HEAVEN FALLS: Ethereal Dreams [Eigenproduktion]

Mal was anderes aus Brasilien: Heavy Metal mit weiblichem Gesang…

Ach, Brasilien… wer in Sachen Metal an Brasilien denkt, dem fällt wohl zunächst einmal Brasiliens bekannteste Band, SEPULTURA, ein. Dann wären da noch die Knüppelkünstler vom Schlage KRISIUNs und REBAELLIUNs. Doch es geht auch anders, wie die Cariocas HEAVEN FALLS mit ihrem hier vorliegenden, selbst produzierten Debüt beweisen. Schon die Existenz einer Sängerin lässt vermuten, dass hier eine andere musikalische Ausrichtung verfolgt wird.

Beschreiben lässt sich das Ganze am ehesten als Heavy Metal mit weiblichem Gesang. Nun denkt man bei solchen Beschreibungen ja unvermeidlich zunächst einmal an Truppen wie NIGHTWISH oder EDENBRIDGE, mit denen HEAVEN FALLS allerdings kein bisschen was zu tun haben. Erstens ist die Musik der Brasilianer trotz der Existenz eines Keyboards, das meistens als Pianoersatz fungiert, doch einen Zacken härter als die der genannten Gruppen, und dazu kommt bei HEAVEN FALLS deutlich weniger Hang zu richtig fettem Bombast, der bei der Konkurrenz ja oftmals die Grenzen zum Kitsch schon erreicht oder gar überschreitet. Oft beschränkt sich der Bombast auf den Anfang eines Liedes, das dann mit einem Schlag drei Gänge hochschaltet und mit durchaus hartem und schnellem Riffing aufwartet, das manchmal gar ein wenig hektisch klingt. Auch Gitarrensoli und frickeligere Passagen sind des öfteren zu vernehmen, wobei für meinen Geschmack des öfteren ein wenig des Guten zuviel getan wird, was die Songs nicht unbedingt genießbarer macht. Die Spielzeit der meisten Lieder liegt dabei mit um die vier Minuten durchaus im kompakten Bereich.

Das zweite deutliche Unterscheidungsmerkmal ist die Stimme Sabrina Carrións, die mich tatsächlich etwas an DREAMS OF SANITY denken ließ, wobei Sabrina über weite Strecken viel aggressiver singt. Ein Kollege eines anderen Magazins fühlte sich dementsprechend eher ein wenig an DORO (mit weniger Klasse) erinnert. Irgendwie scheint mir die gute Sabrina allerdings ein wenig zwischen den Stühlen zu sitzen und sich nicht zwischen rockigem und opernhaftem Gesang entscheiden zu können. Wenn sie im fünften Song „Inside My Mind“ eine kleine Koloratur singt, wird auch ganz deutlich, dass sie für eine Opernsängerin einfach nicht genug Stimmvolumen hätte. Schon in den rockigeren Passagen klingt sie sehr oft gepresst und kein bisschen volltönend, gerade so, als käme ihre Stimme nicht aus dem gesamten Oberkörper, sondern nur aus der Kehle. Dementsprechend gefällt sie mir in den in zurückgenommeneren, im rockigen Stil gesungenen Passagen und bei mittlerer Stimmlage noch am ehesten; ansonsten werde ich mit ihrem Organ wirklich nicht warm. Witzigerweise musste ich übrigens an einer Stelle doch an Tarja von NIGHTWISH denken: Im letzten Song „And the Heaven Falls“ liefert sie sich mit einem männlichen Sänger einen theatralisch gesprochenen Dialog und klingt dabei wie Tarja am Anfang von „The Elvenpath“ auf dem NIGHTWISH-Debüt. Überhaupt merkt man am Akzent ( „sinners“ klingt wie „seeeners“), dass Englisch nicht die Muttersprache der Band ist, was ja auch einen gewissen Charme haben kann. Lustig ist, dass im gleichen Song dann noch eine Stelle kommt („Hearts beating, hearts bleeding“), die auch musikalisch volles Programm an „The Last Time“ von PARADISE LOST erinnert – das den Brasilianern als Abkupferei o.ä. in die Schuhe schieben zu wollen, halte ich aber für stark übertrieben, zumal es nur ein flüchtiger Moment ist.

Insgesamt hat die Chose für mein Dafürhalten durchaus Potential, weil hier eben der Metal-Anteil stimmt und nicht der Kitsch das rosa Szepter schwingt. Da das ganze eine Eigenproduktion ist, verwundert es nicht weiter, wenn am insgesamt respektablen Sound eben doch noch gewisse Unzulänglichkeiten zu entdecken sind, nämlich insgesamt einfach noch etwas wenig Druck sowie stellenweise doch recht piepsige Keyboards. Dazu fehlt beim Songwriting einfach noch ein wenig das Händchen, so richtig einprägsame Riffs und Melodien abzuliefern und sich bei den (handwerklich durchaus gut gemeisterten) Frickelpassagen nicht zu verzetteln, sondern alles möglichst auf Songdienlichkeit zu reduzieren, was ja gerade bei jüngeren, ambitionierten Bands häufig passiert.

In meinem Gesamturteil bin ich etwas zwiespältig: Einerseits gefällt mir der hier verfolgte Ansatz durchaus, andererseits finde ich die Musik stellenweise etwas bemüht und überfrachtet, und wie bereits gesagt werde ich mit der Sängerin wirklich nicht warm. Wer Heavy Metal mit weiblichen Vocals mag, aber bekanntere Genrevertreter stellenweise zu schmalzig oder süßlich findet, könnte hier eine nette Alternative mit Exotenbonus finden, aber angesichts des Gesangs, der ja je nach Geschmack alles verderben kann (Extrembeispiel KING DIAMOND, und an mangelnder Qualität liegt´s bei dem ja nun gewiss nicht!), ist vorheriges Reinhören unbedingt empfehlenswert. Ich persönlich würde mir die Chose schon wegen der Sängerin nicht kaufen, aber mit einer besseren Chanteuse könnte das anders aussehen. Vielleicht geht’s Euch ja anders und Ihr mögt sie…?

Spielzeit: 42:05 Min.

Line-Up:
Sabrina Carrión – vocals

Victor Montalvão – lead and acoustic guitars

Davis Vasconcellos – lead and acoustic guitars

Daniel “Fera” White – bass guitar

Fabio Rogers – drums

Produziert von Mauricio M. und HEAVEN FALLS
Label: Hellion Records

Homepage: http://www.heavenfalls.net (hier können os fãs der Band die neuesten actualizações genießen, wenn sie denn des Brasileiro mächtig sind…)

Email: mailbox@heavenfalls.net

Tracklist:
1 At the Gates (Instr.-Intro)

2 Castles of Illusion

3 Suffering Symphony

4 Damned Queen

5 Inside My Mind

6 Temple of Lies

7 Winter´s Dance

8 Inner Prison

9 And the Heaven Falls…

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