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ELUVEITIE: Fliessendes Warmwasser ist eine verdammt geile Sache!

Während Bandkopf Chrigel früher Bestellungen für das Demo "Vên" per E-mail empfangen hat, sind es dieses Mal einige Interviewfragen – und dabei kommt der Schweizer nicht nur auf die Musik zu sprechen, sondern äußert sich auch zu den Helvetiern, Caesar und Asterix…

 

ELUVEITIE sind einerseits Exoten in der Schweizer Metalszene, allerdings wohl gleichzeitig eine der erfolg- und mitgliederreichsten helvetischen Bands der Gegenwart. Die Lösung des Problems drittes Album, welches ja all diese Spekulationen, Gerüchte und Make-it-or-break-it Weisheiten heraufbeschwört, haben die Schweizer mit dem ruhigen Album Evocation I – The Arcane Dominion präsentiert. ELUVEITIE zeigen hierauf ihre zarteren Saiten und Seiten, heben sich mittels Gebrauch der gallischen Sprache angenehm von anderen Bands ab und haben gleich eine beachtliche Schar von Gastmusikern am Start. Während Bandkopf Chrigel früher Bestellungen für das Demo Vên per E-mail empfangen hat, sind es dieses Mal einige Interviewfragen…

Erstmal Kompliment für das dritte Album Evocation I – The Arcane Dominion. Mutig, so ein ruhigeres Album zu machen. Warum habt ihr euch für diesen eher akustisch-cleanen Weg entschieden fürs sogenannte Make it or break it-Drittalbum?

Merci! Oh, von dieser Make-it-or-break-it-Regel wusste ich gar nichts… scheisse, haha! Nun, wir hatten die Idee, mal was komplett akustisches zu machen schon seit einer Ewigkeit. Während der Realisation unseres letzten Albums Slania wurde dann parallel auch diese Akustik-Idee konkreter und ich begann, ein Konzept auszuarbeiten. Natürlich hätte es keinen Sinn gemacht, damals gleich zwei Alben zu veröffentlichen. Aus diesem Grund entschieden wir uns, uns für die Umsetzung des Akustik-Albums eine Menge Zeit zu lassen und es als nächstes Album nach Slania zu veröffentlichen. Wie gesagt, es war einfach etwas, was wir schon lange mal machen wollten, was uns reizte und herausforderte.

Auffallend ist auch das Arsenal von Gastmusikern, die ihr auf eurem Album mitarbeiten lasst. Dass hierbei andere Schweizer Musiker wie Fredy Schnyder (NUCLEUS TORN) mitmachen, erscheint mir logisch. Aber wie ist die Zusammenarbeit mit PRIMORDIAL-Alain zustande gekommen? Und wie wars?

Alan und ich haben schon seit längerer Zeit Kontakt. Wir haben uns als Musiker und ebenso auch als Menschen sehr schätzen gelernt und sind gut befreundet. Für den Song Nata schien mir Alans Stimme einfach absolut perfekt. Daher fragte ich ihn, ob er mitmachen würde. So kamen eigentlich sämtliche Gastspiele auf dem Album zustande.

Während der Songwriting-Phase tauchten bei diversen Songs einfach Bedürfnisse nach bestimmten Instrumenten auf, welche wir selbst nicht spielen. Als ich beispielsweise Gobanno ausarbeitete, war schnell klar, dass da einfach ein Akkordeon hin muss. Mit den Musikern, welche wir darauf hin um ihr Mitwirken baten, sind wir schon länger befreundet.

Solche Freundschaften vereinfachen dann natürlich auch die Zusammenarbeit. Wenn wirs gerade schon von einer berühmten Metalband wie PRIMORDIAL haben: Welche Band hat dich ursprünglich zum Metal gebracht? Und gibt es Metalbands, die dich noch immer beeinflussen?

Oh, zum Metal brachten mich IRON MAIDEN. Oder ganz genau genommen war es meine um einige Jahre ältere Cousine, welche damals eingefleischter MAIDEN-Fan war. Das war vor irgendwie 27 Jahren oder so… The number of the beast war eben erschienen und sie spielte mir die Platte vor. Ich war zwar noch ein Knirps von gut sechs Jahren, aber diese Musik war Liebe auf den ersten Blick, oder besser gesagt, den ersten Ton.

Bands welche mich heute noch beeinflussen? Schwer zu sagen. Irgendwie tausende (und größtenteils nicht Metal-Bands) und irgendwie keine. Irgendwelche Vorbilder habe ich nicht. Aber ich denke, es ist natürlich, dass die Musik, die man selbst schreibt und spielt, von der Musik geprägt oder beeinflusst ist, die man gerne und oft hört.

Einflussreich vom Bandnamen bis zu den Texten ist ja auch die Geschichte, insbesondere die der Helvetier. Dieses Volk kommt in der Geschichte ja nicht unbedingt gut weg. Woher kommt also die Faszination mit den Helvetiern?

In gewissen Sinne sind sie ja deine und meine Vorväter. Klar, mit einigen Umwegen, haha. Aber dennoch: Das kulturelle Erbe der Helvetier ist selbst heute noch in der Schweiz präsent. Daher ist es eigentlich auch nur natürlich, dass mich ihre Kultur fasziniert. Das Interesse war irgendwie schon immer da, schon als ich ein kleiner Junge war. Warum meinst du, kommen die Helvetier in der Geschichte nicht gut weg? Ich bin durchaus imponiert von ihrer Geschichte!

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Von der helvetischen Geschichte beeindruckt- ELUVEITIE

Ich spiele auf ihr Verhältnis mit den Römern an… Als De Bello Gallico-Lateinerin muss ich dich natürlich fragen: Was hältst du von Julius Caesar?

Oh, ich weiß nicht, ob ich darauf nun wirklich antworten soll, haha! Nun, Julius Caesar hat bestimmt eine ganze Menge an Revolutionärem entwickelt und vollbracht. Aber letztlich halte ich ihn nichtsdestotrotz schlicht für ein… nun, ein verlogenes Arschloch!

Das muss man bei einem solchen Machthunger vermutlich sein, haha. Ihr habt ja, soweit ich weiß, auch Texte in gallischer Sprache. Soweit ich weiß, handelt es sich hierbei um eine tote Sprache. Wie seid ihr euch bezüglich der Aussprache sicher? Und habt ihr Leute in der Band, die z.B. alte Sprachen wie Latein oder Gallisch (oder das konstruierte Indogermanisch) studiert haben / studieren?

Nein, wir haben keine Leute in der Band, die Gallisch, bzw. Keltologie oder Indogermanistik studierten. Allerdings arbeiten wir schon seit Beginn an mit diversen Wissenschaftern zusammen, die uns freundlicherweise unterstützen. Gerade auch, was die Aussprache angeht. Sicher sein kann man sich gar nicht, was die Aussprache angeht, denn Gallisch ist, wie du richtig sagst, eine Sprache, die im Mittelalter ausstarb. Natürlich weiß die Wissenschaft schon einiges über das Gallische und seine Aussprache. Aber es gibt ebenso auch noch unzählige Aspekte, wo die Wissenschaft im Dunkeln tappt. Bei der Aussprache der gallischen Texte halten wir uns jeweils an die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Hypothesen. Aber es wäre definitiv falsch zu sagen, dass Gallisch so geklungen hat, wie man es auf unsern Alben hört. Was wir umsetzen ist vielmehr ein Herantasten an die gallische Aussprache, wie sie möglicherweise geklungen hat.

Dann tasten wir uns mal an einen anderen gallischen Aspekt heran: Welches ist dein Lieblingsband der Asterix-Reihe?

Haha! Keine Ahnung, ich finde alle geil. Allerdings las ich schon seit vielen Jahren keinen Asterix-Band mehr. Du bringst mich auf gute Ideen… ich muss mir echt mal wieder n`Asterix reintun!

Worauf beruht die Sprachwahl bei ELUVEITIE? Auf Evocation I – The Arcane Dominion gibts ja Englisch, Latein und Gallisch zu hören. Wie entscheidet ihr euch für die jeweilige Sprache?

