EVERGREY: In Search of Truth

EVERGREY haben sich erneut etwas verändert und dennoch konnte die Band ihren einzigartigen Sound für sich bewahren. Eines *der* Muss-Alben dieser Tage.

Kennt ihr das auch? Da fiebert man mal wieder so richtig einer CD entgegen und erwartet das genialste Werk überhaupt, legt sie in den CD-Player ein und … ist zunächst einmal enttäuscht. Denn die Erwartungen die man hatte wurden einfach nicht erfüllt. Und dann gibt es da wieder Bands, die es im Anschluss aber doch noch schaffen die Enttäuschung durch absolute Begeisterung zu ersetzen und genau zu dieser Kategorie scheinen EVERGREY zu gehören.

Denn mein erster Eindruck sollte sich zum Glück nicht bestätigen. Zu glatt hörte sich das ganze zunächst für mich an, fast schon zu freundlich – liebte ich bisher doch gerade die düstere Seite im Sound der Schweden. Der Gesang schien mir zu kraftlos (hatte Tom etwa zu viel Unterricht genommen?), die Melodien zu gewöhnlich, der Keyboardeinsatz zu aufdringlich.

Doch dann kam der Moment, indem ich mich damit abfand, dass sich EVERGREY eben erneut etwas gewandelt haben, ohne jedoch den unvergleichlichen Sound, der schon die beiden recht unterschiedlichen Vorgänger zu etwas ganz Besonderem machte, zu verlieren. Und genau zu diesem Zeitpunkt fing ich an die Parts lieben zu lernen, die mich zunächst etwas abschreckten. Und mit jedem neuen Durchgang wuchs das Album, immer packender wurden die Melodien, immer tiefer ging die Atmosphäre und immer mehr spürte ich die Düsternis die in diesem Album steckt.

„In Search of Truth“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der auf der Suche nach seiner eigenen Vergangenheit ist. Unter Hypnose findet er heraus, dass er bereits im Alter von fünf Jahren von Außerirdischen entführt wurde, was sein Seelenleben im Laufe seines weiteren Daseins enorm prägen sollte. Und so beginnt das Album mit einem Sample des Protagonisten, wie er auf seinen Kassettenrekorder spricht: „I´ve decided to keep this taperecorder with me at all times. Just so that I maybe one day can explain all the strange things that are happening to me…the lack of sleep, the loss of time and most of all the sensation of never being lonely, always being watched.” – ein Element von “In Search of Truth”, das auch noch später für so manche Gänsehaut sorgen wird.

Musikalisch gesehen muss ich inzwischen sagen, dass sich so viel im Sound von EVERGREY gar nicht geändert hat, zumindest nicht so viel wie ich zunächst den Eindruck hatte. EVERGREY spielen noch immer ihre Art von progressivem Powermetal, der fernab von Trends und Genregrenzen ein intensives Hörerlebnis garantiert und den Vergleich mit anderen Bands erst gar nicht anzutreten versucht. Und wer sich erneut auf die Musik von EVERGREY einlässt, der wird zu Genüge mit einem Ideenreichtum belohnt, der sich in Songs, Instrumentalteilen, den Lyrics und der konzeptionellen Umsetzung auswirkt. Es wäre wirklich Blödsinn in diesem Review auf einzelne Songs einzugehen. Alle sind auf einem enorm hohen Level anzusiedeln und jeder einzelne enthält seine magischen Momente, die einem auch ohne Vorliegen der Texte so manchen wohligen Schauer über den Rücken laufen lässt (Ich sag nur beispielhaft „I hear them, they´re coming, quickly through the hallway, the door opens, helpless again…“ – Geil!). Und dabei betten EVERGREY eine musikalische Vielfalt in ihre Songs ein, die man erst auf den zweiten…was sag ich neunten, zehnten,… Blick erkennt. Von mächtigen Frauenchören über Keyboardparts im Stile DREAM THEATERS über Piano-Vocal-Soli bis hin zu hartem Metal-Riffing deckt „In Search of Truth“ ein breitgefächertes Spektrum ab, das in sich jedoch ein geschlossenes und unaufgesetztes Ganzes ergibt. Wo andere Bands mit Instrumentalteilen protzen konzentrieren sich EVERGREY lieber auf den Song und diese Rechnung geht zu jedem Zeitpunkt dieses Albums auf. Und nicht zuletzt der großartigen Gesangesleistung von Bandkopf Tom Englund (bei dem ich dennoch bedauere, dass er etwas an Rohheit eingebüßt hat) ist es zu verdanken, dass die Musik eindeutig EVERGREY zuzuschreiben ist, die meiner Meinung nach neben PAIN OF SALVATION derzeit zum Interessantesten gehören, was das „Prog-Genre“ derzeit zu bieten hat.

Ach und was ich noch vergessen habe: trotz der Stil- und Ideenvielfalt rockt „In Search of Truth“ ganz mächtig und wenn´s ums Köpfeschütteln geht kommt man auch bei diesem Album wieder einmal nicht zu kurz.

Für mich eines *der* Muss-Alben dieser Tage.

Fierce

Veröffentlichungstermin: 17.09.01

Spielzeit: 47:49 Min.

Line-Up:
Tom Englund – Vocals / Guitar

Henrick Danhage – Guitar

Michael Hakansson – Bass

Sven Karlsson – Keyboard

Patrick Carlsson – Drums

Produziert von Andy LaRocque & Tom Englund
Label: Inside Out

Hompage: http://www.evergrey.net

Tracklist:
1. The Masterplan

2. Rulers of the Mind

3. Watching the Skies

4. State of Paralysis

5. The Encounter

6. Mark of the Triangle

7. Dark Waters

8. Different Worlds

9. Misled

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