FEAR FACTORY: Zu viele Experimente!

FEAR FACTORY haben mit "Mechanize" ein starkes neues Album veröffentlicht und sind zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Tour. Klar, dass wir uns das nicht entgehen lassen und Burton vor dem Konzert in der Kölner Essigfabrik zur Rede stellen.  

FEAR FACTORY haben mit Mechanize ein starkes neues Album veröffentlicht und sind zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Tour. Klar, dass wir uns das nicht entgehen lassen und Burton vor dem Konzert in der Kölner Essigfabrik zur Rede stellen.


Hey Burton, herzlichen Glückwunsch zu Mechanize, ich mag das  Album sehr gerne. Aber meiner Meinung nach, hättet ihr es auch Re-Re-Manufacture nennen können.

Da stimme ich dir nicht zu. Ich denke Mechanize ist stärker als Demanufacture, viel reifer. Es ist eine Rückkehr zum alten Sound von FEAR FACTORY, ohne sich zu wiederholen.

Mechanize klingt deutlich aggressiver als alle Alben seit Obsolete zusammen. Ich schätze mal das passiert, wenn eine Band durch harte Zeiten geht, nicht wahr?

Das war vielleicht auch ein Aspekt, aber es hatte vor allem viel mit der Energie zu tun, die dadurch freigesetzt wurde, dass wir wieder zusammen sind. Es hat auch damit zu tun, in den letzten zehn Jahren in den USA in dieser Welt gelebt zu haben. Das Album ist deutlich schneller und aggressiver, es ist definitiv aggressiver als alles seit Demanufacture

Du hast gerade über das Leben in den USA in den letzten zehn Jahren gesprochen. Ich denke viele Leute haben eine Menge Hoffnung in Barack Obama gesteckt. Wie ist die Situation jetzt?

Er gibt sein bestes, aber er muss mit dem Kongress klar kommen und die Republikaner tun alles, damit er nichts umsetzen kann, denn ihr einziges Ziel ist es, ihn versagen zu sehen. Er tut das Beste unter den Gegeben Umständen und den Leuten, mit denen er arbeiten muss. Es war ein guter Schritt für Amerika. Das Land brauchte einen Wechsel und ein schwarzer Präsident, ein junges, frisches Gesicht im weißen Haus hat dem Image von Amerika gut getan.

Besonders du klingst auf dem neuen Album echt angepisst. Was haben die anderen mit dir gemacht, dass du so aggressiv klingst?

Ha ha ha, das war die Aufregung. Ich schreibe über Dinge, die mich leidenschaftlich interessieren und die Zusammenarbeit mit Dino und Rhys, die Begeisterung wieder mit den beiden zusammen zu arbeiten, die ganze Produktion hat einfach das Beste aus mir heraus geholt. Wenn du über etwas schreibst, dass deine Leidenschaft ist, dann solltest du alles geben.

FEAR
Sind wieder dicke Kumpels – Burton C. Bell (v) und Dino Cazares (g) 

Auf Demanufacture hattet ihr Piss Christ, nun Christploitation. Du bist also wohl immer noch kein großer Freund des Christentums?

Nicht im Geringsten. Ich wurde christlich erzogen, habe aber viel über den Islam und über Hinduismus gelesen. Für Jahrhunderte war das Christentum ein Synonym für Kontrolle, Angstherrschaft und Tod. Es ist die Ausbeutung der guten Arbeit eines Mannes, die völlig korrumpiert wurde. Es ist die Ausbeutung des Glaubens.

Ich denke, Teile der Botschaft des Christentums wie Nächstenliebe sind eine gute Sache, wenn man danach leben möchte. Doch es wird vom Menschen pervertiert.

Pervertiert, richtig. Es ist eine Parabel, die aber wortwörtlich genommen wird. Du sollst eine Bedeutung darin finden und es nicht Wort für Wort Glauben.

Ich mag die Piano-Parts bei dem Song wirklich sehr.

Rhys hat einen großartigen Job gemacht. Ich bin so froh, dass er ein Teil dieses Albums ist, er hat auf Mechanize wirklich geglänzt. Er wusste genau, was er zu tun hatte. Er wollt unserem Sound eine neue Facette hinzufügen, ihn erweitern.

Es gibt dem Song eine schaurige Atmosphäre.

Oh ja, und das ist es, was wir an der Arbeit mit Rhys immer genießen.

Das Einzige, was ich vermisse, ist ein Song mit einem richtig großen, klar gesungenen Chorus wie zum Beispiel beim Titeltrack von Archetype.

