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LOTTO KING KARL: Dieter Bohlen ist kein Musiker – das bin ich ja selber kaum!

LOTTO KING KARL ist ein echtes Original. Ob man den am 04.02.1967 geborenen Hamburger irgendwann auf eine Stufe mit Originalen wie HEIDI KABEL, UWE SEELER, HEINZ EHRHARDT (ja, ich weiss das der nicht in Hamburg geboren wurde, aber immerhin ist er 1979 dort gestorben) oder Altbundeskanzler HELMUT SCHMIDT stellen wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich noch nicht sagen. Der ehemalige Angehörige der Teilstreitkraft der Marine kämpft(e) an mehreren Fronten.

LOTTO KING KARL ist ein echtes Original. Ob man den am 04.02.1967 geborenen Hamburger irgendwann auf eine Stufe mit Originalen wie HEIDI KABEL, UWE SEELER, HEINZ EHRHARDT (ja, ich weiss das der nicht in Hamburg geboren wurde, aber immerhin ist er 1979 dort gestorben) oder Altbundeskanzler HELMUT SCHMIDT stellen wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich noch nicht sagen. Der ehemalige Angehörige der Teilstreitkraft der Marine kämpft(e) an mehreren Fronten.



Sei es als Radiomoderator bei diversen norddeutschen Sendern (Delta Radio, Sunshine live, FFN und immer noch aktuell bei Radio Hamburg), als TV-Moderator bei u.a. RTL 2 (Dumm gelaufen, Saudumm gelaufen, Die dümmsten Deutschen oder Die 90er – The Pop Years) oder eben auch und besonders als Sänger von LOTTO KING KARL UND DIE BARMBEK DREAMBOYS. Er trat am 18.2.2000 sogar bei der Vorausscheidung zum Grand Prix d´Eurovison mit dem Song Fliegen an. Ein Auftritt, bei dem er von der Band ROH unterstützt wurde – eine Band, deren Tour im Jahre 1999 von Lotto auf die Art und Weise gesponsert wurde, dass er jedem Zuschauer den Eintritt erließ und ihm stattdessen zehn Mark spendierte.

Dazu kommen diverse Publikumsrekorde hauptsächlich in Norddeutschland (u.a. 15 ausverkaufte Konzerte in der Großen Freiheit 36, Pumpe/Kiel, Schützenhalle/Buxtehude und VAMOS! Kulturhalle in Lüneburg), der Weltrekord, als erste Band acht Konzerte an einem Tag gespielt zu haben (2000) sowie der Lautstärke-Weltrekord im Harburger Rieckhof 2001 (135 db Fanapplaus) sowie Trinkbestleistungen der Fans (z.B. 120 verkaufte Fässer Bier pro Konzert bei den Auftritten im Hamburger Stadtpark oder 15.000 Liter Bier in der Color Line Arena).

Desweiteren wurde Lotto nach u.a. ELTON JOHN, LIONEL RICHIE, PAUL MCCARTNEY und RONAN KEATING mit dem Goldenen Mikrophon von Radio Hamburg ausgezeichnet und kann Chart-Entries in den USA und Kanada mit den Songs Plain & Simple (Duett mit den 80er-Jahre-Helden GLASSTIGER) und der BILLY BRAGG-Coverversion A New England vorweisen.

LOTTO KING KARL UND DIE BARMBEK DREAMBOYS haben im letzten Jahr allein in Hamburg über 40.000 Tickets verkauft bzw. landesweit vor über 300.000 Zuschauern gespielt und sind damit eine der erfolgreichsten Live-Formationen überhaupt (und neben u.a. METALLICA, AC/DC, HOWARD CARPENDALE und DANIEL KÜBLBÖCK einer der wichtigsten Umsatzträger von Europas größtem Merchandiser.

Mittlerweile ist das sechste Album des leidenschaftlichen HSV-Fans (der eigenen Angaben zufolge bislang KEINEN körperlichen Kontakt zu Sabrina Setlur, Blümchen, Jürgen Drews oder irgendjemandem der hinlänglich bekannten Luder-Fraktion gehabt hat) erschienen. Dieses ist deutlich ruhiger und weniger party-kompatibel als seine Vorgänger geworden. Eine Rockgitarre hört man (leider) nur noch selten, aber immer dann, wenn sie erklingt, wird es wirklich großartig. Hamburg gegen alle, einer von den Lotto-typischen Fußballsongs, Mein Ding, eine wirklich geile Verarsche aller Möchtegern-Rapper mit ihren pseudo-bösen Texten, und das mit Laut/Leise-Wechseln verzierte Laut!, eine Mischung aus doomigen-groovigen, schnell-harten und eher ruhigen Passagen, sind wirklich Klasse! Ansonsten geht es im Jahre 2004 bei LOTTO KING KARL & DIE BARMBEK DREAMBOYS eher bedächtig und oft recht nachdenklich zu. Es wimmelt von Liebesliedern, die fast schon die Grenze zum Schlager überschreiten. Stellvertretend möchte ich Einfach nur küssen, Der reichste Mann der Welt und Schlaflied (feat. Melanie Stahlkopf, Backgroundsängerin für MARIANNE ROSENBERG und EMILIA und Vocal-Coach von BLÜMCHEN) nennen, die jedoch trotz mangelnder Härte echte Klasse haben – auch wenn Lottos schnoddrige Art zu singen sicherlich nicht jedermanns Sache ist.

