MONSTER MAGNET: Ted Nugent und die sieben Zwerge

MONSTER MAGNET Gitarrist ED MUNDELL über Realität im Fernsehen und darüber, dass Gitarre spielen Spaß macht.

Endlich mal wieder richtige Rockmusik! Und die pickepackevolle Live Music Hall in Köln zeigt ja auch wie groß das Bedürfnis nach tiefhängenden Gitarren immer noch ist. Und welche Band kann das besser befriedigen als MONSTER MAGNET (s. Konzertbericht). Vorher haben wir allerdings noch die Gelegenheit genutzt, den etwas stilleren Teil der Band, in Person von Gitarrist Ed Mundell zum neuen Album Monolithic Baby zu befragen und Geschichten über Zwerge und TED NUGENT neuste Beute zu hören…

Ist das Interesse an der Band eigentlich gestiegen nach eurer langen Pause, mit der fantastischen neuen Platte und dem Wechsel der Plattenfirma von GUN zu SPV?

Ja, die Leute scheinen die neue Platte wirklich zu mögen. Es gibt immer noch Leute, die mit uns reden wollen…

Nach einer so langen Pause gibt es ja immer ein gewisses Risiko, nicht vielleicht in der Versenkung verschwunden zu sein…

Ich war auch sehr überrascht. Alle Shows waren ausverkauft. Sogar in Amsterdam, wo die Leute eigentlich immer nur Pot rauchen und dich bekifft anstarren, sind sie richtig ausgeflippt. Alle kennen die Texte zu den neuen Liedern auswendig. People in the front row were singing their asses off! Ich war wirklich überrascht.

Kam dir irgendwann in der langen Pause mal der Gedanke, gar nicht wieder anzufangen?

Niemals. Ich möchte immer nur Gitarre spielen. Wenn wir nicht touren, spiele ich immer Sessions mit anderen Musikern. Das ist aber im Moment etwas schwierig, denn wir haben mit MONSTER MAGNET so viel zu tun. Es gab für uns eigentlich auch keine richtige Pause, obwohl schon drei Jahre seit dem letzten Album vergangen sind. Wir haben viel geprobt und Lieder geschrieben, jede Menge Demos eingespielt und Stücke für einen Soundtrack gemacht. Nach der letzten Tour haben wir unseren Manager gefeuert und das Label gewechselt. Dann kamen die neuen Bandmitglieder. Als wir ins Studio gingen hatten wir ca. 55 bis 60 Songs zum Auswählen, dazu noch 10 Coversongs. Wir waren also fleißig.

Wie habt ihr euch denn dann für die Songs entschieden, die auf das Album kamen, vor allem die zwei Coversongs?

Wir haben noch ein Cover aufgenommen, das als B-Seite der Single erscheint, nämlich „Venus in Furs“ von VELVET UNDERGROUND. Aber diese zwei klangen so gut und fügten sich so gut in das Album ein, dass wir sogar zwei eigene Songs vom Album genommen haben. Es war auch unsere Idee, eher unbekannte Songs für das Album zu covern. Lieder, die wir wirklich mögen. The right Stuff haben wir schon ein paar Mal live gespielt und es ist einfach ein guter Song. Wir spielen es auch auf dieser Tour.

Gibt es eigentlich für euch auch Songs, die ihr nie auf einem Konzert weglassen könntet? Oder dürftet?

Ja, wir müssen natürlich Spacelord spielen. Oder Negasonic Teenage Warhead. Und vor allem Powertrip. Wenn ich das Eingangsriff zu Powertrip spiele, rasten die Leute so aus, dass ich meine Gitarre kaum noch hören kann. Die Leute lieben es. Wir spielen immer mindestens einen Song von jeder Platte. Die Leute wollen auch immer gerne Spine of God hören.

Spielt ihr die Lieder trotzdem immer mit dem gleichen Enthusiasmus oder gibt es auch Abende, an denen man das ein oder andere weglassen könnte?

Eigentlich nicht. Es fliegt eh alles so schnell an einem vorbei in anderthalb Stunden Konzert. Und mir macht das Spielen jeden Abend Spaß. Die Musik altert auch nicht wirklich. Im jetzigen Zustand spielen wir sicher besser als jemals zuvor. Jetzt sind wir in der Mitte der Tour und die Lieder entwickeln sich. Wir haben kleine Insider-Witze, zum Beispiel der BLACK SABATH-BOLT THROWER-BLACK SABBATH-Part am Ende von Powertrip. Das hält die Lieder frisch. Oder The right Stuff war Anfangs ungefähr sieben Minuten lang, jetzt dauert es über zehn.

