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KLAUS SCHULZE & LISA GERRARD: Big In Europe – Vol. 2 Amsterdam [2CD/2DVD]

Beide Künstler harmonieren trotz ihrer Gegensätze – Technik und Elektronik hier, Spirituelle Atmosphäre und magische Vocals dort – wunderbar. Wer auf die Electro-Soundwelten vom KLAUS SCHULZE steht und/oder auf die einzigartige Stimme von LISA GERRARD bzw. DEAD CAN DANCE, der hat natürlich einen Pflichtkauf und wird die Show genießen.

KLAUS SCHULZE gilt auch heute noch als einer wichtigsten Pioniere der elektronischen Musik. Anfang der 70er in der Berliner Szene noch als Drummer unterwegs, unter anderem mit PSY FREE gemeinsam mit ALEX CONTI oder auch bei TANGERINE DREAM, machte er sich bald einen Namen als Tüftler und Visionär der elektronischen Musik, aber auch als Produzent so mancher erfolgreichen Scheibe bekannter Acts. Seither gibt es zahllose Veröffentlichungen, an neuen Ideen mangelte es KLAUS SCHULZE offensichtlich nie. Von der polnischen Regierung kam dann die Einladung, am 17. September 2009, zum 70. Jahrestag des sowjetischen Überfalls auf Polen, ein Konzert in Warschau im Hof des Königsschlosses zu geben. Hierfür tat sich SCHULZE wieder mit der Australierin LISA GERRALD (Ex-DEAD CAN DANCE) zusammen, mit der er Mitte 2008 bereits das Doppelalbum Farscape heraus brachte, sowie danach die CD/DVD Rheinland mit einer Aufzeichnung eines gemeinsamen Konzertes an der Loreley. Dem Konzert in Polen wurden noch Shows in Amsterdam sowie Brüssel und Paris angehängt, nach dem Release als CD/DVD der Show in Warschau schiebt man nun die Aufzeichnung der Show in Amsterdam vom 20. September 2009 nach. Ein weiteres Package soll noch folgen. Zugegeben hab ich mich vor der Zusammenarbeit mit der australischen Ausnahmesängerin aus subjektiven Geschmacksgründen nie groß für das Elektrogesumsele von KLAUS SCHULZE interessiert, aber wenn man LISA GERRARD jemals live gesehen hat, wie bei der erinnerungswürdigen Show im Niederländischen Den Haag mit DEAD CAN DANCE, dann horcht man sofort auf, wenn ihr Name fällt. Und das hat sich gelohnt, wie die DVD-Version zeigt, die CDs liegen leider nicht anbei.

Hier geht es gemächlich zu, statt das Publikum gleich Zuzuwabbern mit fetten Synthie-Tunes passiert fast nichts. KLAUS SCHULZE arbeitet nicht mit festgelegten Songs, seine Klanglandschaften entstehen immer spontan aus Laune, Situation und Tagesform. Wie sagt er selbst gern so treffend: Wichtig ist, dass ich keine Idee habe, wenn ich auf die Bühne gehe. Ruhige spacige Töne aus anderen Sphären erfüllen den Raum, synthetische (Computer-)Chöre, langsam baut sich eine Soundwand auf, die erst nach 11 Minuten richtig Fahrt aufnimmt. Wenn nach gut 16 Minuten zu Prinsengracht 263 (das Anne Frank-Haus, heute ein lehrreiches Amsterdamer Museum) endlich LISA GERRARD die Bühne betritt, hat man kaum noch Augen für den Mann hinter seiner Computer/Synthie-Burg. Es gibt nur wenige Sängerinnen, die durch das Erscheinen auf der Bühne und die ersten Töne das komplette Publikum zum Schweigen bringen können. Wer diese Stimme hört, der weiß sofort, dass hier die (ex-)Sängerin von DEAD CAN DANCE auf der Bühne steht. Ihre Bühnenshow ist gewohnt sonderbar, mal geht die rechte Hand auf den linken Unterarm, mal umgekehrt, alles in Slowmotion. Mehr braucht es nicht, ihre Bühnenpräsenz ist fast erdrückend und immer etwas fern dieser Welt, ebenso wie ihre Stimme, die sie wieder durch unfassbare Tonleitern schraubt. Zu ihren Arioso-Gesängen, orientalisch anmutend, immer fesselnd und nahezu magisch, verlässt man den Alltag und taucht unweigerlich ein in den unfassbaren Gesang. Wovon sie singt? Egal, versteht man eh nicht, Hauptsache LISA GERRARD singt! Man muss schon arg aufpassen, dass man KLAUS SCHULZE nicht vergisst, der den passenden Boden ausbreitet, auf dem die Sängerin ihre Stimme schweben lässt. Damit das Publikum nicht zu sehr davon schwebt wird es auch mal etwas lauter, der Herr der Regler und Tasten holt sich schon seine verdiente Aufmerksamkeit. Als Pionier der Elektro-Musik weiß er natürlich, wie man das macht. Das hält dann meist so lange, bis LISA wieder ihre Stimme erhebt.