Ich sprach mit Lotto über die neue Scheibe Aus Liebe zum Spiel, auf der mir der Party- und Spaßfaktor etwas fehlt und die von einer melancholisch-nachdenklichen Grundstimmung geprägt ist.

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Das Cover von ´Aus Liebe zum Spiel´

Würde ich nicht unbedingt sagen, denn einen so harten Song wie Laut haben wir zuvor noch nicht aufgenommen. Auch Hamburg gegen Alle und Wieder zurück sind ja recht knackig, aber ich gebe dir Recht, dass Aus Liebe zum Spiel nicht unbedingt die absolute Partyscheibe geworden ist. Momentan herrscht aber auch nicht gerade die Partystimmung. Das liegt zum Teil an einigen persönlichen Erlebnissen, die ich in Schlaflied verarbeitet habe, aber auch an der allgemeinen und momentan herrschenden Stimmung. Vielleicht liegt das auch daran, dass eigentlich zum ersten Mal alle Bandmitglieder Einfluss auf das Songwriting genommen haben, d.h. man hört zum ersten Mal die Schnittmenge der gesamten Bande. Aber bewusst ist das nicht passiert…

Auf der neuen Scheibe gibt es ja mit Ich liebe Kelly Trump eine Art Hommage an eben jene Erotikdarstellerin! Wieso ein Song über sie und nicht über Gina Wild, Sarah Young, Anja Juliette Laval oder Julie Silver?

Eigentlich müsstest du diese Frage eigentlich Pape stellen, weil er diesen Song schließlich nicht geschrieben hat (lacht). Das Witzige ist, dass ich Kelly Trump zu einem Zeitpunkt kennen lernte, als Pape mit der Idee für genau diesen Song ankam. Klar, ich kenne auch Gina Wild und es gab auch 47 Plattenfirmen, die wollten, dass ich was mit ihr mache. Aber Gina Wild ist so durch und so rund, dass da einfach nichts mehr kommt. Kelly Trump finde ich auch unheimlich attraktiv – abgesehen davon, dass ich fast alle Frauen attraktiv finde, die in irgendwelchen Pornos mitspielen. Aber bei ihr denke ich echt Wow …

Möchtest du auf die persönlichen Erlebnisse, die dich zu Schlaflied inspiriert haben, vielleicht etwas näher eingehen?

Das Schlaflied handelt von einem leider Gottes viel zu früh verstorbenen Freund. Ich weiß auch, dass ein Normalsterblicher es total abgefahren findet, wenn man einen Song über oder für einen anderen schreibt. Ich sehe das jedoch eher aus der Sicht eines Profimusikers, wo man die echte Gefahr sehen muss, dass man eventuell jemandem zu Nahe tritt oder ein anderer das Gefühl bekommt, dass man sich an dem Leid anderer weidet. So war Schlaflied allerdings überhaupt nicht gemeint. Deshalb haben wir an dem Song auch sehr lange gefeilt, damit da ja nichts schief geht oder einer der Angehörigen das auf irgendeine Art und Weise geschmacklos findet.

Schließt man sich, um das zu vermeiden, mit der Familie kurz?

Hätte man machen können, aber in diesem konkreten Fall war es halt so, dass der Kontakt zu der Familie der Person, um die es in Schlaflied geht, eine Zeitlang etwas abgebrochen war und erst dann wieder so intensiv wie nie zuvor wurde, als die Krankheit bereits ausgebrochen war. Ich kannte die Familie gar nicht so, denn die Mutter war recht früh gestorben und den Vater hatte ich zum letzten Mal auf unserer gemeinsamen Vereidigung gesehen – und das war vor neunzehn Jahren. Ich habe mich mehr an unsere gemeinsamen Freunde gehalten und mit denen mehr oder weniger abgesprochen was geht bzw. was nicht geht. Schlaflied ist ein Song, der eigentlich von Hoffnung handelt. Denn besonders dann, wenn jemand schwer krank wird, ist gerade die Hoffnung, dass alles wieder gut wird, ein sehr wichtiges Thema. Für mich war es anfangs auch schwer, diesen Song live zu spielen, aber als ich dann die Reaktionen der Fans sah, war ich schon überwältigt. Man kennt zwar das Gefühl, das bei einem ruhigen Song das eine oder andere Feuerzeug oder auch die eine oder andere Wunderkerze angeht, aber das in der Color Line Arena die Feuerzeuge so punktgenau angehen, und das noch bei einem Song, den keiner bzw. kaum einer kannte, war schon ein wirkliches gutes Gefühl – auch wenn es für mich anfangs aufgrund des persönlichen Hintergrundes sehr, sehr schwer war diesen Song, der für mich eine Verbeugung vor meinem Freund ist, zu singen. Aber das Schöne ist, dass der Verstorbene ja mein Freund bleibt. Er ist ja nur tot, was ja nicht bedeutet, dass er für mich nicht mehr existiert. Er lebt in meinen Erinnerungen weiter und läuft mir gedanklich immer wieder mal über den Weg. Mir war es halt nur ein Bedürfnis zu verhindern, dass das jemand in den falschen Hals kriegt, was mir bei lustigeren Themen durchaus schon mal passiert ist. Aber dieses Mal hat es eben hingehauen und wenn es für den einen oder anderen nur ein guter Song ist, dann ist das auch völlig okay.

