PHARAOH: Keinen Bock auf Retro!

Ende Feburar haben PHARAOH endlich ihr viertes Album "Bury The Light" veröffentlicht und mich mal wieder richtig aus den Socken gehauen. So gut klingt melodischer Power Metal von so ziemlich keiner anderen Band. Und da sich Matt Johnsen letztes Mal schon als sehr angenehmer Gesprächspartner erwiesen hatte, war es natürlich klar, dass wir den Mann wieder ans Telefon zerren werden…

Ende Feburar haben PHARAOH endlich ihr viertes Album Bury The Light veröffentlicht und mich mal wieder richtig aus den Socken gehauen. So gut klingt melodischer Power Metal von so ziemlich keiner anderen Band. Und da sich Matt Johnsen letztes Mal schon als sehr angenehmer Gesprächspartner erwiesen hatte, war es natürlich klar, dass wir den Mann wieder ans Telefon zerren werden – und weil hier offensichtlich zwei Labertaschen aufeinandertrafen, kam dabei ein fast achtzig Minuten langes Interview zu Stande in dem das neue Album nur eines von vielen Themen war, schließlich ist Mr. Johnssen ein Mann mit einem breit gefächerten und ausgezeichneten Musikgeschmack.

Hey Mat, wie geht es dir?

Mir geht es gut!

Erst mal vielen Dank für Bury The Light. Ihr habt es geschafft, wieder ein großartiges Album!

Danke dir, dass war das  Ziel.

Ihr habt es für die Hörer nicht so einfach gemacht wie auf Be Gone, welches in meinen Augen eingängiger war.  Und Be Gone brauchte schon mehr Zeit als The Longest Night, zumindest für mich.

Ja, ich denke, das passiert. Die Musik die wir machen, geht nicht mehr so schnell ins Ohr wie am Anfang. Wir wollen, dass unsere Musik eingängig ist aber nicht zuckersüß. Es ist leicht auf diesen Weg zu geraten, wenn man Eingängigkeit als das Haupt-Kriterium zum Erfolg beim Songwriting nimmt. Wir versuchen definitiv eingängige Songs zu schreiben, ich versuche Gitarrenparts zu schreiben die eingängig sind. Ich denke, wenn man Musik eher von der rifforientierten Seite als von der gesangsorientierten Seite angeht, braucht es etwas länger, bis die Songs ins Ohr gehen. Aber ich hoffe, dass die Leute am Ball bleiben und das Ganze nach ein paar Durchläufen zu schätzen wissen.

Aber nichtsdestotrotz, Bury The Light ist ein großartiges Album. Wenn man dem Album Zeit gibt, packt es einen bei den Eiern. Ich könnte dir jetzt echt nicht sagen, welches PHARAOH-Album mein Favorit ist, ich liebe sie alle.

Das ist großartig. Ich denke, es gibt nicht viele Bands die dieses Qualitätslevel für eine solche Zeit aufrecht halten können. Ich hoffe, wir schaffen das noch eine Weile länger.

Als wir das Interview für Be Gone gemacht haben, hattet ihr geplant, die Ten Years-EP im Jahr darauf zu veröffentlichen. Das hat nicht wirklich geklappt.

Nein, überhaupt nicht (lacht). Die EP war eine etwas komplizierte Angelegenheit. Wir haben die meisten Songs gleichzeitig aufgenommen, aber wir wussten noch nicht, welche Songs auf das Album (Be Gone) kommen und welche auf die EP. Wir hatten zwar Einige, von denen wir wussten, dass sie definitiv auf das Album kommen, bei anderen war es aber nicht sicher. Als wir mit den Aufnahmen angefangen haben, hatten wir zur Hälfte der Songs noch keine Texte und die Texte waren der Hauptgrund zur Unterscheidung, welche Songs auf welche Veröffentlichung kommen sollten. Das lag daran, dass Be Gone einen gewissen thematischen roten Faden hatte und einige der EP-Songs da nicht ganz reinpassten.

Wir wollten alle Songs auf einmal aufnehmen, dann das Album veröffentlichen und ein halbes bis ein Jahr später die EP. Letztendlich hat es aber länger gedauert, die Sachen für die EP aufzunehmen. Aufnahmen sind immer ein Schmerz im Arsch bei PHARAOH. Wir leben nicht nah beieinander, jeder Hat seinen Kram am Laufen, wir müssen die Terminpläne aller Beteiligten auf die Reihe kriegen. Es dauerte eine Weile länger, Tim (Aymar, Sänger) zurück ins Studio zu kriegen, damit er seinen Teil für die EP fertig macht. Dann mussten wir das ganze mixen und mastern lassen und das erste Mastering war furchtbar. Der Kerl, der dafür zuständig war, hat es total versaut. Als ich es zurück bekommen habe, dachte ich, dass wir das nicht verwenden können, also mussten wir es von jemand anderem remastern lassen. Und diese Verzögerung führte dann dazu, dass wir im Veröffentlichungsplan der Vertriebspartner von Cruz Del Sur Records (Label von PHARAOH) nach hinten gerutscht sind. Das führte dann dazu, dass wir dachten, dass wir eh noch etwas Zeit haben und der Rest wurde dann durch Faulheit verschuldet.

Es gab noch Dinge die erledigt werden mussten, für die aber niemand so richtig motiviert war. Diese Veröffentlichung fertig zu bekommen war echt ein Drama, es gab so viel zu tun und ein Großteil der Arbeit blieb an mir hängen. Wir haben es dann letztendlich remastered bekommen und es klang gut, dann mussten wir noch was am Cover-Artwork ändern. Dann haben wir es beim Label abgeliefert und es dauerte länger als wir erwartet hatten, es in den Veröffentlichungsplan zu integrieren. Es ist wirklich schade, dass die EP-Veröffentlichung so lange gedauert hat, denn sie sollte eigentlich wie eine Erweiterung von Be Gone wirken, so wirkte sie eher wie eine Vorschau auf das neue Album, was nicht im Geringsten zutrifft. Wenn du Ten Years gehört hast und dir gedacht hast, dass das Bury The Light in diese Richtung gehen wird, dann hast du dich getäuscht. Aber was sollen wir machen, PHARAOH sind nichts wovon wir leben können, nicht mal etwas mit dem wir überhaupt groß Geld verdienen. Wir sind eine Hobby-Band, ihr müsst also nehmen was ihr kriegt! (lacht) 

PHARAOH:


Immerhin bekommen wir was Neues. Ich muss noch schauen, dass ich eure Tribute To CORONER-Split mit CANVAS SOLARIS in die Finger kriege.

Das war eine lustige Sache. Wir haben den Song zusammen mit den anderen Songs für Be Gone aufgenommen. Wir hatten die Idee dieser Veröffentlichung im Kopf, wussten aber erst nicht, ob wir es zusätzlich auch mit auf die EP nehmen oder nicht. Letztendlich haben wir es nicht gemacht, um es ein bisschen spezieller zu machen. Wenn die 7 irgendwann mal komplett ausverkauft ist, veröffentlichen wir es vielleicht noch auf CD, keine Ahnung. Ich kenne die Jungs von  CANVAS SOLARIS schon eine lange Zeit und ich habe mit dem Schlagzeuger, Hunter (Ginn), darüber gesprochen diese Split zu machen. Er fand die Idee super und zwei Monate später hatten sie ihren Song aufgenommen, verdammt noch mal.

Wenn die Jungs ein Album veröffentlichen, haben sie das Nächste normalerweise schon komplett fertig, dass sind totale Workaholics. Deren Song für die Split 7 war also, zwei Jahre bevor wir Tunnel Of Pain aufgenommen haben, schon fertig. Es war eigentlich eine ganze Reihe von diesen Splits geplant, auf denen wir dann Bands covern, die man nicht von uns erwarten würde, aber dann haben sich CANVAS SOLARIS leider aufgelöst. Mal sehen, die Jungs sind alle in anderen Bands, vielleicht setzen wir das ja trotzdem fort. Wir haben über eine Split gesprochen, auf der wir DISHARMONIC ORCHESTRA covern, eine auf der wir HOLY TERROR covern, mal schauen ob wir irgendwas davon noch realisiert bekommen. Ich würde das gerne machen. Ich bezweifle, dass schon mal irgendjemand ein DISHARMONIC ORCHESTRA-Cover aufgenommen hat. 

Wo wir gerade von der EP sprechen: White Light war ein großartiger Song. Ich kannte bisher nichts von NEW MODEL ARMY außer den Covern von SEPULTURA (The Hunt) und ANACRUSIS (I Love The World) und White Light war einer meiner Songs des Jahres 2011. Ich schätze mal, ich sollte mir mal was von der Band zulegen.

