HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVAL mit NECROPHOBIC, EVILE, HATRED, TIMOR, MANIFEST (CH) und RÄTIER: Transilvania Club Erstfeld, 02.05.2009

Eine ausgewogene Mischung aus nationalen und internationalen Acts und gute Preise: das HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVAL im Erstfelder Transilvania Club geht in die dritte Runde…
 

Bereits zum dritten Mal findet an diesem zweiten Mai das HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVAL im Erstfelder TRANSILVANIA statt. Wie in den vorherigen Jahren setzen die Veranstalter trotz meist freundlichem Maiwetter auf ein Indoor-Festival (schließlich kann sich das meist blitzschnell in einen hartnäckiges Gewitter verwandeln) und warten mit einer ausgewogenen Mixtur aus Schweizer und internationalen Acts auf. Dazu gesellen sich anständige Preise – Bier offen gibt es für vier Franken, Alkoholfreies ebenso. Pizza für Vegetarier ist ebenfalls vorhanden, während die karnivoren Extrem Metaller unten vor dem Club den Grillgott mit einem Besuch beehren.

 RAETIERdaniel2009vonAndreasSzabofuerVampster
 Fronter mit Power: Daniel Patzen

Um 18 Uhr öffnen sich die Tore des TRANSILVANIAs und eine halbe Stunde später steht die Bündner Truppe RÄTIER auf den Brettern. Viel Publikum gibt es zu dieser frühen Stunde noch nicht zu verzeichnen, geschätzte dreißig Metaller tummeln sich im leer wirkenden Club. Immerhin, vor der Bühne hat sich eine Traube Hartgesottener eingefunden, die fleißig bangen und Stimmung machen. Die seit vier Jahren bestehende Band dankt es ihnen mit anständig gespieltem Melodic Death Metal. Zwar nervt der Triggerdrumsound, aber dafür scheinen RÄTIER keine Timingprobleme zu haben. Die Setliste setzt sich – wenig überraschend – aus Songs zusammen, die auf der ersten Promo-CD zu hören sein werden. In Tracks wie Symphony of dying Angels, Dispair of Rain und Dreaming of free Rätia zeigen die Schweizer durchaus einiges an technischer Versiertheit. Dies liegt nicht zuletzt an Fronter Daniel Patzen, der seine TASTE OF TEARS-Erfahrung mit Gitarrespielen und breitgefächertem Gesang einbringt. Gerade im Gesanglichen lassen sich allerdings noch Schwächen ausmachen – während Grunts und aggressives Geshoute solide daherkommen, hapert es bisweilen bei den cleanen Gesangparts. Dafür punkten RÄTIER dann wieder mit schönen Basslines in Silent Death und schließen mit Ruin ihre Vorstellung ab. Alles in allem hinterlassen sie einen soliden Eindruck, allerdings könnten die Songs noch einen Schuss mehr Wiedererkennungswert vertragen, um sich vom Gros der anderen Genrevertreter deutlicher abzuheben.

 MANIFEST2009vonAndreasSzabofuervampster
 Sonst bei EXIT aktiv: MANIFEST-Basser Steve

Der Auftritt RÄTIERs zeigt gleich eine Eigenheit des HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVALs, welche es von anderen Anlässen unterscheidet. So bekommt auch eine lokale Truppe ohne Plattenvertrag eine angemessene Spielzeit und wird nicht mit einem 20 Minuten Mini-Gig abgespeist. Nach einer kurzen Umbaupause betreten MANIFEST aus Sursee die große Bühne, und machen nach einem Klimperpianointro klar, dass bei ihnen ein wesentlich old schooligerer Death Metal-Wind weht. Ein Blick auf das Shirt von Sänger Robbie liefert gleich eine Teilerklärung – denn BABYLON SAD stammen etwa aus der gleichen Epoche wie MANIFEST.

Letztere haben sich erst gerade wieder reformiert, doch ihr Sound klingt noch immer nach den alten todesmetallischen Zeiten zu Beginn der 90er. Deutlich roher gehen die Schweizer zu Werk und heizen das Publikum mit Songs ihres 1993er Werkes Evil Side Of Mind an. Tracks wie Final Fall oder Dark Side of your Soul bringen etwas Bewegung ins Publikum, auch wenn die Band an sich etwas statisch wirkt. Applaus gibt es von der nun langsam wachsenden Meute trotzdem und beim OBITUARY-Cover von Back to One (vom The End Complete-Werk) kommen dann die alten Death Metal-Hasen ebenfalls auf ihre Kosten. Mal schauen, ob und wie MANIFEST ihre Diskographie jenseits der 90er Jahre noch erweitern…

