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NUX VOMICA: Nux Vomica

Ein leicht zu übersehendes Juwel, welches es ohne sichtbare Mühe schafft, zu den ganz Großen des Genres aufzuschließen. Stark!

Obwohl Relapse Records schon seit Jahren ein offenes Ohr für diverse Hardcore-Punk-Auswüchse hat und diese Szene auch aktiv fördert, wovon die Veröffentlichungen von Bands wie DISFEAR oder UNKIND zeugen, fragen immer noch viele, warum mit NUX VOMICA eins der am besten gehüteten Crust-Geheimnisse sich einen Deal mit einem Branchenriesen wie Relapse andrehen ließ und ob das nicht den befürchteten Niedergang dieser äußerst kreativen DIY-geprägten Subkultur bedeutet. An dieser Stelle werde ich in diese Diskussion nicht weiter eingehen, da ich der Meinung bin, dass das jeder für sich selbst entscheiden soll. Nun geht es aber mit dem eigentlichen Review weiter.

NUX VOMICA stehen nun mit ihrem Relapse-Debüt vor einer Mammutaufgabe, denn einerseits wird jede halbwegs atmosphärische Crust-Platte mit den überlangen Songs zwangsläufig mit den Werken von FALL OF EFRAFA verglichen, und die fünf Amis würden hier womöglich ein schweres Erbe antreten, und andererseits muss die Messlatte, die über Jahre hinweg von MORNE und vor allem (!) AGRIMONIA kontinuierlich immer weiter nach oben geschoben wurde, zumindest gehalten werden. Es wird also kein Spaziergang für die Band aus Portland.

Das Album beginnt recht wütend und aggressiv mit Sanity Is for the Passive und weist viele Einflüsse wie von HIS HERO IS GONE oder FROM ASHES RISE auf, um dann in die dunkelsten NEUROSIS-Gefilde der (Spät)Neunziger abzudriften. Am Ende versinkt der Song im dronigen Doom mit Noise-Einschüssen, gepaart mit wirklich fiesem Black-Metal-Gekeife. Dagegen arbeitet Reeling verstärkt mit Melodien und progressivem Songaufbau – Episch wäre wohl der richtige Ausdruck dafür. Von Stimmung her wäre das Lied für die Crust-Verhältnisse eine bittersüße Ballade, wäre da nicht der fiese blackmetallische Gesang und die Riff-Dampfwalze, die das Schlussdrittel des Songs klar dominiert. Der Schlusstrack Choked at the Roots ist wahrscheinlich das Beste, was ich seit Asylum von MORNE gehört habe, und den aktuellen Geniestreich von AGRIMONIA streckenweise alt aussehen lässt – man stelle sich vor, die gesamte Quintessenz des modernen, vorwärts denkenden Crust werde in einen einzigen 20-minütigen Song gepresst und mit besonderer NUX VOMICA-Note versehen. AGRIMONIA, MORNE, EKKAIA und NUX VOMICA treffen sich in einer Bar, saufen um die Wette, zerlegen dann den Laden, holen noch OROKU ab und gehen dann gemeinsam zu TRAGEDY, um weiter zu feiern. Geil, oder? Finde ich auch, und deswegen gehört die Platten zum engen Favoritenkreis für das Album des Jahres 2014.

Die Tracklist des Albums besteht tatsächlich aus drei Songs, die es insgesamt auf stolze 45 Minuten Spielzeit bringen. Da aber das Material extrem verschachtelt ist und viele Nuancen birgt, scheint jeder Song aus mindestens drei konventionellen vierminütigen Songs zu bestehen. Soundtechnisch ist die Scheibe auch top – für die Crust-Verhältnisse vielleicht zu sauber produziert – klingt aber auf gar keinen Fall klinisch tot und hat aufgrund ihrer Komplexität einen transparenten, wohklingenden Sound auch nötig.

Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für all jene aufgeschlossenen Crust-Punks, Sludger sowie Progmetal- und Black-Metal-Fans, die gerne über den Tellerrand schauen und auf permanenter Entdeckungsreise sind.

Veröffentlichungstermin: 28.03.2014

Spielzeit: 44:21 Min.

Line-Up:
Chris – Guitar
Tim – Guitar
Danny – Bass
Zack – Drums
Just Dave – Vocals and Percussion

Label: Relapse Records

Homepage: http://nuxvomicaband.bandcamp.com/

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/nuxvomicaband

Tracklist:

1. Sanity Is for the Passive
2. Reeling
3. Choked at the Roots

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