CHINCHILLA: Von kleinen niedlichen Tieren und warum tanzende Elefanten keine Ahnung von Metal haben!

CHINCHILLA aus dem Schwabenländle sind schon über eine Dekade in der Metal- Szene aktiv. Nun konnten sie den ersehnten Deal mit METAL BLADE einheimsen. Was sich bei den Power Metallern getan hatte und wie die Zukunftspläne aussehen berichtete mir Udo Gerstenmeyer im Interview.

CHINCHILLA aus dem Schwabenländle sind schon über eine Dekade in der Metal- Szene aktiv. Nun konnten sie den ersehnten Deal mit METAL BLADE einheimsen. Was sich bei den Power Metallern getan hatte und wie die Zukunftspläne aussehen berichtete mir Udo Gerstenmeyer im Interview.

Hallo Udo! Zunächst einmal Glückwunsch zum Deal mit dem renommierten METAL BLADE-Label. Wie kam der Deal zwischen Euch zustande und waren noch andere Plattenfirmen an Euch interessiert? Falls ja, weshalb habt ihr METAL BLADE den Zuschlag gegeben?

Als erstes, möchte ich Dir sagen, dass wir verdammt glücklich sind, bei Metal Blade sein zu dürfen. Vor einem Jahr haben wir uns das nicht mal
träumen lassen. Alle sind sehr nett zu uns und es ist ziemlich familiär.

Ralf Nüsser, ein Freund von mir, arbeitete bei Metal Blade und hörte unser neues Material. Er fand es so gut, dass er damals ein Promo mit ins
Büro nahm, für Michael Trengert, Chef von Metal Blade Deutschland. Dem gefiel es auch auf Anhieb und das war’s eigentlich schon.

Ja, wir hatten andere Angebote, haben uns aber für Metal Blade entschieden, weil es sich bei der Firma ausschließlich um Musik begeisterte Freaks handelt, entschuldige den Ausdruck Freak, das hat natürlich nichts mit den fachlichen Kompetenzen jedes einzelnen zu tun. Mich hat auch Michael gleich mit seiner ehrlichen und direkten Art überzeugt. Denn er kam gleich auf den Punkt und es ging nicht zu wie in „Tausend und einer Nacht“,
dem Musiker die Story vom toten Gaul zu erzählen.

CHINCHILLA gibt es nun auch schon 12 Jahre. Das ist eine verdammt lange Zeit. 1990 habt ihr eure erste Eigenproduktion „No Mercy“ unter das Volk gebracht. Wie kam die CD bei den Metal- Fans an und warum habt ihr Euch danach aufgelöst?

Das mit den 12 Jahren ist nicht richtig. Wenn Du es genau nimmst dann sind es 8 Jahre (1988 bis 1990 u. 1994 bis 2000), aber der richtige Anfang
war 1994 nach meiner 4 jährigen Pause. Ich möchte eigentlich über diese Anfangszeit wenig Worte verlieren, weil diese CD “No Mercy“ nicht viel mit den heutigen CHINCHILLAs zutun hat, denn
das ist Schnee von gestern.

Udo, Du bist der „Kopf“ von CHINCHILLA und hast 1994 neue Musiker um Dich versammelt. Wie begründest Du Dein langes Durchhaltevermögen und was motivierte Dich CHINCHILLA wieder ins Leben zu rufen?

Es ist der Spaß an der Musik, ganz einfach nichts anderes. Wenn ich keinen Spaß mehr daran habe, zu spielen, zu komponieren oder zu texten dann höre ich auf. Ganz einfach. Denn egal, was du für Musik machst, ehrlich muss sie sein. Du musst dahinter stehen und das merken die Fans.

Zum Line- up von 1993 zählte auch der ehemalige LETTER X- Vokalakrobat Martin Obermeier, welcher sowohl die Mini- CD „Who is who?“, als auch die Full-length-CD „Horrorscope“ einsang. Warum hatte Martin die Band verlassen und was macht er heute? Ich habe Gerüchte gehört, dass er eine Schlagersängerkarriere in Angriff nahm. Ist da was dran?

Ja, Martin hat mir 1997 erzählt, dass er mit dem Keyboarder von SOS ein Schlagerprojekt macht und bei Jack White unterschreiben wird. Nun hatten wir ein Problem, da ich live spielen wollte und eine Tour für ihn geplant wurde, die leider aber nie statt fand, mussten wir uns trennen. Aber das ganze ging ganz friedlich ab, wir sind schließlich immer noch Freunde.

