2004, die Songs sind alle aus dem Jahr 2003 und in der Zwischenzeit bin ich kaum zum Songwriting gekommen, weil wir sehr damit beschäftigt waren die Alben aufzunehmen, dann musste der neue Plattenvertrag abgeschlossen werden und wir haben viel getourt. Und obwohl ich gerade auch wenig Zeit habe wegen der laufenden Promotion, kann ich mich langsam auf Neues konzentrieren, weil die Altlasten endlich veröffentlicht sind.

Da bin ich mal sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Ich verfolge eure Entwicklung nicht erst seit ein paar Tagen: Ich habe nämlich die allererste, selbstbetitelte CD von euch.

Ach, tatsächlich. Oh weia. (lacht)

Ehrlich gesagt habe ich dazu nicht so wirklich den Zugang gefunden. Da bemerkt man doch eine deutliche Entwicklung.

Aber wie gesagt, die Songs stammen alle aus ähnlichen Phasen. Auf Aeolian sind wie gesagt auch Songs, die älter sind als das Material auf Fogdiver. Für mich persönlich setzen die Platten allesamt andere Schwerpunkte und sind alle repräsentativ für uns – bis auf der Sound von Fogdiver, der ist etwas sehr live-lastig und blechern. Reifer ist keine der Veröffentlichungen, auf Fogdiver ist zum Beispiel Isla de la Luna, während auf Fluxion Isla del Sol steht – beide Stücke wurden in der selben Woche komponiert. In das neue Album, das irgendwann nächstes Jahr kommt wird dann wirklich die Weiterentwicklung Einzug halten.

Sorry, ich habe mich wohl nicht ganz klar ausgedrückt, ich meinte die Weiterentwicklung seit dem Demo.

Da gibt es hoffentlich doch deutliche Fortschritte. (lacht) Da gab es ja nicht mal richtige Drums, sondern größtenteils nur elektronisch programmierte Schlagzeugspuren. Und soundmäßig ist es auch gar nicht mehr repräsentativ. Ich hoffe ehrlich gesagt, es ist nicht mehr im Umlauf.

Also ich habe es noch. Davon abgesehen habt ihr damals in das Booklet geschrieben: We kindly ask you copy and distribute this record to as many people as possible.

Das war damals unser Anliegen. Der Gedanke dahinter ist, dass wir uns voll zum Plagiatismus bekannten und es immer noch tun. Wir klauen selbst bei anderen Bands und haben auch nichts dagegen wenn andere Acts bei uns klauen, also auf künstlerischer Ebene. Was das Verteilen und Verbreiten von Musik betrifft haben wir es damals als recht großen Vorteil begriffen wenn die Leute unsere CD kopieren und sie bekannt wird und dadurch die Runde macht. Für eine Band von unserem damaligen Status war das natürlich nur von Vorteil, es ging uns nur darum, dass möglichst viele Leute unsere Musik hören können und darum haben wir sie explizit dazu aufgerufen dies zu tun. Heute muss ich natürlich alle auffordern das nicht mehr zu tun, weil das Album nicht mehr repräsentativ ist für THE OCEAN 2006. Jetzt sollte jeder die neuen Werke anhören und ob man sie kopiert oder kauft ist relativ egal.

Eure Einstellung zu diesem Thema hat sich also trotz dem Deal mit Metal Blade nicht verändert.

Nein, ich denke Musik ist für die Leute da, die sie hören wollen. Im Idealfall sollte Musik kostenlos sein, das ist aber natürlich nicht so. Als Musiker in einer Band schadet das Kopieren von CDs natürlich, vor allem wenn man versucht davon zu leben. Die Umsatzeinbußen der Plattenfirmen wirken sich direkt auf die Bands aus, weshalb es zum Beispiel miesere Verträge gibt. Letztendlich schadet man den Künstlern zuerst und nicht den Firmen. Klar ist es eine verlockende Sache, sich Musik kostenlos aus dem Internet zu laden, aber als Plattenfirma kann man dem nicht begegnen, indem man diese Technik verbietet und dämonisiert, man muss den Konsumenten Anreize geben, die Platten zu kaufen. Das geht durch ein wunderschönes Artwork, das man sich nicht runterladen kann, was wir auch immer versuchen zu verwirklichen. Wir haben vorher über Vinyl gesprochen und die schönen Covers, die man gestalten kann, das Gefühl von Exklusivität, aber auf CD kann man genauso schicke Sachen machen. Allein die Mit Gas von TOMAHAWK habe ich nur gekauft weil das Artwork so geil war – es hat uns übrigens auch zu dem von Aeolian inspiriert. Also, Leute verklagen, die saugen ist falsch. Das muss man akzeptieren, es ist heutzutage Praxis. Dem muss man anders entgegenwirken.

Stimmt. METALLICA haben es zwar geschafft Napster zu verbieten, aber es kam natürlich etwas Neues.

