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GALLHAMMER: The End

Es ist wie mit den typischen japanischen Horrorfilmen: sie sind ganz anders, schräger, schriller, überzogener. Und lässt man sich darauf ein, dann entfalten sie ein fesselndes Eigenleben. Wie eben auch das neue Album von GALLHAMMER.

Japanische Frauen sind ja doch etwas anders drauf als unsere Mädels hier. Wenn diese dann noch gemeinsam Extreme-Metal machen, dann ist der Exotenbonus natürlich gewaltig. Sicher auch deshalb sind die Metal-Miezen aus Tokio auch in Europa keine Unbekannten nach zwei Alben, allerlei anderen Releases und einigen Shows. Mittlerweile ist Gitarristin Mika Penetrator ausgestiegen, um sich ihrer anderen Band komplett zu widmen, und Vivian und Risa ziehen das Ding nach eigenen Vorstellungen weiter durch. Ob The End entsprechend dem Titel nun ein Abschiedsalbum wird, das werden wir sehen.

Krass ist wieder mal der Sound der Japanerinnen, der ohne Gitarre natürlich noch krachiger und bedrohlicher kommt. Der Mix aus schrammeligem Metal aus frühen HELLHAMMER– und AMEBIX-Zeiten, immer noch der Haupteinfluss von GALLHAMMER, einer dicken Portion Black-Metal der primitivsten Sorte, Crust und ultraderbem Doom macht dem Zuhörer das Leben sicher nicht schöner, aber etwas spannender, wenn man mit etwas Humor an die Scheibe ran geht. Denn den braucht man, wenn die beiden es im wahrsten Sinne des Wortes krachen lassen, dann wird es sicher unfreiwillig komisch. Es wird bei Aberration oder Entropy G35t(h)rashig (hier auch gern ohne h) drauflos geschrammelt, so dürften tatsächlich Bands wie AMEBIX geklungen haben, als sie die allerersten Tage im Proberaum gestanden haben. Da die hübschen Ladies alles andere als tight spielen, dafür aber harmonisch zusammen eiern, dürften sie die Songs wohl gemeinsam live eingespielt haben. Dafür spricht dann auch der etwas matschige Sound. Gerade bei diesen schnelleren Sounds ist man anfangs irritiert, dann amüsiert, nach einigen Durchgängen aber auch mal genervt. Denn aus dem Hintergrund kräht munter Drummerin Risa Reaper vor sich hin, so muss sich, um vom Bandnamen abzuleiten, ein Gallenstein anhören, wenn der reden könnte. Wo Basserin Vivian, die zum Glück den Großteil der Vocals übernimmt, düster grummelt und growlt wie ein schlecht gelaunter Dämon, da ist Risa eher ein fieser kleiner nervender Poltergeist, der die Menschen zum Wahnsinn treibt. Sollte man durchaus mal gehört haben, mögen wird man es nur, wenn man eben mit ausreichend Humor an das Album heran geht. Der Spaß wird einem aber ausgetrieben, wenn die Beiden ihre größere Macht ausleben, die Begeisterung für bitterböse, zäheste Doom/Drone-Orgien, die dann die sympathischen Schweizer Doom-Ladies von SHEVER wie ROXETTE klingen lassen. Weitestgehend immer auf dem gleichen Thema bleibend, wirken diese Songs tatsächlich mächtig bedrohlich. Vor allem beim eindeutig besten Song Wander mit einem ultrazähen SAINT VITUS-Riff muss ich immer wieder an den Film Ju-on: The Grudge denken, mit der grummeligen Stimme von Vivian hat man immer das Gefühl, ein verfluchtes Monstrum würde sich von hinten anschleichen. Diese Songs hinterlassen Eindruck, wenn dann noch Vivian bei 108=7/T-NA schrägste Saxophon-Töne dazwischen trötet, dann kommt passend zum Albumtitel Endzeitstimmung auf.

Den Sound des Duos in Worte zu fassen ist echt schwer, da muss man schon selber rein hören. Musikalisch im technischen Sinne ist das mal nichts, sowohl instrumental als auch bei der Produktion gäbe es Meckerecken ohne Ende. Die Musik von GALLHAMMER lebt nur von den inneren Dämonen, denen Vivian und Risa freien Lauf lassen. Schaltet man das Musikerhirn aus und genießt The End spät nachts und in entsprechender Stimmung, dann entfaltet das Album einen Charme, den man ihm bei klarem Verstand niemals zugestehen würde. Es ist wie mit den typischen japanischen Horrorfilmen: sie sind ganz anders als das, was wir von Filmen aus den USA, England oder sonst wo gewohnt sind, schräger, schriller, überzogener. Und lässt man sich darauf ein, dann entfalten sie ein fesselndes Eigenleben. Wie eben auch das neue Album von GALLHAMMER, das manchen zum Schmunzeln bringen wird, viele in die Flucht treiben wird und nur ganz wenige wirklich ansprechen dürfte. Wer seine Musik gern derbe, extrem und anders mag, Vivian nennt es sehr treffend strange & psychedelic experimental sounds of doom, der sollte mal vorsichtig rein hören.

Veröffentlichungstermin: 03.06.2011

Spielzeit: 46:10 Min.

Line-Up:
Vivian Slaughter – Bass, Vocals, Saxophone
Risa Reaper – Drums, Vocals

Label: Peaceville Records

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/ghammercrust

Tracklist:
1. The End
2. Rubbish CG202
3. Aberration
4. Sober
5. Entropy G35
6. Wander
7. 108=7/T-NA

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