Monster
Dave Wyndorf – abgefahrene Texte für eine abgefahrene Welt

Die Texte von DAVE sind ja sehr verschlüsselt und abgefahren. Weißt du denn immer wovon er gerade singt?

Ich habe ich noch nie danach gefragt. Er versucht immer in den Texten Raum zur Interpretation zu lassen. Bei dieser Platte haben wir die Texte zum ersten Mal im Booklet abgedruckt. Früher haben die Leute die Texte zum Teil nicht mal richtig verstehen können, weil die Worte nicht richtig zu hören waren. Alle Texte von DAVE sind Kommentare zu den Dingen, die ihn umgeben zu einem bestimmten Zeitpunkt. Gerade auf der neuen Platte sind die Texte teilweise richtig brutal, wie Radiation Day oder Monolithic.

Ich hatte den Eindruck, die Texte sind sarkastischer und klarer geworden…

Ja, das denke ich auch. Es ist nicht soviel Psychedelisches auf dieser Platte. Wenig von Satan oder den Titanen. Es ist eher eine Hardrock-Platte.

Kannst du denn als Bandmitglied aus manchen Texten noch die Situationen herauslesen, um die es geht?

Ja, manchmal. Aber für die meisten Leute, die nicht dabei waren ist das kaum möglich.

Ist es dann nicht merkwürdig andere, ausufernde Interpretationen zu hören, wenn du weißt, es geht eigentlich um etwas unter Umständen ganz Banales?

Ja. Kennst du den Song Little Friend von God Says No? Da gibt es die Zeile: You´re pretty like a donkey. Wir haben in Kalifornien mal ein Mädchen getroffen, die zu uns jedes Mal sagte: You´re pretty like a donkey. Warum auch immer. Jedenfalls ist dieser Spruch in den Text eingeflossen. Außer ihr wird das aber sicher keiner wieder erkennen. Ich habe sie aber schon eine Weile nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich ist sie längst verheiratet. Sie hatte aber immer so merkwürdige Sprüche drauf.

Im Moment gibt es ja so etwas wie die Rückkehr der harten Gitarren in den Mainstream. Wie siehst du das? Ist das etwas, das einfach alle paar Jahre mal ins Rampenlicht zurück kehrt? Brauchen die Leute es von Zeit zu Zeit?

Naja, mir fällt auf, dass es im Moment viele Fake-Punkrock-Bands gibt. Die Kids lieben das, es ist sehr groß in den USA. Aber es gibt definitiv einen Kreislauf. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren in dieser Band und für uns war diese Musik nie weg. Wir sind nur bei den Sachen geblieben, die wir können und es kam zu uns zurück. Stick to your guns! Wir hätten uns niemals den Trends angepasst, um populär zu bleiben. Es gibt dann manchmal vielleicht dürre Jahre, aber es erfüllt einen mit so viel mehr Stolz, wenn man mit dem, an das man immer geglaubt hat, wieder Erfolg hat. Ich hasse es aber, wenn eine gute und erfolgreiche Band rauskommt, und die Plattenfirmen sofort Epigonen schaffen. Wie bei TOOL oder ganz extrem bei KORN. Ich verstehe aber auch die Bands nicht. Es ist ja in Ordnung Einflüsse zu haben, aber man muss dem etwas Persönliches hinzufügen.

Getoppt wird das ganze ja noch durch die Casting-Shows. Es ist ja unbestritten schon jahrelange Praxis, dass Bands zusammengecastet werden, aber mittlerweile macht die Industrie selbst daraus noch eine Show…

Das ist so ekelhaft. Ich habe es mir angeschaut, weil ich es nicht glauben konnte. Es ist so lächerlich! Und die Leute verstehen nicht mal, dass die Verarschung jetzt öffentlich praktiziert wird. Und auch die Leute, die da mitmachen. Es geht ihnen nicht darum Musiker oder Sänger zu sein, sie wollen nur berühmt sein. Wie leer ist das! Ich will berühmt sein – Und wofür willst du berühmt sein? – Ich weiß nicht, ich will nur berühmt sein! Das ist so dumm und lächerlich. Und da steckt so viel Geld dahinter. Ich könnte mit so jemandem wie Britney Spears nicht abhängen, obwohl sie superreich ist. Sie ist auch superblöd und leer. Ich könnte sie nicht respektieren.

Würde das Prinzip auch für eine Rockband funktionieren?