Natürlich. Wenn das Wissen einmal vorhanden ist, kann man es nicht mehr verbieten. Die Bedürfnisse sind da, CDs sind viel zu teuer. Ich kaufe mir selbst häufig Alben für 8 Euro, aber 16 Euro bezahle ich nicht. Ich weiß selbst, wieviel es kostet eine CD herzustellen, auch wenn Kosten wie die Werbung oder die Kosten der Aufnahmen darin versteckt sind. Aber es ist immer noch viel zu teuer, wenn die Silberlinge wenigstens nur 11 oder 12 € kosten würde, wie Fluxion. Das haben wir geschafft, trotz teurem Foliendruck und der Aufmachung als vierfach Digipak. Aeolian hat übrigens das teuerste Artwork, das es in der Geschichte des Labels jemals gegeben hat – mit goldenem Prägedruck auf dem Pappschuber und einem Booklet, das auf zwei verschiedenen Arten von Papier gedruckt ist. Trotzdem kostet die Scheibe nur um die 12 Euro. Dass Wucherei an der Tagesordnung ist liegt auch ein wenig an den Künstlern, da sie sich nicht darum kümmern oder weil es ihnen nicht wichtig ist. Auch die Plattenfirmen haben da großen Anteil daran, wobei Metal Blade in der Hinsicht eine gesunde Einstellung haben.

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Zum Thema Metal Blade an sich: Wie kam der Vertrag letztendlich zustande?

Wir haben uns umgesehen nach einer größeren Plattform, da unsere alten Scheiben nicht europaweit, geschweige denn weltweit erhältlich waren und wenn dann nur über Underground-Channels. Wir haben ständig Anfragen aus Frankreich und Skandinavien bekommen, wo es unsere Scheiben nicht gab und darum wollten wir ein größeres Label, dass einen internationalen Vertrieb hat. Dann gab es verschiedene Angebote von anderen Labels und es hat eine zeitlang gedauert, bis wir uns für das beste Angebot, das von Metal Blade, entschieden haben. Sie haben gezeigt, dass sie interessiert sind und wir nicht eine von vielen Bands sind. Fünf Tage nachdem ich das Promopäckchen losgeschickt hatte, war in meinem Briefkasten sogar schon eine Vertragsversion, während andere, größere Labels wochenlang nicht mal auf Mails geantwortet haben. Die Vertriebswege sind gut und sie können uns viel bieten, also haben wir bald unterschrieben, weil wir Aeolian nicht ewig verzögern wollten.

Erstaunlich ist es aber schon, dass sich die Labels um eine Band von eurem damaligen Status rissen.

Wir hatten eine Zahl von Interessenten, es war also nie eine Frage des Ob sondern des Wer. Wir haben hart gearbeitet und viel getourt und irgendwann kriegen das auch Leute mit, die in den entsprechenden Firmen sitzen. Uns freut diese Wendung natürlich, unsere Scheibe wird sogar in Japan veröffentlicht, wir haben in den ersten drei, vier Wochen schon 80 Interviews angesetzt bekommen, unter anderem mit Magazinen in Rumänien und Weißrussland, wo ich gar nicht wusste, dass es da eine Szene gibt. Das ist großartig, ich bin damit enorm zufrieden.

Du sagst, ihr seid viel unterwegs. Da ist für eure vielen Konzerte optische Gestaltung auch sehr wichtig, nicht nur für die Veröffentlichungen. Wie handhabt ihr das live?

Wir haben immer einen Lichttechniker dabei, der für ordentliches Licht sorgt. An einer Videoperformance arbeiten wir gerade, die wird auf der Tour im Frühjahr zu sehen sein. Die Lichter sind momentan genau synchron zur Musik ausgerichtet, das wird über den Computer, ein Midi-System, gesteuert. Wir haben diese Anlage auch live immer dabei, weil wir gemerkt haben, dass manche Techniker verständlicherweise unsere Musik gar nicht kennen und dann gelbes oder pinkes Licht angemacht haben. Oder die Lichtanlage war schlicht und ergreifend scheiße, vor allem in kleinen Läden. Und in denen haben wir mit unserem System natürlich alles an die Wand gepustet. (lacht) Ich denke, dass solche Medien wirklich wichtig sind um Atmosphäre aufzubauen und die Musik auf das nächste Level zu hieven. Wir merken das sogar im Proberaum, weil wir mit diesem Licht sogar proben. Und live ist es uns wichtig eine Gesamtshow abzuziehen, wir verbinden alle Songs mit Interludes, es gibt keine Ansagen, wir haben die Videos. Wir bauen eine Art Film auf der Bühne auf, in dem sich die Leute verlieren sollen, dabei ist das Licht ganz wichtig.

Ansonsten steht eine Tour im Frühjahr an – was erwartet ihr euch davon?

Ich bin gerade nicht im Bilde, was unser Booker sich alles zusammenbucht, mal sind es Festivals, dann etwas größere und auch kleinere Clubs. Was ansonsten von der Tour zu erwarten ist, kann ich momentan noch gar nicht sagen, wir werden an vielen Orten spielen wo wir noch nie waren, in Italien, Frankreich und Skandinavien zum Beispiel. Wir erwarten nicht, dass Millionen Fans kommen werden und nach uns schreien, aber es läuft eine solide Promotion und deshalb denke ich wird das alles im Guten enden. Wir freuen uns schon sehr darauf dort aufzutreten, wo wir noch nie waren. Im weiteren Verlaufe 2006 wird es noch eine Tour geben, bei der wir drei bis vier Wochen eine größere Band supporten werden.

Wisst ihr schon wer euch im Frühjahr begleiten wird?

Zum Teil ja, das werden dann TEPHRA sein, die sehr geil sind. Ansonsten ist noch nichts definitiv, ich habe noch ein paar Wunschbands, aber da ist noch nichts sicher, ich habe das an unseren Booker weitergereicht, mal sehen ob da noch das eine oder andere zu Stande kommt.

Das klingt nach einer spannenden Zukunft. Robin, ich wünsche dir und THE OCEAN alles Gute und viel Erfolg!

Layout: Uwe

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