Mir fehlt zwar der Party- und Spaßfaktor etwas, aber unterm Strich ist Aus Liebe zum Spiel trotz seiner vorwiegend melancholisch-nachdenklichen Grundstimmung eine wirklich erstklassige Scheibe geworden. Man sollte ihr nur die entsprechende Zeit geben, das zu offenbaren.

Ja, klingt doch gut. Wir finden als deutschsprachige Künstler nun mal nicht im Radio statt, aber ich halte nichts von diesem unwürdigen Rumjammern, das man von so vielen anderen Kollegen hört. Wenn ein Musikredakteur deine Musik nicht spielen will, dann spielt er sie nicht. Da kann man hunderte von entsprechenden Initiativen starten. Da zieht auch das Argument nicht, dass der Künstler die oder die Halle füllt. Das interessiert beim Radio keinen und die Großen und Mächtigen beim Radio und Fernsehen sind doch auch aus dem Grunde so groß und mächtig, weil sie wohl nicht so einen großen Fehler machen, wenn sie keine deutschsprachige Musik spielen. Man muss doch auch mal verlieren und sich damit abfinden können. Es ist halt so, dass wir mit jedem Album ein oder zwei Jahre hinterher hängen. Ein vier Jahre alter Song wie Hamburg meine Perle ist erst jetzt auf Platz Zwei bei einem Hamburger Radiosender geklettert. Klar könnte man sich fragen, was das ausgerechnet zu dem Zeitpunkt soll, aber unterm Strich kann man das keinem vorwerfen. Das ist völlig okay und alle Leute, die Musik machen, werden lernen müssen, dass sie eigentlich nichts anderes als ein Bäcker oder ein Schlachter machen. Du stellst ein Produkt her und hoffst, dass die Leute es gut und preisgünstig finden. Wir selbst achten sehr auf unsere Ticketpreise bzw. dass das Preis/Leistungsverhältnis stimmt. Und damit das eben hinhaut, muss man dann notfalls eben dreimal öfter spielen, womit ich persönlich überhaupt kein Problem habe. Dadurch findet dann eine ganz andere Bewegung statt, als wenn du den typischen Radiohit hast. Klar, ohne einen solchen wirst du zu einigen Fernsehsendungen NICHT eingeladen, aber ich frag mich persönlich ja auch, was ich z.B. bei Top Of The Pops soll. Was soll ich denn zwischen diesen ganzen Casting-Künstlern, die vor einem Publikum auftreten, das ebenfalls ein Casting durchlaufen musste und wo man als Zuschauer in der letzten Reihe sitzt, wenn man nicht gut aussieht oder zumindest gut jubeln kann? Ich glaube wirklich nicht, dass jemand, der Minuten zuvor noch einen DANIEL KÜBLBÖCK von ganzem Herzen abgefeiert und zugejubelt hat, einen unserer Songs wirklich gut findet. Dabei finde ich, dass DANIEL KÜBLBÖCK ein recht cooler und schräger Typ ist. Der ist bestimmt nicht dumm, aber er ist mit absoluter Sicherheit auch kein Musiker oder Sänger. Er ist kein Idiot, aber warum muss er singen? Wie viele Leute haben mir vorgeschlagen, so etwas zu machen? Ich bin doch kein Popstar, wenn ich mich in einen Container sperren oder im Dschungel aussetzen lasse. Ich bin ein Popstar, wenn ich erfolgreiche Popsongs singe. Klar, es wäre auch schön, wenn wir den TOTEN HOSEN, die in Norddeutschland in denselben Locations wie wir spielen, in Augenhöhe begegnen könnten. Aber die TOTEN HOSEN haben – wie UDO LINDENBERG übrigens auch – den Weg für alle anderen so frei geräumt, dass man ihnen ihren Erfolg wirklich gönnen sollte. Man kann natürlich im Vorwege einer Albumveröffentlichung viel probieren, z.B. haben wir den Kelly Trump-Song (Ich liebe Kelly Trump – der Verf.) viele, viele Male live gespielt, bevor wir ihn auf die Platte gepackt haben. Dieser Song hat natürlich einen gewissen Promo-Effekt, was aber auch eine Marktstrategie ist, um die Leute auf diesen Song aufmerksam zu machen. Wir wissen auch, dass unsere Songs erarbeitet werden wollen – und genau das müssen wir eben zusammen mit unseren Fans machen. Und was die neuen Stücke angeht, scheint das auch recht gut zu funktionieren.

LOTTO


Aber du findest ja in den Magazinen nicht statt! Viele Leute wissen nicht viel über dich und deine aktuellen Aktivitäten!

Wir sind halt ein sehr kleines Label und haben zum Teil auch gar nicht die finanziellen Mittel, um in diesen Magazinen stattzufinden. Selbst bei der Pressekonferenz zum Film Der letzte Lude – die in der Hamburger Color Line Arena stattfand – fragte mich ein Journalist, wann wir denn endlich mal in dieser Halle auftreten. Dabei hatten wir gerade acht Wochen vorher dort gespielt. Er wusste davon nichts, obwohl wir alles, was in unserer Macht stand, für die Promotion getan hatten. Wir müssen die Leute, die vor der Bühne stehen, dazu bringen, das gut zu finden, was wir machen. Das ist zwar anstrengend, aber wenn ein Journalist nicht mitkriegt, dass eine Band ohne Plattenvertrag 14.000 Tickets verkauft, dann ist er für mich einfach nur ein schlechter Journalist. Und wenn da so eine Münchener Tussi in vier Jahren 8000 Tickets verkauft, dann sind das Zahlen, über die wir nur müde lächeln können. Wir haben bei unserem ersten Auftritt in der Color Line Arena wirklich jeden Journalisten eingeladen, der ´ne Mutter hat. Teilweise waren diese Leute dann etwas pikiert oder aber auch beleidigt, aber wir können und wollen nun mal nicht jedem hinterher rennen. Andererseits habe ich dann auch keinen Bock mehr, ohne Bungee-Seil vom Fernsehturm zu springen, wo dann alle diese Journalisten vor Ort wären. Ich verstehe auch die Fernsehsender nicht, die so ein Live-Event nicht übertragen oder erwähnen. Die Verantwortlichen müssen die Musik nicht gut finden oder verstehen, aber sie müssen doch sehen, was da los ist und abgeht. Ich erinnere mich da immer wieder gerne an die grandiosen Bilder von BAP aus der Frankfurter Festhalle, als die ihr Verdamp lang her-Video gedreht haben. Klar, auch in Hamburg wussten die meisten, wer BAP ist, aber dass das so dermaßen abgeht, wusste kaum einer. Auch die frühen Konzerte von HEINZ-RUDOLF KUNZE aus der Hamburger Fabrik wurden live übertragen. Man kann zu HEINZ-RUDOLF KUNZE stehen wie man will, aber dieser Auftritt war eine echte und heftige Ansage. Aber in der heutigen Zeit muss man als Künstler halt damit leben, dass die Sender lieber Konzerte von vor sechs, sieben Jahren zeigen, wo die Bands vor 26 Leuten aufgetreten sind, aber angeblich große Kunst gemacht haben. Das sind genau die Leute, die mich anrufen und sagen Du hast doch für wenig Kohle bei RTL 2 eine Sendung gemacht. Willst Du nicht für die Hälfte der Kohle für uns arbeiten?. Und wenn ich dann Nein sage, sind diese Leute auch noch beleidigt. Wenn ich als VIVA-Verantwortlicher sehen würde, wie viele Leute zu einem LOTTO KING KARL-Konzert kommen, dann würde ich ein solches übertragen. Vor allen Dingen dann, wenn man sieht, wie viele Zuschauer sonst zu den Konzerten kommen. Aber diese Leute wollen halt nicht und werden irgendwann aufgrund der fehlenden Werbegelder ihren Job verlieren. Das ist nicht schlimm, denn ich war auch mal arbeitslos. Das ist sicherlich nicht toll, aber die Welt geht davon nicht unter. Das sind die Leute, die bei der Echo-Verleihung dem Künstler das Gefühl vermitteln, dass er ihnen irgendwas schuldig ist. Wir sind niemandem etwas schuldig, außer den Leuten, mit denen wir arbeiten. Wir haben halt noch nie im Jugendknast gesessen. Aber wenn es das ist, was die Leute interessant finden, dann geht zu EKO FRESH. Ist bestimmt auch ein cooler Typ. Nach neun Jahren, die meine Band und ich jetzt Musik machen, haben wir so viele Bands und Musiker kommen und gehen sehen, das wir das Gerede vom Next Big Thing nicht mehr hören können. Wir müssen nicht in die Charts einsteigen. Wir waren schon in den Charts und mussten erleben, wie man innerhalb einer Woche sechsmal zu Top Of The Pops eingeladen wird, um einen Tag später wieder ausgeladen zu werden. Irgendwann haben wir dann auf die Einladungen gar nicht mehr reagiert, was einige Leute gar nicht verstehen konnten. Wenn wir diesen Leuten so wichtig gewesen wären, hätte der Auftritt bei Top Of The Pops geklappt. Andererseits spielen wir wirklich so oft live, dass wir nicht noch ins Fernsehen gehen müssen. Wir haben mit dem Grand Prix-Auftritt im Jahre 2000 ja eine gewisse Annäherung probiert. Der Auftritt hat uns auch was gebracht, aber unterm Strich haben wir nur den achten Platz belegt und sind mit Pauken und Trompeten untergegangen – auch wenn Fliegen nach Waddehaddeduddeda der erfolgreichste Song war.

Ist LOTTO KING KARL ein rein norddeutsches Phänomen? Ähnlich wie TORFROCK scheinst du jenseits von Niedersachsen nicht stattzufinden!

