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INTRUDER: Live To Die… Relived

FLOTSAM AND JETSAMs kleiner, ungezogener Bruder!?

Jeder kennt das Gefühl, wenn man Bilder aus seiner Kindheit bzw. Jugend anschaut. Ein ähnliches Gefühl vermittelt die Wiederveröffentlichung von Live To Die (auf CD für 15,50 Euro bei Hellion erhältlich). 1987: Der Thrash war gerade groß im Kommen. Auch INTRUDER schielten damals bereits in diese Richtung. Doch auf ihrem Debüt dominiert noch der reine Speed Metal. Freilich hat dieser Speed Metal nichts mit Bands wie FREEDOM CALL zu tun. Das Schlagzeug rumpelt, die Gitarren geizen nicht mit Licks an den passendsten und unpassendsten Stellen. Die Produktion ist zwar transparent, doch die Songs klingen trotzdem ungeschliffen. Sobald Sänger James Hamilton etwas höher singt, werden unweigerlich Erinnerungen an die ersten Alben von FLOTSAM AND JETSAM wach.

Im Vergleich zu den späteren Alben von INTRUDER wirken manche Stücke auf dem Erstling noch etwas unausgegoren. Gerade bei den eingestreuten Midtempo-Stücken (auf die auf dem folgenden Album konsequenterweise verzichtet wurde) fehlen leider die zündenden Ideen. Dafür gibt es eine ganze Reihe erstklassiger Speed Metal-Geschosse, allen voran T.M. (You Paid The Price) und Kiss of Death, die auch heute noch voll und ganz überzeugen. Ehe man es merkt, schreit man lauthals mit: Mary! Mary!

Auch Cover Up und Victory In Disguise entwickeln nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ihren Charme. Das abwechslungsreiche Riffing, die Speed Metal-Prototyp-Stimme von Jimmy Hamilton und das leicht ungestüme Drumming gehören zu den besonderen Merkmalen von INTRUDER. In textlicher Hinsicht deutete sich bereits an, dass die Band recht eigenwillig war. Zumindest T.M. (You Paid The Price) regt durchaus zum Nachdenken an.

Leider fehlt es dem über weite Strecken tollen Gesang zwischendurch immer wieder an Melodien und Motivation. Der Refrain von Victory In Disguise verdient beispielsweise kaum diese Bezeichnung.

Für Nostalgiker gibt es zudem noch zwei alte Demos auf der CD (bzw. der Doppel-LP mit Bonustrack), die allerdings wirklich nur für Fans interessant sind. Die Aufnahmen klingen trotz ihres Alters ziemlich gut, unterscheiden sich aber kaum von dem, was auch auf dem Album zu hören ist.

Zusätzlich gibt es noch jede Menge nostalgische Bilder, sowie eine Biographie und Kommentare zu den einzelnen Stücken, was deutlich macht, dass diese Wiederveröffentlichung wirklich auf der Freude an der Musik beruht.

Im Info ist zudem von einem Killerartwork die Rede, was wirklich der Witz des Jahres ist. Waren die INTRUDER-Cover bislang immer sehr direkt (mit vergasten Leichen, Folterszenen und abgetrennten Gliedmaßen), so schaut mich nun ein schlecht gelaunter Baum an. Ja, genau! Der Inbegriff des Metal ist ein Baum! Was auch sonst!? Es gibt zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Titelbild. Doch spätestens der INTRUDER-Ast ist einfach nur lächerlich. Das hätte wirklich nicht sein müssen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass INTRUDER auf ihrem zweiten Album A Higher Form of Killing (1989) sowohl musikalisch (Second Chance) als auch textlich (The Martyr – aktueller denn je!) zu Hochform aufliefen. Der große Durchbruch blieb aber aus. Nach der Tour-EP Escape From Pain (1990 – mit einer coolen CHICAGO-Coverversion 25 or 6 to 4, dem überlangen Titeltrack und drei Nummern von Live To Die) folgte noch das progressiv angehauchte Langeisen Psycho Savant (1991). Dank der zweiten Gitarre von Greg Messick und einigen Thrash-Anleihen sind die Aufnahmen allesamt auch heute noch reizvoll. Allerdings schienen die Fans damals stilistisch entschlossenere Kapellen wie FLOTSAM AND JETSAM (Speed Metal) und SLAYER (Thrash Metal) zu bevorzugen.

So löste sich die Band schließlich frustriert auf. Mehr als zehn Jahre später sind INTRUDER mittlerweile wieder aktiv und werden im Juli erstmals in Europa spielen.

Veröffentlichungstermin: 14.06.2004

Spielzeit: 73:06 Min.

Line-Up:
James Hamilton: Gesang

Arthur Vinett: Gitarre

Todd Nelson: Bass

John Peroni: Schlagzeug

Produziert von Tom Harding und William T. Gregory
Label: Hellion Records

Homepage: http://www.intruder.biz

Tracklist:
1. Cover Up

2. Turn Back

3. Victory In Disguise

4. Live To Die

5. Kiss of Death

6. Cold-Blooded Killer

7. Blind Rage

8. T.M. (You Paid The Price)

The Azra/Ironworks Demos (1986)

9. Cold-Blooded Killer

10. Blind Rage

11. Victory In Disguise

8-Track Transgresser Tapes (1984)

12. Cover Up

13. Night Shift

14. Live To Die

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