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IN LEGEND: Die Energie des Klaviers

Reizvoll ist der eher düstere Metal der Band nicht zuletzt auch, weil er ohne Gitarren auskommt und stattdessen von harten Klavierklängen dominiert wird. Die Tasten bearbeitet Bandgründer Bastian Emig, der im Gespräch von Plattenfirmen, Stilfindungen und Schlagzeugervergleichen erzählt.

Auf ihrem Debüt Ballads `n` Bullets bieten IN LEGEND eine eingängige Mischung aus treibenden Rhythmen und kraftvollem Gesang. Im druckvollen Klanggewand ist jedoch auch Platz für feinere Nuancen. Reizvoll ist der eher düstere Metal nicht zuletzt auch, weil er ohne Gitarren auskommt und stattdessen von harten Klavierklängen dominiert wird. Die Tasten bearbeitet Bandgründer Bastian Emig, der im Gespräch von Plattenfirmen, Stilfindungen und Schlagzeugervergleichen erzählt.

In wie weit ist IN LEGEND ein Solo-Projekt von dir?

Es ist ein Projekt, in dem ich mich verwirkliche, das mir aber nicht mehr oder weniger bedeutet als andere Projekte, mit denen ich mich beschäftige wie jetzt VAN CANTO zum Beispiel. Es ist keine Eintagsfliege. Da fließt mein volles Herzblut hinein.

Ihr wart letztes Jahr und Anfang diesen Jahres schon fleißig auf Tournee, obwohl das erste vollständige Album erst jetzt rausgekommen ist. Welche Songs sind live bislang am besten angekommen?

Wir waren ja zweimal auf Tournee. Beim zweiten Mal haben wir noch neue Lieder hinzugenommen. Und es ist tatsächlich so, dass es Songs gibt, die sich live bessert geeignet haben als andere. Was sehr, sehr gut geklappt hat, war Pandemonium. Das liegt aber auch mit daran, dass der Song durch die Internetpräsenz schon bekannter war. Was auch immer gut funktioniert hat, war Soul Apart und Vortex. Das sind einfach Songs, die live noch mal ein bisschen mehr Energie freisetzen können als zum Beispiel so ein Song wie Heaven Inside, der sehr episch ist. Andererseits liefen die rockigen und direkteren Stücke wie Prestinate? auch sehr gut.

Wie weit hattest du die Live-Situation schon im Hinterkopf, als die Aufnahmen stattfanden?

Bei den Aufnahmen hatte ich die sehr im Hintergrund. Als ich das Schlagzeug eingespielt habe, war das sehr präsent, weil das Schlagzeug das Instrument ist, das am ungefiltertsten die komplette Energie rauslässt. Entweder ballert es die ganze Zeit oder es gibt Pausen, in denen das Klavier für sich alleine steht. Beim Aufnehmen war das also definitiv dabei. Beim Komponieren hingegen im Prinzip noch gar nicht. Da habe ich erst einmal viel nach dem Sound gesucht mit dem Klavier als Alleinstellungsmerkmal. Es sollte schon Metal rauskommen, also war es wichtiger den richtigen Sound zu kreieren. Alles andere war egal. Letztlich gibt es dann auch viele Wege, den live umzusetzen. Aber beim Einspielen war es mir dann schon wichtig, dass es a) live reproduziert werden kann und b) gut rüberkommt und die Leute darauf abgehen.

Hättest du manchmal gerne mehr als zwei Hände zum Spielen?

Ja, definitiv. Das hast du schön beobachtet. Wir arbeiten auch gerade daran, das Live-Line-Up vielleicht zu erweitern. Zu dritt können wir schon eine Menge Energie freisetzen; mal schauen, ob da noch mehr möglich ist.

Warum singst du auf Englisch und nicht auf Deutsch oder Chinesisch oder so?

