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NAVEL: Neo Noir

Wem nicht den ganzen Tag die Sonne aus dem Hintern scheint, der sollte unbedingt mal rein hören. "Neo Noir" zieht runter wie eine einsame, triste Autofahrt durch eine trübe, düstere Nacht. 

Das 2008er Debüt Frozen Souls der Schweizer NAVEL hab ich damals mal bei einem Besuch eben in der Schweiz gehört. Da wurden sie mir stolz als unsere eigenen NIRVANA vorgestellt. Die Band wurde nicht nur zuhause ordentlich abgefeiert und war fleißig live unterwegs. Nun also folge das lang erwartete zweite Album, welches anfangs eine schwere Geburt war mit der Pleite des Labels, Neueinspielung und so weiter. Das wirkt sich hörbar auf die Grundstimmung von Neo Noir aus, welche auch wunderbar vom Coverbild des Fotografen Reto Rigassi transportiert wird. So trostlos hat man den Markusplatz in Venedig noch nie gesehen, zumindest deuten die Muster auf dem Platz auf diesen Touristenmagnet. Und so schwer und düster wie der visuelle Eindruck zeigt sich auch der Sound auf Neo Noir, Zugang zum Album zu finden war nicht wirklich einfach.

Tja, bis zu dem Tag, wo ich spät nachts allein mit dem Auto unterwegs war und Neo Noir die einzige Scheibe war, die ich dabei hatte. Leere Straßen, vereinzelnd nur trübes Straßenlicht, nur hier und da schimmerte es matt hinter verschlossenen Vorhängen,  die dicken Wolken malten obskure tiefgraue Bilder in den Nachthimmel. Das also sollte der Moment sein, wo das Album seinen morbiden Charme voll ausspielen kann. Schon der Opener lässt wenig Platz für Spaß und Freude, zäh, zermürbend, unwirklich und depressiv nimmt einem Can´t Feel A Thing, Nomen est Omen, jede Emotion. Diese hoffnungslose Stimmung zieht sich über das komplette Album, auch wenn die Schweizer mal rockig etwas Tempo aufnehmen. Der noisige-grungige Post-Rock bleibt immer unbequem, auch durch die nörgeligen Vocals, die durchaus auch mal was eben von NIRVANA haben. Da ist es fast unfair, wenn Black Days anfangs, ähnlich wie auch das schöne, nachdenkliche It´s The Road That Makes The Song, einen  leichten PINK FLOYD-Touch mitbringt, um dann natürlich doch wieder an den Nerven zu zerren. Der coole, bluesige Rock`n´Roll Invisible zeigt, dass die Jungs doch Humor haben, aber auch hier bleibt man natürlich unbequem. Das fiese punkige Kobra The Killer reißt einen komplett aus der Stimmung, die das Album bisher aufgebaut hat, schade. Dafür kann die Mundharmonika begeistern, die spärlich, aber treffsicher immer wieder mal aus den Soundwänden hervorschreit. Dass man mich mit dem NEIL YOUNG-Cover Roickin´ In The Free World nicht begeistern kann, das liegt wohl auch daran, dass es hier in meiner Ecke von unzähligen Bands mal besser, mal schlechter gespielt wird. Zudem geht der kurze Rocker Free Land in eine ähnliche Richtung, da hätte man sich dieses Cover sparen können. Der Hunger Child Blues, im Original vom texanischen Singer-Songwriter TOWNES VAN ZANDT, fügt sich hingegen wieder gut ein in die hoffnungslose Grundstimmung des Albums. Hätte man den Stimmungskiller Kobra nach hinten gepackt, das Album etwas gekürzt und auf das Strecken durch den Hidden Track verzichtet, 11 Minuten Stille muss man nicht haben, Neo Noir wäre richtig krass und fett geworden, das unweigerlich Spuren hinterlässt. So sorgen ein paar Längen dafür, dass man sich wohlig unwohl fühlt, aber nicht komplett eintauchen kann in das Album. Na ja, zumindest kann man den Schweizern mangelnde Eigenständigkeit im aktuellen Markt und aufgesetzte Fröhlichkeit nicht vorwerfen. Was wir hier hören, das klingt echt, wer gekünstelte Heile Welt-Musik hören will, der kann ja das Radio anmachen.

NAVEL haben Rock, Noise, Blues, Punk geschnupft, aufgesogen und inhaliert, so heißt es im Infoblatt. Ja, das alles findet man hier, eingepackt in einer zermürbenden, düsteren Stimmung, die einem jede Hoffnung nimmt, weil man das in der passenden Stimmung dann auch gern zulässt. Wem nicht den ganzen Tag die Sonne aus dem Hintern scheint, der sollte unbedingt mal rein hören. Neo Noir zieht runter wie eine einsame, triste Autofahrt durch eine trübe, düstere Nacht, in der einen Gedanken an persönliche Tiefschläge, die eigenen Dämonen und die Schattenseiten des Lebens einnehmen. 

Veröffentlichungstermin: 04.02.2011

Spielzeit: 76:36 Min.

Line-Up:
Jari Antti – Guitar, Vocals, Harp
Michael Christ – Bass
Steve Valentin – Drums

Label: Nois-O-Lution

Homepage: http://www.navelband.com

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/navelofswitzerland

Tracklist:
1. Can´t Feel A Thing
2. Speedbox
3. Black Days
4. Acid Queen
5. It´s The Road That Makes The Song
6. Free Land
7. Invisible
8. Kobra The Killer
9. Rockin´ In The Free World
10. Hunger Child Blues
11. Come Into My Mind
12. Blues On My Side
13. Rule To Follow
14. Waitin´ Travellin´ Thinkin´

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