Das solltest du auf jeden Fall und genau das war unsere Intention. Ich kannte NEW MODEL ARMY auch nicht, bis ich die Cover von  SEPULTURA und ANACRUSIS gehört habe, aber diese Songs sind so verdammt gut. Ich würde sagen, dass I Love The World der beste Song auf diesem ANACRUSIS-Album (Manic Impressions) ist und es ist ein ziemlich gutes Album. The Hunt ist definitiv der beste Song auf Chaos A.D., ich bin aber auch kein großer Fan dieses Albums. Ich hab diese Songs gehört als ich jung war und habe sie geliebt. Es war etwas schwierig für mich, an die Sachen von NEW MODEL ARMY ran zu kommen, da sie zu dem Zeitpunkt in den USA out of print waren. Als ich die Sachen dann bekam, war ich schnell süchtig danach und NEW MODEL ARMY sind ziemlich weit oben in der Liste meiner absoluten Lieblingsbands. Ich hab sie mehr als ein dutzend Mal live gesehen und sie sind einfach eine fantastische Band.

Sie sind natürlich keine Metal-Band, sie kamen aus dem Punk-Rock. Aber als sie ihr erstes Album rausbrachten, war Punk als lebendiges, künstlerisches Genre eigentlich schon mehr oder weniger am Ende, man kann sie also am ehesten als Post-Punk einordnen. Aber selbst dann blieben sie nicht lange beim Punk, denn sie waren ganz klar einfach viel talentierter und hatten eine größere musikalische Vision als die meisten Punk-Künstler. Sie sind sehr schnell zu einer sehr anspruchsvollen Band geworden. Sie hatten großartige Musiker, Songwriter und Gesang, sind einfach eine fantastische Band. Wenn dir das Zeug gefällt, würde ich mit den Alben starten, auf denen die Songs drauf sind, die  SEPULTURA und ANACRUSIS gecovered haben. Das sind für mich die Highlights der gesamten Bandkarriere. Der Song White Light̎ steht auf einem späteren Album, das ebenfalls sehr gut ist, für jemanden, der aus dem Metal kommt aber vielleicht nicht der beste Einstieg ist, denn es ist nicht so heavy und so dunkel. Aber abgesehen von den letzten Alben, die etwas mäßig waren, haben sie kein schlechtes Album veröffentlicht. Ihre gesamte Diskografie ist großartig, sie sind so etwas wie die RIOT des Post Punk – alles was sie machen ist zumindest verdammt gut.

Bury The Light war ebenfalls etwas früher geplant, als es letztendlich veröffentlicht wurde. Was hat hier für die Verzögerung gesorgt?

Wir hatten gehofft, das Album Ende letzten Jahres zu veröffentlichen aber das hat nicht geklappt. Wir haben so gegen Ende 2010 mit den Aufnahmen angefangen und einen Monat später haben Chris Black (PHARAOH-Schlagzeuger) und seine Frau ihr erstes Kind bekommen und ein paar Wochen später haben Matt Crooks (Produzent) und seine Frau ebenfalls ihr erstes Kind bekommen. Das hat PHARAOH für alle in der Prioritäten-Liste erst mal nach hinten gesetzt und für mich war es auch völlig ok, dass wir uns Zeit gelassen haben. Als wir dann wieder zusammen gekommen sind, hat es eine Weile gedauert. Wenn wir Gesang aufnehmen, kommt Tim hier hin und ich leihe mir Matt´s gesamtes Equipment für Gesangsaufnahmen und richte ein kleines Studio in meinem Haus ein. Das machen wir dann immer am Wochenende und Tim doppelt alle seine Spuren, das dauert alles seine Zeit. Dann mussten wir die Gast-Soli zusammen kriegen. Es hat alles etwas länger gedauert als wir wollten.

PHARAOH:
Das Cover von Bury The Light – wie alle anderen PHARAOH-Cover gestaltet von J.P. Fournier.

Was das Ganze dann aber letztendlich hinausgezögert hat, war das Cover-Artwork. Ich denke, wir wären fertig gewesen und hätten das Album letztes Jahr veröffentlichen können, aber J.P. (Fournier) hat das Cover einfach nicht fristgerecht fertig bekommen. Und du weist ja, wie das mit Album-Veröffentlichungen ist. Wenn du es nicht bis Oktober veröffentlicht bekommst, macht es keinen Sinn es vor Februar im nächsten Jahr raus zu bringen. Niemand veröffentlicht irgendwas im Dezember oder Januar, so läuft das eben. Das Album war eine Weile fertig aber es war klar, dass wir das Artwork nicht bis Oktober bekommen würden, also haben wir die Veröffentlichung dann auf Februar geschoben. Was sind schon ein paar Monate mehr. Wir sind PHARAOH, wir brauchen für alles ewig.

Die Pressereaktionen für Be Gone waren ja mehr als gut. Befürchtet ihr, dass ihr etwas die Gunst der Stunde verpasst habt, dadurch, dass ihr so lange gebraucht habt um Bury The Light zu veröffentlichen?

Wir machen uns nicht wirklich Gedanken über die Gunst der Stunde, denn wir brauchen für alles so lange. Außerdem sind PHARAOH so eine Art Kult-Band. Wir touren nicht, wir übersättigen den Markt nicht mit Veröffentlichungen, wir sind auf einem kleinen Label. Die Leute, die PHARAOH mögen, werden warten und die sind in ein paar Jahren auch noch da. Wir kümmern uns nicht wirklich um Momentum, aber ich hatte befürchtet, dass die Leute das neue Album nicht so sehr mögen würden wie den Vorgänger – aber das befürchtete ich irgendwie bei jedem Albumbisher, außer beim Zweiten. Als wir das zweite Album (The Longest Night) rausgebracht haben, war ich mir ziemlich sicher, dass jeder, der das erste Album mochte, das Zweite ebenfalls mögen würde.

Als wir Be Gone rausgebracht haben, habe ich mir aber definitiv Gedanken darüber gemacht, wie die Leute die mit The Longest Night auf uns gestoßen sind, darauf reagieren würden und bei Bury The Light habe ich mir die selben Gedanken gemacht. Generell waren die Reaktionen sehr positiv, natürlich gab es ein paar Leute, die den Vorgänger oder The Longest Night besser fanden, aber insgesamt bin ich positiv überrascht wie viele Leute denken, dass Bury The Light so gut ist wie alles andere, was wir bisher gemacht haben. Das ist schön.

Das schöne an PHARAOH ist, dass ihr zwar eine traditionelle Metal-Band seid, ihr aber nie retro oder altmodisch klingt – sondern so, wie melodischer Power Metal 2012 klingen sollte.

Es gibt eine Menge Bands, die diese Retro-Schiene fahren und das ist ok. Ich höre mir gerne WHITE WIZZARD an, aber sie bieten künstlerisch nicht viel. Ich weiß nicht, ob dieser Vergleich für einen Deutschen Sinn macht, aber ich vergleiche diese Bands ganz gerne mit den Leuten, die den amerikanischen Bürgerkrieg nachspielen. Die verkleiden sich als Soldaten der einen oder anderen Seite, kommen mit ihren Gewehr-Imitaten auf das Schlachtfeld und spielen beispielsweise die Schlacht von Gettysburg nach. Mit diesen Retro-Bands ist es das Selbe. Diese Jungs, die in den Achzigern geboren wurden, besorgen sich eine Jeans-Jacke, reißen die Ärmel ab, packen Aufnäher drauf und so weiter. Das ist es, was die Leute Mitte der Achtziger gemacht haben, ich verstehe nicht, was der Sinn dahinter ist, es noch mal zu tun. Man kann Geist nicht zurück in die falsche Zeitstecken, man kann sie eben nicht noch mal erleben. Diese Leute geben mit ihrer Ästhetik nur vor, in den Achtzigern zu leben. Die Musik die dabei rauskommt ist einfach nur unambitioniert. Wann immer man etwas nur kopiert, wird man niemals die selbe Qualität wie das Original erreichen. Niemand wird jemals mit dem Vorsatz die beste IRON MAIDEN-Kopie zu sein, besser als IRON MAIDEN werden. Das ist nicht möglich, es sei denn, man bringt ein paar neue Ideen ein, die die Leute noch nicht in dieser Musik gehört haben. Sonst bist du lediglich eine Kopie.

