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SCOTT KELLY: Eine sehr verwundbare Angelegenheit

Auf dem diesjährigen Roadburn-Festival gibt NEUROSIS-Gründer SCOTT KELLY ein verdammt intensives Solokonzert zum Besten. Der vierzigjährige Musiker betritt die Bühne, ist nervös und schüchtern, taut durch den frenetischen Empfang des Publikums allerdings recht schnell auf und spielt 45 wundervolle Minuten lang einmal quer durch seine beiden Soloalben "Spirit Bound Flesh" und "The Wake", zum komplettiert das ganze mit ein paar BLOOD AND TIME-Stücken. Mir stehen zeitweise die Tränen in den Augen, so wunderschön ist dieses minimalistische Konzert mit Songs wie "Figures", "Remember Me" und "Catholic Blood". Tags darauf steht mir Scott gegenüber. Er hat ein paar Falten im Gesicht, einige Zähne fehlen ihm und er sieht ein wenig verbraucht aus. Nur seine Augen leuchten strahlend blau, strahlen die Energie eines zwanzigjährigen aus. SCOTT KELLY steht mir 45 Minuten zur Verfügung, wir reden über sein neues Album "The Wake", seine Herkunft, seine Vergangenheit und Zukunft. Ein bewegendes Gespräch mit einem Visionär. Hallo Scott, vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Was war für dich der Grund nach sieben Jahren ein neues Soloalbum zu veröffentlichen?

Auf dem diesjährigen Roadburn-Festival gibt NEUROSIS-Gründer SCOTT KELLY ein verdammt intensives Solokonzert zum Besten. Der vierzigjährige Musiker betritt die Bühne, ist nervös und schüchtern, taut durch den frenetischen Empfang des Publikums allerdings recht schnell auf und spielt 45 wundervolle Minuten lang einmal quer durch seine beiden Soloalben Spirit Bound Flesh und The Wake, zum komplettiert das ganze mit ein paar BLOOD AND TIME-Stücken. Mir stehen zeitweise die Tränen in den Augen, so wunderschön ist dieses minimalistische Konzert mit Songs wie Figures, Remember Me und Catholic Blood. Tags darauf steht mir Scott gegenüber. Er hat ein paar Falten im Gesicht, einige Zähne fehlen ihm und er sieht ein wenig verbraucht aus. Nur seine Augen leuchten strahlend blau, strahlen die Energie eines zwanzigjährigen aus. SCOTT KELLY steht mir 45 Minuten zur Verfügung, wir reden über sein neues Album The Wake, seine Herkunft, seine Vergangenheit und Zukunft. Ein bewegendes Gespräch mit einem Visionär.

Hallo Scott, vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Was war für dich der Grund nach sieben Jahren ein neues Soloalbum zu veröffentlichen?

Es ist einfach etwas, das ich tun muss, gerade zu diesem Zeitpunk meiner Existenz. Ich brauche einfach eine Balance in meinem Leben. Für mich bedeutet das, die Dinge auf das aller einfachste zu reduzieren. Es geht hier nur um eine Person mit seiner Gitarre manchmal sogar nur um Gesang. Es ist eine andere Form des Ausdrucks, die seit einiger Zeit in mir existiert. Spirit Bound Flesh war das Ende eines großen Wechsels in meinem Leben. The Wake kam dann sehr schnell aus mir heraus, aber es dauerte eine Zeitlang bis ich mich bereit dazu fühlte, neben NEUROSIS an diesem Projekt zu arbeiten. Wenn ich mir heute Spirit Bound Flesh anhöre, klingt es wie eine akustische NEUROSIS-Scheibe, es gibt keine wirkliche Klarheit darin. Nun denke ich, ich bin am Ziel angekommen. Wenn ich meine Westerngitarre nehme und Musik schreibe, passt es zu mir als Solokünstler, mit meiner elektrischen Gitarre werde ich zu einem Teil von NEUROSIS. Davor war alles sehr grau, in meinem Kopf konnte ich keine Grenze ziehen.

Meiner Meinung nach ist der größte Unterschied zwischen Spirit Bound Flesh und The Wake, dass du vor allem klarer klingst. In unserem Gespräch vor vier Jahren erwähntest du, dass Spirit Bound Flesh den Schlussstrich deiner Alkoholsucht markiert hat.

