IN VAIN: The Latter Rain

Nichts Besonderes erwartet und doch viel gekriegt. Zum Bespiel tollen avangardistischen Metal.

So ist es mir am Liebsten. Nichts Besonderes erwartet und doch viel gekriegt. Das norwegische Kollektiv weigert sich nämlich strikt in typischen Black Metal-Bahnen zu schwimmen und zieht sich lieber aus dem großen Metal-Topf raus, was es kriegen kann. Das ist Segen und Fluch zugleich, denn IN VAIN sind einerseits zu jung um so richtig eigenständig zu klingen, andererseits ist das Material aber dermaßen hochwertig, dass dies eigentlich scheißegal ist. Es kommt auf das Gefühl und auf das Herz an und das sitzt bei der Band definitiv am richtigen Fleck. Das ordentlich überlange Album mit genügend Hang zur Epik und glücklicherweise unkitschigem Pathos verzaubert ganz einfach den Hörer.

Nach der Eingewöhnungsphase, die im Wesentlichen nur das Verdauen des ersten, überwältigenden Eindrucks darstellt, nimmt das Album im Kopf des Hörers immer mehr Form an und macht von Mal zu Mal mehr Sinn. IN VAIN huldigen ihren Vorbildern VINTERSORG, GREEN CARNATION, OPETH und ARCTURUS deutlich, ja, klauen sogar recht dreist Gesangslinien, Harmonien und Riffs, aber bei der Menge an anderweitiger kreativer Energie sei es ihnen großmütig verziehen. Wie sie auf dem schmalen Grat zwischen Wut, Erhabenheit und Melancholie balancieren, das ist schon sensationell. Bestes Bespiel: Das großartige October´s Monody, dass einem schon mal einen dicken Kloß im Hals beschert. Mit dem wunderschönen Mittelteil und dem Einsatz von Pedal Steel. Die eigentliche Sensation daran ist, dass IN VAIN das nicht mit einem brutalen Teil danach zerstören, sondern feinfühlig eine wahre Hymne daraus machen, der Gesang von GREEN CARNATION-Sänger Kjetil ist daran nicht ganz unschuldig. Ganz klar ein essentieller Gastauftritt.

Aber auch das groß angelegte Their Spirits Ride with the Wind schafft es dank seiner Wandlungsfähigkeit den Hörer zu begeistern. Heftige Songs wie In the Midnight Hour, I Total Triumf und As I Wither hämmern gnadenlos auf den Hörer ein, zeigen andererseits doch wieder genügend andere Seiten, damit die teilweise monströse Länge nicht ermüdend wirkt. Gegen Ende des Albums lässt die Konzentration des Hörers leider doch nach, IN VAIN geht da leicht die Puste aus. Auch das kurze Zwischenstück Morning Sun ist bei aller Schönheit deutlich zu kitschig. Das abschließende Sorgenfri gleicht diesen kleinen Fauxpas jedoch glücklicherweise aus.

Die Instrumentalisten leisten großartige Arbeit, alle Musiker sind versiert, beherrschen ihre Werkzeuge perfekt, besonders den Gitarristen J. Haaland und E. Fuglestad und Keyboader S. Nedland macht so schnell keiner was vor. Auch Produktion und Aufmachung stimmen, weshalb Freunde von düsterem, anspruchsvollem und abwechslungsreichem Metal schleunigst zugreifen sollten – hier wartet eine kleine Sensation auf euch. Und wenn die sechs Norweger so weitermachen, dann will ich mir gar nicht ausmalen, was da mit dem nächsten Album auf uns zukommen mag. Ein echter Geheimtipp für alle, die es intelligent und niveauvoll mögen.

Veröffentlichungstermin: 6. Juli 2007

Spielzeit: 64:59 Min.

Line-Up:
J. Haaland – Guitars & Sounds
A. Frigstad – Main vocals
S. Nedland – Clean vocals, piano, organs, bgv vocals
E. Fuglestad – Guitars
S. Reinhardtsen – Drums
K. Wikstøl – Bass & Hardcore vocals

Label: Indie Recordings

Homepage: http://www.invain.org

Tracklist:
1. The Latter Rain
2. In the Midnight Hour
3. Det Rakner!
4. October´s Monody
5. Their Spirits Ride with the Wind
6. I Total Triumf
7. The Titan
8. As I Wither
9. Morning Sun
10. Sorgenfri

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner