MARTYR – Interview mit Paul Speckmann

Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich Christopher von Martyr bei mir meldet – umso erstaunter war ich als es durch den Hörer nuschelte: "Hi, this is Speckmann. How are you?" Da musste ich erst mal schlucken. Die Master-Legende Paul Speckmann stellt sich aber entgegen aller anderslautenden Gerüchte als ganz nett heraus, wenngleich der Gute auch fast dreimal einpennte – was hoffentlich nicht an mir, sondern an dem vollen Tourkalender der Band lag.

Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich Christopher von Martyr bei mir meldet – umso erstaunter war ich als es durch den Hörer nuschelte: Hi, this is Speckmann. How are you? Da musste ich erst mal schlucken. Die Master-Legende Paul Speckmann stellt sich aber entgegen aller anderslautenden Gerüchte als ganz nett heraus, wenngleich der Gute auch fast dreimal einpennte – was hoffentlich nicht an mir, sondern an dem vollen Tourkalender der Band lag. Die Herrschaften kamen ein paar Stunden vor dem Interviewtermin aus Japan zurück und mussten am selben Tag noch 250 km zur nächsten Venue fahren. Darum ist das Interview auch nicht ganz so lange, wie ihr das gewöhnt seid …

Ist Martyr ein Projekt, oder eine Band?

Martyr ist ein Projekt. Krabathor und Master waren im November zusammen auf Tour. Ich habe mit Skull ein paar Soundchecks zusammengemacht und dann habe ich ihn und Christopher gefragt, ob sie Lust hätten, ein Projekt mit mir zu starten. Ich glaube am Anfang dachten sie, ich wolle sie verarschen. Sie meinten nur: Klar ein Projekt mit Speckmann. Sie haben mir wohl nicht geglaubt, dass ich ernsthaft an einer Zusammenarbeit mit ihnen interessiert bin. Ich habe dann mit Andy von Impact-Label gesprochen, und ihm erzählt, dass ich ein Projekt mit den Jungs machen will. Er hat mir dann das Geld für das Flugticket geschickt und ich bin nach Tschechien geflogen. Wir haben dann die Songs zusammen arrangiert, ich hatte sechs Songs in Amerika geschrieben, Christopher vier bei sich zuhause. Wir haben ein paar Wochen zusammen geprobt und dann aufgenommen. Kurz bevor wir mit den Aufnahmen fertig waren, verließ Bassist Bruno Krabathor. Sie haben mich dann gefragt, ob ich bei Krabathor einsteigen will. Ich dachte mir, dass ich ganz gut zu der Band passe, also habe ich ja gesagt. Es macht Spaß!

Du klingst ein wenig geschafft, ihr seid heute aus Japan zurückgekommen und spielt jetzt Shows in Europa…

Ja, ich bin ziemlich beschäftigt, aber das ist gut so. Abomination werden auch eine neue CD aufnehmen. Ich freue mich schon darauf. Wir haben ein paar Jahre lang nichts gemacht, es wird spannend werden.

Blickst du überhaupt noch durch, wann du wo mit welcher Band was tun wirst?

Nun, ich nehme alles sehr ernst. Manche Sachen werden gut, manche werden weniger gut. Manchmal hasst die Presse Alben, die ich mag. Es ist manchmal auch ziemlich nervig, Leute fragen mich, ob ich nicht hier oder da mitmachen will. Aber für mich klingt jedes Album, an dem ich beteiligt war, anders – obwohl ich oft den Vorwurf höre, jede Platte, die Speckmann macht, klänge gleich. Ich glaube, dass das nicht stimmt. Vielleicht ist der Gesang gleich – es ist ja auch der gleiche Sänger. Die Songs sind unterschiedlich arrangiert, es wirken jedes Mal andere Musiker mit.

Der Martyr Song „Never without Sin“ ist meiner Meinung nach anders, thrashiger, als das restliche Material.

Ja, den Song hat Christopher geschrieben. Ja, der ist anders. (Pause)

Ich hoffe, dass ich nicht wieder so Scheißreaktionen von der Presse bekomme. Ich will, dass sich die Leute die Platte vier-fünfmal anhören und dann ihr Urteil fällen. Sogar ich bin da nicht besser, manchmal gefällt mir eine Platte nach dem ersten Durchlauf nicht – wenn sich sie dann noch ein paar mal anhöre, finde ich aber doch noch einen Zugang.

Was ist denn nun der Unterschied zwischen Martyr und Krabathor? Welchen Sinn hat das Projekt Martyr überhaupt – schließlich spielt Krabathor inzwischen mit derselben Besetzung?

Krabathor ist viel technischer und komplizierter als Martyr. Glaube mir, ich habe nun fünf Shows mit den Jungs gespielt und ich habe immer noch zu kämpfen. Krabathor-Songs sind viel schwieriger und komplexer. Für mich ist das etwas neues – weder Master noch irgendetwas anderes war jemals so kompliziert. Es ist eine Herausforderung für mich. Der Unterschied zwischen Krabathor und Martyr ist, dass Martyr eher geradeheraus klingt, es ist mehr wie die Sachen, die ich sonst auch mache. Krabathor ist komplexer – ich mag es, aber es dauerte ein wenig, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Das ist aber gut so. Ich kam in diese Band, und die Proben waren mit viel Kampf, Gelächter und Flüchen verbunden, haha

Ihr habt das Album aber sehr schnell aufgenommen, ihr habt gerade mal drei Tage benötigt