Eure CD „Horrorscope“ wurde zunächst nur in Japan veröffentlicht. Wie kam es zu diesem Deal und warum war das Teil erst ein Jahr später in Europa erhältlich?

Limb, unser Verlag, brachte den Deal mit Fandango und Virgin Japan, wo auch PINK CREAM 69 waren, zustande. Die CD verkaufte sich sehr gut. In unseren Breitengraden interessierte sich aber keine Sau für uns, überall hieß es, diese Art Metal ist tot. Ich fand dann in Point Musik einen
Vertrieb und wir waren nun in der Lage die CD auch auf dem europäischen Markt rauszubringen, denn bis dato mussten unsere Fans 50 DM für die Horrorscope als Import zahlen.

Bekanntlich hatten die New Yorker Thrasher von OVERKILL ein Album am Start, welches ebenfalls mit „Horrorscope“ betitelt wurde. Hattet ihr davon
nichts mitbekommen?

Nein, weil diese Idee, das Album mit diesem Wortspiel zu versehen, von unserem damaligen Graphiker Hans Diessner kam und der hat von der Metal-Szene soviel Ahnung wie ein Elefant vom Tanzen.

Nachdem der Japan- Deal unter Dach und Fach war, verließ Martin Obermeier die Band und Thomas Laasch wurde sein Nachfolger. Wie seid ihr an Thomas gekommen? Gute Sänger findet man schließlich nicht an jeder Straßenecke oder hat er etwa doch auf der Stuttgarter Königstrasse seine Liedchen geträllert, haha?

Thomas ist ein alter Freund von mir, der genau so wie ich die Böblinger Metalszene geprägt hat. Wo Martin ging, fragte ich Thomas ob er ein paar
Gigs als Aushilfe singen würde und er bejahte. Wir suchten zwar weiter einen Sänger, aber mit Thomas hat es sehr viel Spaß gemacht und so entschlossen sich beide Seiten, Thomas als den neuen Frontmann zu präsentieren.

So, weg vom leidigen Thema von Line-up-Wechseln und Bandhistories.

CHINCHILLA haben auch schon viel Bühnenerfahrung gesammelt. Neben etlichen Einzelshows habt ihr im Januar dieses Jahres eure erste Europatour im Vorprogramm von VANDEN PLAS gespielt. Damals hattet ihr den Vertrag mit METAL BLADE noch nicht. Hattet ihr die Tour selbstfinanziert? Wie waren denn die Reaktionen der Fans auf Eure Performance? Gibt es irgendwelche interessante Ereignisse von dieser Tour zu berichten?

Wir haben die Tour selbst finanziert, denn es musste etwas passieren, immer der selbe Trott und immer die selben kleinen Clubs. Da entschloss ich
mich ein Konzept auszuarbeiten, mit dem die Band auf sich aufmerksam machen wird. Ein Bestandteil davon war eine Tour, um den Plattenfirmen zu zeigen, dass es auch ohne sie geht und das hat ja funktioniert. Alle Bands die sich auf die Tour mit VANDEN PLAS beworben hatten, waren zu dieser Zeit im Besitz eines Plattenvertrages, wir nicht. Wir wurden ausgesucht und dann ging es mit dem Feilschen der Firmen los, auf gut Deutsch mehr Geld wurde geboten von Seiten der Industrie. Wir mussten aber nur das zahlen, was vorher ausgemacht war, dank VANDEN PLAS. Übrigens nicht nur sehr gute Musiker, auch unheimlich nette Menschen, sowie die komplette Crew Micha, Manne, Ernst und Criss. Nochmals Danke für alles, geiler Sound und geiles Licht.

Die Franzosen wussten nur, dass auf dieser Tour VANDEN PLAS als Headliner und noch eine deutsche Band dabei sind. Die feierten uns gleich beim ersten Gig so ab, dass wir alle nach dem Gig die Welt nicht mehr verstanden. Denn, das was da passiert war, von dem träumt man leider oft nur. Die französischen Fans sind völlig ausgerastet und das war ein echt geiles Gefühl. So ging es
übrigens die ganze Zeit in Frankreich ab. Deshalb hatten wir uns auch entschlossen, im Herbst wieder mit VANDEN PLAS auf Frankreich- Tour zu gehen.