Nein, auf Evocation I – The Arcane Dominion sind – abgesehen von einem kurzen, englischen Intro-Text – alle Lyrics in Gallisch. Plus minus jedenfalls. Gallien wurde ja romanisiert. Und somit auch seine Sprache. Es entwickelte sich eine gallo-lateinische Sprache. Die inhaltliche Idee des Albums ist es, originale gallische Mythologie in Musik zu verpacken. Daher auch die Entscheidung, alle Songs in gallischer Sprache zu halten und darüber hinaus größtenteils originale Texte zu verwenden. Also Texte, welche grob vor 2000 Jahren verfasst wurden. Die Texte wählten wir nach inhaltlichen Kriterien aus (nicht nach der Sprache). So kam es, dass auch gallo-lateinische Texte ihren Weg auf unser Album fanden.

In dem Fall haben mich wohl die Titel bezüglich der Sprachen etwas verwirrt. Die Wahl des Englischen überrascht mich, zumal es als neue Lingua Franca oft dafür verantwortlich gemacht wird, dass sog. kleine Sprachen aussterben. Warum habt ihr auch englische Texte, noch dazu wenn das Englische eine germanische Sprache ist und die Helvetier sicher nicht Englisch gesprochen haben?

Was würdest Du denn sonst vorschlagen? Schweizerdeutsch? Auch das Schweizerdeutsche wurzelt ja im Germanischen – auch wenn sich noch ne Menge gallischer Überbleibsel darin finden. Die einzige authentische Option wäre in dem Sinne eigentlich gewesen, ausschließlich in Gallisch zu singen. Aber einerseits wäre dies kaum umsetzbar und andererseits find ich`s auch schön, Lieder zu schreiben, bei welchen die Hörer den Text verstehen. Also lag Englisch am nahesten.

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Auch kleine Kulturen sind ungemein wertvoll – Chrigel (ELUVEITIE)

Schweizerdeutsch würde ich dank dem Schweizer Mundartrock nicht vorschlagen, nein. Meine Gedanken gehen in eine andere Richtung: Rätoromanisch. Das Sterben kleiner Sprachen ist ja leider in der Schweiz auch aktuell wegen dem Dahinscheiden des Rätoromanischen. Was sind deine Gedanken dazu? Und könntest du dir vorstellen, dass es auch mal Texte auf Rätoromanisch gibt bei ELUVEITIE?

Finde ich eine sehr traurige und ernste Sache. Kultur ist in meinen Augen etwas ungemein Wertvolles. Wenn wir Kultur verlieren, verlieren wir in gewissem Sinne das Leben. In einem Roman las ich mal einen guten Vergleich: Schönheit hat viele Formen – eine kunstvolle Vase, ein Gemälde und so weiter. Wenn der Menschheit nun ein originaler Rembrandt abhanden kommt (z.B. durch einen Brand), ist dies zwar bedauernswert, aber nicht tragisch. Aber was würde passieren, wenn Schönheit an sich zu existieren aufhören würde? Richtig, dann würden wir eigentlich in einem sehr realen Sinne auch aufhören zu leben.

In diesem Sinne halte ich verschiedene (auch kleine) Kulturen für ungemein wertvoll. Und zu einer Kultur gehört auch die entsprechende Sprache. Das Rätoromanische halte ich daher für absolut schützenswert. Dass wir per se auch mal rätische Texte haben werden, sehe ich nicht. Aber ich spiele immer mal wieder mit dem Gedanken, ein spezielles Album (oder eine MCD) in diesem Kontext zu schreiben. Sozusagen ein historisch-musikalischer Ausflug zu den Rätern. Das ist an sich aber nicht ganz einfach, da die Forschung hier vor vielen ungeklärten Fragen steht: Kommt die rätische Sprache tatsächlich von den Rätern? Wer waren die Räter? In welcher Beziehung stehen sie zu den Lepontiern? Gliederten sich die Räter den Kelten an oder wurden sie von jenen vertrieben? Und so weiter. Aber der Gedanke reizt mich auf alle Fälle.

Die offenen Fragen zeigen natürlich auch, wie interessant ein solcher Auflug sein könnte – schon nur von den geschichtlichen Aspekten her. Der Name ELUVEITIE bezieht sich ja auf die Bezeichnung der Helvetier und du bist selber in der Conföderatio Helvetica zuhause. Was bedeutet Heimat für dich?

Genau das: Heimat. Zu Hause. Ein Gebiet und eine Kultur, in der man sich verwurzelt fühlt.

