ANTIGAMA: Giallo und Unternehmensgründung

Überraschung! Trotz finsterer, boshafter Alben und Botschaften, wie auf dem neuesten, genialen Streich "Warning", ist Sebastian Rockiki, Gitarrist von ANTIGAMA ein fröhlicher, freundlicher Interviewpartner, der in aller Ausführlichkeit per Email auf unsere Fragen antwortet. Lest hier, was alles an dem Drumkit der Ausnahme-Grindcore-Formation hängt, in wen sich die Band auf Anhieb verliebt hat und auf wen schlimme Zeiten zukommen werden.

Überraschung! Trotz finsterer, boshafter Alben und Botschaften, wie auf dem neuesten, genialen Streich Warning, ist Sebastian Rockiki, Gitarrist von ANTIGAMA ein fröhlicher, freundlicher Interviewpartner, der in aller Ausführlichkeit per Email auf unsere Fragen antwortet. Lest hier, was alles an dem Drumkit der Ausnahme-Grindcore-Formation hängt, in wen sich die Band auf Anhieb verliebt hat und auf wen schlimme Zeiten zukommen werden.

 

Hallo Sebastian, nach dem recht gradlinigen Resonance, gibt es mit Warning nun ein verdrehtes Biest von einem Album aus eurem Hause. Wolltet ihr euch der größeren Öffentlichkeit mit eurem RELAPSE-Debüt zunächst in zugänglicher Art und Weise präsentieren?

Nein, wir haben nichts in dieser Art geplant, es ist einfach so passiert, wie es für gewöhnlich immer passiert. Auf der neuen CD ist eine etwas andere Seite von ANTIGAMA zu hören. Diese ist böser, krummer, seltsamer, kälter und schneller. Wir haben weniger old-school Riffs verwendet, wie noch zu Resonance, sondern uns mehr auf chaotische und abgefuckte Songstrukturen konzentriert. Warning ist außerdem das erste Album mit unserem neuen Sänger, also ist es ganz offensichtlich anders, als alles, was wir bisher gemacht haben.

Seit fast fünf Jahren folge ich ANTIGAMA und habe feststellen dürfen, dass eure Musik stets postmodern und pessimistisch ist und einen verstörenden Blick dieser Welt darbietet. Ist das Konzept hinter dieser Band diese Dystopie, oder seid ihr in der Lage auch andere Themen anzuschneiden?

Du weißt sicherlich, dass viele Konzepte hinter der Musik, den Artworks und den Texten einer Band stecken können. Für ANTIGAMA gesprochen, die Hauptinspiration ist unsere Liebe zu dem, was wir in musikalischem Sinn machen. Wir mögen es, zusammen zu arbeiten und unsere Erfahrungen und Einflüsse zu teilen. Wir sind im Alltag auch keine düsteren Typen, wenn du weißt, was ich meine. Wir lieben es einfach diese Art des Lärms zu erzeugen und wir sind froh, es nach neun Jahren unserer Existenz immer noch tun zu können.

Der Titel Warning kann vor allem von der Zukunft handeln, ist aber auch ein klares Statement im Bezug auf die Boshaftigkeit des Albums.

Warning kann als Alarm für die moderne Welt interpretiert werden. Wir leben in seltsamen Zeiten und extremer Hetze. Diese Welt tötet alles, was wir am meisten lieben sollten, der Intellekt hat uns geblendet. Davon abgesehen passt Warning einfach perfekt als Titel für das neue Album.

Neben den unberechenbaren, verrückten Elementen auf Warning, gibt es auch wirklich eingängige Stellen, wie in Jealousy, Not True und Lost Skull. Seid ihr kompromisslose Songschreiber, die sich nicht um die Art des Materials kümmern, oder sind diese Songs dazu da um den Höreindruck zu vereinfachten?

Nein, nichts dergleichen. Natürlich gibt es Eingängiges an unserem neuen Album, aber das ist ja nur ein kleiner Teil von dem, was es da zu hören gibt. Wir planen niemals so etwas zu verwenden, damit es leichter wird unsere Alben zu hören. Ich finde, wir haben seit dem Anfang von dieser Band immer wieder schmissige Teile auf den Alben verwendet, das ist einfach ein Teil des Stils von ANTIGAMA.

Wir schreibt ihr eure Alben? Jammst du mit Krzyzsztof (Bentkowski, Drummer – Anm. d. Verf.) im Proberaum, während ihr die Musik im Komplettmodus vollendet?

Genau, Krzyzsztof und ich sind die Typen, die am meisten verantwortlich sind, für das was ANTIGAMA seit der Gründung gemacht haben. Wir jammen einfach und lassen dann die Songs zusammen wachsen, so ist es immer. Wie vorher erwähnt, gibt es keine Pläne für irgendetwas. Wir waren dieses Mal auch nicht wütender, diese Ausrichtung kam einfach ganz natürlich im Laufe der Proben zustande, als wir die Songs und Strukturen fertig gestellt haben.