Ebenso konnte man Euch auf dem diesjährigen Bang your head-Festival in Balingen und auf dem Biker Union 2000 in Schleiz bewundern. Wie seid ihr an diese Chance gekommen und habt ihr dadurch neue Fans hinzugewonnen?

Horst Odermatt hat uns gefragt ob wir die Rolle des Openers am Freitag übernehmen würden, was ich natürlich sofort bejahte. Es zeigt sich hier
mal wieder, dass sich die vielen kleinen Gigs auch lohnen können, denn ohne diese mühselige Arbeit hätten wir sicher nicht die Aufmerksamkeit von Veranstaltern wie Horst oder Kalle, der das Biker Union 2000 gemacht hat,geweckt.

Natürlich haben wir neue Fans durch dieses Forum dazu gewonnen, denn in Balingen war um diese Zeit schon mächtig was los, es hat sich für uns
gelohnt und für die Veranstaltung. Denn durch die Frankreich-Tour waren wir natürlich im Gespräch. Einige französischen Fans kamen sogar nur wegen uns und die restlichen Metalheads waren neugierig, ob wir wirklich so eine gute live Band sind.

Nun zu Eurer neuen CD „Madness“. Ihr habt wieder mit Achim Köhler (u.a. SACRED STEEL, BRAINSTORM, SINNER, etc.) zusammengearbeitet. Wie seid ihr mit seiner Arbeit zufrieden und konnte er Euch wertvolle Tipps im Aufnahmeprozess geben?

Das war das zweite Mal, dass wir mit Achim zusammen gearbeitet haben und es hat sehr viel Spaß gemacht. Vor allem die Atmosphäre im Studio „House of Music“ in Winterbach ist super. Da Achim ein Freund ist, war es natürlich völlig locker und Achim steht einem auch mit Rat und Tat zur Seite. Wenn er eine Idee hatte probierten wir diese natürlich gleich aus. So hat er auch das Intro gemacht, einfach ein geiler Engineer, der immer 1000prozentig bei der Arbeit ist.

Euer Frontcover zu „Madness“ wurde von Jim Warren kreiert. Dieser Name sagt mir allerdings nichts. Habe ich da was verpasst? Wer ist denn der besagte Mr. Warren?

Ich denke, Du hast da was verpasst. Jim Warren ist der bekannteste Fantasy-Zeichner in den U.S.A. Wir waren auf der Suche nach einem Cover und haben ihn einfach kontaktiert. Wir fanden dann dieses Bild und es war kein Problem dieses Bild auf unser Cover umzuarbeiten . Er hat auch schon für GRATEFUL DEAD und andere Künstler gezeichnet. Wenn Ihr Bock habt, geht einfach auf seine Homepage (http://jimwarren.com) und überzeugt euch selbst.

Die Songs von „Madness“ sind meiner Meinung nach ein wenig softer als die der „Horrorscope“- Scheibe ausgefallen. Wobei immer noch genügend Power dahinter steckt. War der Wandel bewusst oder lief dies automatisch in Deinem Songwritingprozeß ab? Ich persönlich vermisse ein wenig die härtere Seite von CHINCHILLA, welche Euch früher ausgezeichnet hat.

Also, diese Meinung kann ich nun gar nicht teilen, weil wir eine ganz schöne Ecke härter geworden sind, vielleicht solltest Du dir nicht nur die Balladen anhören.

Du zeichnest Dich neben dem Komponieren der Songs auch für die Lyrics verantwortlich. Stelle doch bitte kurz die textlichen Inhalte der einzelnen Tracks für unsere Leser dar.

Fight, Madness, Tears handelt vom Widerstand gegen die Regierungen die Kriege befürworten und darin ein Geschäft sehen, wie die einfachen Leute für die Geschäfte Reicher geopfert werden und die Folgen.

Freedom: Von William Wallace und seinem Volk, das Jahrhunderte ausgebeutet und unterdrückt wurde.

Queen of the Rain: Von Jemandem, der sich aus dem Bann einer schönen Frau befreit, hinter der alle her sind.

Broken Heart: Das Ende einer Hass- Liebe- Beziehung

Anymore: Das Ende einer Beziehung und die daraus resultierende Selbstmordgefährdung eines Menschen mit gebrochenem Herzen.