Ja, das war Absicht. Ich habe festgestellt, dass die Platten, die ich schnell aufgenommen habe, die besten sind. Wenn du zu lange an eine Platte rumanalysierst, dann langweilst du dich und den Hörer – außerdem sollte man eine Platte nicht zu sehr polieren. Es gibt Dings auf „Murder X – The end of the game“ die man hätte besser machen können, aber das schnelle Aufnehmen hat die Brutalität bewahrt. S.O.D. haben ihr Album auch sehr schnell aufgenommen und darum ist es auch so energiegeladen. Wir sind eine Woche, bevor wir nach Japan geflogen sind, ins Studio und haben drei weitere Songs aufgenommen: Metallicas „Four Horsemen“, Kreators „Command of the blade“ und „Evil Warriors“ von Possessed. Der Kreator Song und der von Metallica sind für eine Compilation. Ich habe nie viel von solchen Alben gehalten, aber die Kohle hat gestimmt, haha. Wir haben die Songs in fünfzehn Stunden aufgenommen und sie klingen besser als das Martyr Zeug, was mich ärgert.

Wir verliefen denn die ersten Proben? Du hast deine Songs in Amerika geschrieben, Christopher seine in Europa – gab es da Probleme? Dem Ergebnis kann ich diese Distanz nämlich nicht anmerken

Nein, es gab gar keine Probleme. Außer, haha, ich hatte Probleme, ich erzähl dir das kurz: Diese Jungs hatten meine Songs sehr schnell intus. Ich musste schon ein paar Tage länger üben, bevor alles geklappt hat. Das ist das, was ich vorhin mit Herausforderung meinte. Aber es stellte sich schnell heraus, dass es funktioniert. Nach drei, vier Tagen waren sechs Songs im Kasten. Darum bin ich auch bei Krabathor eingestiegen, die Zusammenarbeit klappt hervorragend. „We never spoke“ – mein Lieblingssong, wurde von Skull an einem freien Tag umarrangiert. Ich war erstaunt, der Song war einfacher, aber besser, energiegeladener. Diese Jungs bringen selbst viel in die Band ein. Ich bin das nicht gewöhnt, denn bei Master und den ganzen anderen Bands und Projekten, bei denen ich mitgewirkt habe, war immer ich derjenige, der die Kontrolle hatte – ich war der Diktator. Krabathor ist eine Demokratie, das gefällt mir viel besser. Wir verbinden amerikanischen Death Metal mit europäischen, und darum funktioniert es. Im Moment ist eine gute Zeit für uns – der Death Metal kommt zurück. Das macht mich sehr glücklich. In den letzten sechs oder sieben Jahren haben eine Menge Leute behauptet Death Metal und Speckmann seien tot. Nun, zu dem Zeitpunkt tourte ich mit Master durch Mittel- und Südamerika, ich habe in den USA bestimmt zehn Touren gemacht, die ich selbst promoted und gebucht habe. Und es kamen immer noch Leute und wollten uns sehen. Wir bekommen jetzt eine zweite Chance.



Aber siehst du nicht die Gefahr, dass es wieder sein wird wie Anfang der Neunziger, als es eine regelrechte Death Metal Schwemme gab?

Nein, nicht wirklich. Krabathor und Master, wir haben unser eigenes Ding – ich glaube wirklich nicht, dass es noch andere Bands gibt, die so klingen. Wir haben die Chance, noch sechs oder sieben Alben zu machen, wir haben außerdem einen guten Deal. Ich weiß auch gar nicht, woran es liegen kann, dass diese Musik wieder populärer wird. Und wie ich schon immer gesagt habe, diese Musik ist aggressiv. Vielleicht sind die Leute einfach aggressiver oder deprimierter – wir haben schließlich das Jahr 2000, obwohl ich nie daran geglaubt habe, das deshalb die Welt untergehen wird.

Wie?

Ich glaube, dass die Menschen jetzt im Jahr 2000 aggressiver sind und dass sich in den nächsten fünf Jahren viel in der Musik bewegen wird. Ich hoffe es.

Aha. Wird es denn eine Tour geben?

Wir spielen auf der Krabathor Tour vier Stücke von der Martyr Platte. Ich weiß nicht, ob es eine Tour gibt. Wenn die Platte ein Erfolg wird, wird es vielleicht auch ein paar Shows geben. Im Moment bin ich nur etwas gestresst: Wir spielen Martyr-, Krabathor- und auch ein paar Master-Songs bei den Shows, einfach um es interessanter zu machen.

Was waren die letzten drei Alben, die dir gefallen haben?

Oh, Scheiße – was für eine Frage. Lass mich überlegen. Motorhead – “Ace of Spades”, Deep Purple – “Perfect Strangers” und Vader – “Lithany”

Motorhead und Deep Purple, das sind nicht gerade neue Alben….

Ja, ich bin ein alter Mann…

Wen willst du mal treffen?

Ian Gillan – ein großartiger Musiker. Er ist seit 30 Jahren dabei, dafür hat er Respekt verdient. Die meisten interessanten Leute habe ich schon getroffen, haha.

Musik und Internet?

Es ist gut für jede Form von Musik. Es ist eine gute Möglichkeit, seine Musik zu verbreiten. Viele Web-Pages sind unglaublich, manche Fan Pages sind so professionell gemacht. Ich verstehe nicht, warum sich die Labels so dagegen wehren, dass man kurze Ausschnitte von Songs anbietet – solange es nicht das ganze Album ist. So kann man seine Musik doch viel besser verbreiten.

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