Ja, während den Aufnahmen zu Spirit Bound Flesh trank ich viel und nahm Drogen, danach war ich weg von all dem. Ich bin nicht wieder schwach geworden. Seit sechs Jahren habe ich nicht mehr getrunken. Das ist auch der Grund, warum The Wake erst jetzt erscheint. Drei Jahre lang musste ich mich sammeln. Die Erholung von 25 Jahren Drogenmissbrauch ist wirklich eine schwere Aufgabe. Gänzlich wiederhergestellt wird man danach sowieso nicht mehr, ich habe mich dazu viel zu lange permanent selbst geschädigt. Ich fühle mich dennoch gut jetzt, aber hier und da ist immer noch ein Kampf in meinem Kopf. Wenn du deinen Arm brichst, legst du einen Gips an und nach einigen Wochen ist der Knochen wieder geheilt. Beim Hirn funktioniert das nicht. Also ja, das Album klingt cleaner, weil ich selbst clean bin. (lacht)

Der Intensität hat dies jedenfalls keineswegs geschadet. Figures ist unglaublich intensiv und – um in die Klischeekiste zu greifen – Saturn´s Eye erinnert mich an einen einsamen Fremden mit einem schwarzen Cape in der Wüste. Andererseits widmest du alle Alben deiner Familie. Bist du nun ein einsamer Kämpfer, oder jemand, dessen Herde ihm alles bedeutet?

Weißt du, ich habe eine Familie, mit bald vier Kindern. So bin ich rein gar nicht aufgewachsen. Ich war ein Einzelkind und nicht wirklich gewollt. Also habe ich eine lange Zeit als Kind allein verbracht. In meinem Zimmer, draußen an der frischen Luft, immer nur allein. Auch heute brauche ich jeden Tag noch meine Zeit alleine. Ich habe mich schon als Kind nur mit meinem Kopf beschäftigt und das kommt auch heute noch durch. Im mentalen Prozess eines jeden ist es allerdings so, dass man unter den Wunden ganz alleine leidet. Es gibt immer wieder Leute, die dich lieben und einen Teil des Leids auf sich nehmen wollen, aber ganz am Ende bist du alleine. Ich schreibe auch alle Musik fast nur, wenn ich alleine bin. Selten kommt es vor, dass ich im Kreis meiner Familie komponiere. Ich habe irrationale Gefühle der Einsamkeit. Darum habe ich so eine große Familie, um mich selbst mit Menschen zu umgeben, die ich liebe und denen ich traue. Meine Kinder sind die einzigen Menschen, neben den NEUROSIS-Mitgliedern, die immer zu mir standen und mich stets unterstützt und mir Kraft gegeben haben.

Geht es in In My World um das Thema Einsamkeit in deiner Kindheit?

Ich weiß es nicht. Ich denke nicht so viel darüber nach, wo die Songs herkommen. Das was ich spiele und singe, ist wie ein Geschenk, dass ich von irgendwo her bekomme, also versuche ich nicht es zu sehr zu analysieren. Ich glaube in jedem Song den ich schreibe, drücke ich auf verschiedene Art und Weise jede Erfahrung meines Lebens aus.

Ich war ein wenig überrascht, dass du dich selbst gecovert hast und Remember Me neu aufgenommen hast. Es passt aber sehr gut auf The Wake.

Ja, allerdings. Es gibt noch einige Stücke die ich geschrieben habe und die nicht auf dem Album gelandet sind. Im Gegenzug dazu passt Remember Me von BLOOD AND TIME einfach sehr gut zu dem restlichen Material. Diesen Song spiele ich auch eigentlich jedes Mal, wenn ich ein Solokonzert gebe. Ich habe ihn also sowieso umarrangiert und ihn solotauglich gemacht.

Scott
Im mentalen Prozess eines jeden ist es so, dass man unter den Wunden ganz alleine leidet. – Scott Kelly über Einsamkeit.

In diesem Song spielt Damon Kelly, dein Sohn, Bass. Hat er eine eigene Band?

Ja, hat er, sie heißen EVEN TRYING und spielen Death Metal und Grindcore. Sie sind wirklich gut, wir werden ihr Material auf Neurot Recordings veröffentlichen. Er spielt Bass seit seinem zwölften Lebensjahr und ist jetzt 20. Es war das erste Mal, dass wir die Möglichkeit hatten, zusammen etwas aufzunehmen, das war schön. Er spielte wirklich gut, auch wenn es schwer für ihn war so minimalistisch zu spielen. Er spielt immer nur technisch und schnell, das war eine neue Disziplin für ihn.

Ist er dein ältester Sohn?