Wovon redest du, was ist denn mit Final Exit? Abgesehen davon wollen wir uns nicht wiederholen, du kannst nicht immer wieder dieselben Sachen machen. Und wie du schon sagtest: Da ist Archetype, warum sollten wir das noch mal machen. Wir sind nicht AC/DC. Wir müssen nicht den selben Song immer und immer wieder schreiben. Wenn wir das getan hätten, dann wäre es nicht so gut wie Archetype. Außerdem haben wir ähnliche Songs, wir haben Zero Signal, wir haben Piss Christ, Self Bias Resistor, sogar Industrial Discipline. Wir haben viele solcher Songs.

FEAR
Gene ist einer der Top 5-Schlagzeuger der Welt – Burton über den neuen FEAR FACTORY-Drummer Gene Hoglan

Hattest du Befürchtungen, dass die Leute Mechanize eventuell nicht mögen würden? Auf der einen Seite ist es ein sicheres Album, da es sehr nach euren stärksten Alben klingt, andererseits könnte es sein, dass die Fans, die eure Experimentierfreudigkeit mochten von Mechanize enttäuscht sein könnten, da es nicht so viel Neues bietet wie die letzten Alben.

Wir haben mit FEAR FACTORY so viel experimentiert, dass wir Fans verloren haben, insbesondere auf den letzten drei Alben. Die Fans wollen den Sound hören, der FEAR FACTORY geprägt hat und mit der Rückkehr von Dino war es klar, dass wir wieder so klingen würden. Nein, ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, was die Fans denken würden, denn ich denke, dass wir ein unglaubliches Album aufgenommen haben. Und wer einen zweiten Teil von Transgression will, kann ja ARKAEA hören. Ich selbst mache mir keine Gedanken darüber, was die Fans denken könnten, denn es ist meine Kunst und wenn du dein Bestes gibst und deine Leidenschaft hinein steckst, werden die Leute das sehen. Wir haben auf diesem Album auch viel experimentiert. Wir haben einen neuen Drummer, wir haben unser erstes Gitarrensolo. FEAR FACTORY haben immer viel experimentiert.

Wie hast du dich gefühlt, als ihr Dino damals aus der Band geworfen habt. Immerhin war er ja eines der Gründungsmitglieder.

Frag ihn…

Na ja, du warst damals ja auch in der Band. Wie hast du dich gefühlt, als er die Band verlassen hat?

Nächste Frage.

Wie seid ihr beiden wieder zusammen gekommen?

Ich war mit MINISTRY auf Tour und Dino war auf dem Konzert in Los Angeles. Es war genug Zeit vergangen, so dass sich der Frust und die Wut der Vergangenheit gelegt hatten. Als ich ihn auf dem Konzert gesehen habe, bin ich einfach zu ihm gegangen und habe Hi gesagt. Nach der Show haben wir uns unterhalten und Nummern ausgetauscht. In den folgenden Monaten haben wir durch Telefongespräche wieder zueinander gefunden und unsere Freundschaft erneuert.

Ihr seid jetzt bei AFM Records. Gab es noch andere Angebote? Was ist mit eurem alten Label Roadrunner Records?

Da waren viele andere interessierte Firmen, aber Roadrunner waren einfach nicht mehr die richtige Firma. Wir sind zu dem Label gegangen, dass uns den Deal gegeben hat, den wir haben wollten. Mit einer Band in diesem Alter musst du nicht mehr jeden Vertrag annehmen, du kannst deine eigenen Bedingungen stellen und das haben wir getan. AFM haben das angenommen und uns einen großartigen Vertrag gegeben. Sie haben einen guten Vertrieb und haben uns sehr gut behandelt. Was Roadrunner angeht: Roadrunner in Europa unterscheidet sich deutlich von Roadrunner in den USA, in Europa sind sie viel besser. Aber in den USA… wir haben da nicht mal drüber nachgedacht.

Ich habe gelesen, dass Raymond und Christian euch verklagen wollten, wenn ihr irgendwas unter dem Namen FEAR FACTORY veröffentlicht. Nun habt ihr ein neues Album und seit auf Tour, beides ohne die zwei. Ich nehme also an ihr habt euch irgendwie geeinigt?

Das hat sich erledigt. Ich habe die beiden verklagt und nicht anders herum. Sie haben viel darüber gesprochen, aber vorher habe ich sie verklagt. Fans sollten solche Dinge nicht wissen, es sollte immer ein gewisses Mysterium um eine Band geben. Es war dumm von Raymond und Christian darüber zu reden, sie hätten die Leute da raus halten sollen.

FEAR
Ich denke, dass wir ein unglaubliches Album aufgenommen haben – Burton ist mit Mechanize sehr zufrieden. 

