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NECROPHOBIC: Ich bin heterosexuell

NECROPHOBIC-Leadgitarrist Sebastian tippt sich wacker durch das Interview und hat lediglich Mühe, das Wort "Keyboard" zu schreiben – für einen Gitarristen aber kein Grund zur Traurigkeit. Dafür gibt der Stockholmer Auskunft zum Album des Jahres 2009 – "Death To All" -, der Schweinegrippe und Flying V-Gitarren…

 


NECROPHOBIC sind bekannt dafür, keine 08/15-Mucke abzuliefern. Kein Wunder ist jedes Album der Stockholmer Death Metal-Veteranen eine kleine Sensation für sich. Dazu trägt bisweilen auch bei, dass sich die mittlerweile zum Quintett angewachsene Schwedenformation nicht hetzen lässt. Es gibt keine Alben im Jahresrhythmus, und so musste man nach dem genialen Hrimthursum anno 2006 gute drei Jahre auf Death To All warten. Klar wurde die Wartezeit durch die damalige Tour und vereinzelte Festivalauftritte gekürzt. Richtig neues Blut lecken konnte man allerdings erst am 26. Dezember in Stockholm, wo neben dem neuen Bassisten Alex Friberg gleich der neue Track For Those Who Stayed Satanic vorgestellt wurde. Höchste Zeit also, im Rahmen des HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVALS Gitarrist Sebastian zum neuen Werk und zu seinem Leben als Gibson Flying V-Fanatiker zu befragen – beziehungsweise ihm gleich den Laptop mit dem Fragenfile zu überlassen, da er die deutsche Tastatur als Fingerfertigkeitsübung ausprobieren will.

Euer neues Album heisst Death To All und du hast mit NECROPHOBIC und NIFELHEIM schon in Mexico City Auftritte absolviert. Welche Gedanken hast du zur Schweinegrippe?

Ich denke, das ist eine gute Sache. Die Schweinegrippe passt zu unserem neuen Titel Death To All und ich hoffe, sie breitet sich global aus. Nein im Ernst jetzt: Ich denke, das Ganze ist lächerlich. Diese Grippe ist nicht schlimmer als eine normale Grippe… Aber wenn schwache Menschen sterben wollen – sollen sie!

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Für uns symbolisiert Death To All zwei Statements: Einerseits Bring Death Metal to all, andererseits Damned, fuck off – Sebastian Ramstedt

Dann kommen wir gleich zu einem andere Statement: Im Vorfeld der Death To All-Veröffentlichung am 29. Mai wurde ja berichtet, der Albumtitel sei kein Titel, sondern ein Statement. In welchem Kontext steht es deiner Meinung nach?

Es ist mehr eine andere Art, Fuck Off zu sagen. Ich denke, für uns symbolisiert Death To All zwei Statements: Einerseits Bring Death Metal to all, andererseits Damned, fuck off. Eigentlich hätte das Album Revelation 666 heissen sollen. In letzter Minute fanden wir heraus, dass OLD MAN`S CHILD diesen Titel in der Vergangenheit schon mal für ein Album benutzt hatten. Also mussten wir unser Album umbenennen.

Was sicherlich keine leichte Sache ist. Nicht nur Revelation 666 weist ja auf eure satanische Einstellung hin. Diese provoziert sicherlich einige Leute – schliesslich habt ihr auch offenkundig provokante Songs in dieser Richtung wie Nailing the Holy One. Gibt es etwas, das dich, den Provozierer, provoziert beziehungsweise sauer macht?

Ich werde wütend, wenn ich daran denke, dass die Menschen den Politikern alles durchgehen lassen, solange diese ihre Taten dadurch reinwaschen, indem sie sagen, sie seien gute Christen. Fuck off!!!

Du selber bist allerdings noch einen Schritt weiter gegangen in Sachen Statements und Provokation. So hast du auf deinen Oberkörper Antikrist tätowieren lassen und auf deinem Bauch hast du dein altbekanntes Metal-Tattoo. Was symbolisiert der Antichrist persönlich für dich?

Metal.

Alles klar, hehe. Früher hast du dich ja live um das Fuck You Christ-Publikumsinteraktionsspiel während Nailing the Holy One gekümmert. Was hat Christus dir angetan? Warst du auf einer Bibelschule oder was?

Schon mal was von den Wikingern gehört? Verschone mich mit solch dummen Fragen.

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Richtiger Black Metal kommt aus England und wird von einer Band namens VENOM gespielt. – Sebastian Ramstedt

Okay, dann kriegst du jetzt eine spezifischere Frage: Wenn man sich die Titel von Death To All anschaut, merkt man, dass sowohl Satanismus wie auch der Tod omnipräsent sind. Dazu kommt, dass man in Metallerkreisen immer wieder die Diskussion verfolgen kann, ob NECROPHOBIC jetzt Black oder Death Metal (oder beides) spielen. Was sind deine Gedanken zur aktuellen Black Metal-Szene? Schliesslich sind schwedische Death Metaller nicht gerade bekannt dafür, Fans des Black Metal-Genres zu sein…

In den 80er Jahren wurden sogar BATHORY-Alben als Death Metal bezeichnet. Der Black Metal, auf den du anspielst, ist ein Produkt Norwegens. Richtiger Black Metal kommt aus England und wird von einer Band namens VENOM gespielt. Alles klar? NECROPHOBIC spielen Death Metal, aber die meisten Leute würden es wohl als Black Metal bezeichnen – und das ist auch korrekt.

