SONNY SIMMONS & MOSKA SAMNYASIN: Nomadic

Man muss schon selbst schräg drauf sein, um sich auf diesen großartigen Psychedelic/Drone/Jazz-Abflug einlassen zu können.

Wenn bei SONNY SIMMONS & MOSKA SAMNYASIN Namen von Musikern fallen, bei denen man an Bands denkt wie die französischen Stoner/Psychedelic-Rocker BLAAK HEAT SHUJAA, den Los Angeles Psychedelic-Freaks SPINDRIFT und ABRAHAM oder OTHER MATTER, die mit einem amerikanischen Saxophonisten jammen, dann kann das ja nur lustig werden. Die Kombination der ersten beiden ist leicht nachvollziehbar, BLAAK HEAT SHUJAA-Kopf Thomas Bellier lebte einige Zeit in New York und L.A. und mit den Tee Pee-Labelkollegen SPINDRIFT war er 2013 auch gemeinsam auf Tour. Aufgenommen wurde Nomadic aber bereits 2011 in Paris und New York. Wer nun glaubt, ihn erwartet hier eine locker-jazzy Party mit funky Stoner-Coolness, der liegt jedoch voll daneben. MOSKA SAMNYASIN ist ein Projekt, das sich mit Frankreich als Treffpunkt als Bass/Drums/Sitar-Trio präsentiert. Und Saxophonist Sonny Simmons ist eine amerikanische Free-Jazz-Legende, heute zarte 81 Jahre alt. Wie auch immer diese sonderbare Kombination zusammengekommen ist, was sie uns hier bieten, ist schräg und dabei absolut fesselnd, sonderbar, faszinierend.

Erstkontakt: Fahrt nachts nach Holland, allein auf der vernebelten Autobahn, Frau und Twins of Doom am Schlafen, und nur diese Promo dabei. Was für eine schräge Erfahrung, was für ein sonderbarer Trip. Zäh, dunkel, vernebelt wie auf der finsteren unendlichen Straße geht es zu, wenn sich Help Them Through This World wie eine Nebelschwade durch düstere Gassen zieht, wobei man mit den mystisch anmutenden Sitar-Klängen und dem traurigen Alt-Saxophon zwei vollkommen fremde musikalische Welten aufeinander loslässt, die sich irgendwie nicht einig werden wollen und sich wie zwei zugedrogte Wüstenkobra umtanzen und auf den Moment des finalen Biss warten, der aber nie kommt. Hätten frustrierte Ghul einen Proberaum irgendwo in den tiefen Katakomben verlassener Tempel, sie würden wohl ganz ähnlich klingen. Oberflächlich macht sich eine zermürbende Leere breit, in die man immer tiefer hineingezogen wird. Auf dieser Reise in die Tiefe hat man sehr viel Zeit, zu erkennen, wie die Musiker miteinander agieren, sich ergänzen, hier spürt jeder, was der andere macht. Man dreht sich immer wieder im Kreis zwischen ethnischen und exotischen Klängen, abgefahrenem Psychedelic-Rock, Drone und vernebelten Stoner-Anleihen. Wobei eben dieser Kreis gezeichnet wird vom unterkühlten Saxophon, das bedrückend und introvertiert seine schrägen Melodien erklingen lässt. Fast gruselig, wenn SONNY SIMMONS zum Ende von We Are Entering The Place Of That seine Stimme ertönen lässt! Manchmal fühlt man sich auch wie auf einem Ritt, eine müde, zermürbte Karawane durch eine steinige Wüste. Dabei nicht von der Hitze ausgezerrt wie z.B. bei den gar nicht mal so weit entfernten ZAUM, sondern durch die tiefe Kälte der Nacht, wo jeder Windhauch wehtut, jeder erkennbare Schatten die kalte Hand eines Dämons sein könnte. Tempo? Gibt es nicht, selbst die wenigen Momente, wo man etwas nach vorne schiebt, bleiben immer zäh ausgebremst oder extrem fordernd. Wenn When It Comes, I Don´t Fight It kurz Fahrt aufnimmt, kann man jeden nervigen Besuch alsbald zum Aufbruch bringen, selbst ausprobiert! Aber letztendlich lebt das Album von der Dunkelheit, den dezenten Steigerungen und den akustischen Bildern, welche die instrumentalen Songs vor dem geistigen Auge des geneigten Zuhörers malen. Die werden spät abends im Nebel von Räucherstäbchen oder auch gern unter dem Kopfhörer noch bunter oder düsterer, je nach persönlicher Tagesform. Eine krasse Auszeit aus der realen Welt, eintauchen und sich aufgeben, ist ganz einfach! Die Rückkehr in die normale Welt dann allerdings nicht, der finstere musikalische Trip wirkt noch ordentlich nach.

Was SONNY SIMMONS & MOSKA SAMNYASIN hier mit Nomadic präsentieren, dass ist großes Kino für einen kleinen Kreis an Freaks. Man muss schon selbst schräg drauf sein, um sich auf diesen großartigen Psychedelic/Drone/Jazz-Abflug einlassen zu können. Das Ganze klingt nach Projekt und lässt sich so sicher nicht so stimmig und intensiv widerholen. Also sollte man sich Nomadic sichern, wenn man viel weiter oben nicht eh schon abgewunken hat.

Veröffentlichungstermin: 28.11.2014

Spielzeit: 44:03 Min.

Line-Up:
Sonny Simmons – Alt-Saxophon
Thomas Bellier – Bass
Sébastien Bismuth – Drums, Electronics
Michel Kristof – Sitar

Produziert von Thomas Bellier
Label: Svart Records

Homepage: http://www.sonnysimmons.org

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/thomasbellierrecording

Tracklist:
1. Help Them Through This World
2. We Are Entering The Place Of That
3. I Put It In A Dark Area Where I Don´t Remember No More
4. When It Comes, I Don´t Fight It

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner