WATCHTOWER: Energetic Disassembly [Re-Release]

Die Geburt des Progressive Thrash gefeiert durch ein Re-Release.

WATCHTOWER und das neue Studioalbum Mathematics. Kommt es? Kommt es nicht? Wann kommt es? Mittlerweile ist die Erwähnung des Albumtitels fast zu einem Running-Gag geworden. Vielleicht möchte man uns ja mit dem Re-Release des 85er Debüts Energetic Disassembly unterschwellig auf weitere Jahre bitteren Wartens vorbereiten? Wie dem auch sei – es steht fest, dass Energetic Disassembly ein nicht nur für die Band richtungweisendes Album war, das nun endlich im Rahmen eines Hell-Of-Fame-Artikels seine Würdigung erhält.

Wenn man sich das Lineup der Musiker für Energetic Disassembly anschaut, fällt auf, dass der Name Ron Jarzombek nicht zu finden ist, der für die spätere Entwicklung von WATCHTOWER ein wichtiger Bestandteil ist. Beim Debüt hatte auch noch Jason McMaster das Mikrophon in der Hand, der 2004 auf Ink Compatible, Jarzombek`s aktuellem SPASTIC INK-Output, die Vocals eingesungen hat und – das ist fast noch wichtiger – auch bei der WATCHTOWER Reunion dabei ist und somit auch bei Mathematics (hahaha) zu hören sein wird. Alan Tecchio, der beim gemeinhin als wichtigstes WATCHTOWER-Album titulierten Control & Resistance den Gesangspart übernommen hatte, scheint sich entweder bei HADES richtig wohl zu fühlen oder die Band bevorzugt einfach das aggressive Thrash Metal-Shouting von Jason McMaster, das Energetic Disassembly seinen Stempel aufdrückt.

Es ist ständig zu spüren, zu welcher Zeit die Scheibe aufgenommen wurde. Im Gegensatz zu Control & Resistance dominiert hier nämlich der Thrash Metal im Stile der ersten METALLICA oder MEGADETH Platten. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. WATCHTOWER spielten diese Musik nämlich derart kompliziert, dass sich die Presse damals – wie anhand des neu gestalteten Inlays festzustellen ist – geradezu überschlug. Mit den Begriffen Techno-Metal oder Jazzy Metal versuchten die damaligen Rezensenten die Schublade für die Band passend zu beschriften. Heute sind wir schlauer: Energetic Disassembly war der Anfang einer der komplexesten Strömungen des Progressive Metals. Mit der Präzision einer Atomzeituhr spielen sich Gitarren und Schlagzeug durch ihre komplexen Riffstrukturen mit unzähligen Takt- und Tempowechsel. Dazu spielt Bassist Doug Keyser mit einem mittigen Brett-Sound so ziemlich alles, was sein Griffbrett hergibt – abgesehen von der Rootnote.

Die Faszination, die damals von der Musik ausging, ist wohl auch heute für jüngere Hörer nicht schwer nachzuvollziehen. Denn trotz der vielen Technik und dem hohen Komplexitätsgrad absorbiert die Musik ihre Hörer gnadenlos. Die Band vergaß nicht den damaligen Zeitgeist zwischen politischen und sozialen Veränderungen sowie dem kalten Krieg und der allgemeinen Angst vor Atomunfällen (Meltdown) durch die Lyrics einzufangen. Zusammen mit der hektischen, technischen Musik ergibt sich eine dichte, kalte Atmosphäre, die fast eine totale Perspektivlosigkeit vermittelt.

Das Re-Release von Energetic Disassembly enthält zwar keinerlei Bonustracks oder ähnliches, aber das umfangreiche und liebevoll gestaltete Inlay sowie das dezent überarbeitete Cover verschönern die Scheibe, ohne ihren Charakter anzutasten. Eine gute Möglichkeit für Puristen, sich eines der interessantesten und wichtigsten Progressive Thrash-Alben in den CD-Schrank zu stellen.

Veröffentlichungstermin: 29.11.2004

Spielzeit: 37:41 Min.

Line-Up:
Jason McMaster – Vocals

Billy White – Guitars

Doug Keyser – Bass

Rick Colaluca – Drums
Label: Monster Underground

Homepage: http://www.marathoncd.com/watchtower/

Tracklist:
1. Violent Change (3:23)

2. Asylum (3:49)

3. Tyrants in Distress (5:59)

4. Social Fears (4:42)

5. Energetic Disassembly (4:39)

6. Argonne Forest (4:38)

7. Cimmerian Shadows (6:35)

8. Meltdown (4:00)

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