SOLEFALD: In Harmonia Universali

"In Harmonia Universali" ist bis dato das ultimative SOLEFALD-Werk: durch und durch unkommerzielle Musik mit hohem künstlerischen Wert, veredelt durch intelligente Texte, dargeboten von brillanten Musikern, sauber poduziert und immer mit dem bitterbösen Lächeln versehen, das man heutzutage braucht, um gesund durchs Leben zu kommen.

Es gibt sie eigentlich selten, diese Momente, in denen man nach dem sechsten Durchlauf einer Platte plötzlich davon überzeugt ist, daß dies die wohl beste Platte sein müsse, die man je gehört hat. Nur wenige, wirklich brillante Künstler kann ich da aufzählen: IN THE WOODS… beispielsweise, oder PAIN OF SALVATION.

Und nun gesellen sich auch noch die Norweger SOLEFALD dazu, ein Künstlerduo, das bereits vor zwei Jahren mit „Pills Against The Ageless Ills“ einen Klassiker des elaborierten Rock´n´Rolls auf die Menschheit losgelassen hatte. Nun kommt „In Harmonia Universali“ – und ist, wie es sich für Künstler gehört, komplett anders als sein Vorgänger und doch genauso genial.

Wesentlich sperriger mutet zunächst jedes der hier versammelten zehn Meisterwerke an; „Nutrisco et extinguo“ beginnt das Album etwa mit einer Flamenco-Gitarre und mysteriösem Flüstern, um dann plötzlich in ein bombastisches Metal-Riff auszubrechen und ein enorm vielschichtiges, mit brillanten Gesangslinien veredeltes progressives Sahnestück zu werden. Überhaupt, progressiv: das wahrscheinlich am inflationärsten gebrauchte Wort in der Metal-Szene, wo jede beschissene Hinterhofband mit mehr als vier Akkorden als „progressiv“ bezeichnet wird, paßt hier wirklich einmal wie die Faust auf den Prog-Proll. Denn SOLEFALD bauen ihre Songs nicht auf weit hergeholten Taktverschiebungen oder Keyboard-Soli auf, sondern setzen jede Note, jedes Instrument, jede gesungene Textzeile so intelligent und präzise ein, daß man zu jedem Zeitpunkt der Ansicht ist, absolut perfekter Musik zu lauschen, Musik, die so selbstständig, neu, ja: progressiv ist, daß eigentlich jede Kategorisierung scheitern muß. Ich wage trotzdem eine: Heavy Metal. Denn neben allem intellektuellen Anspruch, den man in jeder Sekunde spürt, wissen SOLEFALD um ihr Fundament, und das sind Gitarren, Bass, Schlagzeug und lange Haare. Dies ist eine Metal-Band, und das Statement dazu gibt´s gleich mitgeliefert:

“Diabolos writes

The Book of Rock

Professor of

Extreme Music Science

At night in his lab

The Beast bangs his head”

(Subtext zu “Red Music Diabolos”)

Was will man mehr? Gut: ergreifende Saxophon-Soli, bombastische Männerchöre, Hammond-Orgel, abgedrehter, völlig eigenständiger Gesang, Melodien, die man nach sechs Durchläufen erst bemerkt, und die dann nie mehr verschwinden. Undsoweiter. Dabei bedienen sich die Herren bei verschiedenen Sprachen Europas, um ein vollständiges Bild zu zeichnen von den zehn Dingen, von denen das Album handelt: Gerechtigkeit, Wissen, Kreativität, Tapferkeit, Freude, Musik, Fruchtbarkeit, Wohltätigkeit, Schutz und Licht. Dabei ist es allein ein Genuß, die Texte nur zu lesen; sie auch noch in Musik umgesetzt zu hören, ist da fast schon ein Luxus. „Buy My Sperm“ etwa behandelt das Thema Fruchtbarkeit und ist an die Heilige Jungfrau Maria gerichtet; der Song endet mit den Zeilen „The A-Bomb was a product of excellent sperm / Next genocide courtesy of my firm“. Selten habe ich solch eine gleichsam bitter zynische, aber auch ironisch zwinkernde Abrechnung mit der gesamten Menschheit gelesen – groß, wirklich groß. Aber auch die anderen Stücke glänzen durch solche Bonbons; und ich muß sagen, hier tut es mir zum zweiten Mal Leid (das erste Mal wegen Baudelaire), so wenig Französisch gelernt zu haben.

Also: „In Harmonia Universali“ ist bis dato das ultimative SOLEFALD-Werk: durch und durch unkommerzielle Musik mit hohem künstlerischen Wert, veredelt durch intelligente Texte, dargeboten von brillanten Musikern, sauber poduziert und immer mit dem bitterbösen Lächeln versehen, das man heutzutage braucht, um gesund durchs Leben zu kommen:

„Ten songs, ten stories of

Extreme music science –

Solefald proceed to play

In Harmonia Universali”

Ein Glück.

VÖ: 24.03.2003

Spielzeit: 60:21 Min.

Line-Up:
Cornelius – vocals, guitars, bass, samples

Lazare – vocals, synthesizers, hammond organ, grand piano, drums

Produziert von Borge Finstad
Label: Century Media/SPV

Homepage: http://www.solefald.org

Tracklist:
1. Nutriscio et Extinguo

2. Mont Blanc Providence Crow

3. Christiania (E. Munch Commemoration)

4. Epictetus & Irreversibility

5. Dionysify This Night Of Spring

6. Red Music Diabolos

7. Buy My Sperm

8. Fraternité de la Grande Lumière

9. The Liberation Of Destiny

10. Sonnenuntergang im Weltraum

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