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SÓLSTAFIR: Masterpiece Of Bitterness

Ein Album, das so eigenartig wie einzigartig ist.

Auf meiner persönlichen Heavy Metal-Landkarte stellte Island bislang einen weißen Fleck dar. Mit SÓLSTAFIR kommt nun Farbe ins Spiel. Doch anstatt ein schlüssiges Bild auf die musikalische Leinwand zu malen, nehmen die vier Nordmänner entspannt einen Griffel zur Hand und kritzeln locker und leger ein paar Songs aufs Notenblatt, die ebenso ungezwungen und authentisch den Weg ins Gehör finden, wie sie zuvor niedergeschrieben wurde.

Authentizität ist dann auch schon eines der Stichworte, mit denen man in Berührung kommt, will man den Sound der Isländer beschreiben. Denn die Klänge, die aus Masterpiece Of Bitterness heraussprudeln bzw. tröpfchenweise die CD verlassen, scheinen direkt von den Instrumenten der Musiker zu kommen, ohne dass sie irgendein Produzent oder Mischpult glattgebügelt hätte. Die Gitarren sind ebenso rau und ungehobelt, wie der Bass oder die Snare-Drum. Ebenso roh und ungeniert schreit sich Herr Tryggvason durch die Songs, ohne sich um die gerade vorherrschenden Genre-Elemente in den Songs zu kümmern. Denn anders als der Gesang, geben sich die einzelnen Songelemente von wenig eintöniger Manier. Von einer Vergangenheitsbewältigung ausgehend, die im Black Metal wurzelte, zimmern SÓLSTAFIR Symbiosen aus Punk, Rock und Metal und versuchen dabei stets, den Hörer bei Laune zu halten. Das gestaltet sich jedoch nicht immer als so einfach. Insbesondere, wenn SÓLSTAFIR innerhalb von 15 Minuten nur eine einzige Melodie verbraten, ohne sie im Tempo variabel zu gestalten und Loops oder Breaks einzubauen, sondern einfach nur den Hörer einzulullen versuchen und minimalistische Details wie Ostereier im Hühnerstall verstecken. Dieses im 20-Minüter I Myself the Visionary Head vorherrschende Konzept bringt nun zweierlei Vorgehensweisen mit sich: zum einen, dass man sich sehnlichst den Übergang zum punkigen Schlussteil herbeiwünscht und man bis zu Minute 17 vorspult, oder zum anderen, dass man sich vom psychedelischen Einschlag berieseln und umgarnen lässt, um sich 15 musiktrunkenen Minuten hinzugeben und die Herausforderung der Ostereiersuche annimmt.

Doch selbst die Songs, die nicht in den zweistelligen Minutenbereich fallen, kommen genauso wenig auf den Punkt wie der Opener. Und irgendwie nimmt man ihnen auch nicht das Bemühen ab, eine derartige Zielsetzung zu verfolgen. Ein Songwriting mit offenem Ende also, das Interpretationssache ist; hier wird der Hörer eingeladen, sich seinen eigenen Reim auf Masterpiece Of Bitterness zu bilden.

So gesehen ist Masterpiece Of Bitterness nicht nur eine Frage des persönlichen Musikgeschmacks, sondern in besonderem Maße auch eine Frage, des momentanen Seelenzustandes. Ein Album, das man an 30 Tagen eines Monats sicherlich nicht hören kann, aber am 31. dafür umso mehr. Ein Album, das so eigen ist, dass man weder Vergleiche ziehen noch Schubladen öffnen kann. Ein Album, das man mehrmals hören muss, um zu sagen, ob es einem zusagt oder nicht. Ein Album, das so eigenartig wie einzigartig ist.

Veröffentlichungstermin: 13.01.2006

Spielzeit: 70:21 Min.

Line-Up:
Aðalbjörn Tryggvason – Guitar, Vocals

Guðmundur Óli Pálmason – Drums

Svavar Austman – Bass

Sæþór M. Sæþórsson – Guitar

Produziert von Sigurgrímur Jónsson und Aðalbjörn Tryggvason
Label: Spikefarm Records

Homepage: http://www.solstafir.com

Tracklist:
1. I Myself the Visionary Head

2. Nature Strutter

3. Bloodsoaked Velvet

4. Ljósfari

5. Ghosts of Light

6. Ritual of Fire

7. Náttfari

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