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JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE: Luxusvernichtung [Vierundfünfzig vertonte Kurzgedichte]

Allein schon wegen der Texte ein unverzichtbarer Luxus.

Sofern du dein letztes bisschen Luxus mit der Bootleg-Niete Live in Trier noch nicht vernichtet hast, jetzt ist die optimale Gelegenheit dazu. Weil sagen wir so, produktiver waren seinerzeit nur AGORAPHOBIC NOSEBLEED mit Altered States of America. Dass JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE hier scheinbar eine Unmenge alter Riffs recyceln und zu Minisongs verarbeiten mutet einerseits recht suspekt an, andererseits ist Luxusvernichtung allein schon wegen der textlichen Großartigkeit schon eine Empfehlung wert. Die einzelnen Songs oder Songfragmente sind typisch für JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE, dabei endlich wieder so schön radikal wie zu ihren frühen Tagen, aber eben deutlich direkter und mehr auf den Punkt. Kein Wunder, wenn nur zwei von vierundfünfzig Songs die Ein-Minuten-Marke durchbrechen.

Richtige Hits gibt es allerdings auch nicht zu hören. Die meisten Tracks bestehen aus sehr wenigen Riffs, wahrscheinlich sind in einer einzelnen Probe jeweils acht solcher Nummern entstanden. Und trotzdem ist das Material beachtlich gut. Auf die Markenzeichen von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE wird natürlich nicht verzichtet. Das Gesangsduo Markus Maria Hoff und Martin Freund lassen keinen Zweifel, wer da spielt, aber auch das Riffing könnte eindeutiger nicht sein. Somit sind zum Beispiel Werd doch, Vernetzte Welt geht unter, Krise und natürlich Freitag zumindest Hits im Miniformat. Der Spaßfaktor steht bei Luxusvernichtung im Vordergrund, vielleicht ist die Aggression, trotz der extrem gestutzten Songlängen und der deutlicheren Grindcore-Schlagseite, deshalb bei ein paar Nummern ein bisschen abhanden gekommen. Ein Glück, dass im Schlussteil dann doch wieder richtig Gas gegeben wird.

Was allerdings nicht auf die vierundfünfzig Kurzgedichte zutrifft. Lass es mich so sagen, wenn ein Buch wie Tag für Tag zur Mitte finden vom Dalai Lama Seelenreinigung für jeden Tag bedeutet, dann ist Luxusvernichtung das entsprechende Pendant für Zyniker und Misanthropen. Jeder einzelne Text ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen dieses Landes, die hirnlos, blind und dumm durch das Leben stolpern und davon gibt es ja bekanntlich genug – dich und mich nicht ausgeschlossen. Aber auch Gruppen, die oft nur mit Samthandschuhen angefasst werden, bekommen eine sarkastische Abrechnung. Und genau dieser gelebte Pessimismus verleitet zu immer erneutem Lesen dieser Texte, ganz klar, das ist ganz großes Kino. Vorweg nehme ich nichts, das musst du schon selbst entdecken.

JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE haben die Gewichtung aber auch klar gesetzt. Hier ist das Hauptaugenmerk auf den Worten, nicht auf den Noten. Ohne diese Kurzgedichte wären diese vierundfünfzig Songs und Songfragmente niemals entstanden, geschweige denn aufgenommen worden. Trotzdem liegt als abschließender Bonus eine instrumentale Version der Musik vor, kannst du gerne zur Karaoke nutzen, aber bitte nicht die Zunge verknoten. Du siehst, auch mit nur achtzehn Minuten musikalischen Hauptteil ist dank Lesebuch für den aufgeklärten Bürger weit mehr geboten als nur ein bisschen Headbangen. Ich hoffe du hast noch ein paar Euro über vom Verkauf von Live in Trier an deine kleine Schwester. Luxusvernichtung solltest du unbedingt betreiben.

Veröffentlichungstermin: 15. Mai 2009

Spielzeit: 38:01 Min.

Line-Up:
Christ Of Kather
Klaus Nicodem
Marco Bajo Bachmann
Markus Maria Hoff
Martin Freund
René Hauffe

Produziert von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE
Label: Unundeux

Homepage: http://www.japanischekamofhoerspiele.de

MySpace: http://www.myspace.com/jaka

Tracklist:
1. Das duale System
2. Vorort
3. Mikrokosmos
4. Momo
5. Konfekt
6. Die Vermarkter
7. Klavier seziert
8. Explosiv
9. Pogoläden
10. Beau
11. Stunden
12. Metallica
13. Die Art
14. Die Opfer und die Täter
15. Schmerzensgeld
16. Managerseminar
17. Guten Appetit
18. Milchgläsener Bürger
19. Der Sozialphobiker
20. Business Class
21. Austausch
22. Rauchen I
23. Verbraucher
24. Gewinner
25. Leben
26. Guten Tag
27. Enttieren
28. Freitag
29. Misanthropie
30. Abi
31. Rauchen II
32. Überall
33. Werd doch
34. Alle müssen weg
35. Wurstscheiben
36. Vernetzte Welt geht unter
37. Achtunddreißig
38. Sklaven der Uhr
39. Dyskalkulie
40. Krise
41. Sie schreiben drauf
42. Zerhätschelt
43. Nicht folgsam
44. Herrenloser Koffer
45. Liebe Islamisten
46. Essen
47. Talk
48. Meine spannenden Nachbarn
49. Vollkommen
50. Würde
51. Halsabschneider
52. Alle Regler auf Anschlag
53. Das leichte Leben
54. Alles nochmal auf Anfang

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