Das Publikum hört man entsprechend kaum, alle sind gebannt oder schweben schon in anderen Sphären, der Sound ist elektronisch sauber, eine Bühnenshow findet nahezu nicht statt. Der mit recht einfachen Mitteln etwas aufgepeppte DVD-Mitschnitt beschränkt sich entsprechend zwei Stunden nur auf die beiden Künstler auf der Bühne. Auf der zweiten DVD gibt es noch mehr als eine Stunde einen interessanten Einblick in die Arbeit des Soundkünstlers zum Konzert und seiner Electro-Musik, den ersten Teil dazu gab es auf dem ersten Release der Big In Europe-Reihe. Unterhaltsam auch immer, seinen Worten zuzuhören, SCHULZES – nun ja – typisch deutsches Englisch lässt einen immer mal wieder schmunzeln.

Beide Künstler harmonieren trotz ihrer Gegensätze – Technik und Elektronik hier, spirituelle Atmosphäre und magische Vocals dort – wunderbar. Wer auf die Electro-Soundwelten vom KLAUS SCHULZE steht und/oder auf die einzigartige Stimme von LISA GERRARD bzw. DEAD CAN DANCE, der hat natürlich einen Pflichtkauf und wird die Show genießen. Zumal KLAUS SCHULZE aus gesundheitlichen Gründen eher keine weiteren Konzerte mehr geben will. Abtauchen zur Musik, oder fasziniert auf den Bildschirm schauen mit der DVD zum Konzert, die Fans beider Ausnahmekünstler werden dahinschweben. Aber: wer sich nicht zu diesem Kreis zählt, der wird sich schwer tun, diese Faszination zu teilen. Dann langweilen bis nerven die Electro-Soundlandschaften vielleicht, dann überfordert eventuell der eigenartige bis eigensinnige Gesang. Einen Versuch ist es aber immer wert!

DVDs:PCM Stereo/Dolby Digital 2.0
Bild:16:9/NTSC
Ländercode: free
FSK: 0 

Veröffentlichungstermin: 18.09.2014

Spielzeit: ca. 188 Min.

Line-Up:
Lisa Gerrard – Vocals
Klaus Schulze – Sounds
Label: MIG Music

Homepage: http://www.klaus-schulze.com

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/pages/Klaus-Schulze/275855379116415

Tracklist:
CD 1:
1. Jan Pieterszoon Swelinck
2. Mad Ret Sma
3. Prinsengracht
4. The Polish Rider

CD 2:
1. Orcus Humanum Est
2. Leiden
3. Hieronymus
4. Le Moulin Deja Vu

DVD 1:
1. Jan Pieterszoon Swelinck
2. Mad Ret Sma
3. Prinsengracht 263
4. The Polish Rider
5. Orcus Humanum Est
6. Leiden
7. Hieronymus
8. Le Moulin Deja Vu

DVD 2:
1. A Moogumentary II by James L. Frachon

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