Diese ganzen Retro-Bands… Es ist ja nicht so, dass sie schlecht wären, aber wo ist der Sinn dahinter für alle die diese Musik schon eine Weile hören oder eigentlich für jeden, der die Sache ernst nimmt. Es geht nicht darum zu sagen, dass man den True Metal der Achtziger nicht würdigen kann, wenn man damals nicht dabei war. Ich mag eine Menge Jazz, der lange vor meiner Geburt entstanden ist. Ich denke nicht, dass mich das zu einem Poser macht. Wenn du dich enthusiastisch mit dieser Musik beschäftigst, wirst du die Sachen finden, die wann auch immer raus gekommen sind. Und wenn du es dann mit diesen Retro-Bands vergleichst, wird es ziemlich offensichtlich sein, dass die nicht mithalten können. Und das ist ein Riesenproblem mit diesen ganzen Retro Thrash-Bands, denn die bieten absolut überhaupt nichts Neues. Und was mich wirklich anpisst ist, dass Thrash, von den ganzen Klischees drumherum mal abgesehen, ein ziemlich abwechslungsreiches Genre war. Du hattest SLAYER, dann hattest du MEGADETH, die kein bisschen wie SLAYER klangen und dann hattest du Bands wie FLOTSAM & JETSAM, TOXIK, REALM, HOLY TERROR oder CORONER. Es gab eine Menge von verschieden klingenden Bands, die alle für sich beansprucht haben, Thrash zu spielen. Bei den ganzen neuen Bands ist es so, als ob SLAYER, EXODUS und NUCLEAR ASSAULT die einzigen Thrash-Bands waren, die je existiert haben. Ich mag all diese genannten Bands, aber sie bieten das wenigste Potential um daraus etwas Neues und Interessantes zu machen.

Wenn es mehr Bands gäbe, die versuchen würden, das nächste Twisted Into Form (FORBIDDEN) oder Endless War (REALM) zu schreiben, dann würde vielleicht etwas Interessantes dabei herauskommen. Aber worin steckt der Sinn das nächste Fabulous Disaster (EXODUS) schreiben zu wollen? Und dann diese ganzen Leute, die diese Mosh-Kultur wiederbeleben wollen. Das ist einfach traurig und blöd. Bei einer Menge dieser Bands macht es Spaß, sich die Alben anzuhören oder zu den Konzerten zu gehen, aber wirst du ihre Alben in fünfzehn Jahren wieder rauskramen? Wahrscheinlich nicht. Du wirst die Alben rauskramen, die diese Bands inspiriert haben.  

Ich bin ein großer Thrash-Fan und als dieses ganze Revival losging, fand ich einige dieser neuen Bands echt richtig gut. Jetzt, eine Weile später ist es so, dass ich schon keinen Bock mehr habe, wenn eine weitere Promo einer neuen Thrash-Band auf meinem Tisch landet.

Die einzige Band in dieser ganzen Szene, die meiner Meinung nach etwas wirklich Cooles macht, sind VEKTOR. Kennst du die?

Ich kenne die Band vom Namen, will mir auch deren Alben holen, hab es aber bislang nicht geschafft.

Du solltest dir deren Kram wirklich zulegen. Sie sind wie gesagt die einzige Band in dieser ganzen Retro Thrash-Bewegung, die etwas wirklich Cooles macht. Wenn du dir die Cover ansiehst, denkst du erst mal, dass die Jungs eine VOIVOD-Kopie sind, weil Schriftzug beispielsweise ein totaller Rip-Off des Stils von Away (VOIVOD-Drummer und Artwork-Künstler) ist. Und sie haben auch dieses Sci-Fi-Thema, was sie schon von den ganzen anderen Retro-Thrash-Bands unterscheidet.

Sie mischen Sachen wie VOIVOD, MEKONG DELTA, Release From Agony von DESTRUCTION, als sie etwas technischer waren oder TARGET. Ich hab keine Ahnung, ob die Jungs diese Bands überhaupt kennen, das sind schließlich Kids. Aber sie spielen diesen Sci-Fi-Prog-Thrash und der Sänger hat meiner Meinung nach echt eine unglaubliche Stimme, ein bisschen wie Schmier früher. Sie sind wirklich eine klasse Band und ich denke, von all diesen Bands, werde ich in fünfzehn Jahren mit Sicherheit noch meine VEKTOR-CDs rauskramen, denn die haben etwas gemacht, was kein anderer macht. Und wenn interessiert schon der Rest.

Ich habe auf der Metalbörse Ende letzten Jahres versucht Black Future zu bekommen, aber von den ganzen Händlern hatte keiner diese verdammte CD dabei.

Die Neue ist noch besser, die heißt Outer Isolation und ist Ende letzten Jahres erschienen. Die ist echt ein Must Have!

Kommen wir mal zurück zu eurem Album.

Ja, genau. Die Sache ist, wir kommen aus der Tradition des melodischen Heavy Metal, die inzwischen fünfundzwanzig Jahre zurück geht. Aber es interessiert mich kein bisschen, zu versuchen, dass wieder zu beleben. Als wir die Band gegründet haben, war es Chris Blacks Idee einen Sound zu spielen, der nach alten IRON MAIDEN und SAXON klingt. Als er mich gefragt hat, ob ich mitmachen will, hat er mir das auch so gesagt. Das hat mich nicht so sehr angesprochen, aber ich hatte gerade nichts gemacht und es war nah genug an dem dran, woran ich interessiert war. Ich war an den Bands der zweiten Welle des europäischen Power Metal interessiert, Bands wie RAGE oder SCANNER.

Also habe ich mitgemacht und wollte mal sehen, ob ich eine etwas modernere Note einbringen kann. Und am Ende des Songwriting-Prozesss für das erste Album sind wir diesem IRON MAIDEN-Sound meiner Meinung nach schon entwachsen, auch wenn das erste Album definitiv noch ziemlich retro klingt. Aber schon beim zweiten Album haben wir dem Songwriting, welches man aus den Achtzigern kannte schon einiges Neues hinzugefügt und mit Be Gone haben wir das endgültig abgestreift. Wir wollen gerne ein Teil des traditionellen Metal-Genres sein aber wir wollen niemanden dazu bringen, zu denken, dass wir dieses Album auch 1987 hätten rausbringen können, denn das hätten wir definitiv nicht.

Ich würde sagen Bury The Light ist im Vergleich zu euren bisherigen Alben dunkler und etwas komplexer.

Es ist definitiv komplexer, auch weil ich als Gitarrist besser werde und anspruchsvollere Gitarrenparts schreibe. Ich liebe technische Musik. Wenn ich gut genug wäre, würde ich Musik wie SPIRAL ARCHITECT oder WATCHTOWER spielen. Ich habe keine Ahnung wie diese Typen das machen, es dauert ewig, bis ich einen PHARAOH-Song geschrieben habe und ein PHARAOH-Song hat vielleicht ein Drittel weniger Parts als ein SPIRAL ARCHITECT-Song. Einige sind relativ simpel, während andere von vorne bis hinten sehr herausfordernd sind. Ich liebe diesen Kram und versuche Komplexität in das Riffing einzubauen wo ich kann. Dabei geht es mir nicht darum, den Leuten zu zeigen wie toll ich spielen kann, es hält die Sache für mich einfach interessant.

Was das Düstere angeht – ich denke, Bury The Light ist im aggressiver und das hilft im Metal meistens, ein Album etwas düsterer klingen zu lassen. Textlich ist es recht ähnlich wie der Vorgänger, was die Grundstimmung angeht. Abgesehen davon, dass Be Gone eher eine Warnung war, während Bury The Light eher ein Ich hab es dir ja gesagt! ist.

Das Cover ist düsterer!

PHARAOH:
Bassist Chris Kearns – von ihm stammt der Bandhit By The Night Sky

Das Cover ist definitiv düsterer und das Lustige an der Sache ist, dass wir ursprünglich ein weißes Cover haben wollten. Chris Black kam mit dem Songtitel Year Of The Blizzard an, noch bevor wir Be Gone aufgenommen hatten und meinte, dass er dies als Titel für das nächste Album haben will. Wir dachten uns, ok, dann können wir ein weißes Album-Cover machen, weiß wie Schnee. Nicht komplett weiß, wie bei dem BEATLES-Album. Ein Cover, das hauptsächlich weiß ist sieht man im Metal-Bereich nicht all zu oft. Als Albumtitel hätte das keinen Sinn gemacht.

Als Chris dann den Text zu dem Song fertig hatte, stellte sich heraus, dass er nicht wirklich zum Rest des Albums passte, es war eine eigene Geschichte. Wir mögen es, wenn unsere Albumtitel in gewisser Weise für den textlichen Inhalt des Albums sprechen und bei Year Of The Blizzard war das nicht der Fall. Wir mussten also in letzter Minute festlegen, was der Albumtitel sein sollte, was sicher auch dazu beigetragen hat, das JP mit dem Artwork so lange gebraucht hat, denn es hat gedauert bis wir ihm sagen konnten, wie das Album heißen wird und wie das Ganze aussehen soll. Wir hatten nur eine grobe Vorstellung davon, wie das Album werden würde und er kam damit an und es sah großartig aus. Und es war lila, wir hatten darüber gesprochen. Er hatte sich erst grün und blau als Farben vorgestellt aber ich meinte dann, dass unser letztes Album-Cover grün war und das davor blau. Also schlug er Lila vor und ich war einverstanden. Also hat er es so gemacht. Wir lieben JP und ich denke, dass er über unsere fünf Veröffenlichungen hinweg eine einzigartige Arbeit im Heavy Metal-Bereich abgeliefert hat. Ich finde, dass die PHARAOH-Cover sehr markant aussehen, ohne dabei zu bunt oder klischeebeladen zu wirken. Wenn wir das nächste Album ohne Titel und Schriftzug veröffentlichen würden, würden die Leute trotzdem erkennen, dass es sich um ein PHARAOH-Album handelt.