Bei Chinesisch erklärt sich das schnell, wenn man es mal hört. Bei Deutsch ist mir das musikalisch zu intim. Da brauch ich einfach eine gewisse Distanz. 90% der Bands, die ich, seit ich denken kann, so höre, singen einfach auf Englisch. Und Englisch ist hier und da melodischer als das Deutsche. Man kann sich im Deutschen viel schöner ausdrücken als auf Englisch. Mein man ein Gedicht schreibt, hat man im Deutschen als Muttersprachler noch mal viel mehr Möglichkeiten. Aber zum Singen und Komponieren bietet sich einfach das Englische an, weil es das Naheliegendste ist.

Probt ihr regelmäßig?

Schöne Frage. Wenn man es mit VAN CANTO vergleicht, dann ja. VAN CANTO proben eigentlich gar nicht. Da haben wir live inzwischen einfach so viel zusammen gespielt. Mit IN LEGEND ist es noch so, dass wir unser Live-Set noch nicht so direkt von Platte übertragen können. Klar, ich mache jetzt schon ziemlich lange Musik. Aber ich muss mich auch noch daran gewöhnen, dass da ein Schlagzeuger sitzt, mit dem ich spiele. Mit dem Dennis fruchtet das sehr gut. Der Dennis macht einen ausgezeichneten Job. Aber da muss ich auf jeden Fall proben. Da wäre ich jetzt auch nicht zu eitel zu sagen, da stehe ich gern im Mittelpunkt mit dem Keyboard auf die Bühne. Fangen wir dann zu spielen an, muss ich einfach kämpfen. Das macht aber auch Spaß, sich einzugrooven und dann wirklich seinen Puls zu finden. Dann geht auch das Spielen noch mal leichter. Dafür haben wir dann auch unseren eigenen Sound und können den optimal rüberbringen.

Wie schwer war es für dich, einen Bandnamen zu finden?

Es hat ein bisschen Zeit gebraucht. Wenn ich dann mal einen hatte, gab es schon eine Band, die sich den bei MySpace gesichert hat. Als ich dann auf IN LEGEND kam, war ich sehr froh, dass den noch niemand hatte.

Ihr seid jetzt bei SPV. Was macht in deinen Augen eine gute Plattenfirma aus? Nach was habt ihr gesucht?

Das hat bei uns eine Vorgeschichte. Wir waren sechs Wochen lang bei einem Major-Label unter Vertrag, nachdem wir ein Jahr lang mit denen verhandelt haben. Nachdem wir da losgekommen waren, war ich überzeugt, dass wir kein Label brauchen. Letztlich hatte ich die Erfahrung gemacht, dass wenn man gut organisiert ist und viel durchgemacht hat, geht es einfach heutzutage nicht nur ausschließlich um Musik. Es sei denn, es macht einen glücklich, wenn man ewig im Proberaum bleibt. Aber von dem allerersten Moment an, wo du ein Plakat an die Außenwand deines Proberaums hängst und gesehen werden möchtest, brauchst du ein gewisses Organisationstalent. Wir haben bei IN LEGEND nicht nur drei Leute, die auf der Bühne stehen, sondern auch noch drei Leute im Hintergrund. Das ist einmal der Robert, die Lisa und der Rene. Der Robert ist zum Beispiel der, der das Pandemonium-Video gemacht hat, die Lisa promotet viel und der Rene im Netz installiert. Als Team haben die an vielen Stellen gleichzeitig ihre Finger im Spiel. Eine Plattenfirma als solche macht dann Sinn, wenn sie Potenzial in dir sieht und an dich glaubt. Und dich fördert durch a) Kontakte und b) Kohle. Da geht es vor allem um die Präsenz und darum, die Außenwahrnehmung zu beschleunigen. Da macht es schon Sinn, auf ein Plattenlabel zurückzugreifen. Musik im Internet ist eine Alltäglichkeit geworden, die man auch selbst einsetzen kann. Von daher sollte sich eine Band als solche schon fragen, was will ich? Welches Publikum stelle ich mir vor? Und wie erreiche ich es? Man kann mittlerweile aus eigener Kraft mehr erreichen als vor zehn, 20 Jahren. Nichtsdestotrotz ist die Straße das Pflaster, wo man sich als Band am meisten aufhalten sollte. Beantwortet das deine Frage?