Das ist noch eine meiner größten Befürchtungen! Aber es würde nicht klappen. Rock hat viel mehr mit Individualität und Leidenschaft zu tun. Das kann man nicht so ohne weiteres faken. Und wenn, merken die Leute es ganz schnell. Aber das sollten die Leute bei den jetzigen Casting-Shows eigentlich auch schon merken, den ganzen Fake…

Die meisten Leute merken wohl nicht mehr viel oder es ist ihnen egal. Und das sind auch die Leute, die wahllos alles aus dem Netz saugen und sich nie eine Platte kaufen…

Ich habe auch schon Lieder runtergeladen. Aber wenn es mir gefallen hat, habe ich es mir gekauft. Aber das ist wohl eher nicht typisch. Aber ich bin eben auch Fan. Wenn ich das Geld habe, kaufe ich alles. Ich möchte das ganze Paket. Schon als Kind hat es mir unglaublichen Spaß gemacht alle Credits zu lesen, wer der Toningenieur war, wer das Artwork gemacht hat und so weiter, den ganzen Kram. Und das ist heute noch genau so. Wenn ich aber nur eine Datei habe, geht das nicht.

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Das Coverartwork zu Monolithic Baby

Monolithic Baby erscheint ja auch als Digi-Pack mit Bonus–DVD. Ich denke, das ist eine gute Strategie gegen Downloads…

Ja. Die Leute haben auch schon lange nach einer DVD gefragt. Es gab diese Aufnahmen eines schwedischen TV-Senders, von denen zwei Songs auf der DVD sind. Der Sound ist nicht ganz so gut, aber die Bilder sind gut. Wir filmen auch auf dieser Tour viel für eine eventuelle DVD.

Diese Platte kommt auch auf Doppel-Vinyl in limitierter Auflage raus. Man hätte es auch auf eine Platte packen können, aber so ist die Soundqualität noch besser.

Leider haben die meisten Plattenläden gar keine Platten mehr. Ihr habt auch ein Video gemacht für Unbroken (Hotel Baby)…

Ja, das ist auch auf der DVD, Die unzensierte Version mit ein paar Titten. Aber nicht zu vielen…

Es ist eigentlich genau das, was man von einer Band wie MONSTER MAGNET erwarten würde. War das Absicht, das Klischee so zu erfüllen?

In gewisser Weise ja. Der Schwerpunkt dieser Platte liegt auf Rock und da gehört so etwas nun mal dazu. Außerdem ist es sehr anstrengend ein Video zu machen. Man ist bis zu 18 Stunden am Set und es ist meistens sehr langweilig. Also versuchen wir uns mit interessanten Leuten zu umgeben. Dieses Mal waren es halt 14 Mädchen. Es war sehr cool…

Ist es heutzutage unumgänglich ein gutes Video zu haben?

Ich weiß es nicht, ich schaue kein MTV mehr. Aber früher habe ich es geliebt, wenn solche Videos kamen, wie Girls Girls Girls von MÖTLEY CRÜE. Außerdem kommt auf MTV gar nicht mehr so viel Musik, eher so Lifestyle-Reality-Shows und so etwas. In der bescheuertsten Reality-Show, die ich bis jetzt gesehen habe, ging es um einen Zwerg, eine echten Kleinwüchsigen, der mit ungefähr 40 Zwergen-Frauen rumhing und Party machte. Er konnte sich dann am Ende eine aussuchen zum Heiraten. Irgendwann waren nur noch fünf Frauen übrig, von denen jede sich natürlich Hoffnungen machte. Dann haben sie dieses normal gewachsene Super-Model ins Spiel gebracht, der Typ ist fast ausgeflippt und hat sie gewählt. Es war so merkwürdig und bizarr. Es gab auch eine TED NUGENT-Reality-Show. Die hieß Surviving Nugent. Es ging um ein paar Tier-Rechte-Aktivisten und Vegetarier, die sich seinen Tests unterziehen mussten. Ein Test war, dass sie ein bestimmtes Feld überqueren mussten, während er auf einem Pferd ritt und auf sie mit einer Farbkugel-Pistole schoss. Wer getroffen wurde, musste von vorne anfangen. Das war allerdings sehr lustig. Ich stimme zwar nicht mit Ted´s politischen Ansichten überein, aber er ist wenigstens ein Charakter. Und er ist echt. Der ist wirklich so. Ein Typ wie aus einem Comic.

Wir haben ja vorhin schon mal kurz den Business-Bereich angeschnitten und den Wechsel der Plattenfirma. Ist es nicht manchmal schon zuviel Business im Musik-Business?

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Ed Mundell: Ich bin Musiker, ich will überhaupt keinen Anwalt haben!

