NEVERLAND: Ophidia

Melodischer Progressive Metal mit ein paar großen Momenten, ein paar Durchhängern und einer etwas zahnlosen Produktion.

Lässt einen eine rasende Schlange, die ihre Ketten sprengte, zunächst mit einem großen Fragezeichen zurück, so ist das Rätsel um das Cover-Artwork von NEVERLANDs Zweitwerk mit dem Hintergrundwissen, dass sich “Ophidia” um das Böse im Menschen dreht, schnell gelöst. Die Schlange ist ein symbolträchtiges Wesen, das unter anderem auch für Böses und Sünde steht und die vom Menschen offensichtlich nicht in Ketten gelegt, gezähmt oder gezügelt werden kann. Eine pessimistische Interpretation, die sich mit dem sehr melodischen und verspielten Progressive / Melodic Metal der griechisch-türkischen Formation nicht so recht in Einklang bringen mag.

Denn selbst wenn NEVERLAND statt mit orientalischen Elementen lieber mit klassischen Streicherensembles bzw. Keyboards arbeiten, sind einige Parallelen zu ORPHANED LAND nicht von der Hand zu weisen. Da wäre der Gesang von Oganalp Canatan, welcher dem von Kobi Farhi sehr ähnelt, und der dank seiner angenehmen, ruhigen Stimme vor allem den Opener “This Voice Inside” zu einem Highlight von “Ophidia” macht. Außerdem gibt es hier wie dort die verspielten Leadgitarren, die etwa ein “Invisible War”, bei dem auch Jon Oliva (Ex-SAVATAGE) als Gastsänger zu hören ist, zu einem wahren Genuss für Gitarrenfanatiker machen, sowie die detailreichen und doch gut nachvollziehbaren Arrangements, die schnell erfasst werden, bei wiederholten Durchläufen zugleich jedoch immer mehr Details offenbaren.

Die musikalische Bandbreite auf “Ophidia” ist hoch

Was auf den ersten Moment ebenfalls nicht so sehr ins Ohr sticht, ist Iris Mavraki. Obwohl die Griechin als Sängerin fest zum Ensemble gehört und NEVERLAND zusammen mit der türkischen Band DREAMTONE ins Leben gerufen hat, hält sie sich auf dem Album deutlich zurück und tritt meist nur als Backgroundsängerin in Erscheinung. Lediglich beim akustischen, sehr folkloristisch anmutenden “Will Of God” ist sie in einer größeren Rolle zu hören.

Das Songmaterial auf “Ophidia” bewegt sich meist auf überdurchschnittlich hohem Niveau und kann gleichzeitig eine recht hohe Bandbreite vorweisen. Von der erwähnten Akustiknummer, über ausgeprägte Melodic Metal-Tracks (“Silence The Wolves”) und einem progressiven Instrumental (“Into The Horizon”), bis hin zu romantischen Midtempo-Träumereien wie “Speak To Me” ist nahezu alles vertreten. Von ein paar kleineren Durchhängern abgesehen wird es eigentlich nur beim Intro von “Final Odyssey” richtig grausam. Dessen Einstieg könnte mit Drumcomputer und zurückhaltenden Pianoakkorden glatt bei Viva als Auftakt für den nächsten Sommerhit durchgehen. Zum Glück fängt sich der Song nach dem misslungenen Anfang bald wieder und macht den Ausrutscher schnell vergessen.

Für Melodieliebhaber eine lohnenswerte Erfahrung

Gehüllt in eine glasklare, aber leider etwas zahnlose, Produktion, die keine Details verschluckt und sogar dem Bass wie in “Ashes To Fall” ausreichend Platz einräumt, ist “Ophidia” ein gutes Album geworden, dem vielleicht die übermenschliche Größe eines “Mabool” fehlen mag, das aber trotzdem eine lohnenswerte Platte für Freunde des melodischen Progressive Metals darstellt. Ein paar Durchhänger gilt es zwar zu verschmerzen und kitschresistent sollte man ob der glatt gebügelten Produktion auch manchmal sein, für Melodieliebhaber und Tagträumer dürfte es jedoch ein Leichtes sein, über diese Makel hinwegzusehen.

Veröffentlichungstermin: 26.03.2010

Spielzeit: 53:22 Min.

Line-Up:
Oganalp Canatan – Vocals
Iris Mavraki – Vocals
Onur Ozkoc – Guitars
Burak Kahraman – Guitars
Guney Ozsan – Keyboards
Can Dedekarginoglu – Bass
Emrecan Sevdin – Drums

Produziert von Erim Arkman
Label: AFM Records

Homepage: http://www.in-neverland.com

NEVERLAND “Ophidia” Tracklist

01. This Voice Inside
02. Silence The Wolves
03. Ophidia
04. Will Of God
05. Invisible War
06. Places Unknown
07. No One Leaves The Hive
08. Speak To Me
09. Ashes To Fall
10. Final Odyssey
11. Into The Horizon

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