KENS DOJO: Reincarnation

Ein AOR-Album, das zu Beginn drei grandiose Songs bietet, danach aber schwächelt und in einem Meer von Watte eintaucht.

Ken Ingwersen (ex-RAGS, ex-SPEED, ex-STREET LEGAL, momentan u.a. KEN HENSLEY, welcher auch auf diesem Album mitwirkt) aus Oslo macht gerne Musik. Er spielt Gitarre und dreht an Knöpfen im Studio. Und nun hat er ein Solo-Album gemacht. Wirkliche Songs und wirkliche Sänger verspricht das Info und reduziert meine anfängliche Panik, da ich schon ununterbrochenes Sologedudel befürchtet hatte. Ein Blick auf die Riege von Gastsängern wie Eirikur Hauksson (ex-ARTCH) erhellt mein Gemüt weiter, doch das fehlende Apostroph im Band- bzw. Projekttitel deutet daraufhin, dass dies eine zwiespältige Angelegenheit werden wird. Reincarnation hat musikalisch zwar einiges zu bieten, wird mit zunehmender Spieldauer jedoch eher niedlich als eindringlich. Dabei fängt die CD hervorragend an, schon der Opener Forever verhakt sich nach einer kurzen Warmlaufphase direkt im Ohr. Charmanter kann melodischer Hardrock ohne das Zutun von Desmond Child kaum klingen. Mit Keep The Flame Alive geht es gerade so weiter, wieder zieht ein grandioser Refrain mich in seinen Bann. Die erstklassige Produktion lässt gerade die Backing Vocals förmlich funkeln. Thrash-Metaller werden sowas kitschig finden, aber wer etwas für AOR übrig hat, sollte an dieser Stelle aufhorchen.

Das balladeske I Remember (kein RAINBOW-Cover) schwächelt leider, zumal GLENN HUGHES (ex-DEEP PURPLE) hier bestenfalls eine mittelmäßige Gesangsleistung abliefert. Der anschließende Titeltrack versprüht dann TOTO-Flair. Als Leadsänger fungiert hier Chesney Hawkes (der 1991 seinen Welthit The One And Only hatte), dessen Stimme nichts von ihrer Präsenz verloren hat. Wer meint, es könnte nicht mehr sanfter werden, wird mit dem instrumentalen Momentos A Solas so lange mit Watte umgarnt, bis Tiefschlaf die einzige Option ist.

Demon In Diamonds hilft beim Aufwachen. Mit Tommy La Verdi (21 GUNS) ist erneut ein exzellenter Rock-Sänger am Mikrophon aktiv, dessen Timbre über Längen im Songwriting hinweghilft. Come Alive versucht mit ein paar technischen Breaks für Abwechslung zu sorgen, allerdings gibt es auch hier eher mittelmäßige Songqualitäten. Dann wird es wieder instrumental. Ich eile zur Kaffeemaschine, um El Recreo wach zu überstehen. Gerade als ich die Küche erreiche und meine Augenlider zufallen, ist die Nummer zum Glück schon wieder vorbei. Beim soliden Melodic-Rocker Set This Angel Free passt die Mischung aus Eingängigkeit, Druck und Glanz zwar. Doch danach ist endgültig die Luft raus. Die belanglose Akustik-Ballade Rain lullt mich wieder in schlafähnliche Gefilde, ehe das abschließende Soundcheck Bonanza die eingangs befürchtete Gitarren-Solo-Kost bietet. Das Ganze ist technisch sicher makellos, aber es macht wenig Spaß, sich das Gedudel anzuhören.

Reincarnation ist somit eine Veröffentlichung, bei der die Versuchung groß sein sollte, sie einzelne Tracks (1,2 und 4) als Download zu kaufen. Dabei bleibt der unbefriedigende Nachgeschmack, nicht zu wissen, wer denn nun eigentlich genau bei welchem Lied singt. Diese Ungewissheit schmälert das Hörvergnügen freilich kaum, da alle Beteiligten absolute Könner sind.

Veröffentlichungstermin: 27.08.2010

Spielzeit: 48:54 Min.

Produziert von Ken Ingwersen
Label: AOR Heaven

Homepage: http://www.kensdojo.com

MySpace: http://www.myspace.com/keningwersen

Tracklist:

1. Forever
2. Keeping The Flame Alive
3. I Surrender
4. Reincarnation
5. Momentos A Solas
6. Demon In Diamonds
7. Come Alive
8. El Recreo
9. Set This Angel Free
10. Rain
11. Soundcheck Bonanza

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