Deine Landsleute von EXCELSIS haben z.B. Texte, die von Gotthelf-Geschichten inspiriert sind (Kurt von Koppingen). Welche(r) Schweizer Kulturschaffende(r) findest du inspirierend (tot oder lebendig)?

Da fällt mir Conrad Ferdinan Meyer (1825-1898) ein. Er war wohl ein ziemlich schräger Vogel und irgendwo wohl auch ein armes Schwein. Aber seine Lyrik gefällt mir. Er fasste diverse Gedichte, die von den Galliern und insbesondere den Helvetiern handeln. Beispielsweise Das Joch am Leman oder Das Heiligtum.

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 Leben von ihrer Musik – ELUVEITIE

Mir hat immer sein Roman Jürg Jenatsch gefallen, weil er eine so archaische und wilde Seite der Schweiz zeigt… Aber Kommen wir zur Bandrealität bei ELUVEITIE. Ihr habt ja in der Vergangenheit einige Line Up-Wechsel gehabt. Du warst jeweils der Bandkopf, der einzige, der immer fest in ELUVEITIE war. Wie ist es 2009? Gibt es Unterschiede bei den einzelnen Bandmitgliedern im Sinne von Session vs. fest oder sind alle fest dabei?

Na, Meri ist auch seit der ersten Stunde im Leben von ELUVEITIE dabei. Und natürlich sind alle fest dabei. Aber stimmt schon, wir hatten enorm viele Line-up Wechsel. Das hat zwei Gründe. Der eine (erste) große Line-up Wechsel kam damals Ende 2003 zustande, als ELUVEITIE von meinem eigenen Studio-Projekt zu einer Band wurde. Die Leute, die Vên einspielten, waren in dem Sinne eigentlich alles Gastmusiker, wir waren keine Band.

Die Besatzungswechsel danach kamen immer aus Zeitgründen zustande. Wir wuchsen als Band sehr schnell und stetig, kamen gut vorwärts, spielten Jahr für Jahr mehr und mehr Konzerte und Tourneen, und so weiter. Sprich, der Zeitaufwand und das Committment, das die Band den einzelnen Mitgliedern abverlangte, wuchs stetig und schnell. Jeder steht in andern Lebensumständen und nicht jeder kann so viel Zeit für eine Band opfern, wie das heute bei uns nötig ist. Über die Jahre mussten wir uns (jeder einzelne) immer wieder mit der Entscheidung konfrontieren: Kann ich da noch mitmachen und voll dabei sein? Unsere ehemaligen Mitglieder entschieden sich, aus der Band auszusteigen, weil sie eben nicht mehr genügen Zeit in die Band investieren konnten. Heute leben wir von der Musik – und die Band ist im Mindesten ein 100% Job. Eigentlich weitaus mehr.

Beeindruckend… Und wie geht ihr beim Songwriting vor? Sind alle acht Bandmitglieder gleichermaßen daran beteiligt (schließlich seid ihr nicht grad wenige)?

Bei Evocation I – The Arcane Dominion waren songwritingmäßig in der Tat fast alle Bandmitglieder an den einen oder andern Songs beteiligt. Grundsätzlich schreibe aber ich die Musik von ELUVEITIE. Wenn ich einen Song fertig geschrieben und arrangiert habe, nehm ich ihn im Heimstudio auf (die Lines für die Instrumente, welche ich nicht selbst spiele – Geige, Drehleier und Drums – nehme ich mit Gitarre auf und die Drums programmiere ich) und übergebe den Song dann der ganzen Band. Die einzelnen Musiker arbeiten darauf hin ihre Stimmen noch aus – je nach Instrument. Riffs bleiben beispielsweise allermeistens fix. Aber mit der Geigenstimme kann beispielsweise dann noch einiges passieren. Gemeinsam als Band arbeiten wir den Song dann aus.

Wie wichtig ist der visuelle Aspekt bei ELUVEITIE? Schließlich tretet ihr nicht in Alltagskleidung auf und eure Videos sind nicht aus der Sparte Band in Lagerraum… Und worauf achtet ihr besonders bei der visuellen Präsentation eurer Musik?