Ja, gerade weil es nicht mehr die klare Rolle gibt: Die geben einem Geld, man gibt sein Album ab, die verkaufen das und schicken einen auf Tour und fertig.

Wenn du dich fragst, warum man sich nach sechs Wochen von einem Major-Label trennt, dann ist genau das passiert, wo das Label sich nicht mehr so sicher war. IN LEGEND machen jetzt keine 08/15-Mucke, die man von anderen Bands kennt, die auf dem Planeten ihr Unwesen treiben. Da braucht man schon ein bisschen Eier dazu zu sagen, ok, cool, das probiere ich jetzt mal aus. Das war leider nicht der Fall, beziehungsweise es wurde dann versucht, Einfluss zu nehmen, sodass wir dann gesagt haben, das funktioniert wohl leider nicht. Dann sollen lieber Musiker casten, denen Lieder auf den Leib schreiben und sie zum Spielen rausschicken. Wenn man damit glücklich wird, dann kann man das machen. Ich für meinen Teil brauche so einen Geschäftspartner nicht. Wenn du da Vertrauen und Loyalität hast und sagst, du machst die Mucke und ich bin derjenige, der versucht, das zu unterstützen, dann ist das cooles Team-Building, beziehungsweise eine Zusammenarbeit, wie sie bislang mit SPV war, die einen sehr geilen Job machen. Das macht viel Spaß.

Bastian

Mit welcher Band würdest du gerne mal auf Tour gehen?

Ob das jetzt zu Metal oder VAN CANTO passt, weiß ich nicht. Mit MOTÖRHEAD würde ich sofort alles machen. Da würde ich auch die Kaffeebecher tragen. Da wäre auch Daniel, unser Bassist, sofort dabei. Ansonsten gibt es Unmengen geiler Bands. Ich könnte mir sehr gut eine sehr gute Zusammenarbeit vorstellen mit Leuten, die gar nicht aus dem metallischen Bereich sind, sondern beispielsweise ein Orchester. Ich bin auch sehr dem Elektronischen zugetan. Das ist wie mit einem großen, weiten Meer: Wo willst du hinfahren? Da gibt es eine Menge. Vor drei Tagen habe ich ein Interview mit METALLICA gelesen, da würde ich wahrscheinlich auch nicht Nein sagen. Ich war jetzt gerade als Drummer mit ORDEN OGAN auf Tour im Vorprogramm von GRAVE DIGGER. Das hat auch tierisch Spaß gemacht. Das ist jetzt keine Band, wo ich sagen würde, die passt zu IN LEGEND, aber wenn man auf Tour ist, entsteht eh immer so eine eigene Energie.

Wo ist der Unterschied zwischen einem Klavier, also einem Flügel, und einem Keyboard beziehungsweise eben Klavier-Samples?

Ich würde sagen im Gewicht, in der äußeren Erscheinung und der Art und Weise, wie man es bespielen kann. Das akustische Klavier als solches hat eine eigene Energie. Komponieren ist für mich am Keyboard deshalb deutlich schwerer, weil da auch viel weniger Nuancen in Echtzeit entstehen, wenn man versucht, etwas Neues zu erschaffen. Ein Keyboard ist dann eben sehr dankbar, wenn du auf Tour gehst. Wir haben auch feststellen müssen, dass die Angebote von Klavier-Endorsements nach dem Pandemonium-Video deutlich zurückgegangen sind, so dass wir dadurch ohnehin auf ein Keyboard zurückgreifen mussten. Aber es macht das Abnehmen viel einfacher. Die Art und Weise, wie wir das Klavier einsetzen hat ein paar Spielweisen, wo es mit einem normalen Klavier gar nicht möglich wäre zum Beispiel sehr schnelle Akkordwechsel zu spielen. So eine Klaviersaite ist schon ziemlich träge und ein Filz schafft es nicht, eine Saite so schnell zum Stoppen zu bringen. Im Studio haben wir viel ausprobiert mit richtigem Klavier und auch mit synthetischem Klavier und die Mischung war spannend. Vor zehn Jahren klang das alles noch sehr aus der Konserve. Heutzutage gibt es wirklich fantastische Samples.