Was sind die musikalischen Haupteinflüsse, wenn ihr die Songs schreibt?

Der Haupteinfluss ist sicherlich Mr. Krzyzstof Bentkowski und seine abgefahrenen Drumbeats. Daneben bin ich noch immer sehr beeinflusst von der italienischen Soundtrack-Extravaganza der siebziger Jahre, von BUCKETHEAD, GOBLIN, TANGERINE DREAM, POPOL VUHund NAPALM DEATH.

ANTIGAMA
Eine Warnung vor dem Tod der Individualität, schlechte Zeiten werden auf die Menschen zukommen. Sebastian über das Artwork von Warning.

Warning ist das erste Album mit eurem neuen Sänger Patryk (Zwolinski – Anm. d. Verf.), der auch bei BLINDEAD aktiv ist. Warum haben sich die Wege von Lukasz (Myszkowski – Anm. d. Verf.) und euch getrennt?

Weißt du, Lukasz, hat die Band wegen vieler verschiedener Gründe verlassen, am wichtigsten waren allerdings die Veränderungen in seinem Privatleben. Er hat eine eigene Firma gegründet und hat somit keine Zeit und Motivation mehr, als vollwertiges Mitglied weiter zu machen. Es war schwer für uns, dass sich nach all diesen Jahren unsere Wege getrennt haben, aber das Leben geht halt weiter.

Lukasz arbeitet aber nach wie vor mit euch, er ist auch auf Warning für die elektronischen Elemente verantwortlich. War das eine Art Abschiedsgeschenk, oder wird er bei euch als Freiberufler weiter machen?

Natürlich macht er weiter damit. Er ist mental immer noch in der Band, er unterstützt uns und kreuzt die Finger für uns. Er macht auch Soundtracks in seinem eigenen Studio zu Hause. Wir haben viel Musik zusammen geschrieben und sind immer noch gute Freunde. Wenn wir seine Hilfe brauchen können wir ihn immer fragen. Wenn Lukasz genügend Zeit hat, dann geht unsere Kooperation natürlich weiter.Patryk hat aber auch eine sehr brutale und kompromisslose Stimme und passt perfekt zur Musik von ANTIGAMA. War das Liebe auf den ersten Blick?

Ja, so in der Art, haha. Wir kennen Patryk seit unserer Tour durch Polen mit NYIA und BLINDEAD im Jahr 2007. Wir kamen sehr gut miteinander zurecht und als Lukasz uns verließ, begannen wir ernsthaft darüber nachzudenken, Patryk aufzunehmen. Er entschied sich dazu, sich uns anzuschließen, als wir mit dem Songwriting zu Warning begannen. Mit ihm in der Band ist es, als würde ein neues Kapitel für ANTIGAMA beginnen. Die Texte sind dieses Mal meistens sehr direkt, aber oftmals auch metaphorisch ausgerichtet.

Es scheint außerdem, als würde Patryk persönlichere Texte als Lukasz schreiben.

Da stimme ich dir zu. Patryks Texte sind menschlicher und persönlicher, als diejenigen unseres ehemaligen Sängers. Lukasz schrieb fiktionelle Poesie und zeichnete seltsame Realität. Patryk ist da mehr auf dem Boden geblieben, auch wenn du natürlich viele metaphorische Ansätze findest.

Euer Produzent Szymon (Czech – Anm. d. Verf.) ist auch euer Bassist, der auch aktiv ist bei NYIA, mit denen ihr eine großartige Split habt. Kann er nicht touren wegen der vielen Studioarbeit?

Genau, das ist aber auch der einzige Grund, warum er keine Konzerte spielen kann: Seine enger Terminplan im Studio. Das ist ziemlich beschissen, weil er der beste Bassist ist, den ANTIGAMA jemals hatten, auch wenn sein Hauptinstrument die Gitarre ist. Ganz davon abgesehen ist er ein großartiger Freund.

Schreibt Szymon, außer dem Solo in Lost Skull auch beim Material mit?

Er hat die Riffs von mir gelernt und sich daraus die Basslinien erarbeitet. Es gibt viele eigene Bassideen auf Warning. Er ist ein extrem guter Musiker und ich bin froh, dass er den Bass auf dem neuen Album eingespielt hat. Und überhaupt, sein Gitarrensolo in Lost Skull ist verdammt großartig.

Wer fungiert bei euch als Tourbassist?

Leider niemand im Moment. Wir haben die Europatour vor kurzem als Trio absolviert. An einer Lösung für die Zukunft arbeiten wir noch.

Mir kommt es so vor, als wäre Warning das Album mit den meisten Samples und elektronischen Einflüssen bisher, vor allem wenn ich an Paganini Meets Barbapapex denke. Ist das Teil zwei von Barbapapex auf Resonance?

Genau, das ist eine Art Sequel. Wir stehen darauf verrückte Dinge auf unsere Alben zu packen und somit ist Paganini Meets Barbapapex ein weiterer Schritt für unseren Wahnsinn. Es ist ein völlig abgefuckter Song mit vielen seltsamen Sounds, Stimmen und Effekten. Natürlich spielen wir auch dazwischen einige Noten.