Ja, er ist mein Erstgeborener. Ich habe früh angefangen Kinder zu zeugen, ich war 19 als er auf die Welt kam.

Auf Saturn´s Eye und Remember Me spielt ein gewisser Frank Sullivan Lap Steel…

…und er war auf The Wake auch als Toningenieur tätig. Frank ist 62, spielte schon auf einigen Country-Scheiben. Er ist zu hören auf einigen Alben von Wayland Jennings, Buck Owen und solchen Musikern. Er war meine erste Wahl, denn er versteht meine Musik, kennt den Klang den ich will. Ich konnte mich zunächst nicht entscheiden ob Lap Steel auf allen oder keinen Songs vorhanden sein sollte. Ich habe mich dann für die Stücke entschieden, bei denen es am besten klang. Hätte ich Frank mitbringen können um mit mir diese Konzerte zu spielen, ich hätte es getan, damit ich es auch live dabei hätte. Nicht viele Leute können dieses Instrument richtig spielen, schon gar nicht wie er. Wenn du ihn hörst, weißt du, dass es nur er sein kann, der dieses Instrument bedient.

Das nächste Album werde ich auf jeden Fall wieder mit ihm aufnehmen, er ist ein großartiger Mensch. Ich werde auch nicht lange warten, bis ich das nächste Album aufnehmen werde, ich habe schon einiges Material fertig. Generell, meine musikalischen Projekte gehen so gut von der Hand, wie noch nie zuvor, ich bin sehr inspiriert. Ich habe mich noch nie in meinem Leben besser gefühlt als dieser Tage.

Drückt der Titel The Wake auch diese Art des Erwachens aus?

Ich wuchs irisch-katholisch auf, da meine Eltern auch sehr katholisch erzogen wurde. Der Titel bezieht eher sich auf den Morgen vor der Beerdigung, wenn sich die Familie morgens trifft und die Erinnerung an den Verstorbenen aufleben lässt. Es bedeutet auch folgendes: Spirituell gesehen bin ich ein devoter Anhänger von Musik. Ich folge keinem geschriebenen Buch oder Gesetz. Für mich ist Musik die einzige Wahrheit.

Es gibt allerdings einige Fans, die NEUROSIS fast schon als religiös ansehen. Wenn man eure rituell anmutenden Konzerte betrachtet, ist das gar nicht so weit hergeholt.

Ich bin sehr interessiere mich sehr für Religionen und lese auch all die heiligen Bücher. Das Problem mit Religionen ist, dass es nicht erlaubt ist, sich aus diesen Schriften seinen Glauben individuell zu formen. Ein Buch wird vorgelegt und es wird gesagt: Das ist die Wahrheit. Aber so einfach ist das nicht. Zumindest für mich nicht. Man trifft im Leben Tag für Tag neue Entscheidungen, also muss man im Leben stets unabhängig denken. Ich will mich und mein Denken nicht limitieren. Für mich ist Musik gleich Religion. Deshalb glaube ich auch nicht an geschriebene Musik, die vorgelegt wird und gespielt werden soll. Das limitiert die Musik, sperrt sie in eine Schachtel ein, lässt keinen Raum zur Entfaltung.

Das ist auch der Grund, warum in deiner Musik so viel Raum zur Entfaltung steckt?

Genau so ist es. Dieser Raum ist sehr wichtig. Ich weiß auch nicht viel über die theoretische Musik. Ich kenne die Töne und weiß wie ich meine Gitarre stimmen muss. Ansonsten weiß ich nichts. Wäre ich auf theoretische Musik trainiert worden, dann würde ich auch nicht die Musik spielen, die man von mir zu hören bekommt.

Hört man ein Album von NEUROSIS, hört man ein Kollektiv. Auf The Wake hört man nur dich, man glaubt dich anhand dieser sieben Songs wirklich zu kennen. Das ist sehr intim.

Ja, das ist es. Eine sehr verwundbare Angelegenheit. NEUROSIS ist für mich behaglich, es ist der Ort an dem ich geistig aufgewachsen bin. Diese Soloangelenheit stellt nur mich dar und ich selbst bin nicht immer erträglich. Es geht mir immer nur darum, wie ich mich in dem Moment fühlte, daraus resultiert das, was ich tue. Es entstehen sicherlich schwierige Situationen daraus, aber diese helfen mir zu wachsen. Der Aspekt der Isolation ist gut, es ist eine Aufgabe, die zu lösen ist.

