NASUM: Shift

"Shift" plättet alles und jeden; NASUM so spontan und brutal wie nie zuvor.

Scheinbar alles beim alten. Fiepen leitet das Massaker ein, wie bei jedem NASUM-Album seit dem Überhammer Human 2.0, doch etwas ist anders. Genau, das vierte Album der schwedischen Stars in Sachen Grindcore beginnt zum nicht mit einem erbarmungslosen Blast Beat, wie es die Fans eigentlich erwarten, schließlich starten alle anderen Alben auf diese Art und Weise. Was ist hier los? Wollen NASUM nicht mehr richtig grinden? Liegt es an den neuen Bandmitgliedern Urban Skytt, der auch bei REGURGITATE tätig ist, und Jon Lindqvist, der bei SAYYADINA lärmt? Wohl kaum, denn diese Musiker haben Grindcore bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Also muss es am neuen Label liegen. Burning Heart, das eher für die Arbeit in der Hardcore-Szene bekannt ist scheint einen Einfl…

Nein. Wirklich nicht. Bei NASUM ist trotz der ersten Sekunden des Openers Particles alles beim Alten, vielleicht sogar beim noch Älteren. Die Kopflastigkeit und die technische Ausrichtung des Vorgängers sind nicht mehr derart wichtig auf Shift. Radau ist bei NASUM keine Frage sondern ein Gefühl, daher ist und bleibt die Band brutal bis an die Grenzen, da können alle Neider sagen, was sie wollen. Seien es die erbarmungslosen Blast Beats, die mitreißenden Moshparts oder die mördermäßigen Grooves, die Zutaten der schwedischen Grindcore-Aushängeschilder sind nach wie vor die selben, auch auf Album Numero vier. Nur, wie ich schon sagte, weniger komplex und technisch als auf dem Vorgänger.

Was nach wie vor da ist und im Jahr 2004 mindestens genauso präsent wie 1998 zu Inhale / Exhale ist die unbändige Wut, die dieser Band beiwohnt. Shift ist noch einen Tick angepisster als die anderen Outputs der Band. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Als sich NASUM Mitte dieses Jahres meldeten, dass neues Material bereits aufgenommen ist, stand die Kinnlade, bei den Fans vor Überraschung ganz weit unten. Die Band ließ keinen Druck auf sich zu, weshalb die Songs nicht verkopft, sondern ganz spontan und frisch klingen. Spontaneität, das ist das Zauberwort von Shift, nach der wie immer recht kurzen Eingewöhnungszeit reißt das Album sogar noch mehr mit als Helvete was an Kunst grenzt. Das neue Line-Up funktioniert also wunderbar und auch wenn die neuen Mitglieder lange nicht so viele Songs geschrieben haben wie die Urmitglieder Anders Jakobson und Mieszko Talarczyk, der Einfluss ist enorm. NASUM waren nie schneller, kompromissloser und ehrlicher.

Die Songs sind wie immer nach kurzer Zeit recht eingängig und haben wiederum das, was NASUM zur – neben NAPALM DEATH – erfolgreichsten europäischen Grindcore-Band macht: Identität. Bei den kurzen Knüpplern, deren Länge deutlich unter einer Minute liegt, ist dies natürlich schwerer auszumachen, als bei dem charismatischem und sehr düsterem, anfangs sogar leisem Fight Terror with Terror, aber auch dort finden sich kleine Hooklines und mörderische Riffs. Egal ob melodische Brecher wie The Deepest Hole, Like Cattle – beide übrigens von Neuzugang Jon Lindqvist geschrieben – und das wahnsinnig intensive Fury oder pure Hassklumpen wie Twinkle, Twinkle Little Scar und Closer to the End, auf Shift passt alles hervorragend zusammen.

Doch Vorsicht: Nicht, dass ihr meint, NASUM würden auf ihrem vierten Album nur simpel prügeln. In Shift steckt wirklich sehr viel Cleverness, die Musiker beherrschen hörbar ihre Instrumente und sind technisch auf höchsten Level, doch sie lassen es nicht permanent raushängen. In Deleted Scenes beispielsweise gibt es heftige und schwerverdauliche Breaks, doch das Hauptaugenmerk liegt nicht darauf. Auf Shift finden sich ganz einfach 24 Songs, die typisch NASUM sind und – nein, es ist diesmal kein Klischee – schneller und brutaler als alles was wir von dieser Band kennen.

Auch in Sachen Produktion ist alles beim alten, Meister Mieszko zauberte mal wieder einen extrem rauhen aber fetten Sound aus den Boxen, perfekt für Grindcore. Gewohnte Qualität aus dem Soundlab also. Auch das Booklet ist sehr geschmackvoll und schön aufgemacht. Die Texte zeugen von Intelligenz, regen zum Nachdenken an und lassen dennoch genügend Freiraum für Interpretationen. Auch illustre Gäste geben ein Stelldichein auf dem Album: Die angepissten Vocals von Mieszko werden durch das fiese Gebrüll von PAGANIZER-Chef Rogga Johansson wunderbar ergänzt und Petter Freed gibt wieder ein paar Gitarrensoli zum Besten.

Da auf diesem Album wirklich alles passt, frage ich mich erneut wie NASUM das toppen wollen. Es ist wirklich keine verfrühte Euphorie, die mich diese Sätze schreiben lässt. Als langjähriger NASUM-Fan und extremer Verehrer von Helvete bin ich derart begeistert, dass ich mit diesen Worten schließe: Ich bin platt.

Veröffentlichungstermin: 11. Oktober 2004

Spielzeit: 37:19 Min.

Line-Up:
Mieszko A. Talarczyk – Vocals and Guitar

Urban Skytt – Guitar

Jon Lindqvist – Bass

Anders Jakobson – Drums

Produziert von Mieszko A. Talarczyk
Label: Burning Heart Records

Homepage: http://www.nasum.com

Tracklist:
1. Particles

2. The Engine of Death

3. Twinkle, Twinkle Little Scar

4. No Paradise for the Damned

5. Wrath

6. Fear is Your Weapon

7. The Deepest Hole

8. High on Hate

9. Pathetic

10. Circle of Defeat

11. Like Cattle

12. Ros

13. The Smallest Man

14. Cornered

15. Strife

16. The Clash

17. Hets

18. Closer to the End

19. Fury

20. Fight Terror with Terror

21. Err Inflammerat Sar

22. Deleted Scenes

23. Creature

24. Darkness Falls

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