Es passiert so verdammt viel in euren Songs, andere Bands würden zwei Alben aus den Riffs und Melodien schreiben, die ihr in einem einzigen Song verwendet. Wie lange dauert es normalerweise einen PHARAOH-Song zu schreiben?

Das kostet mich ganz schön viel Zeit.

Ja, das hab ich gemerkt.

Wir haben diesen Trend mit Be Gone gestartet. Wir hatten das zum Teil auch schon bei The Longest Night aber es war Chris Black, der dann der Meinung war, wir sollten mehr einzigartige Parts schreiben, Riffs die nur einmal vorkommen oder einzigartige Kombinationen von Riffs, so dass es nicht daraus hinausläuft, dass man ein Strophen-Riff, ein Bridge-Riff, ein Chorus-Riff und so weiter schreibt. So viel Songwriting findet auf diese Weise statt, man geht einfach von einem Teil zum Nächsten. Beim dritten Album haben wir angefangen, einzigartige Übergänge von einem Riff zum Anderen zu schaffen, so dass, selbst wenn die zwei selben Riffs noch mal vorkamen, der Weg dazwischen ein anderer war. Das trieb soweit Blüten, dass wir Riffs hatten, die nur ein einziges Mal vorkamen. Es kann schon echt ärgerlich sein, ein richtig gutes Riff zu schreiben und es dann nur einmal zu spielen, was vermutlich auch der Grund dafür ist, dass das nicht so häufig passiert. Aber man muss sich dann einfach mal am Riemen reißen und sagen Ein cooles Riff ist ein cooles Riff und es hat mehr Wirkung, wenn du es einmal spielst statt vier mal.

Das ist es, was OPETH Für mich eine lange Zeit langweilig gemacht hat. Sie hatten diese Politik ein Riff in einem Song nicht zu wiederholen. Sie haben dieses Riff, und sie spielen es so lange wie sie wollen aber irgendwann war es dann weg und kam nicht wieder. Das haben Sie auf den ersten vier Alben so gemacht. Der Kerl schreibt eine Menge cooler Riffs aber du hast irgendwie gemerkt, dass er zu sehr an jedem Einzelnen von ihnen hing. Nimm ein Album wie My Arms, Your Hearse, da gibt es dann ein richtig cooles Riff aber er spielt es dann sechzehn bis zweiunddreißig mal hintereinander und du denkst dir nur noch Dude! Lass es sein, das ist genug von diesem Riff

Ich denke die einzige Band, die das darf ist BOLT THROWER.

Ja genau. Und das wären vielleicht sogar verschiedene Riffs und du würdest es nicht merken. Und es wäre egal. BOLT THROWER sind großartig! Ich denke, es bedarf eines gewissen Maßes an Demut und Vertrauen zu erkennen, dass dein Riff für sich gesehen interessant genug ist, um es nur ein Mal zu spielen. Das ist etwas das wir auf dem ersten, vielleicht sogar auf den ersten beiden Alben nicht konnten. Wir haben mal für ein paar Shows geprobt und wir haben Now Is The Time vom ersten Album gespielt. Da ist dieses Riff, das vier Mal vorkommt. Ich denke, wenn ich den Song heute schreiben würde, wäre er anderthalb Minuten kürzer weil ich dieses Riff nicht mehr wiederholt hätte, ich hätte es einfach bei seinem guten ersten Eindruck belassen.

Wir wollen eine Band sein, die für Ihre Riffs bekannt ist. Ich denke, das ist der Hauptunterschied zwischen europäischem und amerikanischen Power Metal. Beim europäischen Power Metal geht es vor allem um die Gesangsmelodie während es beim amerikanischen Power Metal vor allem um die Gitarrenriffs geht. Wenn ich meine Songs schreibe, tue ich das nicht mit Gesangslinien im Hinterkopf, das überlasse ich Tim, der kann das besser als ich.

Ich weiß also bei einem bestimmten Part nicht, ob da jemand drüber singt oder nicht, also muss jedes einzelne Riff für sich alleine interessant sein. Und wenn mir ein Riff nicht das Gefühl gibt, absolut großartig zu sein, dann schmeiße ich es raus. Und deswegen brauche ich so lange um einen PHARAOH-Song zu schreiben. Manche Songs kommen ziemlich schnell zusammen aber an Graveyard Of Empires habe ich beispielsweise drei oder vier Monate gearbeitet.

Ich bin alle paar Tage wieder an den Song dran gegangen, habe mir angehört, was ich bis dahin aufgenommen hatte und mir überlegt, was ich als Nächstes tun könnte. Dann habe ich zwei oder drei neue Riffs geschrieben, fand sie nicht gut und hab sie wieder rausgeschmissen. Manchmal schreibe ich auch Riffs bei denen ich dann denke, dass sie gut sind, diesen Song aber nicht weiter bringen – also schneide ich sie raus und packe sie für das nächste Album weg. So schreibe ich meinen Kram, ich fange an zu jammen und schaue was dabei rauskommt. Manchmal habe ich ein cooles Riff auf dem ich aufbaue, weiß aber dann nicht, wie es weitergehen soll. Das packe ich dann bis zum nächsten Songwriting-Zyklus weg.

Es gibt ein Riff in The Spiders Thread, das seit dem ersten Album bei mir rumfliegt und darauf gewartet hat, verwertet zu werden, das Akustik-Intro zu In Your Hands ist mindestens zehn Jahre alt und einige Riffs in Graveyard Of Empires stammen aus der Zeit von The Longest Night. Bei machen Riffs dauert es sehr lange, bis ich den richtigen Platz für sie finde, aber wenn ein Song fertig ist, bin ich immer sehr glücklich mit dem Ergebnis. Ich würde ihn nicht einbringen, wenn ich nicht der Meinung wäre ihn perfektioniert zu haben.

Ihr schreibt alle vier Musik für PHARAOH. Wer hat das meiste für Bury The Light geschrieben?

Wenn man es genau nimmt, schreibe ich wohl mehr Riffs als alle anderen zusammen. Wenn man alles zusammenzählt habe ich vielleicht 55 bis 60 Prozent geschrieben und die anderen den Rest. Tim schreibt nicht viele Riffs, er hat nur bei Nothing I Can Say einen Gitarrenpart geschrieben. Tims Beitrag sind immer die Gesanglinien. Oft gebe ich ihm einen komplett arrangierten Song mit allen Riffs, allen Schlagzeug-Rhythmen und so weiter und er schreibt die Gesangslinien. Das ist genau so wichtig für den Song, weswegen er dieselben Songwriting-Credits bekommt wie ich. Chris Black tendiert dazu Songs ganz für sich alleine komplett zu schreiben. Year Of The Blizzard hat er komplett fertig abgeliefert, alle Gesangslinien, Gitarrenparts, Bass, Schlagzeug – das komplette Teil. Burn With Me war auch so ein Fall, da war ich allerdings der Meinung, dass der Song an einigen Stellen noch ein bisschen mehr Spielereien auf der Gitarre vertragen konnte. Chris ist kein besonders guter Gitarrist, er ist etwas limitiert in seinen Möglichkeiten, also habe ich bei einigen Stellen die Akkordfolgen zwar halbwegs beibehalten, das Ganze aber etwas interessanter gestaltet.

Chris Kearns schreibt normalerweise am ehesten Songs in Zusammenarbeit. Er kommt dann mal mit einem halben Song an und fragt mich, ob ich den Rest machen möchte, lässt einige Stellen frei und fragt mich dann, ob ich da ein Riff für hätte, dass so und so klingt oder er schreibt einen Song und gibt ihn Chris Black, um die Melodien oder den Text zu schreiben. Ich denke es ist eine der einzigartigen Stärken von PHARAOH, dass jeder in der Band sich beim Schreiben der Musik und der Texte beteiligt. Dadurch können wir sicherstellen, dass wir niemals ein Album veröffentlichen, auf dem jeder Song gleich klingt. Wenn ich das Album ganz alleine geschrieben hätte, gäbe es keine Songs wie Year Of The Blizzard oder Burn With Me.