Oh ja, auf jeden Fall. Ich will damit eigentlich überhaupt nichts zu tun haben, aber man kommt nicht drum herum. Man muss Anwälte anheuern, Manager feuern, Verträge aushandeln und jede Menge Zeug. Ich bin Musiker, ich will überhaupt keinen Anwalt haben! Das macht mich immer wahnsinnig. Ich versuche mich da so weit wie möglich rauszuhalten, aber andererseits bestreite ich meinen Lebensunterhalt mit der Band, also muss es auch gut für mich ablaufen. Wir haben aber viel daraus gelernt. Wenn ich jetzt an den ersten Vertrag von 1992 mit A&M Records denke, möchte ich sofort zurück und alles noch mal neu machen. Man muss aufpassen, mit wem man Geschäfte macht, denn jeder will einen über den Tisch ziehen. Wir hatten schon so viele Manager. Heute kann ich mir aber ein bescheidenes Leben durch die Band finanzieren. Letztendlich verdient man aber nur auf Tour. Wenn man mal ein Jahr nichts macht und nichts veröffentlicht, wird es schon knapp. Ich überbrücke dann die Zeit, in dem ich bei anderen Leuten spiele, ob es nun Stoner oder sogar Jazz ist. Vielleicht kann ich so etwas auch nach MONSTER MAGNET machen, vielleicht mehr in Richtung Studioarbeit. Ich war schon so oft im Studio, dass ich langsam anfange mich auszukennen. Aber ich werde auch immer Musik machen.

Auf dem Cover von Monolithic Baby ist ja auch dieses alte Equipment zu sehen…

Ja, das ist ein alter analoger Syntheziser, der ungefähr 3 Meter hoch und elend schwer ist.

Benutzt ihr viel analoges Gerät im Studio oder modernes, digitales?

Man muss heutzutage digitale Geräte benutzen. Außerdem macht es die Sache so viel einfacher. Aber Radiation Day wurde sogar ohne Clicktrack und Computer eingespielt. Man kann aber soviel korrigieren. Vor allem bei den Drums. Wenn der Drummer einen acht Minuten langen Song spielt und dabei nur einen Snare-Schlag falsch setzt, kann man ihn einfach verschieben. Aber wir versuchen nicht zu perfekt zu sein. Wir haben bei dieser Platte die Drums und den Bass erst auf Tape aufgenommen, dann digitalisiert für die Gitarre und den Gesang, und dann zurück auf Tape gebracht für die Percussions. Auch das Mixen ist so viel einfacher mit Pro-Tools. Es spart so viel Zeit, die man dann für Kreativität nutzen kann. Man kann zum Beispiel viele verschiedene Versionen von Leads aufnehmen und dann das Beste nehmen. Oder aus allen ein Neues basteln. Oder es mal rückwärts anhören. Man kann viel mehr versuchen, ohne mehr Zeit zu brauchen. Man muss sich keine Gedanken mehr um die begrenzte Anzahl von Spuren auf dem Tape machen. Ich könnte 100 Leads aufnehmen, wenn ich wollte. Allerdings dreht man dann durch, wenn man sie alle wieder anhören muss.

Bei dieser Platte wussten wir ziemlich genau, was wir wollten, als wir ins Studio gingen. Und nachdem das getan war, konnten wir die Zeit nutzen und herumspielen. Und viel von dem was dann entstand, hat es auch auf die Platte geschafft. Es hat echt Spaß gemacht.

Macht man sich dann noch Gedanken, wie man das Ganze dann auf der Bühne reproduzieren kann?

Deswegen haben wir am Ende diese Songs ausgewählt. Weil wir wussten, wir können sie am besten auf der Bühne umsetzen. Wir haben lediglich ein paar Sachen geändert, manche Arrangements. Wenn ein Lied auf der Platte ausfadet, müssen wir live noch ein Ende haben. Oder auch ein anderes Intro, wie bei „Unbroken“

Und das sie ihre Songs perfekt umsetzen können haben sie später noch eindrucksvoll bewiesen…

Übrigens: Vor dem Interview zeigte mir ED noch die neuen Exemplare, die er in Köln für seine offensichtlich recht stattliche Postkarten-Sammlung erstanden hat. In stillen Minuten, wenn er mal genug hat vom Gitarre spielen, widmet er sich ganz der Pflege und ordentlichen Katalogisierung seiner Schätzchen, wenn das nicht wahrer Rock´n´Roll ist…Jedenfalls ist es besser als TED NUGENT´s Hobbies…

Monster
Monster Magnet – Rock für Individualität und Leidenschaft

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