 ANTIGAMA
Diese Welt tötet alles, was wir am meisten lieben sollten, der Intellekt hat uns geblendet. Das Konzept hinter Warning ist postmodern und dystopisch.

Außerdem gibt es noch den beeindruckenden Ambient-Track namens Black Planet, der sich ein wenig anhört, wie die Musik zu den Credits in einem düsteren Film. Ist das die musikalische Schlussszene für unsere Welt?

Du hast wieder recht. Black Planet hat mit dem Ende unserer Welt zu tun, es ist ein sehr atmosphärischer, kalter und verstörender Song. Es klingt wie ein dunkler Soundtrack für einen dunklen und gruseligen Film. Meiner Meinung nach ist das ein toller Schluss für Warning. Das ist ein ziemlich extremes Gefühl, das dich ohne die Hoffnung hinterlässt, dass ein Happy End kommen wird.

Was ihr auch erweitert habt, sind die kranken Percussions, wie bei Heartbeat und Lost Skull Sind das höher gestimmte Toms, oder echte Percussion Instrumente?

Natürlich sind die echt! Du müsstest Krzyzsztofs Schlagzeug sehen um zu verstehen, was er damit anrichtet. Er verwendet Rototoms, Oktobane, Bicycle Rings und sogar eine verdammte Trompete. Dieser Mann ist ein verfluchtes Orchester, haha.

Wie verwendet ihr das live? Sind diese Instrumente an das Drumkit angebaut und spielbar wie ein normales Schlagzeug?

Ja, wir machen das alles auch live. Krzyzsztof hat ein recht großes Drumkit, mit dem ganzen Zeug daran, das er auf den Alben von ANTIGAMA auch verwendet. Du solltest dir das unbedingt mal anschauen!

Gibt es Pläne für ein völlig anders ausgerichtet Projekt, vielleicht auf elektronischer Basis?

Ich habe Pläne in absehbarer Zeit Soundtracks zu machen. Die Hauptinspiration liegt bei den Italienischen Giallo-Soundtracks der Sechziger und Siebziger. Ich bin von diesem Zeug besessen und deshalb werde ich das eines Tages auf jeden Fall durchziehen. Als ANTIGAMA planen wir Akustikversionen von einigen unserer Songs zu machen, mehr so im Country und Bluegrass angesiedelt. Das wird eine großartige und sehr lustige Erfahrung für uns werden.

Das Cover zu Warning von Orion Landau ist verdammt große Kunst und passt perfekt zur Musik. Der Würfel erinnert mich einerseits an ein großes Gehirn, andererseits natürlich an den Film Cube. Die überall auftauchenden schwarzen Schemen und die Figuren, die sich auflösen könnten den Tod der Individualität symbolisieren.

Ich mag deine Interpretation sehr. Dieses Mal haben wir etwas anderes als Cover gebraucht, das Konzept hat ein wenig Science-Fiction- und Cyberpunk-Einflüsse. Das ist eine Warnung, also Warning, vor dem Tod der Individualität, schlechte Zeiten werden auf die menschliche Rasse zukommen. Es passt perfekt zur Musik. Ich mag Orions Arbeit wirklich sehr, ich hoffe, wir werden mit ihm auch in Zukunft zusammen arbeiten.

Ihr seid soeben zurück von einer Tour mit FUCK THE FACTS und DR. DOOM, das war großer Spaß, richtig? Wird es eine zweite Tour geben, vielleicht im Herbst, wo ihr die Städte heimsuchen werdet, die ihr jetzt in Ruhe gelassen habt?

Oh ja, die Tour lief großartig und wir hatten viel Spaß mit unseren Freunden FUCK THE FACTS und DR. DOOM. Ich würde mich freuen neue Städte zu besuchen, momentan kann ich aber für den Herbst noch gar nichts sagen. Wir arbeiten aber an weiteren Touren. Wir lieben es live zu spielen, also freuen wir uns immer auf neue Möglichkeiten bei coolen Gigs mit zu spielen.

Was steht in nächster Zeit noch für ANTIGAMA an? Stehen noch Beiträge für Splits oder Compilations an?

Als nächstes kommt eine US-Tour mit COMPLETE FAILURE im Mai. Wir spielen außerdem auf dem MARYLAND DEATHFEST und dem MIDWEST FUCKFEST, das sollte großer Spaß werden und für schöne Erinnerungen sorgen. Außerdem haben wir vor noch zwei Splits dieses Jahr zu veröffentlichen, nähere Informationen kommen in den nächsten Monaten.

Sebastian, das war es fürs Erste, wenn du noch etwas unbedingt loswerden willst, dann ist dies die ultimative Gelegenheit.

Vielen Dank für das Interview. An alle: Warning ist jetzt draußen, wenn es euch interessiert, holt es euch. Prost euch allen!

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