EXTORIAN: Truth & Silky Rags Of Cant [Eigenproduktion]

Wer bei EXTORIAN bisher abgewunken hat oder sie gar belächelt hat, der sollte langsam umdenken. Wer gern epischen, abwechslungsreichen, melancholischen Doom ohne Dröhnfaktor genießt, der kommt nun definitiv nicht mehr an den Münchnern vorbei.

EXTORIAN gehen ganz klar den richtigen Weg, den die vielen Overnight Sensations, die es auch im Doom gibt, oft gar nicht kennen. Diese sind meistens nie den schweren Weg gegangen, als Freaks gehandelt zu werden und mit ihrer Vision vom Metal permanent auf der Stelle getreten, missverstanden worden, als Eigenbrödler belächelt worden zu sein, weil sie nicht dem Standardbild eines Metallers entsprechen. Die Münchner, genauer das Duo Heike Funke und Olaf Krüger, plagten sich zudem rum mit Besetzungswechseln und waren auch sonst nicht vom großen Erfolg gesegnet, während so manche jüngere Band an ihnen vorbei zog. In Zeiten, wo beim Wort Doom viele Leute eh nur noch an Gedröhne oder Doom-Death denken, hat man es als traditionelle, epische Doomband nun mal nicht wirklich leicht. Was soll´s, EXTORIAN haben sich nicht heulend zurückgezogen, sondern den Frust und die Ernüchterung spürbar in neue Songs fließen lassen, die uns nun auf dem ersten Album Truth & Silky Rags Of Cant präsentiert werden.

Hat man vorher noch die Debüt-EP Unveiled von 2007 gehört, die in sich noch etwas uneinig wirkte, so werden hier die Änderungen sofort deutlich, die Linie ist klar, alles wirkt stimmig. Das Duo Heike und Olaf hat die Songs allein geschrieben und eingespielt, sodass hier ihre Persönlichkeiten erkennbar werden, wenn man die Beiden schon mal kennen gelernt hat. Sowas gelingt den hippen Bands in der Regel nicht mal ansatzweise. Musikalisch macht man kein Geheimnis daraus, dass zuhause schon zum Frühstück SOLITUDE AETURNUS laufen, die Gitarrenarrangements und auch oft die Gesangslinien machen das schnell deutlich. Wobei hier deren ersten drei Alben einfließen, als die Songs noch von einer zähen Dunkelheit geprägt waren. Die Gitarrenarbeit kann hier überzeugen, auch wenn feurige Leads, wie man sie vom Vorbild aus Texas kennt, hier ausbleiben. Die gelegentlichen Soli bleiben eher zurückhaltend und gemächlich. Wie durchdacht die Gitarrenarbeit von Saitenmann `O´ ist, das offenbart sich allerdings erst, wenn man einen Ausflug unter den Kopfhörer macht. Hier noch mal ein kurzer SAINT VITUS-Lauf, dort ein Riff aus dem klassischen Metal oder eine 70ies-Melodie, die Vielschichtigkeit offenbart sich nicht beim Hören nebenher.

Auch die Entwicklung beim Gesang ist allgegenwärtig. Für die Grand Dame Of Doom reicht es weiterhin nicht, dazu geht zu oft mal was daneben. Mancher mag das kritisieren, ich finde es schlicht mutig, seine eigenen Ziele so hoch zu setzen. Auch wenn man selbst dann mal daran scheitern kann, den meisten SängerInnen fehlt zu sowas wahrscheinlich schlichtweg der Mut. Das balladeske, nachdenkliche Dying Inside zum Beispiel bietet einige Töne, die ordentlich danebengehen, aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb die Emotionen des Songs greifbar machen. Die Gesangsarrangements kriegen oft durch zweistimmige Vocals Gewicht, live wird man das allein so nicht umsetzen können, ohne dass die Songs ihre Fülle verlieren. Gut ins Gesamtbild passt auch Neu-Drummer Tom, der ohne viel Schnickschnack ein kraftvolles Fundament legt. Bleibt zu hoffen, dass EXTORIAN bald wieder eine komplette Band zusammen haben, damit diese Songs auch live präsentiert werden können. Abgerundet wird das neue Album von wirklich guten, schichtweg doomigen Texten sowie einem schweren, kraftvollen Sound aus dem Rosenquarz Studio hier im schönen Norden. Dass hinter den Reglern mit Michael Hahn und Andreas Libera ebenfalls Doomer saßen, das erkennt man schnell. Einzig der teils gläserne Gitarrensound gefällt mir nicht, aber das ist schlichtweg Geschmackssache. Das einzige, was Truth & Silky Rags Of Cant vielleicht fehlt, ist der eine Song, der unabwendbar im Ohr bleibt, trotz starkem Songwriting und (vielleicht zu sehr) aufwändigen Melodien wirkt jeder Song für sich, bleibt aber nicht nachhaltig hängen. Aber wer braucht schon einen Hit, wenn das Gesamtwerk so schlüssig ist und zum gepflegten tiefsinnigen, melancholischen Zuhören einlädt.

Wer bei EXTORIAN bisher abgewunken hat oder sie gar belächelt hat, der sollte langsam umdenken. Klar wird man weiterhin dem großen Erfolg nicht deutlich näher kommen, nicht mit diesem Sound, der zumindest heutzutage doch eher eine kleine Gemeinde in der eh schon kleinen Doomszene anspricht, das kenn ich schließlich selbst gut genug. Aber wer immer wieder gern epischen, abwechslungsreichen, melancholischen Doom ohne Dröhnfaktor genießt, der kommt nun definitiv nicht mehr an den Münchnern vorbei.

Veröffentlichungstermin: 15.09.2010

Spielzeit: 63:39 Min.

Line-Up:
Heike Funke – Vocals
Olaf Krüger – Guitars, Bass
Tom Tom – Drums

Produziert von Michael Hahn und Extorian
Label: Eigenproduktion/Rockwerk Records

Homepage: http://www.extorian.de

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/extorian

Tracklist:
1. As You Are As You Were
2. Down In The Shadow
3. Guardian Of Man´s Fear
4. Black Sand
5. January
6. Paralyzed Mind
7. Dying Inside
8. Vale Of Wounds
9. 40 White Mice At The Pearly Gates Of Doom

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