Living on my own: Die Einsicht, dass es alleine oftmals besser ist.

Dark and Light: Über eine kaputte Beziehung.

Where the brave belong: Von einem Krieger, der nach einer Schlacht mit dem Aberglauben Valhalla abrechnet.

Auf „Madness“ bekommen wir auch eine Coverversion von KISS („I stole your love“) zu hören. Wie seid ihr auf die Idee gekommen gerade diesen Song aufzunehmen?

Thomas unser Sänger ist ein großer KISS- Fan. Er schlug diesen Song vor und wir begannen ihn zu arrangieren, bis der Song nach uns klang. Denn ich
finde es wichtig seine eigenen Stillelemente mit einfließen zu lassen, sonst macht es ja keinen Sinn, einen Song zu covern.

Ein anderes Thema. CHINCHILLA waren nun über eine Dekade im Underground verwurzelt. Verfolgst Du was im deutschen Underground passiert?

Wie siehst Du die Situation, gerade in der Stuttgarter Region, bezüglich der Metal-Szene? Gibt es empfehlenswerten Nachwuchs?

Also ich denke es gibt viele gute Bands, gerade im Süddeutschen Raum.

Mittlerweile, die zweitwichtigste Entwicklungsstätte dieser Musik, nach Norddeutschland . Schau dir nur an wie viele Metal- Kneipen es hier gibt (Hä, wo denn? –Psycho) und wo die großen Bands ihre guten ausverkauften Konzerte machen, das ist eben bei den Schwaben. (Naja, und viele Bands machen einen Bogen ums Schwabenländle…- Psycho). Dadurch resultiert natürlich auch eine gesunde Metal- Szene, die funktioniert .

CHINCHILLA sind nun auch im World Wide Web mit einer Homepage (http://www.chinchilla.rocks.de) vertreten. Was versprichst Du Dir vom Medium Internet bezüglich Deiner Band? Ich weiß nicht, ob Du die Geschichte
mit NAPSTER mitbekommen hast. METALLICA u.a. haben die MP3- Download- Firma verklagt. Siehst Du diesen kostenlosen MP3- Download von Songs als Gefahr für Label und Bands?

Ich sehe es mit gemischten Gefühlen. Denn gerade so eine Band wie METALLICA, die das Internet immer zu ihrem Vorteil genutzt haben, schadet es am wenigsten. Kleine Bands wie wir haben da schon eher Probleme, denn wenn sich die Käufer nur noch die Scheiben für nichts herunterladen, wer zahlt dann bitte denn Bands das nötige Geld für Studio usw., wobei diese Zahlungen eh schon an der untersten Grenze angekommen sind. Das sollten sich solche Leute bitte immer wieder vor Augen halten, denn wenn das so weiter geht, wird es keine kleinen Bands mehr geben, weil das Geld fehlt.

Auf der anderen Seite finde ich es gut, wenn man bestimmte Songs einer breiten Masse als Beispiele vorstellt, das ermöglicht wiederum den Zuwachs
neuer Fans, die man ohne Internet nie gefunden hätte .

Ach ja, da fällt mir noch etwas bezüglich Eures Bandnamens ein.

CHINCHILLA hört sich ja nicht gerade nach einer Metal- Band an (muss natürlich auch nicht). Wer kam denn auf die Idee mit dem Namen und hattet
ihr Euch denn nicht mal zwischenzeitlich überlegt Euch umzunennen?

Unser Ex-Drummer Marcel Asch. Wir wollten keine typischen Metal Namen.

Chinchillas sind kleine niedliche Tiere, die für Pelzmäntel reicher Schnepfen gezüchtet und getötet werden. Also stehen sie für Leben und den
Tod, Gut und Böse. So wie unsere Musik schnell und rauh und auf der anderen Seite die Balladen weich und sentimental .

Die „Madness“- CD wird am 20. November 2000 veröffentlicht. Gibt es schon konkrete Tourpläne um die Scheibe zu promoten?

Nein, wir stehen aber in Kontakt mit einigen Bands .

So, Udo, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit CHINCHILLA. Wenn Du noch was loswerden willst, kannst Du dies an dieser Stelle tun.

Ich möchte mich bei allen Metal Heads bedanken, dass der Metal überlebt und zu neuer Blüte gefunden hat. Ohne die Fans wäre das nie möglich
gewesen. Danke.

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