IN EXTREMO: Sünder ohne Zügel

IN EXTREMO versuchen, mit modernen Mitteln und neuem Gitarristen ihren Mittelalter-Rock vor der Versenkung zu bewahren – und schaffen es, zumindest teilweise.

Wenn eine Band wie IN EXTREMO ihr drittes Album vorlegt, das bekanntlich als das wichtigste gilt, weiß der Deibel warum, dann muß was Innovatives her. Und was gibt es an „Innovation“ auf dem Bereich des Mittelalter-Rocks? Richtig – SUBWAY TO SALLY haben es vorgemacht, IN EXTREMO ziehen nach: Moderne, hier in Form von moderneren Riffs und stellenweisem Einsatz von Elektronik. Innovativ ist das im übrigen nicht, im Gegenteil, es war vielmehr extrem vorhersehbar. Allerdings, schlecht ist das ebenfalls nicht, und so wich meine Skepsis bezüglich der ersten Klänge von „Sünder ohne Zügel“, dem „newmetallischen“ Riff von „Wind“, einer wohlwollenden Sympathie. „Weckt die Toten!“ war ein brilliantes Album, „Verehrt und Angespien“ wirkte ein wenig gelangweilt, einfallslos, und nun kommt „Sünder ohne Zügel“ zwar immer noch mit denselben Zutaten (wirklich verändert wurde am Konzept nämlich gar nichts), aber deutlich frischer daher. Songs wie das hymnische „Vollmond“ oder das ergreifende „Le ´or Chiyuchech“ sind spannend, und mit „Der Rattenfänger“ hat man zudem noch eine ausgezeichnete Mitsingnummer am Start, die bar aller moderner Stilmittel daherkommt und einfach nur Spaß macht. Auch der zweite Teil der „Merseburger Zaubersprüche“ ist gelungen. Woran das liegt? Nun, offenbar bringt der neue Gitarrist „Der Lange“ neue Einflüsse in die Band, sei es in den Harmonien oder bei den Riffs, welche nicht mehr so stumpf wirken wie noch bei einigen Songs des letzten Albums („In Extremo“ z.B.). Dies steht der Band gut zu Gesicht, und so wäre dies eigentlich ein wirklich gutes Album – wären da nicht stellenweise diese Momente, in denen man nur an die Skip-Taste denkt, beispielsweise Songs wie das lahme „Krummavisur“ oder „Nature nous semont“, die im Grunde nur biedere Rockmusik, aufgepeppt mit Dudelsäcken, bieten. Und eine Art BÖHSE ONKELZ mit Dudelsack braucht nun wirklich niemand – dafür aber sicherlich Songs wie die mitreißende Ballade „Die Gier“, bei der IN EXTREMO beweisen, daß sie auch wirklich gefühlvolle Songs schmieden können. Zwar wird das Album schwach beschlossen, aber dank einiger wirklich großer Lieder kann ich hier bedenkenlos von einem guten Album sprechen. Der Hype um die Band ist trotzdem unsinnig und muß wohl als gute Promotion verstanden werden, um ihn zu ertragen. Sei´s drum. Textlich griffen IN EXTREMO diesmal übrigens wieder viel auf alte Texte zurück, dafür wurde der Großteil der Musik von der Band selbst komponiert. Eine beachtliche Leistung.

VÖ: 03.09.2001

Spielzeit: 54:06 Min.

Line-Up:
Das Letzte Einhorn – Gesang, Harp, Cyster

Der Lange – Gitarre

Die Lutter – Bass, Trumscheid

Der Morgenstern – Schlagzeug, Percussion, Pauke, Das Pferd

Dr. Pymonte – Dudelsack, Schallmei, Flöte, Harfe

Flex der Biegsame – Dudelsack, D-Sack, Schalmey, Flöte

Yellow Pfeiffer – Dudelsack, C-Sack, Schalmey, Flöte, Nyckelharpa

Label: Island/Megalux

Homepage: http://www.inextremo.de

Tracklist:
1. Wind

2. Krummavisur

3. Lebensbeichte

4. Merseburger Zaubersprüche II

5. Stetit Puella

6. Vollmond

7. Die Gier

8. Omnia Sol Temperat

9. Le ‘Or Chiyuchech

10. Der Rattenfänger

11. Oskasteinar

12. Nature nous semont

13. Über den Wolken

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