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TRANSMISSION0: Memory of a Dream

Eine mit Bravour bestandene Gesellenprüfung.

Wenn ISIS und CULT OF LUNA die Meister sind, NEUROSIS die unantastbaren Originale, was sind dann TRANSMISSION0? Zu ihrem Debüt 0 waren sie die Lehrlinge, mit ihrem zweiten Album Memory of a Dream legen sie ihre Gesellenprüfung ab. Und sie haben viel dafür gelernt. Verdammt fleißig und mit großen Visionen war das Quintett aus Holland ausgestattet, ansonsten hätten sie einen derartigen Sprung nach vorne nicht geschafft. Und doch, so ganz gehören sie noch nicht zu den Großen.

Doch von vorne. Das einstündige Album könnte nicht stimmiger beginnen. Der Opener Cocoon verdeutlicht die Marschrichtung. Zwischen Doom und Dissonanz, zwischen Epik und bizarrem Noise winden sich die Musiker in einem ureigenen atmosphärischem Kosmos, der stimmig über die ganze Spielzeit erhalten bleibt. Soweit so gut, und es kommt sogar noch besser. Memory of a Dream strotzt vor fantastischen Melodien, vor großartigen Riffs, vor beunruhigenden Stimmungen und riesigen Songaufbauten. So kann man beim Beginn des großartigen Condor wirklich aus der Vogelperspektive in erhabener Art und Weise die Felder beobachten, während man einige Riffs von Fragments einfach nicht mehr aus dem Ohr bekommt. Das ist atemberaubend, schön, reinigend, bewegend.

Bis man den Zweitling von TRANSMISSION0 so verinnerlicht hat, vergehen aber mitunter einige Tage intensiven Hörens. Und – ihr könnt es euch eh schon denken – es lohnt sich. Wenn man immer mehr und mehr Details in diesem Klangkosmos erfasst, ist es, als würde man mit dem Album mitwachsen. Man stellt fest, wie variabel TRANSMISSION0 sind und wie mühelos sie es schaffen, ihr Level hochzuhalten. Memory of a Dream beinhaltet monolithische Noisewände und dissonante Attacken ebenso wie ruhigere Passagen, träumerische wie unheilvolle leise Einschübe. Hier kommen auch gerne Flächenkeyboards zum Einsatz, unterstützen aber die Gitarren und dominieren nicht. So und nicht anders muss es sein.

Es gibt Stellen auf dieser Scheibe, die so genial sind, dass sie von den ganz Großen stammen könnten. Wie im Opener Cocoon, wenn nach der Gitarrenwand alles zerbricht und die Musik minimalistischer wird. Oder im wilden und boshaften Damn Machines, das bestialischen Noise in einer völlig neuen Dimension zeigt und bei dem sich auch Steve Austin von TODAY IS THE DAY austoben darf. Wie auch im abschließende Token, das sich einen Weg aus den dicken Wolken sucht und in neue Gefilde steigt. Memory of a Dream ist wie eine Kneippkur, dauert 60 Minuten und obwohl man manchmal doch Überwindung besitzen muss, um sie durchzustehen, man fühlt sich danach einfach viel besser. Gereinigt eben. Als hätte man gerade einen sehr psychedelischen Trip gewagt.

Und dennoch, ein wenig gibt es an dem Zweitwerk der Holländer dann doch zu bemängeln. Hier und da klingen die Gitarren breiig, die Keyboards könnten authentischer klingen. Neben der großartigen Musik kann man außerdem nicht vergessen, dass TRANSMISSION0 zwar hervorragend diese Musik interpretieren, etwas Eigenes haben sie nicht erschaffen. Das ist nicht weiter schlimm, doch mit Album Nummer drei sollten sie sich trauen, aus dem Schatten ihrer Vorbilder zu springen, um eigenständigere Musik zu machen. Betrachtet man den Sprung zwischen 0 und Memory of a Dream sollte dies für die Holländer durchaus möglich sein.

Somit fassen wir zusammen: TRANSMISSION0 schmeißen den Hörer in ein Wechselbad der Gefühle, zelebrieren ihre Version des Noisecore stilistisch gesehen nah an ihren Vorbildern, aber dank ihrer Kreativität, der guten Musiker, der großartigen Performance des Sängers und ihrer Vision wurde aus diesem Album etwas Großes. Fans von oben genannten Bands ist Memory of a Dream unbedingt zu empfehlen. Hier erlebt man eine Band, die dabei ist, sich selbst zu finden, die vielleicht schon mit ihrem nächsten Album für ein enormes Highlight sorgen wird. Memory of a Dream wird ein Wegbereiter sein, ein Album, das man auch später immer wieder gerne hören wird. Wegen der Intensität, der ungebremsten Wucht. Alles in allem, ein verblüffendes, schwieriges, verflucht starkes Album.

Veröffentlichungstermin: 24. November 2006

Spielzeit: 64:22 Min.

Line-Up:
Michiel van der Avroid
Mischa van Rodijnen
Dave van Beek
Leon de Groor
Bart Waalen

Produziert von Erik Bik und Mischa van Rodijnen
Label: Go Kart Records

Homepage: http://www.transmission0.com

Email: dave@transmission0.com

Tracklist:
1. Cocoon
2. Condor
3. Paracas
4. dream1
5. Fragments
6. Dying Light
7. dream2
8. Damn Machines
9. unREM
10. Token

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