Ganz klar. Unsere Heimat ist Norddeutschland und hier verstehen und mögen uns die Leute. Klar, unsere Musik funktioniert natürlich auch in München, nur tut sie das auf einer ganz anderen Ebene. Das liegt daran, dass es einfach nicht stimmt, dass der Norddeutsche so zurückhaltend und der Münchener so wahnsinnig heißblütig ist. Es liegt vielmehr daran, dass es in anderen Regionen halt gewisse Seilschaften gibt. Und wenn du in Köln nicht durchschimmern lässt, dass du der größte Fan von Niedecken, Raab und Millowitsch bist, dann findest du dort in den Medien nicht statt. Außerdem musst du dort im Moment jedem erzählen, dass du ANKE ENGELKE witzig findest. Aber das ist eine ganz harte Nummer, die ich einfach nicht über die Lippen bringe. Klar, wir hätten gerne überall Erfolg, aber es geht halt nicht. Und mehr Mainstream und middle of the road als Fliegen sind wir halt nicht in der Lage zu machen. Wir passen halt nicht in diese typische deutsche Er ist der nächste Blah Blah Blah-Schiene und machen auch keine Ballermann-Mucke. Wenn Leute mich fragen, was für Musik wir spielen, dann sage ich immer Wir spielen G-Dur. Das ist eigentlich ganz simpel und überhaupt nicht schwer, aber den Deutschen muss man sogar das noch erklären.

Du passt aber tatsächlich in keine Schublade!

Muss ich das denn? Muss man immer in eine Schublade passen? Schau dir HERBERT GRÖNEMEYER an. Seine größten Hits sind seine aktuellen Songs. Aber alle würden bei einer Befragung nur an Männer denken. Und HERBERT GRÖNEMEYER klingt halt wie HERBERT GRÖNEMEYER. Die Leute müssen halt umdenken und lernen, dass gewisse Dinge nicht in ein Schema zu pressen sind. Und das ist gut so, denn sonst hätte es einen Pionier wie UDO LINDENBERG – auf dessen Spuren wir versuchen zu wandeln – nie gegeben. Die Deutschen suchen immer nach einem deutschen Gegenstück. ALEXANDER ist nicht der neue ROBBIE WILLIAMS, auch wenn RTL dieses Gerücht verbreitet. ROBBIE WILLIAMS ist nämlich ein grandioser Künstler. Oder nimm die Bild-Zeitung. Da wurde über meinen neuen Haarschnitt berichtet und ich dachte echt, jetzt wird es total wahnsinnig oder schizophren. Aber ein mir wirklich sehr nahe stehender Mensch, der keinen Grund hat, mir Scheiße zu erzählen sagte nur wenn die ‚Bild´ das schreibt, dann ist das so!. Für mich ist aber die Plattenindustrie der böse Bube, denn sie sieht einfach nicht, dass viele Leute ihr Ding außerhalb von irgendwelchen Casting-Shows machen wollen und werden. Ich möchte gar nicht zu sehr auf diesen Leuten rumhacken, da die meisten von ihnen mit ihrem Leben schon gestraft genug sind, aber die Plattenindustrie ist doch noch nie auf die Idee gekommen, etwas Neues zu machen. Sie wurde praktisch durch die Künstler dazu gezwungen, aber hinterher stellen sich diese Leute hin, tun so, als ob das alles ihr Verdienst ist und beschmeißen eine Band wie WIR SIND HELDEN mit Echos. Verstehe mich bitte nicht falsch, ich finde diese Band wirklich gut und gönne ihr den Erfolg, den sie jetzt hat. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Musiker dieser Band wirklich viel lieber in einem kleinen Club spielen würden als ein Festival vor 20.000 Menschen zu headlinen. Wieso muss diese Band durch diesen wahnsinnigen Irrgarten gehen? WIR SIND HELDEN sind eine wirklich gute und neue Band mit vielen Ecken und Kanten. Aber die Musik oder das Rad neu erfunden hat sie nicht. Mir tat die Band richtig leid, als sie ihren dritten Echo bekam. Da wurde es dann langsam peinlich, zumal die Bandmitglieder schon gar nicht mehr wussten, was sie sagen und wem sie noch danken sollten. Natürlich finde ich es auch lustig wenn einer sagt, dass wir in Hamburg eine Halle fast so schnell ausverkaufen, wie BRUCE SPRINGSTEEN eine Halle gleicher Größenordnung in New Jersey oder New York. Hört sich gut an, keine Frage, aber in der Zeit, in der wir 15.000 Tickets verkauft haben, hat er schlappe 640.000 Karten verkauft. Er bekennt sich zwar – wie wir auch – zu seiner Heimat, aber ansonsten liegen zwischen ihm uns mehrere Lichtjahre. Aber die Plattenfirmen glauben solche Luftblasen wirklich. Die glauben wirklich, dass JEANETTE BIEDERMANN in einem halben Jahr drei Jahre älter geworden ist, die sie vorher nicht älter geworden ist. JEANETTE BIEDERMANN und ihre Plattenfirma glauben allen Ernstes, dass sie die nächste CELINE DION wird. Wieso lässt man die jungen Künstler nicht erst mal vier oder fünf Alben machen um zu gucken, ob sie überhaupt Popstar werden wollen. Vielleicht stellt dieser junge Künstler ja fest, dass er lieber vor fünf- oder sechshundert Leuten spielt, als dass er als der große Popstar verkauft wird. Die Leute der Plattenindustrie glauben sogar, dass DIETER BOHLEN für die Kultur in diesem Land wichtig ist. Aber DIETER BOHLEN ist kein Musiker – das bin ich ja selber kaum. Nein, DIETER BOHLEN ist ein tierisch cleverer Geschäftsmann, der sich aber zulange hingestellt und behauptet hat, dass RALF SIEGEL mit seinem Musikverständnis in den 70ern hängen geblieben ist. Das stimmt zwar, aber DIETER BOHLEN ist mit seinem Musikverständnis in den 80ern hängen geblieben. Hör dir doch mal seine Platten mit diesen gecasteten Schlachtbankopfern an. Da denkst du echt Mensch Dieter, mach doch mal was anders, als ewig dieses zugegebenermaßen geile It´s all over-Duett mit DIONE WARWICK neu aufzulegen!. DIETER BOHLEN glaubt wirklich, dass er der neue Mozart ist. Ist er aber nicht, sondern das sind die BEATLES, ABBA oder meinetwegen auch THE SMITHS. Vielleicht auch die PET SHOP BOYS, aber ganz bestimmt nicht MODERN TALKING. Dafür fehlt ihm einfach die weltweite Akzeptanz. Die hat übrigens auch ein Frank Farian nicht, der es eigentlich nicht nötig hat, solche Scheiße wie im Moment zu erzählen. Aber es ist natürlich leicht, in dem Moment, wo du angesagt bist, den größten Scheiß über jeden zu erzählen.