Könntest du dir vorstellen, wenn du einen Goldesel hättest, mit einem richtigen Klavier auf Tour zu gehen?

Auf jeden Fall, ja. Also ehrlich gesagt ist das das Ziel. Jeder hat ja so eine kleine Vision.

Du hast bereits erwähnt, dass du noch bei anderen Bands und Projekten beteiligt bist. Wie schwierig ist es dabei, mit Terminkonflikten und sonstigem organisatorischem Kuddelmuddel klarzukommen?

Ja, das ist schwierig. Aber die größte musikalische Verpflichtung ist gerade, was den zeitlichen Rahmen angeht, VAN CANTO. Mit dem Stef, der VAN CANTO gegründet hat, mache ich schon ewig lange Musik. Er ist ein guter Freund und unterstützt uns auch bei musikalisch und bei der Planung. Von daher geht es noch. IN LEGEND sind jetzt live deutlich aktiver. VAN CANTO hat die letzten zwei Jahre unheimlich viel gespielt. Ich kann mir vorstellen, dass das auch wieder zurückgeht und zu mehr mehr Freiraum für IN LEGEND führt. Der Daniel hat noch die RAZORBLADES, so eine Surf-Rock`n`Roll-Kapelle, wo Stef und ich früher auch mitgezockt haben. Die touren unheimlich viel in ihrer kleinen Nische. Das ist sehr geile Mucke, aber da muss man wesentlich mehr live spielen als anderswo, wo man durch die Plattenläden bekannt wird. Da muss man einfach schauen, wann für Konzerte Zeit ist. Aber ich glaube, dass wir IN LEGEND weiter auf die Straße bringen.

Kannst du surfen?

Ich habe es mal probiert und wurde drei Kilometer weit weg gespült, bis ich wieder an Land kam. Da dachte ich mir, ich schau denen sehr gerne zu, die das können und mit den Naturgewalten spielen, aber ich muss da nicht unbedingt mitmischen. Aber der Daniel surft gerne.

Wie stehen die Chancen, dass IN LEGEND mal ein Lied von JESTER´S FUNERAL spielen, wo du früher getrommelt und Lieder geschrieben hast?

Also wenn du ein aufmerksamer JESTER´S FUNERAL-Hörer bist, dann wirst du auf dem IN LEGEND-Album auf jeden Fall einen Refrain finden, den du in einem JESTER´S FUNERAL-Song schon einmal gehört hast. JESTER´S FUNERAL kommt immer mal wieder hoch. Es gibt da ein paar Ideen, die ich gerne noch einem größeren Publikum vorstellen würde.

Wer ist der bessere Schlagzeuger: Dennis oder du?

Ich sage mal, beide Schlagzeuger sind genau in der richtigen Band eingesetzt. Ich hatte die IN LEGEND-Platte aufgenommen, als ich leider noch gar keinen Schlagzeuger hatte. Für die Tour hatten wir dann einen, der zwei Wochen vorher abgesprungen ist, warum auch immer. Daniel und ich saßen dann ziemlich verzweifelt im Proberaum, als der Dennis auf einmal in der Tür stand. Ich kannte ihn von früher; wir haben immer mal wieder Schüler hin und her geschoben. Er hat sich dann hingesetzt und Me Against The Wall gespielt. Danach meinte, treffen wir uns morgen wieder. Dann ist er auf die erste Tour mitgekommen, das war sozusagen seine Feuertaufe. Danach war er dann mittendrin in der Band. Und jetzt haben ich die beiden Ds – den Daniel und den Dennis.

Fotos: Jutze(at)vampster.com

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