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WARREL DANE: Shadow Work

“Shadow Work” hätte ein epochales Werk werden sollen, ist aber selbst in seiner unfertigen, kürzeren Version noch großartig. Rest in peace, Warrel!

Am 13. Dezember 2017, während der Aufnahmen zu seinem zweiten Soloalbum verstarb WARREL DANE an einem Herzinfarkt. Viel zu früh wurde so einer der besten Metal-Sänger und Texter aus dem Leben gerissen. Das seine körperliche Verfassung schon lange nicht mehr die beste war, konnte man leider bei den letzten Live-Auftritten sehen. Diese müssen teilweise geradezu erschreckend gewesen sein. Am Ende hat er wohl den Preis für seinen lange Zeit exzessiven Lebenswandel bezahlt. Es gab wenige Tode von Musikern, die mich dermaßen betroffen gemacht haben, zählte Warrel doch nicht nur zu meinen Lieblingssängern und Textern, sondern entpuppte sich auch als intelligenter Mensch sowie netter und interessanter Gesprächspartner, wie ich in zwei Interviews 2008 und 2010 feststellen konnte.

“Shadow Work” – das letzte, was WARREL DANE der Welt zu geben hat

Nun wird das Songmaterial, das anhand von Studioaufnahmen und Vorproduktionen von Warrels Gesang fertiggestellt werden konnte, veröffentlicht: Ursprünglich sollte das Album wohl über 80 Minuten lang werden, was hier vorliegt ist gerade mal die Hälfte davon. Vermutlich war für mehr Songs der Gesang noch nicht aufgenommen. Es ist eine Schande, dass wir die vollständige Version nie zu hören bekommen werden. Es bleiben also knapp 42 Minuten von “Shadow Work” – das letzte, was dieser große Sänger der Welt zu geben hat. Zehn Jahre sind seit seinem Solodebüt “Praises To The War Machine” vergangen, vieles hat sich in dieser Zeit geändert. So waren NEVERMORE zum Zeitpunkt der Aufnahmen schon lange Zeit mehr oder weniger Geschichte und WARREL DANE hatte die NEVERMORE-Vorgänger-Band SANCTUARY wieder zurück ins Leben gerufen.

Kann man sein erstes Soloalbum ganz klar als den Willen verstehen, aus dem musikalischen Kosmos NEVERMOREs auszubrechen, so habe ich zumindest bei einigen Stücken auf “Shadow Work” fast das gegenteilige Gefühl. Manches erinnert vom Gitarrenspiel wirklich sehr deutlich an NEVERMORE. Hört euch den Beginn von “Disconnection System” an, das könnte auch exakt so auf einem NEVERMORE-Album stehen. Härtetechnisch geht WARREL stellenweise sogar noch einen Schritt weiter, das wird schon mit dem Opener “Madame Satan” klar. In der vollständigen Version sollte der Song Growls und Blastbeats enthalten. Zumindest erstere sind auch in dieser Version zu vernehmen. WARREL DANEs brasilianische Backing-Band ist spielerisch voll auf der Höhe, vor allem die beiden Gitarristen bekommen reichlich Gelegenheit zum glänzen. Das Leadgitarrenspiel auf “Shadow Work” ist herausragend!

Manches auf “Shadow Work” klingt unfertig, vieles großartig!

“Disconnection System” hat zu Beginn wie schon erwähnt eine deutliche NEVERMORE-Schlagseite, wirkt später mit vielen Breaks etwas zerfahren, hat gleichzeitig aber auch starke melodische Stellen. In dieser Version klingt das Stück stellenweise allerdings unfertig, als würde noch etwas Feinschliff an einigen Stellen fehlen. Anders ist das beim hymnischen “As Fast As The Others”, welches auch perfekt auf “Praises To The War Machine” gepasst hätte. Erneut grandiose Gitarrenarbeit und Warrel, der in den Strophen introvertiert klingt, nur um im Refrain dann mit reichlich Pathos zu singen. Die dezenten, düsteren Synthies runden einen der besten Songs des Albums ab. Der Titelsong klingt nach einer Mischung aus moderneren NEVERMORE und Warrels Solozeug mit einem düsteren Refrain. Wenig überraschend gibt es auch auf “Shadow Work” wieder einen Cover-Song. Diesmal hat sich WARREL DANE “The Hanging Garden” von THE CURE vorgenommen und das Stück völlig umgekrempelt. Herausgekommen ist ein brachiales Stück, welches mit dem Original ähnlich wenig gemein hat, wie das NEVERMORE-Cover von “The Sound Of Silence”, ohne allerdings dessen Genialität zu erreichen. Ein guter Song ist Warrels Interpretation von “The Hanging Garden” allerdings trotzdem.

Es sind vor allem die emotionalen, weniger harten Momente, die mich auf “Shadow Work” begeistern

Es sind allerdings vor allem die nicht so harten Songs, die für mich die Höhepunkte dieses Albums bilden. Das zeigt sich neben “As Fast As The Others” auch in den letzten beiden Stücken auf “Shadow Work”: “Rain” ist eine Ballade mit epischem Touch, einer wunderschönen Gitarrenmelodie und einem WARREL DANE, der sich hier erneut eher introvertiert und melancholisch zeigt. Ein Song, dem es tatsächlich gelingt, mich zu Tränen zu rühren. Den Abschluß bildet “Mother Is the Word for God”, das in fast zehn Minuten noch mal alle Facetten des Musikers WARREL DANE zeigt, von erhabenem Pathos, leisen Tönen bis zu massivem Gitarren-Overkill. Ein intensiver, vielseitiger Abschluss eines ebensolchen Albums. WARREL DANEs Gesang ist eindringlich wie eh und je, auch wenn er seine besten Zeiten nicht mehr zu hundert Prozent erreicht hat. Der Teil von “Shadow Work”, welcher das Licht der Welt erblicken durften, lässt erahnen, was für ein großartiges Werk das zweite Soloalbum von WARREL DANE hätte werden können. Doch auch für sich genommen, bietet “Shadow Work” einen Haufen starke Songs und ist somit ein würdiger Abschied von einem Menschen und Musiker, welcher der Szene sehr fehlt. R.I.P. Warrel und Danke für all die wundervolle Musik, mit der du nicht nur mein Leben bereichert hast. Forever dreaming neon black!

Veröffentlichungsdatum: 26.10.2018

Spielzeit: 41:48

Line Up:
Warrel Dane – vocals
Thiago Oliveira – guitars
Johnny Moraes – guitars
Fabio Carito – bass
Marcus Dotta – drums

Label: Century Media Records

WARREL DANE “Shadow Work” Tracklist

01. Ethereal Blessing
02. Madame Satan
03. Disconnection System (Audio bei YouTube)
04. As Fast as the Others (Audio bei YouTube)
05. Shadow Work
06. The Hanging Garden (THE CURE cover)
07. Rain
08. Mother Is the Word for God

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