Scott
Hank Williams hat nicht überlebt, was er gemacht hat und ich hatte einfach nur pures Glück, meine Taten zu überleben. – Scott Kelly über sein Idol Hank Williams.

Wie ist es für dich ganz alleine live zu spielen? Ich stelle mir das sehr schwierig vor, vor so vielen fremden Leuten diese derart tiefen Songs zu spielen.

Meistens, gestern Abend ist ein gutes Beispiel dafür, ist die Audienz sehr respektvoll. Dieser Respekt kommt natürlich durch NEUROSIS. Ich bin sehr dankbar, dass die Leute auch mich als Solokünstler anerkennen. In dem Moment, in dem ich auf der Bühne stehe, bin ich sehr verletzlich. Es gab ein paar hässliche Situationen in vergangenen Konzerten, wenn die Leute einfach nicht still sein wollten. Es ist Musik über Reflektion, da kann man nicht in den hinteren Reihen sitzen und Spaß haben. Wenn die Leute diese Musik hören wollen, sollen sie sich darauf einlassen, dazu gehört nun mal die Stille. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand reden will, aber bitte nicht vor der Bühne. Ich singe über Menschen, die ich geliebt habe und die gegangen sind – davon gibt es viele. Dann brauche ich das Mitgefühl der Audienz. Ich bin stolz auf die Lieder, ich singe sie gerne. Aber ich bin noch stolzer auf die Leute, über die ich singe und die sind nicht da um sich zu verteidigen. Das Konzert letzte Nacht war großartig, es war ein sehr bewegender Moment. Ich erwarte in Europa auch keine Probleme, denn ich glaube die Zuhörer verstehen die Musik besser und auf einer anderen Ebene. Die letzte Show in New York City hingegen war stellenweise ziemlich hässlich.

Es gab ja gestern auch die Fans, die zwischen den Songs mit dir über künftige Pläne redeten. Das zeigt auch, dass sich die Leute für dich als Mensch interessieren.

Ja, das ist etwas Schönes, und das macht mir nichts aus. An diese Iren kann ich mich erinnern, sie waren auch auf einer BLOOD AND TIME-Show in London. Ein wenig Humor und Konversation dazwischen ist eine gute Sache. Das sind ja keine Selbstmordlieder oder Songs über Depressionen. Es geht um Erinnerung, Erlösung und tieferes menschliches Verständnis. Ich hoffe das die Leute das verstehen. Hier habe ich auch die Möglichkeit den Menschen etwas zurück zu geben und ihnen zu danken, denn seit fünfzehn Jahren haben wir auf NEUROSIS-Konzerten zwischen den Songs kein Wort geredet.

Du hast gestern nicht Sacred Heart, dein Accapella-Stück gespielt. Ist das überhaupt etwas für die Live-Situation?

Ja, ich werde es auf dieser Tour spielen, weiß aber noch nicht an welchem Abend. Es ist auch sehr anstrengend, ein wirklich langes Stück mit viereinhalb Minuten, nur Gesang. Ich wollte es morgen in Dortmund spielen, als Opener in der Kirche.

Wie kam es dazu, dass du in einer Kirche auftrittst?

Mein guter Freund Ansgar, dem wir viel zu verdanken haben, hat die Kirche ausfindig gemacht und die Show gebucht.

Ich glaube, das ist ein wunderbarer Ort für deine Musik.

Das denke ich auch. Du musst ein echtes Arschloch sein, in einer Kirche laut herumzubrüllen. Egal ob du an Gott glaubst oder nicht, das ist ganz einfach nicht normal. Man muss einfach Respekt zeigen, für das an was die Leute glauben. Wer sagt, dass meine Meinung die einzig Richtige ist? Also muss ich offen für andere Glaubensrichtungen sein und diese tolerieren.

Einer deiner Haupteinflüsse ist HANK WILLIAMS, was ich sehr interessant finde. Er starb wegen seiner Musik. Ironischerweise rettet eine ähnliche Musik dein Leben.

Das ist wirklich seltsam, darüber habe ich auch noch nie nachgedacht. HANK WILLIAMS meiner Meinung nach, hundertfünfzig absolut perfekte Songs geschrieben und starb mit 29. Für mich war dieser Mensch eine Offenbahrung. Als ich seine Musik entdeckt habe, hat sich alles für mich verändert. Ich habe schon als Kind etwas von ihm gehört, weil mein Vater viel Country gehört hat. Er hat es nicht überlebt, was er gemacht hat und ich hatte einfach nur pures Glück, meine Taten zu überleben. Man muss in einem bestimmten Punkt seines Lebens angelangt sein, dass man für Hanks Musik bereit ist, bis man diesen Künstler als Ganzes akzeptieren kann. Wenn man seine Musik hört ist es, als würde man einem Geist zuhören.