In dem Fall eine Frage zur Trveness: Gibt es deiner Meinung nach ein Getränk, welches man mit einem Trinkhalm trinken darf (ohne dass dabei die Trveness flöten geht)?

Wenn du in Badehosen am Strand bist, dann kannst du so gut wie jedes Getränk mit einem Trinkhalm trinken. Aber du wirst mich nicht am Strand finden. Es gibt Dinge, die ich nicht tue: Trinkhalme, Kaugummi und Lolipops.

Was du hingegen tust, ist als Vengeance from Beyond bei NIFELHEIM zu spielen. Bei deiner NECROPHOBIC-Tätigkeit benutzt du kein Pseudonym, aber die letzten NECROPHOBIC-Stage Performances erinnern mehr und mehr an diejenigen NIFELHEIMs mit all dem Blut. Beeinflusst dein Engagement bei NIFELHEIM wie du bei NECROPHOBIC spielst?

Nein. Wir haben schon während der gesamten NECROPHOBIC-Karriere Corpsepaint und Blut angewendet. Es hing jeweils vom Album ab. Während der Darkside-Zeit haben wir mehr Blut und Corpsepaint verwendet, bei Bloodhymns hat es dann einfach nicht gepasst. Es kommt also auf das jeweilige NECROPHOBIC-Album an.

Soweit ich weiss, bist du weniger ins NIFELHEIM-Songwriting involviert als ins NECROPHOBIC-Songwriting. Oder?

Es ist schwer, mit Zwillingen zu arbeiten.

Und wie war dann der zwillingsfreie Songwriting-Prozess bei Death To All?

Mehr oder weniger habe ich die Inspiration für die Songs davon bekommen, dass mich etwas angepisst hat – Alltagsprobleme, Politik, dumme Leute und so weiter. Und dann ist mir ein Thema, ein Riff eingefallen. Danach arbeite ich an diesem Song auf beinahe autistische Art und Weise für einige Tage. Und am Schluss resultiert daraus hoffentlich ein neuer Song.

Hat sich der Death To All-Songwritingprozess unterschieden vom demjenigen zu Hrimthursum?

Die Songs fielen mir schneller ein, aber sonst war alles etwa gleich wie damals bei Hrimthursum.

Ich denke, dass der Text von Celebration of the Goat älter ist als die anderen – vor allem die Passage: Goddess of lust and deligth / Fuck me like ever before / Bonded by death and sinful desires / Forever though shalt be my whore. Eine interessante Passage, wenn man sie feministisch betrachtet… Was sind deine Gedanken zu Frauen in der extremen Metalszene?

Ausser dir kenne ich keine and you are fine.

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Ich könnte jetzt alle meine Gitarren zerschlagen und einfach dort liegen und über diesen Song nachdenken. – Sebastian über die Magie des Titeltracks Death To All

Danke. Kommen wir einem Sound-spezifischen Detail. Ihr habt auf Death To All einige hymnische Samples drauf (etwa in Temple of Damnation), aber ihr spielt diese nicht live ab, sondern verlasst euch auf das Grund-Line Up Bass / Gesang / zwei Gitarren / Drums. Wie entscheidet ihr euch dafür, bei welchem Song ihr auf dem Album solche Samples dazufügt, selbst wenn der Song ja auch ohne funktioniert live?

Erstens: Es gibt keine Samples auf Death To All. Wenn Tobias sich dazu entscheidet, auf eine andere Art zu singen, dann streite ich nicht mit ihm darüber. Die Samples, welche du meinst, sind vermutlich die Effekte, die Fredrik (UNLEASHED) beim Mischen dazugefügt hat. Es gibt keine Keboards – wie schreibt man das überhaupt? Ein gutes Zeichen, dass ich das Wort nicht schreiben kann – auf dem Album.

Wir benutzen verschiedene Sounds für Effekte, aber wenn ein Song ohne diese Effekte oder cleane Vocals nicht funktioniert, dann wird dieser Song nicht auf dem Album sein. Live Performances sind etwas anderes. Es geht mehr um Energie. Wenn du die Songs genau so hören willst, wie sie auf dem Album klingen, dann bleib zu Hause und höre dir das Album an.

Und dabei fällt einem sicher die gute Produktion von Death To All auf. Ihr habt ja alles selber produziert – oder hattet ihr noch Hilfe von einem zusätzlichen Produzenten?

Fredrik von UNLEASHED war unser Ko-Produzent und Mentor, aber das meisten haben wir selber gemacht.

Worin siehst du die Vor- und Nachteile davon, alles selber zu produzieren und nicht zum Beispiel ins ABYSS STUDIO zu gehen und die gesamten Aufnahmen dort abzuwickeln?