Ähm doch… wir treten in Alltagskleidung auf! Ich besitze nicht mal andere Klamotten, haha. Ganz zu Beginn überlegten wir uns mal, in keltischer Gewandung aufzutreten. Aber diese Idee verwarfen wir bald. Auf Fasnacht haben wir keinen Bock. Ich meine, was zum Teufel soll das… wir leben heute. Wir sind normale Leute von heute, die mit ihrer Musik eben von der keltischen Kultur erzählen. Dafür müssen wir uns nicht anders anziehen, haha.

Das macht also das Packen für die Tour schon mal einfacher – und ihr tourt ja auch fleißig. Just habt ihr jedoch euren Auftritt bei der PAGAN FEST-Tour in Amerika abgesagt. Warum die Absage?

Falsch, wir haben die Tour nicht abgesagt. Wir freuten uns eigentlich riesig, wieder in die Staaten touren zu gehen. Es kamen seitens des amerikanischen Tour-Veranstalters diverse unglückliche Sachverhalte zusammen, die es ihm und uns verunmöglichten, Paganfest USA II mit ELUVEITIE zu fahren. Die Tour wurde also nicht von uns aus abgesagt, sondern umgekehrt – uns wurde abgesagt, obwohl wir bereits fix gebucht waren. Schade. Unsere amerikanischen Fans waren sehr enttäuscht und wir erhielten sogar Vorwürfe. Aber auf alle Fälle arbeiten wir nun mit Vollgas an einer Ersatz-Tour in den Staaten. Eventuell werden wir im Herbst rübergehen. Wir werden sehen.

Gut, dass du das klargestellt hast – die Meldung hierzu ließ irgendwie mehrere Schlüsse zu, vor allem, wenn man sich mit den ganzen Beziehungen zwischen Booking, Label, Band nicht genau auskennt… Ob deiner Antwort erübrigt sich die nächste Frage fast: Was bedeuten dir Live-Auftritte?

Haha, fast das Leben. Ich liebe es, live zu spielen – wir alle lieben es. Musik zu spielen, ist unsere größte Leidenschaft. Und naja, und in den vergangenen 12 Monaten spielten wir ziemlich genau 150 Konzerte (inklusive drei Europa- und zwei US-Tourneen), sprich im Durchschnitt jeden 2,5ten Tag ein Konzert! Da erhält die Aussage, dass uns Konzerte das Leben bedeuten, auch ein anderes Gewicht.

In der Tat… Mit Live-Auftritten ist ja immer auch viel moderne Technik verbunden. Welches ist für dich die Entdeckung der Moderne, auf die du nicht verzichten könntest (aber auf welche die Helvetier verzichten mussten)?

Jedes Zeitalter (und teils auch jede Kultur) hat seine Entdeckungen und Errungenschaften. Viele davon bleiben für die Menschen künftiger Zeiten erhalten, viele gehen aber auch wieder verloren. Das ist etwas Natürliches und ich weiß nicht, wie viel Sinn es macht, sich darüber Gedanken zu machen, welches Zeitalter nun welche Errungenschaft hervorbrachte. Zumindest ist es irgendwie müßig, so was zu werten, denke ich.

Entdeckungen der Moderne? Schwer zu sagen. Mit diversen kann ich gar nicht viel anfangen. Aber viele sind schon sehr geil. Ein Wasserleitungssystem, welches einem fließendes Wasser (egal ob warm oder kalt) in die eigenen vier Wände bringt… das ist schon eine verdammt geile Sache, haha!

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Shirts gibt es nicht zum Download – Chrigel über die Grenzen der Technik

Ebenfalls der Moderne zuzurechnen ist natürlich das Internet. Worin siehst du als Musiker die Vor- und Nachteile des Internets (die Frage ließe sich beim fließenden Warm- und Kaltwasser kaum stellen)?

Eine viel gestellte Frage. Und ich finds immer noch schwierig, eine vernünftige Antwort zu finden. Ich denke, es ist beim Internet wie bei allem: Es hat seine guten und seine schlechten Seiten. Viele Leute prangern beispielsweise die ganze Sache mit den illegalen Downloads an. Stimmt, das betrifft uns auch konkret… denn mit jedem ELUVEITIE-Album, welches illegal runtergeladen anstatt gekauft wird, geht uns ganz konkret Kohle flöten. Kohle, die wir für unser tägliches Brot bräuchten.