Das soll nicht heißen, dass diese Songs schlecht sind, weil ich sie nicht geschrieben habe. Sie unterscheiden sich einfach nur sehr stark von dem, was ich schreibe. Wir haben uns auch viel über die Reihenfolge der Songs Gedanken gemacht, damit du beim Hören des Albums nicht zwei Mal hintereinander einen ähnlich klingenden Songs hörst.

Beim Ende von The Spiders Thread bekomme ich echt Gänsehaut, wenn Tims Gesanglinien auf deine Gitarrenharmonie treffen und der Song langsam ausklingt.

Der Song war ein Experiment, er basiert ein bisschen auf einem Song der Pop-Band THE NEW PORNOGRAPHERS, weiß nicht, ob du die kennst.

Nein.

Sie spielen so eine Art Indie-Pop, sind aber sehr von von den Sechzigern beeinflusst. Die Haupteinflüsse des Bandleaders sind Sachen wie THE ZOMBIES oder BURT BACHARACH. Ich finde die Band fantastisch und auf ihrem dritten Album haben Sie einen Song – der Letzte auf dem Album – der von der Struktur her sehr The Spiders Thread ähnelt. The Spiders Thread hat keinen Refrain, es sei denn du zählst das Outro als Refrain. Der Song baut sich einfach immer weiter und weiter auf. Es gibt zwar eine Strophe aber nichts dazwischen, so dass sich der Song immer weiter und weiter aufbaut bis er am Ende explodiert, mit Tims Gesang und diesem IRON MAIDEN-mäßigen Riff. Dieser Chorus am Ende löst dann die Spannung auf, die über den gesamten Song aufgebaut wurde.

 PHARAOH:
PHARAOH (v.l.n.r.): Tim Aymar (vocals), Chris Black (Drums), Matt Johnsen (guitars) und Chris Kearns (bass)


Das ist genau das, was sich beim Hören des Songs empfunden habe.

Es hat echt gut funktioniert in der endgültigen Version des Songs. Das ist genau das, was ich wollte. Die ganze Zeit nur Spannungsaufbau und keine Wiederholung. Das Riff, welches wir am Ende des Songs wiederholen war Chris Blacks Lieblingsriff auf dem Album und er fand es schade, dass es nur an dieser Stelle auftaucht. Er wollte es noch mal einsetzten und meinte, dass wir ein Reprise für das Album mit diesem Riff schreiben sollten. Es stellte sich dann heraus, dass In Your Hands, der letzte Song auf Bury The Light in der selben Tonart und Geschwindigkeit liegt wie The Spiders Thread, wir konnten das Reprise also problemlos hintendran hängen. Das war ein glücklicher Zufall.

Ihr habt auch zwei Gast-Soli auf Bury The Light. Jim Dofka erwartet man ja auf einem PHARAOH-Album. Wie seid ihr in Kontakt zu Mike Wead gekommen?

Jim wird auf jedem PHARAOH-Album vertreten sein, das hat schon Tradition. Er weiß, was auf ihn zukommt, dass er nicht drumherum kommt und liefert immer gute Arbeit ab. Zu Mike Wead: Wir haben uns darüber unterhalten, wen wir für das neue Album bekommen könnten, denn das Gastsolo eines anderen Gitarristen als Jim Dofka ist ebenfalls eine Tradition. Wir haben einfach ein paar Namen in den Raum geworfen und Mike ist ein Gitarrist, den wir alle wirklich lieben. Ich bin ein großer Fan von MEMENTO MORI und HEXENHAUS. Chris Black ist ein riesiger KING DIAMOND-Fan. Wir dachten uns, dass es nicht so schwer sein kann, ihn zu bekommen, da er nicht so eine riesige Berühmtheit ist und unsere Anfrage wohl nicht ablehnen würde.

Ich kenne so einige Leute in der schwedischen Metal-Szene und hab einfach mal rum gefragt. Aber es hat überraschenderweise doch eine Weile gedauert, mit ihm in Kontakt zu kommen. Ich habe jede Menge Leute angesprochen und jeder meinte, ich soll diesen oder jenen fragen. Jede Spur die sie mir gegeben haben war eine Sackgasse. Ich habe dann Teddy Möller von LOCH VOSTOK und FREDDY KRÜGERS ÜNDERWEAR angesprochen und ihm gesagt, dass er meine letzte Rettung ist. Er meinte, dann das er seit Ewigkeiten mit Mike befreundet ist und hat mir seine Handy-Nummer gegeben.

Ich dachte mir, super, jetzt rufe ich aus dem Nichts diesen Schweden an und sage ihm Hey, du kennst mich nicht, hast du Lust auf meinem Album ein Solo zu spielen?. Dazu kam es aber nicht, denn ich bin nicht durchgekommen und habe nur irgendeine Ansage auf schwedisch gehört. Die hat vielleicht gesagt, dass die Nummer nicht mehr existiert oder vielleicht auch, dass ich eine Nachricht hinterlassen soll, keine Ahnung. Ich hab es noch ein paar mal versucht, bin aber nie durchgekommen und hab dann Teddy noch mal gefragt, ob er seine Email-Adresse hat und mich vielleicht vorstellen könnte, was er dann auch getan hat.

Ich habe ihm dann einen Roughmix des Songs und ein paar andere Sachen von uns geschickt – ihm hat es so gut gefallen, dass er für das Gastsolo kein Geld genommen hat, was er normalerweise tut, wenn Bands ihn fragen. Wir haben ihm also die Songs geschickt und er hat sein Solo eingespielt. Wir haben ihm die Wahl zwischen Castles In The Sky und Burn With Me gegeben. Er hat sich dann für Castles In The Sky entschieden, was ok war, denn mit dem Solo, das ich für Burn With Me geschrieben habe war ich ziemlich zufrieden. Das war echt cool. Ich habe ihm die CD vor einer Woche oder so geschickt, ich hoffe es ist ihm nicht peinlich darauf vertreten zu sein. (lacht) 

PHARAOH:
Wiederholt sich ungern – PHARAOH-Sänger Tim Aymar, auch zu hören auf dem großartigen The Fragile Art Of Existence von CONTROL DENIED

Tim hat ein paar echt geniale Gesangslinien am Start. Er singt niemals diese typischen, lahmen Melodic Metal-Rerfrains.

Tim ist ein merkwürdiger Kerl und er hat ein einzigartiges musikalisches Verständnis, weswegen ich es liebe, mit ihm zu arbeiten und ihm meine Songs zu geben, damit er Gesangslinien dafür schreibt. Denn was er auch immer tut, es kommt etwas dabei raus, woran ich nie im Leben gedacht hätte. Eine Sache die er tut und die mich beeinflusst hat, wenn ich ab und zu auch mal eine Gesangslinie schreibe ist die Tatsache, dass er sich nie wiederholt. Bei der meisten Pop-Musik und definitiv auch Melodic Metal gibt es eine Melodie für die Strophe und jede Zeile wird auf die selbe Weise gesungen. Denk zum Beispiel an The Trooper. (Matt summt das Strophen-Riff des Songs).

Tim macht das nicht so, jede Zeile in jeder Strophe ist einzigartig aber sie orientieren sich alle an einer gewissen Grundmelodie. Du hörst also, dass eine Zeile ähnlich klingt, es sind aber nicht dieselben Noten. Ich denke, das ist eine geschickte Art, Gesanglinien zu schreiben. Das mag – wir hatten das Thema ja schon – auf den ersten Eindruck nicht so eingängig sein, weil es dir nicht in den Kopf gehämmert wird, ist aber auf lange Sicht befriedigender, denn jede Strophe hat einen musikalischen Grund, da zu sein. Wenn die Melodie immer die Gleiche ist, ist der einzige Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Strophe der Text. Und nicht jeder interessiert sich für den Text, man liest ihn nicht oder versteht ihn nicht. Es gibt eine Menge Leute, die wahrscheinlich kein Englisch sprechen, aber diese Musik hören. Jede Strophe die Tim schreibt, hat ihre eigenen Melodien und er macht sie alle für sich eingängig. Das ist eine sehr anspruchsvolle Arbeitsweise und er macht das bei den Refrains genau so. Es ist wirklich schön, mit jemandem zu arbeiten, der so eine einmalige musikalische Vision hat und er hat mich definitiv beeinflusst.

Und ihr habt der Rhythmus-Abteilung mehr Raum gelassen, speziell euer Bassit Chris Kearns hat ein paar ziemlich coole Parts auf Bury The Light.