 HATRED2009vonAndreasSzabofuerVampster
 Geben live tüchtig Gas: HATRED

Um viertel nach acht ist es mit HATRED Zeit für die erste internationale Truppe des Abends. Das Schweinfurter Quintett gibt sich von der ersten Sekunde an extrem energiegeladen. Sänger Bacchus scheint einen Boden-mit-der-Mähne-aufwisch-Wettbewerb mit sich zu führen, allerdings lenkt dies nicht von Drummer Daniel ab, der hier und da gar Kreisbanging-Künste vorführt. Musikalisch gibt sich die jung wirkende Band modernen Thrash Metal-Klängen hin. Nicht nur im Titeltrack der ersten Scheibe – Fractured by Fear – wird mal zügig galoppiert und das frickelige Gitarrensolo ausgepackt. Mit We Are The Mosh Crew vom aktuellen Album Madhouse Symphonies schlagen die Bayern dann eher in die Party-Kerbe und Fronter Bacchus schafft es mit der Aufforderung Kommt doch bitte mal alle drei Schritte nach vorn, dass sich das Publikum näher an die Bühne herantraut. Langsamere Parts werden ebenfalls eingestreut, aber man merkt, dass HATRED es am liebsten zügig und technisch ausgefeilt mögen. Coole Performance!

 TIMORlukas2009vonAndreasSzabofuerVampster
Schreit und springt für Aeons Of Despite: TIMOR-Fronter Lukas

Ab zwanzig nach neun gehört die Bühne dann TIMOR. Leider hört man die einzige Gitarre des Schweizer Quartetts nicht gerade differenziert raus, aber als Ganzes treten die Jungs mit einem wuchtigen Sound an den Start. In Sachen Bewegung tut die Truppe es den Vorgängern HATRED gleich und Sänger Lukas zeigt neben Bangingaktivitäten seine Sprungkraft und feuert das Publikum mit Mitbrüll-Chören erfolgreich zu mehr Aktivität an. Dass die Truppe zurzeit noch den Weggang von Gitarrist Panos verkraften muss, fällt angesichts der Performance nicht auf. Lieber wartet man mit modernen Death / Thrash-Klängen auf und präsentiert ausschließlich Material vom aktuellen Album Aeons Of Despite. Die Zürcher zeigen in Songs wie Morbid Crusade, Downfall Of Humanity und Ruled By Betrayal, dass sie Pfeffer im Arsch haben, man nicht auf gezupfte Bass-Solos verzichten muss und TIMOR eine routinierte Live-Band sind. Mit Prophet / Messiah / Deceiver, Nemesis, Warhead und Aeons Of Despite wird dies nur noch klarer und Fronter Lukas verkündet bezüglich Merchandise gleich noch Aldi Kampfpreise, weswegen Aeons Of Despite an diesem Abend für lediglich zehn Schweizerfranken erhältlich ist. Obwohl man den Zürchern nicht attestieren kann, dass sie mit wirklich neuen Songideen oder einem viel Eigenständigkeit aufwarten, so vermögen sie es sehr wohl, ihre kraftvolle Mucke technisch sauber rüberzubringen und mächtig für Stimmung zu sorgen. Nach What Lies Beneath ist Schluss und die Temperatur im Saal merklich gestiegen.

 EVILE2009vonAndreasSzabofuerVampster
Englische Thrash Power: Basser Mike Alexander von EVILE

Das kommt den englischen Thrashern von EVILE nur entgegen. Die klare SLAYER-Schlagseite in der Mucke des britischen Quartetts stößt auf breite Begeisterung. Was mit einer bangenden ersten Reihe beginnt, weitet sich nach The Armored Assault vom aktuellen Album Enter The Grave zu einem veritablen Circle Pit aus. Nicht nur beim Uralt-Song Killer From The Deep der ersten EP All Hallows Eve wird gemosht, was das Zeug hält. Die schleppenden Passagen liefern kaum genügend lange Verschnaufspausen, um sich der nächsten Attacke hinzugeben. Zwar wirken EVILE ein bisschen weniger bewegungsfreudig als TIMOR auf der Bühne, aber das hält den Vierer nicht davon ab, den Wärmepegel nochmals anzuheben. Klar sind SLAYER-mäßige Riffs nicht innovativ oder eigenständig, aber das Publikum dürstet es zu dieser späteren Stunde eher nach Abrissbirnen als kopflastigem Gefrickel. Technisch einfältig sind EVILE indes nicht – es groovt und alles sitzt, wo es sitzen soll. Guter Gig!

Die Umbaupause für NECROPHOBIC dauert geringfügig länger, andererseits rückt der Veröffentlichungstermin von Death To All näher (am 29. Mai ist es endlich soweit), weswegen die Vorfreude auf eine weitere Performance neuer Songs die Wartezeit angenehm vertreibt. Gleichzeitig kann man in dieser Pause gleich das Merchandise-Angebot der Stockholmer unter die Lupe nehmen. So haben sie speziell für diesen Anlass Shirts gedruckt inklusive Death To All-Cover-inspiriertem Baphomet und Necrogramm. Preislich unterbieten die Schweden mit gerade mal 18 Schweizer Franken (ca. 11 Euro) zudem noch manche Newcomerband.

 NECROPHOBICAlexHardstyleEvolutionvonAndreasSzabo
Herr der tiefen Töne: Alex

Zu den Klängen ihres neuen Intros betreten NECROPHOBIC die Bühne und eröffnet den Gig mit bewährter Meisterkost – Black Moon Rising und Spawned By Evil vom 1997er-Werk Darkside erfreuen gleich schon mal vereinzelte Fans der alten Zeiten. Wie in jüngster Zeit häufiger der Fall haben die Schweden wiederum Blut und Corpsepaint mitgebracht, verzichten im Übrigen jedoch auf Bühnenextras. Mit I Strike With Wrath rückt das Quintett dann in Richtung glorreiche Hrimthursum-Zeiten vor. Obwohl vom Bass soundtechnisch wenig zu hören ist, wird klar, dass sich Band-Neuzugang Alex gut ins Gesamtbild einfügt und sich die Größe der Bühne positiv auf den Bewegungsradius der nekrophoben Viererfront auswirkt.

Mit Revelation 666 kündigt der diesmal in rot gewandete Fronter Tobias dann den ersten Song des aktuellen Death To All-Albums an. NECROPHOBIC geben sich in diesem Song von ihrer eher schwarzmetallischen Seite, verwerfen aber nicht ihre charakteristische Handschrift. Bisweilen schleichen sich spielerische Unsicherheiten ein, doch die Schweden spielen darüber hinweg und konzentrieren sich stattdessen auf die Performance. Mit Awakening reisen sie wieder zurück in der Zeit und erinnern an die Nocturnal Silence-Ära, während die Hymne For Those Who Stayed Satanic die Vorfreude auf Death To All weiter schürt.

 NECROPHOBICsebastianHardstyleEvolutionvonAndreasSzabo
Erkämpfte Gitarrenarbeit: Sebastian

Allerdings zeigt sich trotz der Stärke dieses neuen Songs, dass NECROPHOBIC mit Soundproblemen zu kämpfen haben. Während dem Hrimthursum-Track The Crossing werden diese unüberhörbar, da ihnen der Leadgitarrensound zum Opfer fällt und sich die Band regelrecht durch den Song durchwürgen muss. Während dem abwechslungsreichen und anspruchsvollen Death To All-Opener Celebration Of The Goat sind die Schwierigkeiten noch nicht gebannt. Davon lenkt auch die neue Publikumsmitbrüll-Routine Death To All (die offensichtlich das frühere Fuck You Christ-Manöver während Nailing The Holy One abgelöst hat) nicht ab. Allerdings ringt sich Leadgitarrist Sebastian danach dazu durch, sich für die verpatzen Gitarrenlines selbst zu entschuldigen – ein selten zu beobachtender Zug von Leadgitarristen und trotz geschehener akustischer Schmach ein Zeichen von Größe.

 NECROPHOBICTobiasHardstyleEvolutionvonAndreasSzabo
Rot gewandeter Teufelspriester: Tobias

Nach Nailing The Holy One verlassen die Schweden für das The Slaughter Of Baby Jesus-Intro kurz die Bühne und zeigen mit Blinded By Light, Enlightened By Darkness, wie schnell sie sich wieder fangen können. Leider kriegt dies ein nicht mehr so großes Publikum mit – viele Festivalbesucher beeilen sich lieber, um noch den letzten Zug aus Erstfeld raus zu erwischen. Mit ihrem Klassiker The Nocturnal Silence zeigen sich NECROPHOBIC dann nochmals von ihrer starken Seite und bringen den Gig doch noch zu einem guten Ende. Die Stockholmer haben definitiv schon bessere Gigs gespielt als diesen – aber handkerum zeigt ihre Fähigkeit, sich wieder zu fangen auch, wie sie seit 20 Jahren im Geschäft sein können und in Zukunft garantiert wieder stimmigere Auftritte bieten werden.

Nach Mitternacht verstummen die letzten Live-Töne und die Festivalbesucher lassen ihr HARDSTYLE EVOLUTION FESTIVAL noch gemütlich bei einem Bierchen ausklingen. Bevor es auf den Heimweg geht, geben die Auftritte noch einiges an Diskussionsstoff her – ein gutes Zeichen für die Bandauswahl, die hoffentlich auch in Zukunft für interessante Live-Kost im TRANSILVANIA sorgt.

Fotos und Titelgraphik: Andreas Szabo
Layout und Text: Arlette Huguenin Dumittan

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