Im letzten Jahr bist du in WACKEN aufgetreten! Erzähl mal ein bisschen was darüber?

Das war schon eine echte Herausforderung, und es gab im Vorfeld auch einige wirklich hitzige Diskussionen, ob wir da jetzt spielen dürfen oder nicht. Es gab teilweise schon recht derbe Bedrohungen, dass wir den Auftritt nicht überleben würden und so weiter. Das hat mich ehrlich gesagt schon etwas überrascht und erstaunt. Einige wenige Leute wollten halt ganz gerne mal den Harten raushängen lassen, mussten aber dann halt damit leben, dass ich aus einer Gegend komme, in der man Herausforderungen annimmt… Aber im Nachhinein war das schon witzig und es hat alles hervorragend funktioniert – und eigentlich haben wir für die Leute, denen das gefallen hat, auch den Song Laut! gemacht. Das ist quasi unsere Verbeugung vor diesen Leuten…

Gab es eigentlich auch Angebote für Shows wie Ich bin ein Star, holt mich hier raus, Big Brother oder das Promiboxen?

Natürlich gibt es diese Angebote, die ich aber auf meine höfliche Art dankend ablehne. Das ist halt eine politische Entscheidung und außerdem geht ja ein Thomas Gottschalk auch nicht in den Container. Dem Dschungel könnte ich für mich persönlich vielleicht noch etwas abgewinnen, aber Promi-Boxen bringt dir halt nur was, wenn du gewinnst. Und meine Straßenschläger-Zeiten liegen halt ein bisschen zurück. Man sollte eh grundsätzlich nur die Sportarten betreiben, die man beherrscht. Ich kann mich zwar schlagen, aber ich kann eben nicht boxen und leider heißt die Sendung eben nicht Promi-Straßenschlägerei, sondern eben Promi-Boxen. Nee, ich spiele lieber ein bisschen Fußball und Basketball oder fahre Autorennen. Ich hab einmal bei einem Eishockeyspiel mitgemacht, ohne Schlittschuhlaufen zu können. Das Resultat war eine angebrochene Schulter und eine Gehirnerschütterung. Und bei allem Respekt muss ich mal feststellen, dass die von mir auf RTL 2 moderierte Sendung, die gerade wiederholt wird, eine höhere Quote hat als Big Brother. Desweiteren ist es so, dass ich mit den Leuten, die aus dem Big Brother-Container versuchen eine Karriere aufzubauen, nicht verwechselt werden möchte, was manchmal durchaus passieren kann, weil eben alle Leute denken, dass ich so ein lustiger Typ bin. Das bin ich zwar, und ich mache auch gerne jeden Scheiß mit – aber eben nur bis zu einem gewissen Grad.

Und was war mit der ARD-Sendung April April, in der durch deine Mithilfe Stefan Raab auf herrlich kranke Art verarscht wurde?

Das war etwas ganz anderes. Das war immerhin eine Sendung mit Frank Elstner, der als Showmaster bei aller Vergänglichkeit absolute Champions League-Spitze ist. Und wenn der mit dir was macht, dann ist das was anderes, als wenn du einer von einer Millionen Menschen bist, die mal irgendwann in irgendeinem Container gesessen haben. Aber das war natürlich schon eine heftige Aktion, bei einer Temperatur von einem Grad nackt über einen Fußballplatz zu rennen. Aber jetzt hat jeder meinen Arsch gesehen und damit ist DAS Thema auch durch.

Du bist zwar – wie ich auch – wahnsinniger HSV-Fan, aber wie sieht es denn eigentlich mit deinen fußballerischen Fähigkeiten aus?