Wir hatten eigentlich schon immer interessante Bass-Linien, hatten aber immer damit zu kämpfen, sie im Mix auch ordentlich hinzubekommen. Auf dem ersten Album gibt es zum Beispiel einige echt schöne Bass-Linien, die man einfach nicht hören kann, was daran liegt, dass wir keine Ahnung hatten was wir tun. Das ist das einzige Album, welches wir nicht mit Matt Crooks aufgenommen haben und der Sound-Techniker, der dabei war, war nicht wirklich gut. Bei allem, was wir gemacht haben meinte er nur klingt super, klingt toll, auch wenn es totaler Mist war. Es war echt schwer, mit dem Typ das Ergebnis zu bekommen, das wir haben wollten. Außerdem standen wir im Studio unter Zeitdruck, weil wir nur eine gewisse Summe zur Verfügung hatten. Das alles hat letztendlich dazu geführt, dass wir dem Bass-Sound auf diesem Album nicht gerade einen Gefallen getan haben.

Auf den nächsten beiden Alben haben wir versucht es besser zu machen, aber der Bass kam nie so durch, wie wir es haben wollten, was vielleicht auch daran lag, dass im Gitarrenbereich so viel passierte, was dazu führte, dass der Bass, wenn er dann laut genug war, die Gitarren abgewürgt hat. Erst jetzt haben wir den richtigen Klang gefunden, bei dem Bass und Gitarre gut zusammenarbeiten und man alles hören kann. Das Ergebnis ist, dass man jetzt quasi zwei Bässe hört, von denen einer wie eine Gitarre klingt. Es gibt eine sehr verzerrte Bassspur, die von einer nicht so verzerrten unterstützt wird. Die eine gibt dem Sound die Tiefe, die man auf einem Metal-Album erwartet und die Verzerrte ist die, die im Mix hervorsticht. Dieser verzerrte Bass-Sound macht die Gitarren heavier.

Zum einen haben wir dadurch dafür gesorgt, dass man die Bass-Linien jetzt besser hören kann. Außerdem haben wir die Bass-Linien dieses mal aber auch noch mal eine Spur markanter und komplexer gemacht. Das liegt auch daran, dass es dadurch, dass die Gitarrenparts immer anspruchsvoller wurden und Chris nicht mehr so recht wusste, was er dazu spielen sollte. Früher war es so, dass ich ihm die Songs gegeben habe und meinte, dass er einfach spielen soll, was er will.

Dann sind wir ins Studio und bei einigen Sachen hat er (Chris Kearns, Bass) zu kompliziert gespielt, so dass die Gitarren untergegangen sind und an anderen Stellen hat er ziemlich simpel gespielt, wo ich etwas mehr Abwechslung rein haben wollte. Also haben wir während der Aufnahmen im Studio die Sachen geändert und ich denke nicht, dass Chris damit wirklich zufrieden war. Also hatte ich dieses Mal schon klare Vorstellungen und habe selber Demos von Bass-Spuren aufgenommen und sie ihm gegeben, wofür er sehr dankbar war. Ich denke das ist der Grund, weshalb der Bass dieses Mal mehr hervorsticht, weil wir die Bass-Spuren einfach schon früher durchdacht haben. Ich bin wirklich zufrieden mit dem Ergebnis. Es ist irgendwie eine Seltenheit in diesem Genre geworden, dass man den Bass wirklich hört, was komisch ist, da das alles auf IRON MAIDEN basiert, bei denen der Bass das lauteste Instrument ist.

Ich bin auch ein großer Fan von Metal-Alben mit hörbarem Bass.

Das ist ziemlich selten. Ich denke, es ist eine Mischung auf Faulheit – dass die Leute sich einfach nicht genug damit beschäftigen –  aber auch mit der Art und Weise wie viele Metal-Alben gemixt werden, da ist es ziemlich schwierig den Bass so hörbar zu machen, wie es beim Rock´n´Roll üblich war.

The Graveyard Of Empires wurde vom Afghanistan-Krieg inspiriert. Das Ganze entwickelt sich für die USA so langsam zu einem zweiten Vietnam, oder?

Ja. Ich erinnere mich daran, als die Attentate vom 11. September stattfanden. Ich war in einer merkwürdigen Situation in meinem Leben, persönlich und beruflich. Als der Krieg begann war ich nicht zu Hause, sondern beruflich längerfristig auf der anderen Seite des Landes. Ich war generell ziemlich deprimiert, hielt das Ganze für eine ziemlich blöde Idee. Es fühlte sich nicht so an, als ob es irgendetwas bewirken würde. Klar, man könnte sagen, dass die Taliban diese freundliche Umgebung für Al Quaida geschaffen haben und man darauf reagieren musste, aber diese ganze Invasion fühlte sich an wie Vergeltung, Rache für den 11. September. Und das ist so ziemlich der dümmste Grund, einen Krieg anzufangen. Es sind etwa 3000 Menschen durch die Attentate gestorben und wer-weiß-wie-viele Tausende von Menschen durch diesen Krieg gestorben sind. Und ist dadurch irgendetwas besser geworden?

Bevor ich den Text zu diesem Song geschrieben habe, habe ich einen Artikel gelesen. In Afghanistan gab es eine Umfrage bei der herauskam, dass 92% der Leute nich mal wissen, was der 11. September bedeutet, oder dass überhaupt etwas passiert ist, das die Vereinigten Staaten wütend gemacht hat. Dieses ganze Land hatte keine Ahnung, wieso wir überhaupt da sind. Wie könnte dieser Krieg auch nur irgendwie gut ausgehen? Es ist, als ob man ein Spiel spielen würde, bei dem sich beide Seiten nicht über die Regeln einig sind.

Es ist eine der Sachen, die schon damals eine schlechte Idee war und es war schon damals unmöglich, nicht zu glauben, dass es so übel enden würde, wie für die Soviets damals. Aber selbst damals war es unvorstellbar, dass wir es dermaßen versauen würden. Und sieh dir an, was passiert ist. Es ist fast genau sie selbe Zeitspanne zwischen unserem Einmarsch und dem Rückzug wie damals bei den Soviets, es ist exakt dasselbe Debakel. Es ist eine unglaubliche Verschwendung an allen Fronten. Der Song wurde tatsächlich vom Titel inspiriert. Wenn man Artikel über Afghanistan liest, kommt diese Bezeichnung oft vor. Es ist so ein plastischer Name und klingt ziemlich metal. Ich habe den Text also um den Songtitel herum geschrieben. Die meisten meiner Texte sind eh politisch.

PHARAOH:
Kein Freund der Republikaner – Matt Johnsen.

Ich habe gelesen, dass The Wolves und Castles In The Sky beides politische Songs sind. Worum geht es bei beiden?

Tim hat Castles In The Sky geschrieben. Seine politische Einstellung ist vor allem, dass er ein Problem mit Autoritäten hat. Wer immer auch an der Macht ist, Tim wird unglücklich damit sein. Er ist deutlich libertärer als ich. In dem Song geht es um die Konzentration von Macht auf eine kleine Anzahl von Menschen. Tim singt es mit so viel Wut und Zorn – aber das ist generell seine Art, was auch immer er singt, er tut es mit voller Hingabe. Der Text ist letztendlich eine Zusammenfassung von Tims ziemlich negativer Meinung über die politischen Strukturen in den USA.

The Wolves handelt von Leuten, die gegen ihre eigenen Interessen wählen, weil man ihnen vorgemacht hat, dass diese oder jene politische Entscheidung die Menschen bestrafen wird, die sie nicht mögen. Die politische Agenda unserer Konservativen Partei, der Republikaner ist es grob gesagt, die Armen zu besteuern und es den Reichen zu geben. Ein Großteil der Armen wählt aber Republikaner, was daran liegt, dass die Republikaner den Leuten verkaufen, dass die anderen für ihre Probleme verantwortlich sind und die Republikaner diese Probleme lösen. Aber das tun sie nicht, das ist nur ihre offizielle Agenda, ihre eigentliche Agenda ist es Geld nach oben zu verteilen. Der Refrain des Songs lautet You thought you raised a dog, and wonder why, the wolf has bloodlust in his eyes. Der Text wurde speziell von einer Politikerin namens Sarah Palin inspiriert.

Oh Gott…

Ja, sie ist ein abstoßendes menschliches Wesen. Sie ist inzwischen nicht mehr so populär wie zu dem Zeitpunkt, als ich den Song geschrieben habe, aber es gibt immer einen anderen Erz-Konservativen Politiker auf den es passt. Das ist in Deutschland bestimmt nicht anders. Es gibt immer wieder diese furchtbaren, dummen, ignoranten Menschen voller Hass, die Dinge wollen, die das Leben für fast jeden schlimmer machen. Und die Leute, die diese Menschen unterstützen, sind letztendlich fast immer am Ende das Ziel ihrer zerstörerischen Politik. Darum geht es in diesem Song.

