EINHERJER: Norrøne Spor

EINHERJER sind eine meiner Lieblingsbands – seit 25 Jahren auf hohem Niveau in der Metal-Szene unterwegs, wandlungsfähig, aber immer klar erkennbar. “Odin Owns Ye All”, das angenehm kitschige Frühwerk, damals mit melodischem Gesang und herrlichen Chören (bis heute unerreicht im Genre), kann ich immer wieder hören, mit “Av oss, for oss” haben sie vor vier Jahren die perfekte Mischung aus Epik und Dreck geschaffen, und die Idee, das Debütalbum “Dragons Of The North” 2016 einfach nochmal neu aufzunehmen, war erstaunlicherweise keine schlechte. Alben für die Ewigkeit!

Nun also “Norrøne Spor”, und ich muss zugeben, dass mir darauf die Epik nun etwas fehlt. Klar, übel nehmen kann ich EINHERJER dies nicht, denn sie machen halt, worauf sie Lust haben, aber das neue Album ist eben in erster Linie trocken, dreckig, wild und mit “MOTÖRHEAD mit Met” eigentlich schon ausreichend beschrieben. Das ist nicht schlecht, und am Ende – vor der folgerichtigen Lemmy-Hommage “Deaf Forever” – gibt es auch den standesgemäßen Pathos-Rausschmeißer, aber die Qualität des Materials von “Av oss, for oss” wird nicht ganz erreicht, es wirkt wie eine Pflichtübung. Vielleicht hätte man die Hymne lieber ganz weggelassen und sich nur auf den mit Honigwein-Noten auftrumpfenden Whisky konzentrieren sollen?

Altersmilde? Nicht bei den Wikingern.

Letztlich ist es wurscht, denn “Norrøne Spor” bietet uns wackeren Nordmännern und -frauen genug geile Songs, um Herbst und Winter dreimal durchzustehen. Sobald “The spirit of a thousand years” (zum ersten Mal gehört im Flughafen-Terminal beim Warten auf den Abflug – hatte Mühe, nicht sofort mit vor Hass und Gier verzerrtem Gesicht den ganzen Duty Free leerzukaufen!) den bitterbösen Reigen eröffnet, ist klar, dass die Herren zweiundzwanzig Jahre nach “Dragons Of The North” nicht nur stinksauer sind, sondern auch als Songwriter nichts von ihrer Klasse eingebüßt haben. Altersmilde? Nicht bei den Wikingern. Da wird gebolzt, geknurrt und geknüppelt, dass es eine helle Freude ist – immer im Midtempo, selbstredend, man tut sich die Ruhe an, denn Raserei hat man nicht nötig, man zerstört auch so einfach alles. Wer’s kann, der kann’s!

Allein: ein paar mehr Spielereien und vielleicht doch etwas mehr Melodie und Hymne…? Auch die Songs sind, mal ganz nüchtern (ähem) betrachtet, mit Ausnahme des etwas anderen “Tapt uskyld” (mit dem EINHERJER ihre Vorliebe für Groove voll ausspielen können) einfach nicht so stark wie die der letzten beiden Meisterwerke. Doch wen juckt’s? Das raue Nordmannleben ist halt kein Wunschkonzert und “Norrøne Spor” ein verdammter Pflichtkauf, so oder so. Irgendwie finde ich es auch einfach sehr sympathisch, ein Album rauszuhauen, dem Erwartungen anderer oder überkandidelte Ansprüche an die Thematik so völlig wurscht sind. Hier geht’s um Spaß an der Freud, mehr nicht, und die großen Vorbilder MOTÖRHEAD hatten sehr viel mehr auch niemals nötig. Man sollte hier nur eben aufpassen, wenn man’s in der Öffentlichkeit hört, dass man die Leute nicht so böse anguckt – denn keiner knurrt und krächzt so schön fies wie EINHERJER.

Veröffentlicht am 9.11.2018 auf Indie Recordings

Spielzeit: 52:40 Min.

EINHERJER: Norrøne Spor Tracklist

1. The Spirit Of a Thousand Years
2. Mine Våpen Mine Ord
3. Fra Konge Te Narr
4. Kill The Flame
5. Mot Vest
6. Spre Vingene
7. The Blood Song
8. Døden Tar Ingen Fangar
9. Tapt Uskyld
10. Av Djupare Røtter
11. Deaf Forever

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