Ich bin eher ein leidlicher Fußballer. Es hat sich aber während meiner Bundeswehrzeit herausgestellt, dass ich eigentlich immer dann kann gut bin, wenn auch die Mannschaft gut ist. Meistens habe ich dann den hängenden Mittelstürmer gespielt, wobei ich aber eher kopfballschwach bin. Ich kam aufgrund meiner Größe von 1,85 m jedoch immer mit Gegenspielern klar, die kleiner waren als ich. Mein Vorteil ist jedoch, dass ich recht große Füße habe. Ich bin aber leider nur einfüßig, was den Fußball angeht, habe dafür aber fast Schuhgröße 48 und kann daher Ecken und Freistösse extrem gut anschneiden. Ich kann auch, und da kommt es mir zugute, dass ich viel Basketball gespielt habe, viele Gegner gut an mir abprallen lassen…



Ich möchte gerne ein bisschen über deinen langjährigen Mitstreiter Carsten Pape sprechen, der ja nicht nur bei ROH, sondern auch bei CLOWNS UND HELDEN (ihr wisst schon, die Band mit dem Hit Ich liebe Dich) sein enormes Talent als Songschreiber und Texter unter Beweis stellte. Du machst mit ihm jetzt schon acht lange Jahre Musik, aber warum gehört er nicht zu deiner Band?

Er gehörte ja eine Zeitlang dazu und ich bin ja auch hin und wieder mit ROH aufgetreten. Aber vor ca. anderthalb Jahren sagte Pape zu mir, dass er gar nicht so unbedingt in einer Band spielen möchte. Hinzu kommt, dass er ein Frontmann ist, der gleich zu Beginn eines Konzertes auf 110 Prozent fährt, was bei den ganz großen Veranstaltungen einfach nicht geht, denn du musst dir deine Kräfte auf einer Bühne, die dir das Laufen ermöglicht, von Beginn richtig gut einteilen. Das hat auch nichts mit Kondition zu tun, die hat er, denn er fährt jeden Tag achtzig Kilometer Fahrrad. Aber wenn du Gitarre spielen und dazu singen musst und dann noch über eine große Bühne laufen sollst, dann ist das doch schon etwas anderes. Ich hab´ eben im Laufe der Zeit gemerkt, dass diese ganz großen Bühnen nicht wirklich sein Ding sind und er selbst sagte auch, dass ihm die ganze Bandgeschichte viel zu anstrengend ist. Er schlug dann vor, dass wir beide im Konzert einen kleinen Block haben. Diese Idee fand ich wirklich super und es funktionierte auch ganz hervorragend. Hinzu kommt, dass man Pape etwas unter Wert schlägt, wenn man ihn mit vielen Leuten auf eine Bühne stellt. Er kann halt als Frontmann mit einer Band im Rücken nicht immer das tun, was er vielleicht will. Und andererseits ist er als Musiker in einem Bandgefüge nicht wirklich gefragt. Das ging zwar bei ROH, aber bei uns ging das eben nicht, was auf Dauer vielleicht ein bisschen unbefriedigend für ihn war. Für mich hat diese zweigleisige Fahren den enormen Vorteil, dass ich in Übung bleibe und eine gewisse Routine bekomme, wenn ich jede Woche zwei bis dreimal auftrete. Für mich macht es auch deshalb mit Pape so viel Spaß, weil wir uns auf der Bühne wirklich blind verstehen. Und damit wir nicht immer unter dem Motto Lotto und Pape spielen ihre größten Hits auftreten, haben wir jetzt eben diese Single (Es macht so ungeheuer Spaß mit dir zu ficken – der Verf.) gemacht.

Mit Hamburg, meine Perle hast du ja einen Song geschrieben, der vor jedem HSV-Heimspiel in der AOL-Arena gespielt und von den Fans mitgesungen wird. Der Song kann also durchaus als HSV-Hymne bezeichnet werden. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem besten Verein der Welt?

Es war die ganzen sieben Jahre, die ich bei irgendwelchen Major-Plattenfirmen unter Vertrag stand, so, dass wir immer versucht haben, mit dem HSV bzw. seinen Verantwortlichen Kontakt aufzunehmen. Das klappte aber nicht, und die Plattenfirmen gaben die Schuld daran immer dem HSV. Als wir uns dann aber quasi selbstständig gemacht hatten, habe ich dann halt so ein paar Leute angerufen und dadurch den Christian Reichert kennengelernt, der nicht nur nett ist, sondern später auch im HSV-Vorstand saß. Wir trafen uns und kurze Zeit später hatte ich den Menschen am Telefon, der für das ganze Merchandise verantwortlich ist. Er fand meine Idee grundsätzlich gut und sagte Du verstehst, dass ich den Preis ja wohl etwas drücken muss. Ich sagte Klar, verstehe ich, aber du musst auch verstehen, dass ich mit dem Preis dann etwas hochgehen muss!. Der Typ war so geil – auch wenn er mich nicht ums Verrecken reich machen wollte. Er will natürlich selber Kohle verdienen, aber das will ja jeder von uns. Klar, er gibt das zu und lässt das auch ziemlich raushängen, aber wer verschenkt schon gerne und freiwillig Geld. Wir hatten dann diese fünf Songs von der Scheibe Wieder im Ballbesitz, haben dann zusätzlich einige neue Songs aufgenommen und Hamburg meine Perle wird jetzt seit knapp zwei Jahren vor jedem Heimspiel angestimmt. Mittlerweile gilt dieser Song ja auch als inoffizielle offizielle HSV-Hymne. Und wenn dann der Hamburger Bürgermeister bei einer Ehrung für Uwe Seeler deinen Song zitiert, dann hast du es natürlich in der Stadt geschafft. Ist schon ein geiles Gefühl und ich als begeisterter Premiere-Gucker schalte immer dann, wenn ich nicht im Stadion bin, den Kommentator weg und höre mir quasi meinen Song vor dem Bildschirm an.