Aber ich seh das nicht ganz so drastisch. Denn es gibt auch die andere Seite: Viele, die sich unsre Alben gratis downloaden, würden unsere Alben definitiv nicht kaufen… beispielsweise weil ihnen schlicht das Geld fehlt, um CDs zu kaufen. Aber dank dem Internet können sie sich nun dennoch unsre Songs anhören. Das bedeutet, dass wir dank dem Internet zwar weniger Geld an CD-Verkäufen verdienen, aber ebenso auch, dass wir dank dem Internet mehr Fans haben. Und wenn ein Fan nun halt unsre CDs nicht gekauft hat… so what? Dafür wird er vielleicht mal an ein Konzert kommen, oder sich ein ELUVEITIE -Shirt kaufen (denn diese gibts noch nicht zum Download, haha). Daher denke ich, dass sich beide Seiten in etwa die Waage halten.

Touren, großes Label, Chartplatzierungen – hinter ELUVEITIE steckt viel Arbeit und Zeit. Kannst du mittlerweile wirklich von der Musik leben oder gehst du noch einem regulären Job nach?

Ja, wie bereits erwähnt können wir inzwischen von der Musik leben, wenn auch knapp. Darüber sind wir natürlich glücklich und unseren Fans für ihren dicken Support auch unendlich dankbar. Dankbar nicht nur, weil wir uns nun uneingeschränkt der Musik widmen können, sondern auch weil, wie du richtig sagst, viel Zeit und Arbeit hinter der Band steckt. Ein 100% Job ist die Band nicht erst seit wir davon leben können. Vorher bedeutete das deshalb: Tagsüber irgendwo arbeiten, um den Lebensunterhalt zu verdienen – nachts für die Band arbeiten. In den letzten drei Jahren schlief ich wohl so wenig wie noch nie zuvor in meinem Leben und kam auch ein paar mal enorm an meine Grenzen.

Aber es hat sich gelohnt, wenn man sieht, was ihr als Band geschafft habt… Der Titel Evocation I – The Arcane Dominion lässt natürlich erwarten, dass es noch einen zweiten Teil geben wird. Wie sieht es albenmäßig bei ELUVEITIE in Zukunft aus? Wird es ein weiteres Akustikalbum geben oder wird euer viertes Werk wieder hartmetallischer?

Ja, Evocation II wird es auf jeden Fall geben! Allerdings werden wir uns dafür erneut eine Menge Zeit lassen. Unser nächstes Album nach Evocation I – The Arcane Dominion wird wieder ein reguläres Metal-Album sein, wie man es von uns kennt. Dafür bin ich übrigens bereits am Songwriting. Wir planen, das Album noch in diesem Jahr aufzunehmen. Nach dem nächsten Metal-Album werden wir uns dann gemächlich an Evocation II machen.

Und um auf das aktuelle Album und die Zukunft zurückzukommen: Wird es eine Tour zu Evocation I – The Arcane Dominion geben? Und welche Festivalauftritte stehen für euch diesen Sommer an?

Ob es eine Evocation I – The Arcane Dominion-Tour geben wird, steht noch in den Sternen. Wir können uns so was aber durchaus vorstellen. Wir werden auf jeden Fall einige rein akustische Shows spielen. Häufiger werden wir aber mischen – reguläre Metal-Shows, in welche einige akustische Songs von Evocation I – The Arcane Dominion eingeflochten sind. So wird unser Set beispielsweise auch auf schweizerischen GURTEN-Festival aussehen. Daneben spielen wir so noch ein paar andere Festivals, wenn auch etwas weniger als die letzten Jahre, da wir uns auf das Songwriting fürs nächste Album konzentrieren wollen. Beispielsweise das finnischen TUSKA Festival werden wir spielen, oder das SUMMERNIGHTS OPEN AIR in Österreich. Unter andern werden wir auch auf ein, zwei Mittelalter-Gothic-Wasweissich-Festivals auftreten, wo wir exklusiv ein akustisches Set spielen werden.

Fotos: Label (Fotograph: Manuel Vargas)
Layout: Arlette Huguenin Dumittan

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