Würdest du die beiden unter irgendwelchen Umständen wieder zurück in die Band holen?

Nein. Raymond will auch gar nicht mehr in der Band sein. Sie hatten über vier Jahre ausreichend Gelegenheit dafür zu sorgen, dass es funktioniert und das haben sie nicht.

Nun habt ihr Gene Hoglan als Schlagzeuger. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt gekommen?

Über Byron. Wir brauchten einen Schlagzeuger und haben über mögliche Kandidaten nachgedacht. Aber niemanden angerufen. Byron meinte dann, dass wir mal Gene anrufen sollten. Also haben wir das getan und er hat zugesagt. Es war echt einfach. Gene ist einer der Top 5-Schlagzeuger auf der Welt, einer der besten Metal-Schlagzeuger der Welt. Wenn du einen wirklich guten Metal-Schlagzeuger suchst, sollte das Gene Hoglan sein.

Wirst du das ASCENION OF THE WATCHERS-Projekt weiterführen?

Ja, das werde ich. Ich schreibe neue Musik und plane Shows in Europa dieses oder nächstes Jahr. Das ist meine Herzensangelegenheit. Es wird niemals eine normale Band sein, die immer tourt, es wird etwas besonderes sein, ein spezieller Event.

Hast du mit ASCENSION OF THE WATCHERS schon in Europa gespielt?

Nein, ich musste die Tour absagen weil die Promoter Schiss bekommen haben, weil die Tickets sich nicht verkauft haben. Also hatte ich keinen Tour-Support und musste die ganze Sache absagen, was wirklich sehr traurig war. Aber ich wollte mich da natürlich nicht ruinieren.

Du könntest ja zusammen mit FEAR FACTORY auf Tour gehen. Es sollte doch kein Problem sein, mit zwei Bands pro Abend zu singen, ha ha ha.

Nein, das kann ich nicht machen. Es mag Leute geben, die das können, aber ich nicht.

Wenn du zurück blickst, wie siehst du die beiden Alben Archetype und Transgression, die ja ohne Dino veröffentlicht wurden, mit ein wenig Distanz?

FEAR
Ich selbst mache mir keine Gedanken darüber, was die Fans denken könnten, denn es ist meine Kunst und wenn du dein Bestes gibst und deine Leidenschaft hinein steckst, werden die Leute das sehen – Burton C. Bell

Es waren gute FEAR FACTORY-Alben. Wenn du dir die Albumtitel ansiehst: Archetype war das erste Album ohne Dino, es war eine Version von FEAR FACTORY, das ist es, was Archetype bedeutet. Es war kein sehr experimentelles Album, es hat den FEAR FACTORY-Sound nicht nach vorne gebracht, es war eine Version davon. Aber es waren einige gute Songs auf dem Album. Der Titel Transgression beschreibt genau, was diese Album ist, eine Überschreitung des FEAR FACTORY-Sounds, es war gegen den Strom. Auch hier gab es einige gute Songs, aber wir haben viele Fans verloren, es waren zu viele Experimente. Manchmal sind Experimente nicht gut, manchmal muss man weniger experimentieren, denn dieses Experiment hat FEAR FACTORY nicht gut getan.

Werdet ihr die beiden Alben auf Tour komplett ignorieren?

Wir werden momentan keine dieser Songs spielen. Dino will das nicht, aber man weiß ja nie. Wir haben ja noch jede Menge andere Songs.

Das habe ich mir gedacht. Ich hätte den Titeltrack von Archetype gerne gehört, das ist für mich einer der besten FEAR FACTORY-Songs.

Es ist ein guter Song, ja.

Und was hältst du von ARKAEA, dem neuen Projekt von Raymond und Christian? Hast du das Album mal gehört?

Nein, nur ein wenig und das war ok. Es war definitiv nicht das FEAR FACTORY-Album, das sich geplant hatte. Deren Ideen für FEAR FACTORY und die von mir und Dino sind zwei völlig verschiedene Sachen. Ist nicht meine Baustelle.

Für welchen Science Fiction-Film hättest du gerne den Soundtrack geschrieben?

Wenn John Carpenter oder Ridley Scott einen neuen Film machen würde ich gerne den Soundtrack schreiben, kommt aber auch auf die Story an. Ansonsten mag ich alle Soundtracks aller Filme die ich gesehen habe.

Das war es, danke für deine Antworten. Hast du noch etwas, das du loswerden möchtest?

FEAR FACTORY werden im Sommer zurück kommen und Festivals sowie eine Clubtour spielen.

Ok, danke dir!

 

Bilder: (c) AFM Records

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner