MACHINAE SUPREMACY: Gitarren sind cool!

Was kommt dabei heraus, wenn man Rockmusik mit der Videospielemusik kreuzt, die das Markenzeichen des C64 war? Sid Metal – benannt nach dem im C64 verbauten Soundchip. Dieser wurde von der schwedischen Firma Elektron vor einigen Jahren in einen Synthesizer verbaut, den man passenderweise SidStation taufte. Eine der wenigen SidStations befindet sich im Besitz von MACHINAE SUPREMACY, der Band, auf die auch die genannte Genrebezeichnung zurückgeht. Gitarrist Andreas Gerdin sprach nicht nur über das aktuelle Album "Redeemer", sondern auch über Wege, ohne die Hilfe von Plattenfirmen eine große Zahl von Fans zu erreichen.

Was kommt dabei heraus, wenn man Rockmusik mit der Videospielemusik kreuzt, die das Markenzeichen des C64 war? Sid Metal – benannt nach dem im C64 verbauten Soundchip. Dieser wurde von der schwedischen Firma Elektron vor einigen Jahren in einen Synthesizer verbaut, den man passenderweise SidStation taufte. Eine der wenigen SidStations befindet sich im Besitz von MACHINAE SUPREMACY, der Band, auf die auch die genannte Genrebezeichnung zurückgeht. Gitarrist Andreas Gerdin sprach nicht nur über das aktuelle Album Redeemer, sondern auch über Wege, ohne die Hilfe von Plattenfirmen eine große Zahl von Fans zu erreichen.

Ihr seid der beste Beweis, dass man es in Zeiten des Internets schaffen kann, ohne die Mittel der klassischen Promotion bekannt zu werden und sich eine große Fanbasis zu schaffen – auch ich bin vor einigen Jahren durch die Empfehlung eines Freundes auf euch aufmerksam geworden. Habt ihr, als ihr angefangen habt, eure Musik im Internet zu veröffentlichen, schon geglaubt, dass die Mundpropaganda über das Internet sich als so mächtig erweisen würde?

Nein, ich glaube, das haben wir uns damals wirklich nicht vorgestellt. Richtig überrascht waren wir von unserem Erfolg allerdings auch nicht, denn wir sind ja nicht plötzlich über Nacht bekannt geworden. Es hat ziemlich lange gedauert und mit der Zeit sind immer neue Fans hinzugekommen. Großartig nachgedacht haben wir darüber aber nicht. Wir haben mit der Band ungefähr 2001 angefangen, das Ganze hat also schon einige Jahre gedauert. Es ist auf jeden Fall ein Beispiel dafür, dass man in diesem digitalen Zeitalter nicht viel Geld und auch keine Plattenfirma benötigt, um Fans zu gewinnen. Es funktioniert über Mundpropaganda – nicht nur über klassische Mundpropaganda, sondern auch über Foren, in denen die Leute etwas über dich schreiben, und über die Peer-to-Peer-Tauschbörsen, also die neue, digitale Art der Mundpropaganda.

Glaubst du, dass euer Musikstil, der ja durch die Integration der Videospiel-Elemente besonders Leute anspricht, die sehr internetaffin sind, dem entgegen kam, dass es also mit anderer Art von Musik viel schwieriger wäre, auf diese Weise bekannt zu werden?

Ich denke schon, dass es mit anderen Musikstilen schwieriger sein kann, denn wir haben einen recht einzigartigen Sound. Wir haben die Rockmusik genommen und haben sie, wie du schon sagtest, mit diesem Videospiel-Sound verknüpft, es war also eine lustige, neuartige Sache. Wir waren eine von sehr wenigen Bands, die Musik dieser Art spielten, und es ist sicherlich einfacher, wenn man sich von den vielen anderen Bands auf diese Art unterscheidet. Wenn du in einem Genre nur eine Band unter vielen bist, dann ist es schwierig aufzufallen. Und natürlich spielt es auch eine Rolle, dass viele der Fans, die wir zu Anfang erreichten, sich sehr für Computer interessierten und gerne im Web surften.

Ihr habt bewiesen, dass es auch ohne klassische Mittel der Promotion funktioniert, bekannt zu werden; Interviews müsstest du demnach doch eigentlich für vollkommen überflüssig halten, oder?

Ja, das kann man wohl sagen. (lacht) Aber wir machen es trotzdem – wir sehen es als eine Gelegenheit zu den Fans zu sprechen und ihnen mehr zu geben als nur die Musik.

Monatlich werden von eurer Website 650 GB an Musik heruntergeladen. Wie lässt sich das, bei aller Liebe zu kostenlos zur Verfügung gestellter Musik, überhaupt finanzieren?

Als wir anfingen, waren einige von uns noch an der Universität, und wir konnten die Universitätsserver benutzen, um unsere Musik im Internet zur Verfügung zu stellen. Wir hatten in der Hinsicht also ziemliches Glück. Mittlerweile müssen wir aber Serverspace mieten, und das ist schon ein wenig kostspielig. Das neue Album kann man von unserer Website nicht herunterladen. Wenn die Leute also unsere neuen Sachen verteilen wollen, dann müssen sie es selbst über ihre eigenen Computer machen. Das macht es für uns etwas günstiger, da wir für diese Songs keinen Serverspace mieten müssen. Wir finden es okay, wenn Leute unsere Musik an ihre Freunde weitergeben wollen. Wir wollen, dass viele Menschen unsere Musik mögen, und wenn sie sie richtig gut finden, werden sie das Album wahrscheinlich auch kaufen – das hoffen wir zumindest, so dass auch unsere Plattenfirma glücklich sein wird. Aber wir wollen einfach so viele Fans wie möglich haben, denn nur das wird es uns ermöglichen, in möglichst vielen unterschiedlichen Ländern aufzutreten. Wenn wir nur wenige Fans haben, werden wir auch keine Auftrittsmöglichkeiten bekommen.

Ihr seid in der Demo- und Hackerszene sehr beliebt, was offensichtlich am Sid liegt; allerdings hätte ich gedacht, dass die meisten Leute in der Szene eher auf komplett elektronische Musik stehen und mit Metal nicht allzu viel anfangen können…

Ja, es stimmt wahrscheinlich schon, dass die Leute in der Szene größtenteils elektronische Musik mögen. Elektronische Musik ist oft sehr melodisch, und auch wir haben in unserer Musik sehr viele Melodien und auch elektronische Elemente – aber wir haben auch Gitarren, und Gitarren sind cool. Ich denke, wenn man Gitarren auf die richtige Art spielt, sind sie cool, sogar wenn man auf elektronische Musik oder auch auf Rock- oder Popmusik steht. Ich glaube, dass wir deshalb auch diese Leute mit unserer Musik erreichen können.

Ihr bietet eure Songs auf eurer Website nicht nur im bekannten MP3-Format an, sondern auch im offenen Ogg Vorbis-Format, welches von Open Source-Verfechtern bevorzugt wird. Soviel ich weiß, habt ihr selbst aber mit der Open Source-Bewegung gar nichts am Hut, so dass diese Entscheidung vermutlich nicht auf ideologische Gründe zurückzuführen ist.

Wir wollen, dass auch Leute, die keine MP3s benutzen, unsere Musik hören können. Der Grund ist also ein ganz einfacher.

Machinae
MACHINAE SUPREMACY haben ihre ganz eigene Einstellung zum Thema Filesharing: Wir finden es okay, wenn Leute unsere Musik an ihre Freunde weitergeben wollen. Wir wollen, dass viele Menschen unsere Musik mögen, und wenn sie sie richtig gut finden, werden sie das Album wahrscheinlich auch kaufen.

Wenn ihr in der Demoszene so gut ankommt, dann spielt da sicher auch eine gewisse Nostalgie eine Rolle, die durch den Sid-Sound hervorgerufen wird. Ich habe vor einiger Zeit auf einem Amiga-Emulator meine alte Spiele von damals ausprobiert und war erschrocken – so schlecht hatte ich die Grafik gar nicht in Erinnerung… und trotzdem gefallen mir diese Klassiker sehr viel besser als aktuelle Spiele. Was hat die Spiele der Achtziger und frühen Neunziger deiner Meinung nach so faszinierend gemacht, was fehlt den aktuellen Spielen?

Nun, natürlich gab es auch damals einige schlechte Spiele. Aber die Klassiker aus der Zeit haben einfach ein hochwertiges Gameplay. Nehmen wir zum Beispiel Wii von Nintendo. Sie sagen, dass sie ihre Anstrengungen mehr auf ein gutes Gameplay richten wollen anstatt sich auf die Grafik zu konzentrieren. Das zu tun ist ziemlich geschickt, denn es ist gut, zum Wesentlichen zurückzukehren: Ein Spiel sollte Spaß machen, es sollte interessant sein und man sollte es spielen wollen. Es sollte nicht einfach nur schön anzuschauen sein. Es muss eine gewisse Substanz haben. Einige der Klassiker waren einfach, haben aber enormen Spielspaß bereitet. Die Grafik war nicht besonders toll, aber es war nicht die Grafik, die zählte. Und manchmal kann eine einfache Grafik sogar besser sein als eine ausgefeilte. Manche Spiele sollten eine miserable Grafik haben – sie sind dann besser. Um ehrlich zu sein, ist es wirklich schwierig ein Spiel mit gutem Gameplay zu entwickeln.

Gameplay, Grafik… und dann wäre da noch die Musik…

Natürlich, die Musik. (lacht) Die ist auch wirklich wichtig. Ich kannte einige alten Spiele, die man nur gespielt hat, weil sie so tolle Musik hatten.

Was war das erste Spiel, das dich auf dem C64 so richtig in den Bann gezogen hat?

Nun, da gab es eine Menge Spiele, die mich fasziniert haben. Als ich den C64 bekommen habe, hatte ich Probleme damit, meine Spiele zu installieren. Man musste die Schraube an dem Bandlaufwerk festdrehen, damit man die Spiele laufen lassen konnte. Ich konnte die ersten 24 Stunden nicht spielen, aber mitten in der Nacht habe ich es dann doch noch hinbekommen. (lacht) Ich glaube, das erste Spiel, das ich gespielt habe, war Paperboy, genau weiß ich es nicht mehr. Generell waren es die einfachen Spiele, die mich am meisten fasziniert haben, natürlich auch Giana Sisters.

Was würdet ihr machen, wenn eure SidStation irgendwann den Geist aufgäbe? Soviel ich weiß, wird das Gerät ja nicht mehr produziert.

Es wäre sehr traurig. Aber schon jetzt benutzen wir nicht nur die SidStation, sondern machen auch von Sid-Software-Synthesizern Gebrauch, zum Beispiel um Samples zu erstellen. Es gibt heutzutage wirklich gute Software, um Sid-Sounds zu erzeugen. Wir benutzen, wie gesagt, beides. Ich denke, wenn die SidStation kaputt ginge, dann müssten wir ausschließlich die Software-Synthesizer benutzen, wenn wir keine andere SidStation bekämen.

Ihr seid also hinsichtlich des Sids keine Puristen…

Genau. Wir haben nur eine SidStation. Wenn wir an einem anderen Ort Musik machen, bringen wir sie nicht mit, weil sie ein bisschen anfällig ist und wir nicht wollen, dass sie kaputt geht. Bei Auftritten benutzen wir die SidStation gar nicht, sondern benutzen Samples. Wir haben mittlerweile so viele Sid- und Synthesizer-Sounds, dass es nicht einfach ist, das alles live zu spielen. Damit unsere Performance so gut wie möglich wird und um diese ganzen Sid-Sounds einzubeziehen, haben wir das Ganze auf ein Backing Tape gepackt. Wenn man zu einem Konzert kommt, will man die ganzen Sid-Sounds hören. Früher haben wir die Sid-Sounds auf einen Synthesizer gesampelt und diesen dann live benutzt. Aber die SidStation selbst haben wir nie live benutzt, weil sie leider ein leichtes Delay hat.

Auf eurem aktuellen Album ist der Sid nicht mehr so dominant wie auf einigen eurer früheren Aufnahmen. Tatsächlich ist es das erste Mal, dass ich MACHINAE SUPREMACY wirklich als Metalband betrachte, weil die Musik auf Redeemer viel rifforientierter ist, als ich es bisher von euch gewohnt war. Habt ihr euch bewusst dafür entschieden, diese härtere Richtung einzuschlagen?

Es war nicht nur eine bewusste Entscheidung. Natürlich wollten wir den Sid benutzen und wir wollten Rockmusik machen. Nachdem wir Deus Ex Machinae aufgenommen hatten, fingen wir an, neue Songs zu schreiben, und ich glaube, wir waren einfach von anderem Zeug beeinflusst, so dass das Material etwas härter wurde. Viele der Songs auf Deus Ex Machinae sind aus Sid-Melodien entstanden. Die Sid-Parts standen also als erstes, und erst danach kamen die Gitarren hinzu. Auf Redeemer haben wir wohl zuerst die Gitarrenparts gehabt und dann die Sid-Sounds hinzugefügt. Es hängt also davon ab, wie man an das Songschreiben herangeht – manchmal kommt zuerst der Sid und manchmal die Gitarren. Einige der Songs auf Redeemer haben etwas mehr Sid, aber ich denke, es ist etwas herunter geregelt. Es ist schwierig, die Balance zu finden. Auf Deus Ex Machinae war der Sid sehr markant, und nun haben wir versucht, ihn nicht mehr so sehr hervorstehen zu lassen. Wenn wir jetzt rückblickend auf Redeemer schauen, dann wollen wir wohl wieder etwas mehr Sid, einen etwas lauteren Sid haben. Wir sind ja momentan dabei, die Songs für das kommende Album aufzunehmen, und es wird mit ziemlicher Sicherheit mehr Sid-Sounds beinhalten als Redeemer – aber natürlich auch viele Gitarrenriffs. (lacht)

Ihr habt den Soundtrack für das Spiel Jets´n´Guns gemacht und arbeitet derzeit an einigen weiteren Soundtracks. Was macht mehr Spaß: reguläre Alben zu produzieren oder Soundtracks für Videospiele?

