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FAUN: Von Den Elben

FAUN brechen mit ihren Trademarks und Alleinstellungsmerkmalen. Kann das gut gehen?

Es überrascht wenig. Nach dem Vertrag beim Major-Label ging es im Fanlager FAUNs zu wie vor dem Pranger. Von Ausverkauf bis Schlager reichten die Anschuldigungen, der Mainstream sei nicht die Bühne dieser Band. Tatsächlich gingen die Diskussionen sogar so weit, dass sich Bandkopf Oliver s. Tyr zu einem öffentlichen Statement veranlasst sah, das den plötzlichen stilistischen Wandel erklären sollte.

Was auf Seiten der aufgebrachten Fangemeinde schnell in Vergessenheit gerät, ist derweil der eigentliche Kern der geäußerten Kritik: Es geht nicht um TV-Spots, Fernsehauftritte oder die Unsitte, ein Bandfoto auf das Cover zu klatschen; schon gar nicht der Plattendeal an sich ist das Problem. Es ist der musikalische Stilbruch gepaart mit einigen schonungslos ehrlichen Aussagen in besagtem Statement, die für Stirnrunzeln sorgen. Von musikalischen Kompromissen ist aus erster Hand zu lesen – ausschließlich deutschsprachige Texte, weniger Instrumentalstücke, ein Schlagzeug und zugeschneiderte Songs eines externen Songwritingteams stehen im Raum. Die Frage ist also, ob “Von Den Elben”, der Summe dieser kleinen Zugeständnisse und Kompromisse zum Trotz, noch die Essenz FAUNs einfängt. Allein dass dieser Gedanke nicht im selben Atemzug beiseite gefegt werden kann, gibt zu denken.

FAUN degradieren ihren ursprünglichen Pagan Folk zu romantisiertem Mittelalterschlager

Diese Essenz, welche das Herz der FAUNschen Musik traditionell prägt, war schon immer einzigartig. Da war einst diese unvergleichliche Mystik, beschworen durch subtile, doch vielschichtige instrumentale Untermalung. Da war diese verträumte Romantik, die in ferne Welten entführte – ein zeitloses wie authentisches Erlebnis voller Feingefühl. Das alles opfert “Von Den Elben” einem glattpolierten Allerweltssound, welcher den ursprünglichen Pagan Folk zu romantisiertem Mittelalterschlager degradiert. Die Probleme, die sich für FAUN mit dieser Platte auftun, sind mannigfaltig.

“Mit dem Wind”, “Wenn Wir Uns Wiedersehen” und das Schunkelduett “Tanz Mit Mir” sind mit ihren La-La-Melodien von Sackpfeife, Schalmei und Drehleier etwa nurmehr bloße Stangenware und damit belanglos. Immerhin verhilft SANTIANO-Sänger Björn Both Letzterem zu einem kleinen bisschen Charakter. Beherrscht wird das Album also über weite Teile von einfachen Rhythmen, wobei das neu hinzuaddierte Schlagzeug die Percussions von Rüdiger Maul an mancher Stelle stark in den Hintergrund drängt. Seinen Gipfel erreicht dieser umgekrempelte Ansatz im flotten ELUVEITIE-Cover “Schrei Es In Die Winde”, das “Von Den Elben” mehr Tempo verleihen soll, allerdings hinter dem Original “Omnos” zurückbleibt. FAUNs Neuinterpretation ist nicht schlecht, ihr fehlt es aber an Kraft und Leidenschaft.

Das Song-Recycling auf “Von Den Elben” ist bedenklich

Daran ist Katja Moslehner, ihres Zeichens neue Sängerin in der Familie, nicht ganz unbeteiligt. Ihre Leistung auf “Von Den Elben” ist stets ordentlich bis gut, zur selben Zeit jedoch wenig mitreißend. Ihrer Stimme mangelt es an Persönlichkeit, was besonders in emotional angereicherten Passagen Atmosphäre kostet. “Schrei es in die Winde” hat, wie gesagt, gesanglich keine Power und der sonst angenehm gestraffte Titeltrack lässt in den tiefer gesungenen Passagen die Magie der Uraufnahme vom Zweitwerk “Licht” vermissen.  Da ist es umso bedauerlicher, dass Oliver s. Tyrs herrlich warme Stimme lediglich zwei Songs veredeln darf. Mit der beschwingt-romantischen Ballade “Diese Kalte Nacht” sowie dem naiven Tagtraum “Thymian & Rosmarin” sind das aber zumindest die Höhepunkte des Outputs. Vor allem das Zweitgenannte kann als einzige Neukomposition an die Aura früherer FAUN-Stücke anknüpfen.

Das schließt selbstverständlich die beiden wiedergekäuten Titel “Von den Elben” und “Andro II” vom Album “Licht” aus. Wenngleich “Andro II” um ein schönes Gesangsintro von Ex-Sängerin Sonja Drakulich erweitert wurde – aufgewärmt bleibt aufgewärmt. Zusammen mit dem “Minne Duett”, das im Grunde SUBWAY TO SALLYs “Minne” entspricht und nun durch einen mäßigen Chorus in ein Strophe-Refrain-Strophe-Schema gezwängt wurde, ist das Song-Recycling auf “Von Den Elben” bedenklich.

Es fällt schwer, den Entwicklungsprozess von FAUN als natürlich zu betrachten

Der frische Wind, der dieses Werk durchziehen soll, trägt einen faulen Geruch mit sich. Die atmosphärischen wie magischen Alleinstellungsmerkmale genredefinierender Werke, wie “Renaissance” es war, gingen in der Masse aus Kompromissen und Zugeständnissen an die neue Labelheimat verloren. Das hat nichts mit TV-Präsenz und Mainstream-Medien zu tun. Diese Wandlung ist einzig der Band selbst anzulasten, die diesen gelenkten Pfad als den Ihren gewählt hat. Entwicklung ist an sich etwas Schönes, doch wenn ein Blick auf die Songcredits offenbart, dass nicht einmal die Hälfte der neuen Stücke aus eigener Feder stammen, dann fällt es schwer, den jüngsten Prozess als natürlich zu betrachten. Die Entscheidungen im Hinblick auf “Von Den Elben” kompromittieren das Schaffen des Sextetts in letzter Konsequenz in einem Maße, das FAUN von der Position des wichtigsten, weil einzigartigen, Folk-Ensembles zu einem nunmehr irrelevanten Mitläufer herabstuft. Immerhin gehen sie offen damit um.

Veröffentlichungstermin: 25.01.2013

Spielzeit: 47:27 Min.

Line-Up:
Katja Moslehner – Vocals
Fiona Rüggeberg: Vocals, Flöten, Schalmei, Dudelsack
Oliver s. Tyr: Bouzouki, keltische Harfe, Maultrommel, Vocals
Stephan Groth: Drehleier, Cister, Backing Vocals
Neil Mitra: Synthesizer, Sampler, Keyboards
Rüdiger Maul: Percussions, Drums

Label: Koch Universal Music

Homepage: http://www.faune.de
Mehr im Netz: http://www.facebook.com/FaunOfficial

FAUN “Von Den Elben” Tracklist

01. Mit Dem Wind
02. Diese Kalte Nacht (Video bei YouTube)
03. Von Den Elben
04. Tanz Mit Mir
05. Schrei Es In Die Winde
06. Wilde Rose
07. Wenn Wir Uns Wiedersehen
08. Bring Mich Nach Haus
09. Welche Sprache Spricht Dein Herz
10. Andro II
11. Minne Duett
12. Thymian & Rosmarin
13. Warte Auf Mich

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