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ZERAPHINE: Kalte Sonne

Ein überragendes Gesellenstück, das der von den DREADFUL SHADOWS geräumten Meisterstelle in Bälde einen würdigen Nachfolger bescheren sollte.

Mit den DREADFUL SHADOWS verabschiedeten sich vor nicht allzu langer Zeit die wohl einflussreichsten und populärsten Gothic-Rocker aus deutschen Landen vom Rampenlicht. Die Trauer über die Auflösung der Berliner wird nun gedämpft durch das Nachfolgeprojekt von Sänger Sven Friedrich und Gitarrist Norman Selbig – ZERAPHINE. Kalte Sonne nennt sich ihr Debüt, das sich wohl oder übel an den Alben der DREADFUL SHADOWS messen lassen muss, zu charakteristisch war Svens Stimme schon zu Zeiten seiner damaligen Band. Und so verbreitet sein angenehm dunkles, dabei stets äußerst natürlich klingendes Timbre auch auf Kalte Sonne diese einzigartige, melancholische Stimmung, die schon SHADOWS-Fans so faszinieren konnte. Allerdings bedient er sich, wie der Titel schon andeutet, neuerdings nicht mehr der englischen, sondern der deutschen Sprache. Gerade im Gothic-Bereich wird dabei die Gefahr groß, dass der Kitschalarm ausgelöst werden muss. Doch auch wenn Svens Texte nicht an intensive Sprachkünstler wie JANUS heranreichen, ansprechend und poetisch sind sie auf alle Fälle ausgefallen mit ihren kleinen Episoden, die jedem so oder so ähnlich schon einmal zugestoßen sind. Somit ist der erste Pluspunkt gesammelt, und es soll nicht der einzige bleiben, denn nach einigen Hördurchläufen entpuppt sich auch die Musik als durchaus vielschichtig. Im Vergleich zum letzten DREADFUL SHADOWS-Album The Cycle fehlen unnötig sperrige Elemente und unpassende Gastauftritte von vermeintlichen Koryphäen, was die zwölf Songs enorm kompakt und einheitlich erscheinen läßt. Zu Beginn mag man beinahe sogar eine gewisse Einförmigkeit kritisieren wollen, doch Kalte Sonne entpuppt sich als ´Grower´, sprich man entdeckt nach und nach entscheidende Details in den Songs, in diesem Fall sind es dezente elektronische Elemente, die im Hintergrund gemeinsam mit der überdurchschnittlichen, vor eingängigen Melodien nur so strotzenden Gesangsleistung dem mit verzerrten Gitarren angereicherten Gothic Rock das eigene, unverwechselbare Gesicht verpassen. Heraus kommen dabei treibende Hits wie Die Wirklichkeit, an SCREAM SILENCE erinnernde epische Songs wie Licht und traurige Gothic-Balladen wie das wirklich nahe gehende Sterne sehen, die allesamt begeistern können, gerade wenn man Kalte Sonne trotz der Vorgeschichte einiger Mitglieder als Debütscheibe betrachtet. Und so bleibt für das nächste Album allein zu wünschen, dass im Zuge der Stilfestigung noch mehr Tiefe Einzug findet in die Musik und die gelegentlich noch zu sehr auf mit -heit und -keit endende Allgemeinplätze und Stereotypen beschränkten Texte. Davon abgesehen ein überragendes Gesellenstück, das der von den DREADFUL SHADOWS geräumten Meisterstelle in Bälde einen würdigen Nachfolger bescheren sollte.

Veröffentlichungsdatum: 06.05.2002

Spielzeit: 48:18 Min.

Line-Up:
Sven Friedrich – Gesang

Norman Selbig – Gitarre

Manuel – Gitarre

Michael – Bass

Marcellus – Schlagzeug

Produziert von Thommy Hein
Label: Drakkar/E-Wave

Homepage: http://www.zeraphine.de

Tracklist:
Flieh mit mir

Die Wirklichkeit

Unter Eis

Sterne sehen

In der Tiefe

Kannst Du verzeihen

Siehst Du mich

Siamesische Einsamkeit

Lass mich gehen

Ohne Dich

Licht

Deine Welt

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