Ich hab dich diesen Song auch schon live im Stadion performen sehen, was aber wohl eher die Ausnahme ist.

Das liegt weniger am HSV, sondern eher am NDR, der für die Stadion-Show verantwortlich ist und eben andere Vorstellungen von einer solchen Show hat – und ich arbeite eben bei der Konkurrenz von Radio Hamburg, wobei wir den NDR gar nicht als echte Konkurrenz betrachten, weil wir in Hamburg eben viel größer sind. Es gab sogar Bestrebungen, dass ich den Job des Stadionsprechers übernehmen sollte. Eine Idee, die nicht nur ich, sondern eigentlich alle beim HSV ziemlich gut fanden. Aber die Entscheidung darüber liegt eben beim NDR und die wollen das leider nicht, wobei ich solche Sender-Politik persönlich ziemlich schade und nicht ganz fair finde.

Wir beide haben es ja als HSV-Fans schon nicht wirklich leicht, aber als Anhänger der Nationalmannschaft hat man es momentan ja nicht leichter.

Richtig, aber es ist doch kein Wunder, dass das Team in Portugal ausgeschieden und Rudi Völler als Teamchef zurückgetreten ist. Das Team ist einfach zu nett. Nimm nur mal Michael Ballack. Der geht vom Feld, ist nicht mal aus der Puste und gibt ein supertolles Interview, wie viel besser das alles bei der nächsten WM wird. Er muss ja nicht gleich heulen, aber ich hätte mir gewünscht, dass er gesagt hätte, dass das große Scheiße ist, was die Mannschaft gespielt hat und das sie ausgeschieden ist. Nimm dagegen einen Spieler wie Sergej Barbarez (mein Lieblingsspieler des HSV – der Verf.), der privat ein echt lieber und lustiger Kerl ist. Aber die Fans der gegnerischen Mannschaft hassen ihn und selbst die eigenen Fans fühlen sich manchmal durch seine Spielweise provoziert. Er führt sich manchmal auf dem Platz wie ein echter Wichser auf. Er braucht aber diese Spielweise, um seine Akkus aufzuladen, zerreißt sich für den Verein und ist ein genialer Fußballer, den du einfach brauchst, wenn du Titel gewinnen willst. Torschützenkönig wird ein Spieler, weil er die Konflikte und Konfrontation sucht – und nicht, weil er so ein furchtbar netter Kerl ist. Aus einem ähnlichen Grund – eben weil er sich nicht dafür interessiert, was rechts oder links von ihm passiert – hält Michael Schumacher Tina Turner auch für einen aktuellen Popstar. Man kann der Mannschaft ja noch nicht mal böse sein, weil die Spieler eben alle so nett und sympathisch rüberkommen. Auch Rudi Völler ist nett und sympathisch, aber er hätte doch einsehen müssen, dass man mit Leuten wie Wörns und Nowottny bei so einem Turnier nicht antreten kann, wenn man weiß, dass andere Mannschaften junge und schnelle Stürmer einsetzen. Du brauchst auch einen Didi Hamann, Fredi Bobic oder einen Jens Jeremies überhaupt nicht. Miro Klose fährt angeschlagen mit zur EM – aber alle sind sie nett. Warum nimmt man einen Benjamin Auer vom FSV Mainz 05 nicht mit? Der hat wirklich in jedem Verein und mit jedem Trainer Stress, ist aber ein geiler Stürmer und Knipser. Der Fehler war halt, dass die Presse den Lukas Podolski ins Team gelobt hat und Rudi Völler ihn, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte, dann eben mitgenommen und im letzten Spiel auch eingewechselt hat. Selbst ein Oliver Kahn hat sich merklich zurückgenommen, weil er eben gemerkt hat, dass seine Art bei seinen netten Mitspielern kaum noch Wirkung zeigt. Dem DFB und Rudi Völler ging es eben bei vielen Spielern um ihr Lebenswerk. Deshalb war ja ein Christian Ziege dabei, weil er verdienter Spieler ist. Aber darum geht es doch nicht. Rudi Völler mochte den Spielern nicht Tschüß sagen.

Aber aus der Bundesliga fallen mir leider keine oder kaum bessere deutsche Spieler ein!

Das ist sicherlich richtig, aber es gibt in der Bundesliga mit Sicherheit noch viele Spieler, die hungrig und motiviert sind und etwas erreichen wollen. Die Spieler von heute haben doch keine Lust, auch nur einen Meter mehr als nötig zu laufen. Sie könnten sich ja verletzen. Es macht doch auch überhaupt keinen Sinn, einen Spieler wie Sebastian Schweinsteiger einzusetzen, der im Spiel 70 Mal aufs Tor schießt und versucht, acht Leute gleichzeitig auszuspielen. Da hätte er auch mit dem Ball an der Seitenlinie jonglieren können. Aber der wird abgefeiert. Mann, der hat in zwei Jahren gerade mal vier Tore für Bayern München geschossen. Was meint der denn? Dass er bei einer Europameisterschaft auf einmal vier Tore in einem Spiel schießt?

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