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FROM A SECOND STORY WINDOW: Delenda

Kaufempfehlung für Leute mit vielen Kopfschmerztabletten im Haushalt und starkem Magen.

Seltsamer Name, seltsame Band. Nicht schlecht, aber sehr seltsam. Und zwar so seltsam, dass sie schon fast wieder in die Riege der gewöhnlichen Kranken fallen. Was das heißen soll? FROM A SECOND STORY WINDOW zelebrieren den gleichen Hirnfick wie viele ihrer Kollegen. Stilistisch ähnlich wie GLASS CASKET auf ihrem neuen Album gehen die Jungs aus Ohio zu Werke, nur weniger greifbar. Viel weniger greifbar.

Das heißt, dass hier Riffs wild aneinandergereiht wurden, dass Breaks in Nullkommanichts alles kaputt machen können, dass der Hörer schier wahnsinnig wird und verzweifelt. Das beginnt gleich am Anfang, wenn nach dem langen wie dezenten Intro mit Glockenspiel und Piano die Jungs so richtig Gas geben und erstmal ihre Geschwindigkeitsgrenzen ausloten – von hektischen Blast Beats bis hin zu schleppenden, tiefen Parts und vielen rhythmisch-akrobatischen Kunststücken wird alles geboten, was man sich nur vorstellen kann. Darunter leidet einerseits ganz klar der Song an sich, andererseits wird im Hörer sofort der Ehrgeiz geweckt, durch dieses undurchdringliche Lärmwerk irgendwie zu steigen. Nach mehrmaligem Hören muss man FROM A SECOND STORY WINDOW attestieren, dass sie es gekonnt geschafft haben, den Hörer dutzendfach in dieser knappen Dreiviertelstunde aufs Glatteis zu führen.

Von krassen Knüppeleien bis hin zu balladesken Zusammenbrüchen halten die fünf Musiker die Spannung immer auf dem höchsten Level. Hier wird alles verbraten, was der Underground hergibt: Death Metal, Doom, Chaoscore, Hardcore und sogar etwas Emo. Das alles wurde sehr homogen verbunden, so dass sich stets ein roter Faden erkennen lässt. Die abrupten Breaks schmälern den Gesamteindruck nicht, lassen aber den Hörer zweifeln, ob er jemals eine Struktur hinter den Songs erkennt. Deshalb kann man per se so gut wie keine Anspieltipps geben, das Album ist als Ganzes zu sehen, ein großer, tonnenschwerer, fetter Brocken, der so manche gnadenlos erschlägt, die dem nicht gewachsen sind. Nur das ruhige Instrumental For Those Lost und das leise, aber sehr tiefe Stück Ghosts Over Japan fallen hier aus dem Raster, was die Scheibe aber gesunden lässt – es lockert sie ungemein auf.

Delenda ist ein verflucht ambitioniertes Album – das Songwriting, das Textkonzept, die Leistung aller Beteiligten ist derart hoch, dass man dieses Album, auch wenn man es nicht versteht, respektieren muss. Die Leistung der Musiker sowieso, schön ist, dass Sänger Will nicht nur grunzt, sondern er zeigt sein ganzes Spektrum auf; einzig der klare Gesang könnte noch verbessert werden. Die restlichen Musiker liefern eine beachtliche Performance ab, die Produktion ist fett und sehr eigen. “Delenda“ ist zwar nicht DAS Highlight im Bereich des technischen Deathcore, aber es ist verstörend, gehaltvoll und reicht aus, um sich viele Stunden damit zu beschäftigen. Wenn sich FROM A SECOND STORY WINDOW ordentlich weiterentwickeln, könnten sie irgendwann BETWEEN THE BURIED AND ME ernsthaft Konkurrenz machen. Kaufempfehlung für Leute mit vielen Kopfschmerztabletten im Haushalt und starkem Magen.

Veröffentlichungstermin: 17. November 2006

Spielzeit: 42:22 Min.

Line-Up:
William Jackson – Vocals
Derek Vasconti – Guitar
Rob Hileman – Guitar
Joe Sudrovic – Bass
Nick Huffman – Drums

Produziert von Jocko und FROM A SECOND STORY WINDOW
Label: Black Market Activities

Homepage: http://www.fromasecondstorywindow.com

Tracklist:
1. Acknowledgement
2. Soft Green Fields
3. A Piece of History Written in English
4. Dark Waters of Thought
5. Oracles and Doorsteps
6. For Those Lost
7. The Crusher
8. Ghosts Over Japan
9. These Lights Above Us
10. Mourning for Morning

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