Das lange Violinenintro „Silent…“ erinnert einen zunächst einmal an die gute alte Zeit, in der die Phalanx aus MY DYING BRIDE, ANATHEMA und PARADISE LOST geeint etliche junge Musiker zum Erforschen der dunkleren Regionen des Metals anstiftete. Die beim Opener „Raven“ hinzukommenden ausufernden Gitarrenmelodien lassen dann endgültig mein Herz höher hüpfen. Gesanglich sind ebenfalls keine Experimente eingegangen worden, Tanja Reymann und Gitarrist Tom Droste teilen sich die Vocals. Während Tom meist grunzkreischkeift, ist Tanjas Stimme nicht in höchsten Höhen angesiedelt, sondern kann als ausgereifte dunkle Rockstimme bezeichnet werden, vielleicht ein wenig wie es bei Cristina von LACUNA COIL der Fall ist. Höhere Gehversuche wie in „Well World“ bleiben zum Glück die Ausnahme. Und so nimmt ein wunderschönes Erstlingswerk seinen Lauf, das zudem mit für eine Eigenproduktion ordentlicher Produktion aufwarten kann, obwohl der Mischer es bei Schlagzeug und Leadgitarre mit Hall bzw. Delay etwas zu gut gemeint hat. Doch dieses kleine Manko macht die Spielfreude wett, die man den gelegentlich auch doomigen Riffs deutlich anhört. Schön auch, dass die Violine nicht zu penetrant in den Vordergrund gedrängt wurde, wo sie nur zu deutliche MY DYING BRIDE-Parallelen oder Entnervung des Hörers gesorgt hätte. So ist sie jedoch dafür verantwortlich, für gelegentliche melancholische Farbtupfer im musikalischen Gesamtbild von NEVER COMES SILENCE zu sorgen. Mir erscheint „Red Ocean“ jedenfalls als Tribut an eine Zeit, bevor Gothicmetalsongs die Drei-Minuten-Grenze nicht überschreiten durften und in Emmerich-Filmen auftauchten, sondern wo alles möglich schien, solange es dem Ausdruck von innerer Pein, Trauer oder auch Hoffnung diente – seien es gesprochene Passagen, ausufernde Arrangements oder gefühlvolle Gitarrensoli. Und auch wenn mittlerweile die Integration elektronischer Elemente viele neue interessante Facetten in den Gothicmetal eingebracht hat, so muss ich dennoch angesichts dieser angenehm altmodischen und doch nicht uneigenständigen Platte eine nostalgische Träne im Augenwinkel zerdrücken.
Zu haben ist die CD bei Thomas Droste, Gertrudenstr. 31, 45711 Datteln.
Spielzeit: 44:31 Min.
Line-Up:
Sascha Reymann – Gitarre
Uwe Lerch – Bass
Tom Droste – Gitarre, Gesang
Tanja Reymann – Gesang
Frank Nottke – Keyboards
Reinhard Kraus – Geige, Keyboards
Heinz Dieter Milbradt – Schlagzeug
Produziert von Andreas Steinmetz
Label: Eigenproduktion
Homepage: http://www.nevercomessilence.de
Email: tom@nevercomessilence.de
Tracklist:
Silent
Raven
Flying
Well World
Red Ocean
My Spirit
Stargazing
Metalheart
Spirit of Bounty (Bonustrack)