Scott
Es sind keine Selbstmordlieder oder Songs über Depressionen. Es geht um Erinnerung, Erlösung und tieferes menschliches Verständnis. – Scott über seine Solostücke.

Ich habe übrigens gehört, du wirst eine Band mit Wino und den Jungs von OM gründen. Ist da was dran?

Ja, das stimmt. Allerdings ist Chris bei OM ausgestiegen, ihr neuer Drummer ist Dale Crover. SHRINEBUILDERS besteht demnach aus Wino, Dale, Al und ich. In etwa einem halben Jahr wird das Debütalbum aufgenommen werden. Entweder mit Steve Albini oder Sanford Parker.

Sehr gut! Sanford Parker ist für mich auch so etwas wie ein junger Steve Albini. Großartig, dass ihr auf Neurot Recordings Ghost von BURIED AT SEA (neben MINSK die Band von Sanford Parker – Anm. d. Verf.) herausgebracht habt.

Gern geschehen, ich liebe diese Scheibe auch. Ich kenne Jason Depew (Gitarrist von BURIED AT SEA, Anm. d. Verf.) seit vielen Jahren. Seine Familie ist aus der selben kleinen Stadt wie ich. Er zog vor einigen Jahren nach Chicago und hat dort diese Band gegründet. Jetzt müssen wir sie noch dazu kriegen mal ein oder zwei Konzerte zu spielen. (lacht)

Apropos Konzerte, im August kommen endlich wieder NEUROSIS nach Deutschland.

Ja. Die Finger sind gekreuzt. NEUROSIS live im August. Es ist wirklich Zeit dafür, es war viel zu lange. Wir haben fast zehn Jahre nicht mehr dort gespielt. Wir haben Deutschland nicht absichtlich ausgelassen, es kam einfach nicht zustande, und das obwohl dies das erste europäische Land war, das uns wirklich unterstützt hat.

Ich freue mich jedenfalls unsagbar darauf. Zum Schluss noch eine provokative Frage: Deine Soloalben sind sicherlich nicht für jedermann geeignet. Was würdest du aber Menschen entgegnen, die sich beschweren, dass The Wake nur 35 Minuten lang ist und hauptsächlich aus einem Mann und seiner Gitarre besteht, aber dennoch den vollen Preis kostet?

Das ist einfach lächerlich. Du zahlst den vollen Preis für ein JESU-Album, für eines von GODFLESH, von HANK WILLIAMS und so weiter. Das ist immer nur eine Person. Es braucht kein riesiges Ensemble sein und es müssen nicht viele Geräuschkulissen übereinander gelegt werden, damit der Preis eines Albums gerechtfertigt ist.

Mit The Wake kannst du sowieso mehr Zeit verbringen als mit einem Standard-Thrash Metal-Album.

Das ist gut zu hören. Von meinem eigenen Standpunkt als Fan aus gesehen: Ich will auch nicht immer nur das Gleiche hören. Mal sind es einsame, minimalistische Sachen, dann wieder das Gegenteil. Ein Mann wie Justin (Broadrick, Anm. d. Verf.) ist derart begabt Klangwelten zu erschaffen und Soundwände aufzubauen. Es tut mir so gut einfach nur dazusitzen und das zu hören. Ich habe nicht diese Fähigkeiten, ich kenne mich mit Effekten und so weiter rein gar nicht aus. Bei NEUROSIS ist das nicht anders, ich sitze dann mit Noah (Landis – Keyboards, Anm. d..Verf.) zusammen und beschreibe ihm, das was ich im Kopf habe. Er transkripiert das dann für mich.

Wenn du mal auf mein Equipment bei einem Konzert geachtet hast, siehst du es vielleicht – ich benutze nur ein Delay-Pedal hier und da, die restliche andere Zeit spiele ich straight. Ich glaube, wenn du offen bist für die Songs, egal wie sie klingen, dann wirst du sie auch zu schätzen wissen. Der Opener The Ladder in My Blood ist natürlich sehr wichtig dafür, wenn dir dieser nicht zusagt, hast du es auch schwer mit dem Rest des Albums. Es ist einfach pure, ehrliche Musik.

Scott, vielen Dank für deine Zeit.

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