Es ist natürlich grossartig in ein Studio zu gehen und alle technischen Probleme werden einem abgenommen. Es ist auch gut, jemanden von ausserhalb der Band zu haben, der einem Feedback und Kritik liefert. Aber wenn man sein eigenes Studio hat, dann kann man sich all die Zeit nehmen, die man braucht. Man kann die Songs wachsen lassen mit seiner Stimmung ohne darüber nachdenken zu müssen, wie viele Stunden es dauern und wieviel es kosten wird.

Den ersten Death To All-Song, den ihr live präsentiert habt, war For those who stayed satanic bei eurem Gig in Stockholm. Warum gerade dieser Song?

Wir dachten, es wäre ein guter Start für das neue Album. Es ist zudem ein eingängiger Song, den man live gut nachvollziehen kann, ohne ihn vorher gehört zu haben.

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Als bekennender Gibson Flying V-Fan muss ich leider gestehen, dass ich nicht eine einzige Gibson Gitarre für dieses Album benutzt habe. – Sebastian zur Gitarrensituation auf Death To All

Ich habe gewisse Schwierigkeiten damit, meinen Lieblingssong auf Death To All herauszupicken. Welcher Song auf dem Album ist dein persönlicher Favorit?

Ohne jeden Zweifel der letzte Song: Death To All. Es ist der beste Song und es sind die besten Lyrics, die ich wohl jemals schreiben werde. Es war einer dieser Momente, wo man realisiert, dass man etwas geschrieben hat wie Hallowed be thy name, aber natürlich ist es niemals so gut wie der IRON MAIDEN-Song. Aber das war, wie es sich angefühlt hat. Ich könnte jetzt alle meine Gitarren zerschlagen und einfach dort liegen und über diesen Song nachdenken.

Na lass die Gitarren mal in Ruhe. Ich muss zugeben, dass ich diesen letzten Song sehr mag. Interessanterweise ist der letzte Song auf Death To All der längste – wie auch damals bei NIFELHEIMs Envoy of Lucifer der No more life-Track. Ist Death To All eigentlich der längste Song in der Geschichte NECROPHOBICs?

Nein. Der längste Song in der Geschichte NECROPHOBICs ist Rhyme of the ancient mariner, als ich und Sterner ihn an einem Abend letzthin angehört haben.

Hast du eigentlich geplant, mal einen so epischen Song zu schreiben oder ist der Song einfach mehr und mehr gewachsen, als du daran gearbeitet hast?

Ich wollte schon immer mal einen solchen längeren, epischen Song schreiben. Allerdings ist das nicht etwas, wo man sich einfach hinsetzt und dann entscheidet, das jetzt zu tun. Man muss in der richtigen Stimmung sein. Dieser Song symbolisiert für mich sozusagen den Punkt, wie das Album Death To All zu klingen hat. Bei Hrimthursum war es Eternal Winter, der den Sound des gesamten Albums sozusagen bestimmte.

Es war kein Leichtes, diesen Song zu schreiben. Am Ende war es Necro von PEST, der entschied, dass es am besten wäre, das Intro von The Summoning und das Outro von And Jesus Wept im gleichen Song drin zu behalten. Necro kam eines Abends vorbei, als ich enorme Schwierigkeiten hatte, mich für einen oder den anderen Part zu entscheiden. Er löste mein Dilemma, indem er meinte, ich solle beide Parts behalten. Ich hatte ursprünglich das Thema zu And Jesus Wept geschrieben, aber es klang zu harmonisch. Also änderte ich einige Töne und The Summoning war geboren. Danke PEST für alles.

Was mir ebenfalls gefällt am Death To All-Album ist, dass die Gitarrenarbeit einen Tick technischer ausfällt als früher. Hast du nur deine Gibson Flying V für die Gitarrenlines auf dem Album benutzt?

Als bekennender Gibson Flying V-Fan muss ich leider gestehen, dass ich nicht eine einzige Gibson Gitarre für dieses Album benutzt habe. Ich habe alle Gitarrenlines mit meiner ESP / Edwards V-Kopie eingespielt, für die Tremolo-Solos habe ich meine Fender genommen.

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Live Performances sind etwas anderes. Es geht mehr um Energie. – Sebastian

Das tönt fast schon wie Blasphemie, wenn man bedenkt, dass du ein Flying V-Sammler bist und letzthin sogar ein Foto deiner Sammlung auf der NECROPHOBIC-Website aufgetaucht ist. Warum bist du genau von diesem Gitarrenmodell so fasziniert?

Ich bin heterosexuell.

Aber ich nehme an, dass es ein Gitarrist war, der in dir den Wunsch weckte, Gitarrist zu werden. Welcher?

Dave Murray.

Live spielst du ja jeweils eine deiner Flying Vs. Ihr habt in letzter Zeit einige Festivals für BURNING STAGE CONCERTS in Deutschland gespielt. Bleibt es bei solchen Festivalauftritten oder ist für Death To All eine Tour geplant?

Wir sind momentan mit dem Buchen von Gigs beschäftigt, aber es ist noch nichts bestätigt. Ich kann also nichts dazu sagen.

Fotos und Layout: Arlette Huguenin Dumittan
Cover Death To All: Label

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