Das war bei unseren letzten Wahlen genau dasselbe. Wir haben hier eine Partei, die sich Freie Demokratische Partei nennt, denen es nur noch um Freiheit für die Wirtschaft geht. Diese Partei wurde von vielen Arbeitslosen und schlecht bezahlten Leuten gewählt, weil sie unter anderem einen Wahlslogan hatten, der Arbeit muss sich wieder lohnen hieß. Damit meinten Sie aber nicht, dass man alle Vollzeit-Jobs gut genug bezahlen muss, um davon leben zu können, sondern Sozialleistungen zu kürzen, so dass die Arbeitslosen noch weniger Geld bekommen.

Das ist eine andere Sache. Die Konservativen haben immer jemanden, dem Sie die Schuld dafür geben können, dass du arm bist, die Immigranten zum Beispiel. Dabei interessiert es sie eigentlich gar nicht, dass du arm bist, die wollen nur die Reichen reicher machen. Das ist echt deprimierend.

In den USA ist es so, dass die Menschen in den liberalen, erfolgreichen Staaten an den Küsten wie New York oder Kalifornien die ärmeren Staaten in der Mitte subventionieren. Aber durch die Art, wie unsere Repräsentation funktioniert, haben die kleinen Staaten verhältnismäßig mehr Einfluss als die Großen. Du hast also diese republikanischen Staaten in der Mitte, die von den gebildeten Menschen an den Küsten subventioniert werden, auf die sie aber aus irgendwelchen Gründen einen Hass haben. Ich bin sicher, das ist überall das Gleiche, was soll man machen.  

Ich muss dich das fragen: Nimmt die amerikanische Bevölkerung wirklich ernst, was die republikanischen Kandidaten wie Newt Gingrich, Ron Paul oder Rick Santorum erzählen?
Ich meine, wir haben auch ein paar ziemlich merkwürdige Gestalten hier aber diese Typen sind allesamt völlig durchgeknallt. Einer will eine Mauer zu Mexico bauen, der andere eine Basis auf dem Mond und lass mich jetzt bloß nicht mit Santorum anfangen…

Die Republikaner sind eine sehr merkwürdige Partei. Gerade die Vorwahlen werden immer von den Extremisten dominiert. Das ist bei den Demokraten ähnlich, aber nicht so krass. Die Republikaner würden natürlich das Gegenteil behaupten, aber wenn du dir die beiden Enden des politischen Spektrum ansiehst, sind Leute wie Barack Obama oder Hillary Clinton nicht annähernd so weit links wie Rick Santorum beispielsweise recht steht. Natürlich gibt es auch dort ziemlich extrem Linksradikale, der Unterschied ist nur, das sie es nie weit in den Vorwahlen schaffen während bei den Republikanern komplette Vollidioten wie Rick Santorum auftauchen.

Newt Gingrich ist glaube ich einfach nur verrückt. Ich hab keine Ahnung, woran er glaubt. Mitt Romney gibt glaube ich nur vor konservativ zu sein, ist es aber eigentlich gar nicht so sehr. Ich glaube, dass die meisten Leute nicht glauben, was diese Leute erzählen und ein großer Teil der Leute bei diesen Vorwahlen einfach nicht mitmacht. Um Stimmen zu bekommen müssen sie sich bei den extremsten rechten Spinnern anbiedern und haben dann bei der eigentlichen Wahl das Problem, die Mitte für sich zu gewinnen.  

Ich glaube, da diese Kandidaten so ein durchgeknallter Haufen sind, dass die Republikaner keine Chance haben, bei der eigentlichen Wahl zu gewinnen, was mich ziemlich glücklich macht. Nicht dass ich der Meinung wäre, dass Obama einen besonders guten Job macht, ich denke, das tut er nicht. Er ist eigentlich ein ziemlich langweiliger Präsident. Er könnte so viel mehr für liberale Interessen tun als er tatsächlich macht. Aber ich denke, ich habe lieber so jemanden als einen Spinner wie George Bush oder – Gott bewahre – Rick Santorum (Anmerkung des Verfassers: Das hat sich ja inzwischen erledigt, da Mitt Romney die Vorwahlen für sich entschieden hat, das Interview fand Anfang März statt). Er (Santorum) ist aus meinem Heimat-Staat, er war für viele Jahre unser Senator. Er ist wohl einer der furchtbarsten Menschen auf der Erde. (lacht)

Andererseits, wenn Gingrich seine Mondbasis baut, könntet ihr die erste Band sein, die dort spielt.

Ja! PHARAOH for… Ach, ich versuche gerade auf den Namen eines der Mond-Seen zu kommen aber es fällt mir nicht ein. Meine Sci Fi-Credibility verabschiedet sich gerade (lacht). Die Sache mit der Mondbasis ist ziemlich verrückt, aber der Kerl ist so etwas wie ein gestörter Größenwahnsinniger. Er sagt verrückte Dinge, vielleicht liegt es an seinen Medikamenten, keine Ahnung. Letztendlich hätte ich immer noch lieber einer Basis auf dem Mond als die Abschaffung der Gesundheitsversorgung für Frauen. Diese Mond-Basis spricht mich immer noch mehr an als alles, was Rick Santorum so auf den Tisch gebracht hat.

PHARAOH sind eine Band, die nicht mit irgendeinem Image spielt. Denkst du manchmal, dass ihr mehr Platten verkaufen könntet, wenn ihr das tun würdet? Oder wenn ihr aus Schweden kommen würdet?

Es hilft immer, aus Schweden zu kommen, richtig? Ich habe letztens im Internet eine Karte gesehen, auf der jemand die Banddichte pro Land eingetragen hat. Schweden war ganz vorne. Das liegt meiner Meinung nach ganz klar an der staatlichen Versorgung, denn von diesen Bands können die Musiker ja nicht leben. Und in Schweden kannst du in einer Band sein und gleichzeitig Arbeitslosengeld beziehen. Als ich in den Neunzigern mein Fanzine hatte, habe Fredrik Thordendal von MESHUGGAH interviewt, der zu diesem Zeitpunkt von Sozialhilfe lebte. Und das sind MESHUGGAH! Das ist doch eine ziemlich populäre Band. Ich schätze mal, dass sie heute genug Geld verdienen um darauf nicht mehr angewiesen zu sein. Deswegen klappt das in den skandinavischen Ländern, sie sind wohlhabend und großzügig was Sozialhilfe angeht. Das ist in den USA nicht der Fall. Es wäre für PHARAOH generell einfacher, wenn wir in Europa leben würden, dann wäre es wirtschaftlich machbar, in Europa zu touren. Wenn wir eine deutsche Band wären, würden wir in Deutschland touren, denn es gibt genug Leute in Deutschland, die wissen, wer PHARAOH sind und die zu unseren Shows kommen würden.

Aber so wie es jetzt ist würde es schon mindestens 5000 Euro kosten uns rüberzufliegen. Dafür müssten wir eine Menge Tickets verkaufen. Wenn wir eine europäische Band wären hätten wir mit Sicherheit schon mehr getourt und hätten einen höheren Bekanntheitsgrad. Wir hatten aufgrund des düsteren Zustands der Metalszene in den USA nie die Illusion viel live zu spielen, also haben wir uns darauf konzentriert, gute Alben aufzunehmen. Über die Jahre hat sich das ausgezahlt, denn ich denke wir haben eine ziemlich solide Fanbasis. Wir sind keine Superstars, aber wir bekommen gute Reviews, Leute die sich auskennen, wissen wer PHARAOH sind. Wir kommen jetzt an einen Punkt, an dem es für uns möglich wäre, zu touren. Nicht in den USA, das wird wohl niemals klappen, aber wenn es uns fünf Riesen kostet, nach Deutschland zu kommen und wir ein paar Wochen dort wären, könnten wir vielleicht genug Shirts verkaufen, wer weiß.

PHARAOH:
Schlagzeuger Chris Black hat mit DAWNBRINGER, HIGH SPIRITS oder SUPERCHRIST noch so einige andere Bands am Start.

Ich würde eins kaufen!

Danke! Wir schauen mal, was sich da machen lässt. Wir spielen in Chicago auf dem RAGNAROK-Festival mit ein paar anderen Bands, die nicht touren wie VIRGIN STEELE oder BROCAS HELM. Wir haben zugesagt, weil die Veranstalter uns für den Auftritt bezahlt haben und zur Vorbereitung auf den Auftritt müssen wir proben, was PHARAOH bisher nie getan haben. Zum ersten Mal in der Bandgeschichte proben wir regelmäßig. Drei von uns – ich und zwei Leute, die eigentlich nicht in der Band sind – proben jede Woche.

Wir haben eine etwas merkwürdige Live-Situatuion. Unser Bassist kann nicht mit auf Tour gehen, also brauchen wir einen anderen Bassisten, allerdings will unser Drummer Bass spielen. Also spielt Chris Black Bass, wenn wir live auftreten und wir müssen uns einen anderen Schlagzeuger suchen. Dann brauchen wir noch einen zweiten Gitarristen, was Matt Crooks übernimmt. Unser Freund James Goetz von DIVISION spielt Schlagzeug. Er lebt in Baltimore, ich außerhalb von Philadelphia und Matt Crooks außerhalb von Washington DC. Diese drei Orte ergeben eine Linie mit Baltimore in der Mitte, also habe ich einen Proberaum in Baltimore angemietet.

Matt, James und ich treffen uns dort jede Woche zum Proben und einmal im Monat kommen Tim und Chris Black dazu. Das verschlingt eine Menge Zeit und Geld, nur um für eine Show zu proben, zu der vielleicht ein paar hundert Leute kommen, wenn wir Glück haben. Daher wollen wir daraus ein richtiges Tour-Line Up machen. Wir haben noch keine konkreten Pläne und noch nichts angeleiert, aber ich habe mal mit unserem Label darüber gesprochen, dass wir an einer Europa-Tour interessiert wären und die mal nach Bands schauen sollen, die mit uns zusammen spielen könnten.

Ich würde super gerne eine Woche oder Zwei rüberkommen und mit ATLANTEAN KODEX touren. Sie sind deutsch, relativ beliebt. Das wäre ein ziemlich cooles Paket. Ich habe keine Ahnung davon, wie man eine Tour bucht, ich habe das noch nie gemacht. Ich kann dir also nicht sagen, ob das klappt oder nicht, wir sind aber definitiv interessiert. Es wäre auch toll ein paar Festivals zu spielen aber ich glaube das Problem ist, dass niemand an PHARAOH als Live-Band denkt.

Wir müssen uns also reinhängen, ein paar lokale Shows und diese Show in Chicago spielen, um zumindest die Illusion zu kultivieren, dass PHARAOH eine Live-Band sind. Mal sehen, was passiert, denn ich denke auf jeden Fall, dass es einen Unterschied macht, dass die Leute Bands ernster nehmen, die live spielen.

Ist euch eigentlich bewusst, dass es eine PHARAOH-Website gibt?

Ja, und sie wird nicht aktualisiert und das ist meine Schuld. Siehst du, das ist das Problem, ich bin der Kerl, der für alles zuständig ist. Das Einzige, was ich nicht mache ist die Facebook-Seite, denn ich weigere mich bei Facebook zu sein. Tim und Chris kümmern sich um die Facebook-Seite. Immerhin habe ich ein Bild mit dem neuen Cover-Artwork, das auf die Seite drauf soll, ich hatte nur noch nicht die Zeit, die ganzen anderen Farben anzupassen, das mache ich wohl in den nächsten Wochen. (Anmerkung des Verfassers: Bisher (Anfang Mai) schaut alles aus wie bisher)

Als ich Mitte Februar das letze Mal auf der Seite war, war die letzte Meldung The Longest Night jetzt auf Vinyl erhältlich vom 29. Mai 2008…

Na immerhin stand auch schon drauf, dass Be Gone veröffentlicht wurde, denn die Farben sind ja an das Album angepasst. Ich glaube ich nehme die News komplett runter, weil wir es eh nicht schaffen, das regelmäßig zu aktualisieren. Außerdem geht sowieso niemand mehr auf Band-Webseiten um Neuigkeiten zu erfahren, die Leute schauen Facebook oder anderen Social Networks. Früher war es mal wichtig, eine eigene Bandhomepage zu haben aber heutzutage braucht man das eigentlich nicht mehr.

Wenn du das nächste Mal mit Chris Black sprichst, sag ihm von mir vielen Dank für Another Night von HIGH SPIRITS. Das Album hat mir Ende letzten Jahres echt in den Arsch getreten.

Wirst du sie dir auf dem ROCK HARD FESTIVAL ansehen?

Oh fuck yeah!

Er ist total aufgeregt deswegen und ich bin total eifersüchtig, dass er dort spielt, denn BOLT THROWER sind Headliner und ich liebe BOLT THROWER.

Ich habe meine Karten seit Ende letzten Jahres.

Ok, du bist also dabei, egal wer spielt.

Na ja, irgendwie schon. Ich bin seit dem ersten Mal dabei und bisher haben die Veranstalter, was die Bands angeht noch nie enttäuscht.

Alles klar, dieses Jahr bekommst du HIGH SPIRITS. Nächstes Jahr spielen sie auch auf dem KEEP IT TRUE. Es ist ein spaßiges Album, es ist definitiv retro, daran führt kein Weg vorbei aber es ist echt eingängig. Das erste Album ist etwas anstrengend zu hören, denn der Sound ist nicht gut aber Another Night klingt gut und die Songs sind besser, es ist ein rundum gutes Album. Ich habe keine Ahnung, ob er ein drittes Album machen würde, denn vom Konzept her wäre das dann das Mitt-Achtziger Sellout-Album wie Turbo oder Canterbury und Chris ist sich nicht sicher, ob er sich so eine Produktion leisten kann. Er weiß nicht, ob es Sinn macht, dieses Konzept weiter zu verfolgen aber das Album läuft echt gut, es könnte also durchaus einen Versuch wert sein, weiter zu machen.

Ich würdePHARAOH echt gerne auf dem ROCK HARD FESTIVAL sehen, denn es ist ein echt schönes Festival.

Hey, du kennst mehr Leute als ich. Sprich mit den Bookern, wir sind verfügbar!

Ich spreche Götz vom ROCK HARD mal an.

Egal welches Festival, wenn sie uns den Flug zahlen sind wir dabei. Vielleicht noch nicht mal den kompletten Flug, möglicherweise bekommen wir Enrico (Anmerkung des Verfassers: Labelchef von Cruz Del Sur Records, dem Label von  PHARAOH) dazu überredet, einen Teil zu zahlen. Das ist die Sache bei PHARAOH. Während wir mit der Band kein Geld verdienen wollen, möchten wir aber auch kein Geld verlieren. Und das ist bei vielen Bands anders, weswegen das System, so wie es ist weiter läuft. Es gibt immer genug Bands, die die kompletten Kosten übernehmen um für einen Auftritt nach Deutschland zu fliegen. Das ist eine Menge Geld.

Ich könnte mir das leisten, unser Bassist auch, wenn er dann live spielen wollen würde. Aber Tim zum Beispiel… der hat nicht wirklich immer einen Job, hat also auch nicht viel Geld rumliegen. Wir machen mit PHARAOH nur so viel Kohle, dass wir uns von den Royalties vielleicht einen Trip nach Deutschland leisten könnten – aber nicht zwei. Das ist eine Sache, bei der wir zumindest etwas Unterstützung von den Veranstaltern brauchen, die uns buchen wollen. Wenn ich unglaublich reich wäre, würde ich mit Freude für die komplette Band jedes Jahr eine vierwöchige Tour bezahlen aber leider bin ich nicht so reich.

Wenn ich so reich wäre, würde ICH euch die Tour finanzieren (lacht). Ich wundere mich immer wieder, wie Oli vom KEEP IT TRUE es schafft, die ganzen Bands aus den USA rüber zu bringen.

Das KEEP IT TRUE ist eine erstaunliche Sache in vielerlei Hinsicht. Ich liebe die Bands, die sie buchen. Die würden eine Band, die irgendwann 1981 mal eine 7 in Frankreich raus gebracht hat, für ein einstündiges Konzert am Samstag buchen (lacht). Und was noch viel verrückter ist, ist die Tatsache, dass jeder im Publikum die Texte kennen würde. Es ist unglaublich. Ich werde dieses Jahr da sein, Matt Crooks und ich kommen hin. Ich bin hauptsächlich wegen SWORD da. Und wegen MYSTIC FORCE, auch wenn ich immer noch nicht glaube, das sie wirklich spielen. Das glaube ich erst, wenn ich sie dort sehe. Und TYTAN, auch wenn ich vermute, dass da nur Kal Swan (Anm. d. Verf: Original-Sänger) und ein Haufen anderer Typen sein wird. Ich mag das KEEP IT TRUE sehr gerne, Matt und ich werden uns wieder fürchterlich betrinken.

Du hast es ans Ende des Interviews geschafft. Hast du noch etwas, dass du loswerden möchtest?

Das fragt jeder und mir sind die lustigen Antworten ausgegangen. Ich habe den Leuten mal gesagt, dass sie mehr Tacos essen sollen. Aber ich danke dir für das spaßige Interview, es macht immer Spaß mit dir zu sprechen. Ich hoffe, dass PHARAOH es dieses Jahr nach Deutschland schaffen.

Vielen Dank nochmal für
Bury The Light, das möglicherweise mein Album des Jahres wird und für deine Zeit!

Gerne. Wir sprechend uns wieder! Bye!

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