Es kommt drauf an. Der Jets´n´Guns-Soundtrack ist dem Sound von MACHINAE SUPREMACY sehr ähnlich – es ist beides so ziemlich das Gleiche. Es sind Songs, die wir ohne Probleme mit MACHINAE SUPREMACY spielen könnten – viele Gitarrenriffs und viel Sid. Von den Spiele-Soundtracks, an denen wir nun arbeiten, sind einige etwas anders: manche eher Rockmusik, manche aber auch eher elektronisch. Ich finde, es hängt davon ab, für was für eine Art von Spiel wir die Musik machen. Wenn ein Spiel einen orchestralen Soundtrack erfordert, dann ist es natürlich etwas ganz anderes als MACHINAE SUPREMACY – aber beides macht Spaß. Wenn wir Musik für Spiele machen, die sich von MACHINAE SUPREMACY unterscheidet, dann tun wir dies immer als Hubnester Industries, unsere Firma für Spiele-Soundtracks, um es nicht mit MACHINAE SUPREMACY durcheinander zu bringen.

Wie sehr seid ihr bei diesen Auftragsarbeiten eigentlich in eurer Kreativität beschnitten durch Vorgaben und Wünsche des Spieleentwicklers?

Machinae
Auf Redeemer ist der Sid, das Markenzeichen der Band, weniger dominant als auf den bisherigen Veröffentlichungen der Band.

Das ist der schwierige Teil, denn wenn man Spiele-Soundtracks macht, dann wollen sie immer ein bestimmtes Gefühl haben, und sie haben gewisse Vorstellungen davon, wie die Musik klingen soll. Die Kreativität kann also durchaus ein bisschen darunter leiden, was die Leute, die das Spiel entwickeln, sich wünschen. Aber es ist eine Herausforderung und es macht auch Spaß. Wenn wir aber vollkommen frei sein wollen, dann haben wir MACHINAE SUPREMACY. Dort können wir unserer Kreativität freien Lauf lassen. Bei Hubnester können wir zwar kreativ sein, müssen aber einige Vorgaben beachten.

Ist Hubnester Industries nun euer Hauptberuf, von dem ihr leben könnt, oder habt ihr alle noch andere Jobs, in denen ihr euer Geld verdient?

Für einige von uns ist es der Hauptberuf, aber nicht für alle. Für Robert und Jonas ist es ein Fulltime-Job, während ich zwar auch beteiligt bin, allerdings nur nebenberuflich. Johan und Tomas hingegen haben gegenwärtig mit Hubnester nichts zu tun, aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Wir werden sie hinzuziehen, wenn wir sie brauchen. (lacht)

Angesichts dessen, dass in der Videospieleindustrie mittlerweile mehr Geld umgesetzt wird als in der Filmindustrie, sehen die Zukunftsaussichten für Hubnester ja recht vielversprechend aus.

Ja, aber es ist schwierig dort hineinzukommen. Als neue Firma für Spielemusik ist es schwierig, an die großen Spieleproduzenten heranzukommen. Man muss etwas haben, was man ihnen vorzeigen kann, einige Spiele, zu denen man die Musik beigesteuert hat.

Wer sind eigentlich die Leute mit den Tätowierungen eures Bandlogos, die auf eurer Website abgebildet sind?

Ich glaube, einer von ihnen ist ein Freund von uns, der andere ist jemand aus Großbritannien oder so. Und eines ist von einem Mädchen in Australien, soweit ich weiß. Ich weiß noch von mehr Fans mit Tätowierungen, aber wir haben sie nicht alle auf unsere Website gestellt.

Und was war dein erster Gedanke, als du die Tätowierungen gesehen hast?

Nun, ich dachte: Sind die verrückt? (lacht) Wenn ich so eine Tätowierung hätte, wäre es vielleicht etwas anderes, denn ich bin in der Band und es ist ein Teil meines Lebens. Aber da es nur ein Logo ist und nicht der Schriftzug mit dem Bandnamen, kann man es ja auch einfach als schönes Tattoo haben. Ich denke, es ist okay. Es ist schon cool zu sehen, dass diese Fans uns offenbar so sehr mögen, dass sie diese Tätowierungen haben.

Fotos: Spinefarm Records

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