HAGGARD: Eppur Si Muove

Eine gekonnte Symbiose von Klassik und Metal mit einem interessanten textlichen Konzept. Der Hörgenuss wird einzig durch die im Gitarren- und Drumbereich nicht ganz überzeugende Produktion gestört.

Und sie bewegt sich doch, die Erde, so der Titel des neuen HAGGARD-Werkes, womit auch schnell klar wird, das es sich wiederum um ein Konzeptalbum handelt, dieses Mal allerdings über die historische Figur des Galileo Galilei, der von der Kirche wegen Ketzerei verurteilt wurde. HAGGARD hingegen bewegen sich nicht, zumindest nicht mehr als ein paar Schritt. Das kleine Metalorchester ist noch ein bisschen größer geworden, aber man folgt noch immer dem bewährten Rezept, der Synthese von Metal mit dem, was oft als klassische Musik bezeichnet wird. Galileo Galilei aber lebte zur Zeit der Renaissance und des Barock, so dass es nicht verwunderlich, dass auf Eppur Si Muove verstärkt barocke Klänge zu hören sind, die nahezu perfekt eine Atmosphäre erzeugen, bei der man sich wirklich ins 17. Jahrhundert zurückversetzt fühlt. Ansonsten fällt auf, dass der Death Metal auf dem neuen Album noch weiter in den Hintergrund gerückt ist. An vielen Stellen wird gänzlich auf ein Metalinstrumentarium verzichtet (ein Großteil von Of A Might Divine sowie die instrumentalen und sehr stimmungsvollen, weil barocken Menuetto In Fa-Minore und Gavotta In Si-Minore), und auch sonst sind die E-Gitarren beispielsweise nie besonders stark in den Vordergrund gemischt.

HAGGARD gelingt es, den Metal und die alte Musik nicht wie zwei gegensätzliche Stile wirken zu lassen, deren Kontrast es gilt auszuspielen, sondern sie gekonnt zu verbinden. Das Zusammenspiel von Grunts, Sopran, Tenor, Chören sowie dem an IN EXTREMO erinnernden erzählerischen Gesang des prominenten Mittelalter-Musikers Markus van Langen, der hier einige Gastauftritte hat, funktioniert hervorragend. Lustigerweise klingen einige schnelle Passagen ein bisschen wie italienischer Symphonic Hollywood Metal mit echten Instrumenten, wie etwa in Of A Might Divine, einem der Highlights des Albums, zu hören, wo sich zu E-Gitarren und schnellem Doublebass-Gepolter neben den Streichern und Bläsern auch kurzzeitig das so typische Cembalo-Geklimper gesellt. Der Beginn von The Observer erinnnert stark an Bach, der ja auch unter Anhängern des neoklassischen Heavy Metal sehr geschätzt wird. Aus dem Rahmen fällt etwas das auch schon von IN EXTREMO und GARMARNA bekannte, mittelalterliche Herr Mannelig, das mit Soprangesang und beschwörenden Trommelklängen weitaus ansprechender klingt als die Version von IN EXTREMO. Einzig der Sinn der kurzen Version am Ende des Albums will sich nicht so recht erschließen und sieht etwas danach aus, die Spielzeit künstlich in die Länge zu ziehen.

Leider ist die Produktion nicht ganz so gelungen wie die Musik, was allerdings nur das Metal-Instrumentarium betrifft. Die Drums klingen sehr steril und deutlich getriggert, die Gitarren sind sehr schwachbrüstig, was insbesondere beim Titelsong negativ auffällt. Dennoch bleibt Eppur Si Muove eine empfehlenswerte Anschaffung für alle Klassik-Metal-Fans, denn das Album ist ausgesprochen abwechlsungsreich, dabei aber dennoch schlüssig, bietet viele Details, die sich erst nach und nach erschließen und ein interessantes textliches Konzept, also genug Stoff, um sich intensiv mit dem Album auseinandersetzen zu können.

Veröffentlichungstermin: 26.04.2004

Spielzeit: 50:15 Min.

Line-Up:
Asis Nasseri – Guitars, Grunts and Vocals

Luz Marsen – Drums

Andreas Hemberger – Electric and Acoustic Guitars

Robin Fischer – Bass

Gaby Koss – Soprano

Veronika Kramheller – Soprano

Fiffi Fuhrmann – Tenore/Crumhorn

Hans Wolf – Piano, Organ and Cembalo

Judith Marschall – Violino

Michael Stapf – Violino

Steffi Hertz – Viola

Kathrin Hertz – Violoncello

Ivica Percinlic – Violone

Florian Bartl – Oboe

Andreas Peschke – Tenore/Flauto

Mark Pendry – Clarinetto

Michael Schumm – Timpani/Tamburo

Gäste:

Anna Reitmeir – Violoncello

Matthias Kirchgessner – Guitars

Dieter Roth – Electric and Acoustic Guitars

Laura Belli – Alto

Maria Klaus – Soprano

Saverio Belli – Tenore

Matthias Utz – Bariton

Dorothea Zelinsky – Violino

Markus van Langen – Voice

Miguel Michin – Corno

Produziert von Dieter Roth
Label: Drakkar

Hompage: http://www.haggard.de

Tracklist:
1. All´inizio è La Morte

2. Menuetto In Fa-Minore

3. Per Aspera Ad Astra

4. Of A Might Divine

5. Gavotta In Si-Minore

6. Herr Mannelig

7. The Observer

8. Eppur Si Muove

9. Larghetto/Epilogo Adagio

10. Herr Mannelig (short version)

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